Protocol of the Session on April 20, 2016

(Beifall AfD)

Auch die ddvg, die zu 100 Prozent der SPD gehört, ist ein auf Gewinnerzielung ausgerichteter Unternehmensbereich der SPD mit einem Konzernjahresumsatz von mehr als 77 Millionen Euro in 2014. Wer also zum Beispiel als Deutscher in Hongkong eine Offshorefirma gründet und Geschäfte macht, zahlt dort keine Steuern auf Gewinne; lediglich mit nicht in Hongkong ansässigen Partnern, aber selbst Gewinne aus Geschäften mit Personen aus Hongkong werden nur mit 17,5 Prozent besteuert. Sehr vorteilhaft ist auch, dass es in Hongkong keine Umsatzsteuer gibt. Zudem besteht kein Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Deutschland und Hongkong – komisch, nicht wahr? Auch das Abkommen in China gilt nicht für Hongkong. Wer es also schafft, …

Herr Kießling, wenn Sie vielleicht wieder zu Panama zurückkommen?

Ja, kann ich machen, ich wollte nur kurz erklären, was eine Offshorefirma ist und wie es denn sein kann, dass, wie gesagt, Offshorefirmen Geld steuergünstig irgendwo bearbeiten. Wie gesagt: Die SPD hat zwar noch mehrere Beteiligungen, aber dann komme ich gern zum Schluss.

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Wer wollte denn mit Gold die Parteienfinanzierung um- gehen?)

Schließen möchte ich heute mit einer 2.000 Jahre alten Textquelle, welche ich noch schnell zitieren darf: Matthäus 23, 25 in der Fassung der Lutherbibel von 1984: „Weh euch, Schriftgelehrte und Pharisäer, ihr Heuchler, die ihr die Becher und Schüsseln außen reinigt, innen aber sind sie voller Raub und Gier!“ Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall AfD)

Danke schön. Nun hat Abgeordneter Huster das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, der Panamahut ist ein alter Hut. Es gibt ihn in vielen Ländern der Welt, sogar in Deutschland. Auf dem Schattenfinanzindex 2015 des Netzwerks Steuergerechtigkeit steht Panama auf Platz 13, auf Platz 1 die Schweiz, auf Platz 2 Hongkong, auf Platz 3 die USA und Deutschland auf Platz 8.

Meine Damen und Herren, erinnern Sie sich noch an die Steuer-CDs aus der Schweiz und anderen europäischen Ländern, die maßgeblich das Bundesland Nordrhein-Westfalen aufkaufte? Erinnern Sie sich noch an die Luxemburg-Leaks oder an den Fall Höhnes? Die Bundesregierung ist jedes Mal empört und fordert auch jedes Mal konkrete Schritte – und jetzt Panama. Wieder einmal wurden geheime Daten öffentlich gemacht. Das ist natürlich für die Finanzwirtschaft auf einem Offshorefinanzplatz, wie man Steueroasen korrekter bezeichnet, nicht gut. Es ist schon schlimm, dass es so viele Briefkastenfirmen gibt; auch schlimm, dass offenbar jedes Mal Banken dabei sind, auch deutsche Banken, die Gesetze und deren Lücken ausnutzen und manchmal auch darüber hinausgehen. Aber wirklich schlimm, meine Damen und Herren, ist, dass die deutsche Politik, also genauer gesagt, die Bundesregierung,

(Unruhe CDU)

so lange zugeschaut hat, dass sie schon länger, Herr Kowalleck, vom Austrocknen der Steueroasen spricht, aber nichts oder sehr wenig Effektives tut, meine Damen und Herren.

