Protocol of the Session on April 21, 2016

4. Wann ist mit der Veröffentlichung der Evaluierungsergebnisse des Thüringer Vergabegesetzes zu rechnen und ist der Landesregierung bekannt, bei wie vielen öffentlichen Auftragsvergaben – sowohl auf kommunaler als auch auf Landesebene – seit dem Jahr 2011 die Bevorzugung eines Bieters aufgrund des § 13 Abs. 3 Thüringer Vergabegesetz vorgenommen wurde?

(Staatssekretär Maier)

Für die Landesregierung antwortet Herr Staatssekretär Maier.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, ich beantworte die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Voigt für die Thüringer Landesregierung wie folgt:

Zu Frage 1: Für die Vergabe von öffentlichen Aufträgen im Oberschwellenbereich sind die bundesrechtlichen Regelungen im Teil 4 des GWB, des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen, und der ergänzenden Verordnungen, insbesondere der Vergabeverordnung, zu beachten. Diese bundesrechtlichen Regelungen gehen als Lex specialis denen des Thüringer Vergabegesetzes vor. Diese Rechtslage galt auch bereits bisher. Ob die Änderungen des Vergaberechts auf Bundesebene für den Oberschwellenbereich auch für den Unterschwellenbereich in das Thüringer Vergabegesetz übernommen werden sollen, wird im Rahmen der Evaluierung überprüft werden.

Zu Frage 2: Für den Bereich der Bauleistungen gibt es das bundesweit einheitliche Präqualifizierungsverfahren des Vereins für die Präqualifikation von Bauunternehmen e. V. Des Weiteren ist für den Liefer- und Dienstleistungsbereich das Präqualifizierungsverfahren PQ-VOL zugelassen.

Zu Frage 3: Es wurden keine diesbezüglichen weiteren Präqualifizierungsverfahren und besonderen Zertifizierungen geregelt. Derzeit ist nicht beabsichtigt, derartige Regelungen zu treffen.

Zu Frage 4: Mit der Veröffentlichung der Evaluierungsergebnisse des Thüringer Vergabegesetzes ist im IV. Quartal 2016 zu rechnen. Hinsichtlich der erfragten Anzahl von öffentlichen Auftragsvergaben auf kommunaler und auf Landesebene ist darauf hinzuweisen, dass keine Statistik existiert, die die Vergabe von Aufträgen im Freistaat Thüringen von allen öffentlichen Auftraggebern auf kommunaler und auch auf Landesebene erfasst. Daher kann hierzu eine valide und belastbare Aussage nicht getroffen werden. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 7 der Kleinen Anfrage 763 des Abgeordneten Hausold verwiesen, die sich auf die Zuständigkeit des Freistaats Thüringen bezieht. Danke schön.

Vielen Dank, Herr Staatssekretär. Gibt es Nachfragen? Das sehe ich nicht. Dann kommen wir zur nächsten Frage in der Drucksache 6/2025. Sie wird gestellt von Herrn Abgeordneten Gentele.

Vielen Dank, Herr Präsident.

Integration in Thüringen

Wie ich von Asylbewerbern und Flüchtlingen in einer Gemeinschaftsunterkunft in Erfurt erfahren habe, läuft die Integration in Thüringen nicht ganz problemlos ab. So warten zum Beispiel viele Asylbewerber über Monate in den Gemeinschaftsunterkünften auf einen Bescheid vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF), oder andere, die bereits positiv beschieden sind, auf die Teilnahme an einem Integrationskurs. Bei vielen Asylbewerbern wurde dieser Kurs bereits mehrfach verschoben. Auch die Wohnungssuche gestaltet sich mehr als langwierig und schwierig, da durch bürokratische Hürden und fehlende Integrationsbegleiter, aber auch durch fehlenden Wohnraum zum Beispiel in Erfurt die meisten Asylbewerber bereits die Hoffnung auf eine bessere Zukunft in Deutschland aufgegeben haben.

Ich frage die Landesregierung:

1. Welche Maßnahmen werden von der Landesregierung ergriffen, um die Verfahren beim BAMF schneller voranzutreiben?

2. Werden neue Träger für Integrationskurse in Zusammenarbeit mit dem BAMF gesucht, um die angespannte Situation zu entspannen?

3. Hat die Landesregierung vor, Integrationsbegleiter in ausreichender Anzahl auszubilden und Asylbewerbern zur Verfügung zu stellen?

