Protocol of the Session on January 28, 2015

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Primas. Jetzt hat das Wort die Frau Abgeordnete Diana Skibbe.

Herr Präsident, meine Damen und Herren Abgeordneten! Ja, Herr Primas, auch ich bin Ihrer Meinung, dass mit einer Aktuellen Stunde das Thema sicherlich nicht ausreichend behandelt werden kann. Sie sprachen von Transparenz, Nachvollziehbarkeit und dem Einsatz von Antibiotika und dass man die Konsequenzen dieses Einsatzes auch bedenken muss. Ich denke, diese Konsequenzen haben wir heute auf dem Tisch. Da denke ich nicht nur an gesundheitliche Dinge, sondern gerade der Markt be

stimmt doch, dass die Fleischproduktion durch Antibiotikaeinsatz schneller vonstatten geht, sodass wir auch hier Dinge im Geschehen haben, die wir beachten müssen. Denn wie hoch ist die Fleischqualität wirklich? Wieso ist die Preisgestaltung von bestimmten Nahrungsmitteln, auch hier bei Fleisch und Wurst, genau so, wie wir es tagtäglich sehen? Wir brauchen bloß in die Discounter zu sehen, wie gering der Fleischpreis ist. Ich glaube, Sie, Herr Abgeordneter Kobelt, hatten auch den Kilopreis von Schweinefleisch genannt, der unglaublich gering ist.

Wir müssen auch beachten, welchen Stellenwert die industrielle Tierhaltung gegenüber der kleinbäuerlichen hat. Wenn ich die bestimmten Dinge anschaue, dann spielen ganz viele Themen hier hinein, zum Beispiel auch die gesunde Ernährung, hygienische Bedingungen auch später bei der Verarbeitung von Lebensmitteln oder der Zubereitung von Speisen.

Ich denke, wir sind uns einig, dass es ganz sicher eine Forderung ist, den Antibiotikaeinsatz, den Antibiotikaverbrauch in der Tierhaltung geringer zu halten und dass da eine parteiübergreifende Einigkeit besteht. Aber wir wissen auch, dass wir dabei nicht vollständig auf den Einsatz verzichten können. Es wird bei bakteriellen Infektionskrankheiten zweifelsfrei diagnostiziert, dass die Wirksamkeit der antibiotischen Arznei feststeht und dass der Einsatz von Antibiotika möglich und notwendig ist.

Die von Ihnen angesprochene Studie des BUND in den vergangenen Tagen, die in die Öffentlichkeit gelangt ist, Herr Kobelt, zeigt aber auch eines, dass bei den wenigen Stichproben, die in Biobetrieben oder aus Freilandhaltung gemacht worden sind, keine einzigen antibiotikaresistenten Keime bei Fleischprodukten aufgetreten sind. Es ist sicher nicht ausschlaggebend, es waren auch nur wenige Betriebe, Herr Primas, aber ich denke, wir müssen den Grünen hier beipflichten, dass Humanantibiotika nicht in der Tierhaltung eingesetzt werden dürfen. Da stimmen wir den Grünen ausdrücklich zu.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir begrüßen auch die Tatsache, dass sich Thüringen und acht weitere Länder für ein grundsätzliches Verbot des Einsatzes von sogenannten Reserveantibiotika eingesetzt haben und dass das genau während der Internationen Grünen Woche ausgesprochen wurde, zu Protokoll gegeben wurde. Das ist eine Vereinbarung der Amtschefs bzw. Staatssekretäre gewesen. Dabei ist uns bewusst, dass dieser Begriff auch noch nicht ausreichend definiert ist. Es gibt wohl eine Bitte an die Bundesregierung, das noch einmal zu überprüfen.