(Abg. Kießling)

(Beifall DIE LINKE)

Die Empörung über die Briefkastenfirmen in Panama und die vermutlichen Steuerhinterziehungen und Geldwäschen ist berechtigt. Mit einem solchen Zustand dürfen wir uns nicht abfinden. Das gilt übrigens, meine Damen und Herren, nicht nur für Panama, sondern beispielsweise auch für Plätze wie Andorra, Antigua und Barbuda, Aruba, die Bahamas, Bahrain, Barbados, Belize, Bermuda, die britischen Jungferninseln und die Cookinseln. Das waren elf Plätze mit den Buchstaben von A bis C. Ich könnte Ihnen eine Liste mit über 50 hier vortragen. Dafür reicht die Zeit nicht und es macht die Sache auch nicht besser. Aber meine Damen und Herren, zu den Ländern, die man hier nennen könnte, gehört eben auch Deutschland.

Meine Damen und Herren, meine Partei kennen Sie beim Thema „Steuerpolitik“ vor allem durch die Forderung der Wiederinbetriebnahme der Vermögenssteuer. Die Linke hat aber auch konkrete Vorschläge für die Bekämpfung von Steuerbetrug. Das wären zum Beispiel: mehr Personal für den Steuervollzug und die Steuerfahndung,

(Beifall DIE LINKE)

eine stärkere Regulierung der Banken als Unterstützer von Steuerhinterziehung und wirksame Sanktionen, ein automatischer Informationsaustausch in Steuerangelegenheiten als verbindlicher Standard für deutsche Steuerabkommen, die Abschaffung der Abgeltungssteuer, eine Quellenbesteuerung für alle ins Ausland abfließenden Zahlungen von Unternehmen und eine Beschränkung des Steuerabzugs bei in ein Niedrigsteuerland abfließenden Aufwendungen, wenn sie beispielsweise an die Diskussion um große und international agierende Unternehmen wie Google, Apple und Starbucks denken.

Meine Damen und Herren, wie Sie sehen, gibt es viel zu tun. Lassen Sie uns den Panamahut zum Anlass nehmen und endlich den unsozialen und unmoralischen Sumpf trockenlegen. Denn die Kehrseiten, meine Damen und Herren, sollten wir immer alle bedenken: eine weltweit zunehmende ungleiche Vermögensverteilung, eine steigende Kluft zwischen Arm und Reich in Deutschland und weltweit und hoch verschuldete öffentliche Haushalte.

Meine Damen und Herren, der Worte sind genug gewechselt, jetzt wollen wir endlich Taten sehen. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Huster. Und nun reitet die Finanzministerin zum Pult. Frau Ministerin, Sie haben

das Wort. – Ja, der Herr Kollege Kowalleck hat das so angekündigt.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren Abgeordneten, mit dem vormaligen CDU-Finanzminister sind auch die Pferde irgendwo in Sachsen abgestellt, Herr Kowalleck. Ich kann da leider kein Dienstpferd erreichen.

Nicht durchgegangen, hoffentlich!

(Heiterkeit CDU)

Nein, das hoffe ich auch nicht. Also zumindest die Pferdewirtschaft schätzt das ja.

Sehr geehrte Damen und Herren, kommen wir wieder zu diesem ernsten Thema „Panama Papers“. Die Enthüllungen haben uns vor Augen geführt, wie einfach es noch immer ist, sich durch legale wie illegale Steuergestaltung seiner steuerlichen Verantwortung zu entziehen. Die Hauptursachen liegen zum einen darin, dass es immer noch zu viele Länder weltweit gibt, die eine Niedersteuerpolitik betreiben und sich vollständig oder teilweise dem steuerlichen Informationsaustausch mit anderen Ländern verschließen. Zum Zweiten liegt es wohl auch darin, dass es auch bei uns in Deutschland Finanzinstitute gibt – das ist erwähnt worden –, die Beihilfe bei der Steuerhinterziehung leisten und Modelle der aggressiven Steuergestaltung aktiv unterstützen. Ein dritter Punkt ist wohl, dass es Rechtskonstruktionen wie Briefkastenfirmen gibt, die die Inhaberschaft von Vermögenswerten verschleiern. Da, Herr Kießling, muss ich auch sagen – Sie haben ja versucht, den Eindruck zu erwecken, die Sozis sind ganz schlimme Finger –: Wenn die Sozis eine Briefkastenfirma hätten, woher wüssten Sie das denn?