4. Welche Projekte mit den kommunalen Wohnungsgesellschaften sind geplant, um Wohnraum zu schaffen? Danke.

Für die Landesregierung antwortet das Ministerium für Migration, Justiz und Verbraucherschutz, Frau Staatssekretärin Dr. Albin.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Gentele beantworte ich für die Landesregierung wie folgt:

Zu Frage 1: Der starke Flüchtlingszustrom im Jahre 2015 hat beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, BAMF, zu erheblichen Problemen bei der Durchführung der Asylverfahren geführt. Zur beschleunigten Bearbeitung von Asylverfahren hat das BAMF ein neues Modell, das integrierte Flüchtlingsmanagement, entwickelt und dieses zunächst in Baden-Württemberg als sogenanntes Heidelberger Modell erprobt. Die Umsetzung dieses Modells ist in Abstimmung mit der Thüringer Landesregierung auch im Freistaat erfolgt. Seit März 2016 arbeitet das BAMF im Ankunftszentrum Suhl nach diesem Modell und beschleunigt so die Durchfüh

rung der Asylverfahren erheblich. Insbesondere die Einteilung der Asylsuchenden in vier Fallgruppen sorgt dafür, dass viele Geflüchtete kurzfristig eine oft positive Entscheidung über ihren Asylantrag erhalten. Dies betrifft insbesondere Asylsuchende mit einer hohen Anerkennungsquote – vor allem aus Syrien, sodass für diese Gruppe die Integration frühzeitig ansetzen kann.

Zu Frage 2: Die Zuständigkeit für die Zulassung von Trägern zur Durchführung von Integrationskursen liegt beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Derzeit sind in Thüringen über 160 Träger für die Durchführung von Integrationskursen zugelassen. Von den zugelassenen Trägern führen derzeit etwa 70 tatsächlich Integrationskurse in Thüringen durch. Ein Mangel an Trägern zur Durchführung von Integrationskursen besteht daher nicht. Eine Übersicht über die in der jeweiligen Region zugelassenen Träger ist auf der Internetseite des BAMF abrufbar.

Zu Frage 3: Integrationsbegleitung findet in mehrfacher Hinsicht bereits statt. So dient schon die Sozialbetreuung, die jedem Asylbewerber zur Verfügung steht und die von der Landesregierung mit einer Pauschale an die Kommunen finanziert wird, auch der Integration von Asylbewerbern. Zweitens, um die Kommunen bei den anstehenden Aufgaben im Rahmen der Integrationsarbeit zu unterstützen, wird aus den Mitteln unseres Hauses – kofinanziert durch ESF-Mittel –, die Thüringer Initiative für lokales Integrationsmanagement in den Kommunen finanziert. Ziel ist es, ab dem 1. Mai 2016 in jedem Landkreis und jeder kreisfreien Stadt eine Personalstelle für das örtliche Integrationsmanagement als sogenannte Integrationslotsen zu installieren. Drittens stehen für die Förderung von Integrationsprojekten generell in meinem Haus im laufenden Haushalt insgesamt 2,8 Millionen Euro zur Verfügung. Auf Basis der Richtlinie zur Gewährung von Zuwendungen des Freistaats Thüringen für die Förderung der Integration von Menschen mit Migrationshintergrund werden auch Projekte im Bereich der sozialen Betreuungs- und Hilfsangebote, im Bereich der allgemeinen Sozialberatung sowie der situationsbezogenen Beratung, also Hilfe zur Selbsthilfe, mit jährlich rund 80.000 bis 100.000 Euro durch mein Haus gefördert. Mein Haus wird schließlich auch für die Integration und Sozialbetreuung von anerkannten Flüchtlingen Mittel zur Verfügung stellen. Deren Umsetzung bereiten wir innerhalb der Landesregierung gerade vor, obwohl hierfür formal der Bund und nicht das Land zuständig ist. Doch wir erachten Integrationsangebote für Flüchtlinge als so wichtig, dass wir hier eigenständig Verantwortung übernehmen und Geld in die Hand nehmen wollen.

Zu Frage 4: Im Rahmen der sozialen Wohnraumförderung können kommunale Wohnungsunternehmen an Angeboten des Thüringer Ministeriums für

Infrastruktur und Landwirtschaft zur Schaffung von belegungs- und mietpreisgebundenem Wohnraum, sogenannten Sozialwohnungen, partizipieren. Entsprechende Wohnungen könnten dann auch an anerkannte Asylbewerber und Flüchtlinge vermietet werden. Es liegt letztlich aber bei den kommunalen Wohnungsunternehmen, zu entscheiden, inwieweit sie von den Förderangeboten des Landes Gebrauch machen und entsprechend geförderten Wohnraum bereitstellen.

Vielen Dank, Frau Staatssekretärin. Herr Gentele hat eine Nachfrage, bitte schön.

Ich habe eine Nachfrage und zwar: Sie sagten, dass von 160 Trägern 70 Kurse angeboten werden. Wie kann es dann sein, dass einem Integrationsmenschen dreimal schon der Sprachkurs verschoben wurde und das in einem Zeitraum von mittlerweile mehr als sechs Wochen?

Ich kann zu diesem Einzelfall keine Angaben machen, denn es liegt in der Hand der Träger natürlich, die Terminierung solcher Sprachkurse vorzunehmen. Es gibt immer auch die Möglichkeit, auf andere Angebote auszuweichen, weil wir mit 70 Trägern, die in Thüringen aktiv sind, ein flächendeckendes Angebot bereitstellen.