Ich möchte noch mal zu Ihrer Aussage Stellung nehmen, dass die Grünen gesagt haben, sie wür

den das Fleischessen verbieten. Also ich denke, zwischen Veggie-Day und Fleischessen-Verbieten liegen schon ein paar Nuancen, das möchte ich hier zur Ehrenrettung der Grünen sagen.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zusammenfassend sagen wir als Fraktion Die Linke, dass wir die Initiativen unterstützen, eine ordentliche Kennzeichnung von Fleischprodukten nach Haltungsart vorzunehmen. Hier unterstützen wir auch ausdrücklich die Initiativen zur Förderung von nachhaltigen Haltungssystemen. Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall DIE LINKE)

Vielen Dank, Frau Skibbe. Jetzt hat das Wort Frau Abgeordnete Mühlbauer.

Sehr geehrter Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren am Bildschirm, werte Produzenten von Fleisch und Lebensmitteln! Ja, es ist ein sehr wichtiges Thema und dieses Thema soll und muss uns auch weiter beschäftigen. Ich kündige hier gleich deutlich an: Wir werden uns umgehend zusammensetzen und einen Selbstbefassungsantrag dazu in den verantwortlichen Ausschüssen machen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie mich bitte aus unserer Studie zur Intensivtierhaltung in Thüringen zitieren, die habe ich letztes Jahr hier vorgestellt. Es war eine sehr interessante Diskussionsrunde hier. Diesbezüglich noch mal herzlichsten Dank an den Bauernverband und die Diskutanten in der Studie. Eine holländische Studie untersuchte die Gesundheit von Anwohnern von Intensivanlagen für Geflügel, Schweine, Puten etc. Bei deren Recherche konnten eindeutig höhere Belastungen der Luft in der Nähe von Geflügelställen festgestellt werden, Belastungen mit Feinstaub, Endotoxinen, Mikroorganismen, Kolikeimen und multiresistenten MRSA-Bakterien.

Dieses Problem ist in unserer Gesellschaft angekommen, es ist leider in unseren Krankenhäusern angekommen. Das ist ein Problem, das sich nicht so wegwischen lässt und das wir auch nicht mit einem reichlichen Verzehr des heute äußerst gut schmeckenden Geflügels unserer Kantine beseitigen können. Denn uns muss klar sein, dass Produktion von hochwertigem Fleisch natürlich Zeit, Geld, Platz und Raum kostet. Dieses ist eine Kette im Kreislauf und bedeutet natürlich auch den Erhalt unserer Ressourcen, den Erhalt einer zukunftsfähigen Gesellschaft und vor allem den Erhalt der Gesundheit.

(Abg. Skibbe)

Ein Verbot – das sage ich hier so deutlich – von Reserveantibiotika in der Tiermast ist überfällig. Ich kann nur begrüßen, dass die Diskussion jetzt und heute, da und dort und an dieser Stelle angekommen ist.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das Problem gibt es nicht nur in Thüringen, das Problem ist ein deutschlandweites, ein europaweites. Nicht nur die Kolleginnen und Kollegen, die in der Mast arbeiten, sondern leider auch schon ihre Familienangehörigen weisen nach, dass sie höher von multiresistenten Keimen und Bakterien betroffen werden und betroffen sind.

Da stellt sich heute natürlich die ethische Frage – es ist vom Kollegen Primas angesprochen worden: In welcher Gesellschaft leben wir? Darf es sein, dass das Kilo Hundefutter teurer ist und nachhaltiger produziert wird als das Kilo Schweinefleisch, das uns und unsere Kinder mittags ernährt? Ich sage ganz klar: Nein, das ist nicht der richtige Weg. Hier ist ein Umdenken notwendig. Aus diesem Grund haben wir uns in den Koalitionsverhandlungen ganz klar zu nachhaltiger Tierhaltung, zu tierschutzgerechten Bedingungen, zur Verstärkung und Unterstützung der Produzenten, für Qualität – nicht für Quantität – entschieden. Nur Qualität kann der richtige Weg sein, der Weg aus dieser Falle.