(Zwischenruf Abg. Kießling, AfD: Aus dem Register in Hongkong!)

Ja, sehen Sie, weil es im Register steht, ist es öffentlich und dann ist es eben nicht der Zweck einer Briefkastenfirma. Ich will Sie da gern belehren.

(Beifall SPD)

Die Briefkastenfirma will ja gerade den Eigentümer verschleiern. Das heißt, es ist mindestens ein falscher Vergleich, den Sie da führen. Und ich sage mal, ich könnte jetzt auch schlecht sein und könnte der AfD vorwerfen: Was haben Sie denn da mit Ihren Goldverkäufen in Deutschland gemacht?

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Abg. Huster)

Insofern stellen Sie es bitte richtig dar und erwecken Sie nicht den Eindruck, als ob die Sozialdemokraten Steuern hinterziehen wollen.

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Es ist nicht alles Gold, was glänzt!)

Meine Damen und Herren, mit diesen Steuerausfällen ist verbunden, dass die deutschen Bundesländer, die Bundesrepublik Deutschland eben nicht Steuergerechtigkeit erfährt, sondern dass gegen diese Steuergerechtigkeit verstoßen wird. Und es ist – auch das will ich deutlich sagen – ein Schlag ins Gesicht eines jeden ehrlichen Steuerzahlers. Ich verstehe es also als klaren Handlungsauftrag, diesen kriminellen Machenschaften endlich einen Riegel vorzuschieben. Daher habe ich mich zusammen mit meinen Kollegen aus den anderen Bundesländern, nämlich aus Niedersachsen, aus Berlin, Bremen und Hamburg, entschlossen, zur Plenarsitzung des Bunderats am Freitag, also übermorgen, einen Entschließungsantrag zu den Panama Papers zu stellen.

(Beifall SPD)

Dieser Auftrag, der auch der Beschlusslage in der Finanzministerkonferenz entspricht, ist quasi das Drehbuch für die dringendsten und notwendigsten Maßnahmen, die umgehend ergriffen werden müssen. Darin wird die Bundesregierung aufgefordert, sich für mehr Transparenz und Informationsaustausch bei finanziellen Auslandsbeziehungen einzusetzen. Außerdem, meine Damen und Herren, bin ich der festen Überzeugung, dass wir Regelungen im Kreditwesengesetz brauchen, die die Bestrafung und aufsichtliche Ahndung von Banken ermöglichen, wenn diese nachweisbar systematisch Beihilfe zur Steuerhinterziehung betreiben. Letzte und schwerste Maßnahme wäre die Entziehung der Lizenz für Bankgeschäfte.

Auch der Bundesrat, meine Damen und Herren, ist dazu tätig geworden. Wir hatten eine Initiative des niedersächsischen Ministerpräsidenten Stephan Weil im Jahr 2013 und dazu auch einen Vorschlag vorgelegt, waren also nicht untätig, sondern haben etwas getan. Ich muss der Union allerdings sagen: Bislang haben Sie das nicht mit umsetzen wollen. Es wäre wünschenswert, wenn wir an der Stelle anlässlich dieser Enthüllung dazu kämen, auch gesetzlich tätig zu werden. Denn eins ist richtig: Mit Steuerhinterziehung, mit Steuerhinterziehern und mit den Handlangern muss endlich Schluss sein – keine Schonfrist für diese Menschen, denn sie schaden der Allgemeinheit.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, auch Steuerpflichtige mit Auslandsvermögen in sogenannten Steueroasen müssen zu einer stärkeren Mitwirkung im Besteuerungsverfahren verpflichtet werden, indem

ihre Darlegungs- und Anzeigepflichten erweitert werden und ihnen bei Verstößen empfindliche Sanktionen drohen. Zudem bedarf es einer besonderen Anzeigepflicht für Finanzdienstleister, die Geschäftsbeziehungen in Staaten, die im Ruch einer Steueroase stehen, vermitteln. Die Oasen müssen trockengelegt werden – Sie wissen, was eine Oase ist? Da gibt es Wasser und deshalb müssen sie trockengelegt werden.