Vielen Dank, Frau Staatssekretärin. Wir kommen zur Frage der Frau Abgeordneten Pfefferlein, Bündnis 90/Die Grünen, in der Drucksache 6/2026.

Vielen Dank, Herr Präsident.

Sinnensbehindertengeld im Bundesvergleich

Das Blindengeld ist eine monatliche finanzielle Unterstützung zum Ausgleich behinderungsbedingter Nachteile bzw. Mehrbedarfe für blinde und hochgradig sehschwache Menschen, unabhängig von ihrem Alter, Einkommen und Vermögen. Es ist eine Leistung der Länder, die sehr unterschiedlich in der Höhe ausfällt. Das Landesblindengeld als Nachteilsausgleich ist keine Sonderleistung, sondern erlaubt den Betroffenen lediglich eine halbwegs gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Es ist konzipiert als Ausgleich der blindheitsbedingten Nachteile in einer überwiegend optisch geprägten Umwelt.

(Staatssekretärin Dr. Albin)

In den meisten anderen Bundesländern gibt es zusätzliche Nachteilsausgleichszahlungen für Taubblinde und gehörlose Menschen.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie stellt sich die Historie der Nachteilsausgleichszahlungen für blinde, sehbehinderte Menschen, für Taubblinde und Gehörlose in Thüringen dar?

2. In welcher Höhe zahlen im Durchschnitt die verschiedenen Bundesländer einen Nachteilsausgleich für Blinde und Sehbehinderte sowie für Gehörlose und Taubblinde?

3. Auf welchem Platz liegt Thüringen im Vergleich zu anderen Bundesländern bei den oben genannten Nachteilsausgleichszahlungen?

4. In welcher Höhe sollte nach Meinung der Landesregierung eine Nachteilsausgleichszahlung für Blinde und Sehbehinderte sowie für Gehörlose und Taubblinde liegen?

Für die Landesregierung antwortet das Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie, Frau Ministerin Werner.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, namens der Landesregierung beantworte ich die Mündliche Anfrage wie folgt:

Zu Frage 1: Im Zeitraum 1991 bis 2005 haben alle blinden Menschen in Thüringen auf Antrag ein einkommens- und vermögensunabhängiges Landesblindengeld zum Ausgleich ihres blindheitsbedingten Mehrbedarfs erhalten. Mit Wirkung vom 1. Januar 2006 ist die Zahlung von Landesblindengeld auf diejenigen blinden Menschen, die das 27. Lebensjahr noch nicht vollendet hatten, beschränkt worden. Die Höhe des Landesblindengelds für diesen Personenkreis lag bei 300 Euro monatlich. Das bedeutete, dass blinde Menschen nach Vollendung des 27. Lebensjahres kein Landesblindengeld mehr erhielten. Im Jahr 2008 ist dann wieder ein monatliches Landesblindengeld in Höhe von 220 Euro für alle blinden Menschen eingeführt worden. 2010 ist diese Leistung um 50 Euro auf den derzeitigen Zahlbetrag in Höhe von 270 Euro erhöht worden. Leistungen an taubblinde und gehörlose Menschen wurden und werden in Thüringen bislang nicht gewährt.

Zu Frage 2: Der Bundesdurchschnitt der Höhe des Landesblindengelds liegt bei rund 400 Euro. Fünf Bundesländer gewähren zusätzlich Leistungen für taubblinde und gehörlose Menschen in einer Höhe

zwischen 41 und 130,79 Euro. Der Durchschnittswert liegt hier bei rund 90 Euro.

Zu Frage 3: Die Höhe des Landesblindengelds in Thüringen liegt mit Blick auf die anderen Bundesländer am unteren Rand der Skala.

Zu Frage 4: Seit der letzten Erhöhung des Landesblindengelds im Jahr 2010 sind nunmehr fünf Jahre vergangen. Die Preise für die Lebenshaltungskosten sind seitdem zum Teil deutlich gestiegen. Damit verbunden ist auch ein Anstieg der blindheitsbedingten Mehraufwendungen. Aufgrund dessen haben die regierungstragenden Parteien im Koalitionsvertrag eine schrittweise Erhöhung des Landesblindengelds, orientiert am Bundesdurchschnitt, beginnend am 1. Juli 2016 vereinbart. Neben der Erhöhung des Landesblindengelds wird auch die Einführung eines Sinnesbehindertengelds für gehörlose und taubblinde Menschen geprüft. Über die genaue Ausgestaltung der entsprechenden Gesetzesänderungen befindet sich die Landesregierung derzeit noch in der Abstimmungsphase.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Klatscht doch mal einer von euch!)

(Beifall CDU)

Gibt es Nachfragen? Das kann ich nicht erkennen. Dann steht die nächste Frage in der Drucksache 6/2034 an und die Fragestellerin ist Frau Abgeordnete Herold, AfD-Fraktion.