Bitte lassen Sie mich hier noch ein paar Zahlen anführen: 40 Prozent aller Haltungsbetriebe in der Bundesrepublik haben das Problem mit multiresistenten Erregern. In Rohfleischproben konnten multiresistente Keime bei folgenden Proben nachgewiesen werden: Bei Schwein 16 Prozent, bei Kalbfleisch 13 Prozent, bei Hähnchen 22 Prozent und Pute ist immens massiv. Diese Zahlen stammen vom Bundesbauministerium. Ich habe das schon 2012 begrüßt, das Problem ist angekommen, es muss weiter untersucht werden. Ich bin mir sicher, dass sowohl das Umweltministerium mit seiner Ministerin als auch die Landwirtschaftsministerin, die ich hier recht herzlich begrüßen werde, diese Probleme weitertragen und in den Gremien dafür sorgen werden, dass die Politik, die von Heike Taubert begonnen wurde – ich sage hier nur, gentechnikfreie Region ist der richtige Weg, der richtige Schritt –, fortgeführt wird und uns weiterbringt und die Vorreiterstellung Thüringens auf einen neuen Weg für Landwirte, für Verbraucher, aber – und das vor allem – auch für die Nutztiere weiter nach vorn bringt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben viel zu tun. Wir werden uns in den Ausschüssen damit beschäftigen. Ich bedanke mich.

(Beifall DIE LINKE, SPD, AfD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Mühlbauer. Ich kann für mich sagen, dass mein Hund den Rinderpansen isst und ich das Rinderfilet. Er ist dann meistens noch günstiger unterwegs, aber das nur als Nebenbemerkung.

Frau Abgeordnete Herold hat jetzt das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Kollegen Abgeordnete, die Antibiotikafrage möchte ich hier gern von zwei verschiedenen Seiten beleuchten. Ja, es ist richtig, in unserem Fleisch zum täglichen Verzehr ist entschieden zu viel davon, und ja, es gibt multiresistente Keime. Aber ich möchte an dieser Stelle vor allem den letzten verbliebenen Karnivoren unter den Grünen zurufen: Rohes Fleisch kann man kochen und das Auftauwasser kann man weggießen! Das reduziert die Gefahr in der Küche ganz beträchtlich.

(Zwischenruf Abg. Henfling, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Dann ist ja alles prima!)

In der Tierzucht werden pro Jahr in Deutschland etwa 1.700 Tonnen Antibiotika verwendet, meist in der konventionellen Tierhaltung, wobei auch die integrierte Landwirtschaft und auch die rein biologisch-ökologische Landwirtschaft nicht völlig ohne Antibiose auskommen. Ich plädiere ganz entschieden dafür – und ich glaube, ich sehe da viele meiner Parteifreunde auch hinter mir –, dass wir in der Landwirtschaft, in der Fleischproduktion ohne weitere Regulierungswut auskommen, weil sich herausgestellt hat, dass diese umfassende und ausufernde Bürokratisierungs- und Regulierungswut dazu führt, dass unter anderem der Strompreis für viele Arme in Deutschland nicht mehr bezahlbar ist

(Beifall AfD)

und wir dafür sorgen müssen, dass unsere Armen und Altersarmen in Zukunft noch Fleisch essen können. Dann kann man in der Landwirtschaft viele Dinge auch anders regeln als mit Verboten. Es sollten die Landwirte echte Erleichterung erfahren in der Verwaltung, in der Bürokratie, die sich freiwillig dazu bereit erklären, den Dichtestress für Tiere zu reduzieren, weniger Antibiotika zu brauchen, längere Mastzeiten in Kauf zu nehmen. Es gibt mittlerweile auch – und die sind schon in der Anwendung – andere Methoden, um die Mastzeiten bzw. die Mastergebnisse zu optimieren. Ein Stichwort ist mir dazu eingefallen, das sind sogenannte phytogene Additive. Ich werde mich in Zukunft gern weiter damit beschäftigen.