Für mich, meine Damen und Herren, bleibt klar: Nicht nur international und auf europäischer Ebene muss Deutschland den Kampf gegen Steuerhinterziehung und Geldwäsche forcieren. Auch national gilt es, entschlossen zu handeln, um diesen globalen Steuerbetrug wirksam einzudämmen. Auch die SPD-Bundestagsfraktion hat unter Verantwortung von Carsten Schneider dankenswerterweise ein umfangreiches 20-Punkte-Programm vorgelegt, das nationale, europäische und internationale Maßnahmen enthält. Ich kann hier nur einzelne aufzählen, zum Beispiel das verpflichtende Unternehmensregister oder das weltweite Verbot von Briefkastenfirmen und -stiftungen, deren wirtschaftlich Berechtigte anonym bleiben.

Darüber hinaus muss der Kampf gegen Geldwäsche intensiviert werden. Länder, die Geldwäsche weiter tolerieren, müssen von der Staatengemeinschaft geächtet werden.

(Beifall SPD)

Sehr geehrte Damen und Herren, bereits der 10Punkte-Plan des Bundesfinanzministers war ein Schritt in die richtige Richtung. Wenn Herr Schäuble sagt, wir brauchen weltweit völlige Transparenz, so hat er völlig recht. Ich hoffe, dass er bei dieser Ansicht bleibt und nicht zurückrudert oder zurückrudern muss. Auch da wissen Sie, dass es immer wieder Menschen gibt, die diese Entscheidung zu beeinflussen suchen. Transparenz gegenüber den zuständigen Behörden und Transparenz gegenüber der Öffentlichkeit brauchen wir jetzt dringend.

Schließlich möchte ich an dieser Stelle nochmals einen Appell auch an die Medien richten, die ihnen vorliegenden Informationen über steuerliche Auslandssachverhalte den zuständigen Behörden zur Verfügung zu stellen. Und eines möchte ich auch an dieser Stelle klarstellen: Ein Steuerhinterzieher, dessen Name durch die jetzigen Veröffentlichungen bekannt wird, hat in Deutschland die Möglichkeit einer strafbefreienden Selbstanzeige verspielt.

Sehr geehrte Damen und Herren, die Menschen in unserem Land müssen das Gefühl haben, dass niemand an den für alle geltenden Bestimmungen des Steuerrechts vorbei betrügen kann. Vor allem Vermögende wären nicht diejenigen, die die Lasten zu tragen haben, sondern die, die für den Betrug weder genügend Geld noch ausreichende kriminelle Energie haben. Schon das allein ist eine Frage der

(Ministerin Taubert)

Gerechtigkeit. Auch wenn gerade in den letzten Jahren Steuerflucht und Steuerhinterziehung – auch das will ich mal positiv sagen – so stark bekämpft werden konnten wie in den Jahrzehnten davor nicht, zeigen die Panama Papers doch, dass wir immer noch sehr viel zu tun haben. Es bedarf einer gemeinsamen Kraftanstrengung in unser aller Interesse, im Interesse der Menschen im Land, aber auch im Interesse der Steuergerechtigkeit. Ich will zumindest für Thüringen sagen, dass wir keine Kenntnis haben, dass wir weder aus Politik, aus Wirtschaft, aus Sport, wie das beschrieben wurde, Menschen aus Thüringen haben, die in diesen Panama Papers stehen. Sicher sind wir im Bundesdurchschnitt vielleicht kleinere Lichter, aber das ist ja völlig egal. Wenn es um Steuerhinterziehung geht, ist es völlig egal, ob das ein Prominenter oder ein weniger Prominenter ist. Vielleicht haben wir doch in Thüringen die ehrlichen Menschen. Das lässt uns doch hoffen. Herzlichen Dank.