Die andere Seite ist die medizinische Anwendung von Antibiotika. Da haben wir in Deutschland auch eine Maßzahl von über 200 Tonnen pro Jahr in Praxen und in Krankenhäusern. Das ist entschieden zu

(Abg. Mühlbauer)

viel im europäischen Maßstab. Wenn wir mal in unsere Nachbarländer gucken, zum Beispiel nach Holland, die kommen mit einem wesentlich geringeren Verordnungsindex aus. Die Belgier, die Franzosen, die haben zweistellige Zahlen, da gibt es also eine Kennziffer-Verordnung pro Tag und 1.000 Patienten, da liegen die Holländer bei 8,9, die Belgier irgendwo bei 30, die Franzosen ebenso. Für Deutschland, denke ich mal, ist es ähnlich hoch und ich weiß aus meiner täglichen Berufserfahrung, dass Patienten unkritisch schnell nach Antibiose fragen und Kollegen schnell und unkritisch gern zum Rezeptblock greifen, weil es einfach bequem ist und den Patienten glücklich macht und ihm das Gefühl gibt, wenn er auf das Preisschild in der Apotheke guckt: Ich habe eine wirklich hochwertige Therapie erhalten. Da sollten wir auch ansetzen.

(Beifall AfD)

Das Nächste ist, dass die Holländer auch da wieder Vorbild sind, wenn es um die Bekämpfung dieser multiresistenten Keime geht, denn die haben ein Regime entwickelt, was dazu führt, dass im Krankenhaus diese Probleme erst gar nicht so massiv werden wie bei uns zum Beispiel. Die Krankenkassen bezahlen dort ein sogenanntes Screening, und wer in ein Krankenhaus eingeliefert wird, planbar, der wird vorher auf diese MRSA-Keime getestet. Die sind in der Regel ubiquitär, das heißt, die kommen überall vor und sie sind in der Regel auch harmlos, nicht natürlich bei Menschen, die unter schwerem Stress stehen, die Operationen vor sich oder nach sich haben, die alt und krank und polymorbid sind. Die Holländer identifizieren diese Leute, die isolieren sie und behandeln sie entsprechend. Das führt dazu, dass sie eine wesentlich geringere Morbidität und Mortalität haben. Da sollten wir ansetzen und darauf sollten wir unsere Kräfte bündeln, zu sagen, dieses Regime möchten wir in Deutschland auch flächendeckend einführen. Das ist natürlich seitens der Krankenkassen auch eine Kostenfrage. Ich denke, wenn wir die Anzahl der iatrogenen Todesfälle, das heißt die Krankenhausinfektionen und die damit folgenden Todesfälle, pro Jahr reduzieren können, ist es diese Anstrengung allemal wert. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall AfD)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Herold. Ich sehe aus den Reihen der Abgeordneten keine weiteren Wortmeldungen, sodass ich jetzt das Wort der Ministerin Frau Werner geben würde.

Sehr geehrter Herr Präsident, verehrte Damen und Herren Abgeordnete, wenn man die Fragestellung der Aktuellen Stunde „Weniger Antibiotika – mehr Qualität für Thüringer Verbraucherinnen und Verbraucher“ betrachtet, so könnte der Bogen sehr weit gespannt werden: über die Rolle von Lebensmitteln unterschiedlicher geografischer Herkunft, Urlaubsziele und damit verbundene Infektionsrisiken, das Verschreibungsverhalten der Humanmediziner bis hin zum Antibiotika-Einsatz in der Tierhaltung. Besonders im Blickpunkt steht dabei oft die Zunahme von Antibiotikaresistenzen. In der öffentlichen Wahrnehmung werden überwiegend die Tierhaltung und der dort beobachtete vermehrte Einsatz von Tierarzneimitteln als Ursachen für die Zunahme von Antibiotikaresistenzen angesehen. Das ist aber nur zum Teil richtig. Resistenzen können durch den Einsatz von Antibiotika bei Mensch und Tier entstehen. Antibiotikaresistenzen betreffen somit die Humanmedizin ebenso wie die Tiermedizin und damit zwangsläufig auch die Landwirtschaft. Einzig eine gemeinsame vorbeugende Bekämpfungsstrategie gegen die Ausbreitung von antibiotikaresistenten Erregern kann daher erfolgreich sein. Ich möchte mich jedoch heute auf den Bereich des Antibiotikaeinsatzes in der Tierhaltung konzentrieren.

Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, jeder Einsatz von Antibiotika kann zur Resistenzentwicklung beitragen. Die Reduzierung des Einsatzes auf das notwendige Maß ist deshalb unerlässlich. Notwendiger als eine reine Fokussierung auf die eingesetzte Menge aber ist es, Maßnahmen zur Gesunderhaltung von Mensch und Tier in den Vordergrund zu stellen. Die wesentliche Herausforderung für die Tierhalter besteht darin, die landwirtschaftliche Nutztierhaltung so zu gestalten, dass die Haltungs- und Produktionsbedingungen es ermöglichen, einen Antibiotikaeinsatz auf das unvermeidliche Maß zu beschränken. Es gibt schon jetzt in Thüringen landwirtschaftliche Betriebe, denen das sehr vorbildlich gelingt.

In der 16. Novelle des Arzneimittelgesetzes wurden 2013 – das wurde heute auch schon angesprochen – die gesetzliche Grundlage geschaffen, um die Antibiotikaverbrauchsdaten von landwirtschaftlichen Betrieben, die Tiere zum Zwecke der Mast halten, deutschlandweit zu erfassen. In den entsprechenden Nutzungsgruppen werden diese Daten bundesweit halbjährlich, erstmals aus dem 2. Halbjahr 2014, miteinander verglichen. Die dann identifizierten Vielverbraucher, in dem Fall die schlechtesten 25 Prozent der Betriebe, haben innerhalb einer gesetzlich festgelegten Frist einen betrieblichen Antibiotikaminimierungsplan zu erstellen. Dieser ist der zuständigen Behörde, in Thüringen dem Landesamt für Verbraucherschutz, zur Prüfung vorzulegen.

(Abg. Herold)

Dieser Plan umfasst insbesondere vorbeugende Maßnahmen, um die Entstehung von Krankheiten zu verhindern.

Als fachliche Unterstützungshilfen zur Minimierung in der Nutztierhaltung gibt es verschiedenste Leitlinien, zum Beispiel „Leitlinien für den sorgfältigen Umgang mit antibakteriell wirksamen Tierarzneimitteln“. Sie sind auf aktuellem Stand im Hinblick auf die geltende Rechtslage, neue Wirkstoffe und neue wissenschaftliche Erkenntnisse. Ein anderer Leitfaden wäre der zur oralen Anwendung von Tierarzneimitteln im Nutztierbereich über das Futter oder das Trinkwasser vom Juli 2014.

Alle aufgeführten bundesweiten Maßnahmen hat Thüringen auf der Arbeitsebene intensiv begleitet und mitgestaltet. Auf der Amtschefkonferenz Agrar am 15. Januar dieses Jahres in Berlin wurden über parteipolitische Grenzen hinweg Beschlüsse zur Minimierung des Antibiotikaeinsatzes gefasst sowie Maßnahmen zur besseren Überwachung des Arzneimittelvertriebs und zur Preisbindung von Antibiotika eingefordert. Thüringen hat diesen Beschlüssen zugestimmt und wird sich weiterhin nachdrücklich dafür einsetzen, dass gemeinsam mit allen Beteiligten ein verantwortungsvoller Einsatz von Antibiotika in der Tierhaltung erfolgt. Ich kann hier den Vorrednerinnen und Vorrednern nur recht geben: Es geht darum, dass Reserveantibiotika in der Tiermast grundsätzlich verboten werden sollten. Natürlich ist es dazu auch notwendig, eindeutig zu klassifizieren, was wir unter Reserveantibiotika verstehen.

Ich möchte jetzt auch Herrn Primas nicht enttäuschen und natürlich etwas dazu sagen, welche Projekte unter Frau Taubert in den letzten Jahren angeschoben wurden bzw. was wir weiter fortführen wollen. Auch auf Landesebene gab es zur Frage der Reduzierung des Antibiotikaeinsatzes in den Nutztierhaltungen in Thüringen im vergangenen Jahr verschiedenste Gespräche, zum Beispiel zwischen den Vertretern der zuständigen Ministerien, mit dem Thüringer Bauernverband, der Landestierärztekammer, dem Landesverband praktizierender Tierärzte usw. Es wurde unter anderem dargelegt, welche Maßnahmen von den Betrieben ergriffen werden können, um einen möglichst geringen oder keinen Einsatz von Antibiotika zu gewährleisten. Es wurde schon angesprochen, da gibt es verschiedenste Möglichkeiten, Managementmaßnahmen, Reinigungs- und Desinfektionsmaßnahmen, gegebenenfalls Verbesserung des Stallklimas und der Haltungsbedingungen sowie Impfungen der Tiere. Außerdem fanden in Thüringen insgesamt zehn Informationsveranstaltungen für Tierhalter und Tierärzte statt, in denen die 16. AMG-Novelle und mögliche Maßnahmen zur Reduzierung des Antibiotikaeinsatzes erläutert wurden.

Verschiedene Gremien haben im Zusammenhang mit der Minimierung des Antibiotikaeinsatzes in Nutztierhaltungen einen ganzheitlichen Ansatz zur nachhaltigen Verbesserung der Tiergesundheit, insbesondere durch die Optimierung der Hygienestandards, der Haltungsbedingungen und des Betriebsmanagements gefordert. Diese Forderung wird von der Thüringer Landesregierung vollständig unterstützt. Zurzeit arbeitet das TMASGFF in Projektgruppen der Agrarministerkonferenz zur Verbesserung des Tierschutzes in der Nutztierhaltung mit. Die Projektgruppe soll sich unter anderem mit der Überprüfung und Weiterentwicklung des Managements der Tierhaltung, der weiteren Verbesserung der Haltungsbedingungen sowie der Bewertung bereits geltender Schutz- und Kontrollstandards und deren Wirksamkeit befassen. Sie soll Handlungsempfehlungen für Tierhalter und Behörden aufzeigen und wird der nächsten AMK diesbezüglich auch berichten. Außerdem arbeiten wir in einer Projektgruppe der Länder mit, die sich damit befasst, auf den Schlachthöfen erhobene Daten aus der amtlichen Schlachttier- und Fleischuntersuchung als wichtige Hinweise auf die Tiergesundheit im Sinne der Verbesserung der Haltungsbedingungen und des Tierschutzes zu nutzen. Diese die Gesamtsituation der Tierhaltung umfassenden Maßnahmen sind unumgänglich, wenn man bei der Minimierung des Antibiotikaeinsatzes in der Nutztierhaltung einen Qualitätsverlust für die Bereiche Tiergesundheit und Tierschutz verhindern will. Sie stehen auch im Einklang mit unserer Zielsetzung im Koalitionsvertrag, eine tiergerechte Nutztierhaltung zu befördern, deren Haltungsbedingungen darauf auszurichten sind, die Tiergesundheit zu verbessern und den Antibiotikaeinsatz zu reduzieren.

Wir sind sehr gespannt auf die Auswertungen der im Rahmen der 16. AMG-Novelle zu ermittelnden betrieblichen Therapiehäufigkeit hinsichtlich des Einsatzes von Antibiotika in der Tierhaltung für Thüringen und in Deutschland. Diese Ergebnisse werden Ende März vorliegen und das ist bestimmt ein gutes Thema für eine Befassung im Ausschuss. Erforderlichenfalls werden dann entsprechende Maßnahmen zur Verbesserung der Tiergesundheit einzelfallbezogen umzusetzen sein.

Ich möchte zum Schluss zusammenfassend noch einmal feststellen: Die Thüringer Landesregierung sieht die Notwendigkeit der Reduzierung des Antibiotikaeinsatzes in der Human- und Tiermedizin und wird auf den zuvor genannten Grundlagen dieses Ziel weiterhin mit Nachdruck verfolgen. Die im Arzneimittelgesetz vorgesehenen Maßnahmen zur Verminderung der Therapiehäufigkeit und damit zur Reduzierung des Antibiotikaverbrauchs, die vom Tierhalter zu ergreifen sind, werden natürlich die zuständigen Veterinärbehörden beratend und kontrollierend begleiten.

(Ministerin Werner)