Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, ein verantwortungsvoller Einsatz von Antibiotika liegt im Interesse aller Verbraucher und Tierhalter, da dem Anstieg von mehrfach resistenten Erregern in der Human- und Tiermedizin nur so begegnet werden kann. Danke schön.
Vielen Dank, Frau Ministerin. Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen aus den Reihen der Abgeordneten, sodass ich den zweiten Teil der Aktuellen Stunde damit schließe, und rufe auf den dritten Teil
c) Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion der SPD zum Thema: „Fremdenfeindliche Demonstrationen in Thüringen“ Unterrichtung durch den Präsidenten des Landtags - Drucksache 6/150
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, liebe Gäste auf der Besuchertribüne, lassen Sie mich mit einer persönlichen Bemerkung beginnen: Wenn ich an die bewegenden Worte von Pavel Kohn gestern hier im Plenarsaal denke, wenn ich an die Bilder der Befreiung von Auschwitz denke oder an die Ausstellung der Gedenkstätte Topf & Söhne, dann fällt es mir wirklich schwer nachzuvollziehen, warum es Menschen gibt, die auch heute noch offen für fremdenfeindliche und rassistische Parolen sind oder dafür sogar auf die Straße gehen.
Es macht mich betroffen, dass Werte, für die ich mich seit vielen Jahren engagiere, nach wie vor – ich möchte sagen, in diesen Tagen wieder stärker – infrage gestellt werden. Momente, wie die gestrige Gedenkstunde anlässlich des Holocaustgedenktags sind für mich immer besonders bewegend. Sie sind Momente besonderer Klarheit. Sie machen deutlich, welche Verantwortung wir – aber ich auch ganz persönlich – tragen für die Gegenwart und für die Zukunft.
spielt und wie wichtig es ist, diese Erinnerungskultur am Leben zu halten, und zwar jeden einzelnen Tag. Auch vor diesem Hintergrund erfüllt mich das, was wir in der Bundesrepublik, aber auch hier in Thüringen gegenwärtig erleben, mit großer Sorge. Deshalb haben wir uns auch als Fraktion entschieden, diese Aktuelle Stunde heute zu beantragen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich persönlich kann mich nicht erinnern, wann wir in Thüringen das letzte Mal in so kurzer Zeit so viele vergleichbar große und eindeutig fremdenfeindliche Aufmärsche erlebt haben, wie das gegenwärtig der Fall ist. Am vergangenen Sonntag folgten tausend Menschen einem antiamerikanischen Demonstrationsaufruf in Erfurt. Bereits drei Wochen hintereinander demonstrieren Hunderte Menschen in Suhl auf Veranstaltungen, organisiert aus dem Südthüringer Neonazispektrum. Pegida-Ableger gibt es zwar inzwischen bundesweit in vielen Städten – Dresden, Leipzig, Magdeburg, Düsseldorf, München, das sind nur einige Beispiele –, aber die Sügida in Suhl ist nach Pegida und nach dem Leipziger Ableger die größte derartige Demonstration bundesweit. Die sogenannte Sügida – Südthüringer gegen die Islamisierung des Abendlandes – tritt dabei als Pegida-Ableger auf. Eine eigenständige Positionierung haben sie nicht, klar ist aber, dass die Demonstrationen organisiert und massiv beworben werden von Personen, die sich der Thüringer und bayrischen Neonaziszene zuordnen lassen. Fremdenfeindliche Parolen, Redner, die wegen Volksverhetzung verurteilt wurden oder den Holocaust leugnen, all das ist Sügida. Dass viele der Vorurteile, die dort bedient werden, schlicht falsch sind, brauche ich an der Stelle wohl nicht allzu tiefgründig auszuführen. Dass wir in Thüringen mit einem Ausländeranteil von kaum 2 Prozent nicht von Überfremdung sprechen müssen, dass die nicht einmal 8.000 Muslime, die in Thüringen leben, wohl keine Bedrohung, sondern vielmehr eine Bereicherung für unsere Kultur sind
und wir von der Zuwanderung von Migrantinnen und Migranten wirtschaftlich sogar profitieren, macht deutlich, wie absurd die Debatten sind, die rund um Pegida geführt werden. Es will mir aber auch nicht einleuchten, warum Leute, die westlichchristliche Grundwerte bedroht sehen, sie gleichzeitig denen absprechen, die sie besonders brauchen, warum sie eine Stimmungsmache gegen Flüchtlinge – und das formuliere ich bewusst vorsichtig – zumindest billigend in Kauf nehmen.
Sicherlich kann man nicht alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Demonstrationen über einen Kamm scheren, sicherlich sind nicht alle, die dort sind, rechtsradikal oder fremdenfeindlich eingestellt. Die Stimmung aber, die Pegida gesellschaftlich er
zeugt, die Meinungen, die ihre Vertreter in den Medien und in den sozialen Netzwerken veröffentlichen, da bin ich mir sicher, die sind nicht gut für unser gesellschaftliches Klima.
Sie bedienen nicht selten Vorurteile gegen Migrantinnen und Migranten, gegen Flüchtlinge und sie versuchen da zu spalten, wo es eigentlich Solidarität und Zusammenhalt bräuchte.
Mir macht aber auch Sorgen, dass direkt neben Nazis die immer wieder angesprochenen sogenannten besorgten Bürger demonstrieren, sei es aus Angst vor dem Islam, sei es aus Angst vor Überfremdung oder aus Misstrauen gegenüber dem etablierten System. Mir macht es Sorgen, dass sie trotz aller öffentlichen Diskussionen dennoch auf diese Veranstaltungen gehen, und mir macht es Sorgen, dass sie sich diese Reden anhören, dass sie sehen, wie auf diesen Demonstrationen agiert wird, und dennoch dort bleiben. In diesem Zusammenhang muss man sich aber sicherlich auch die Frage stellen, ob die Positionierung der einen oder anderen Partei oder der eine oder andere Antrag, der hier im Plenum gestellt wird, genau diese Stimmung nicht eher unterstützt, als sich mit einer realistischen Problembeschreibung zu beschäftigen.
Denn, meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist auch unsere Aufgabe, eine Antwort für die Unsicherheit zu geben. Es ist unsere Aufgabe, Rahmenbedingungen zu erstellen, die es ermöglichen, diese Fragen zu beantworten. Ich glaube auch, dass wir Verantwortung dafür tragen, dass die Vorurteile und Ängste, die dort immer wieder bedient werden, abgebaut werden müssen. Aber natürlich erwarte ich von mündigen Bürgerinnern und Bürgern auch, dass sie sich mit ihren eigenen Ängsten auseinandersetzen, dass sie sich ihnen stellen. Ich glaube, dass es wichtig ist, dass es an uns liegt, dass wir gemeinsam deutlich machen, dass Fremdenfeindlichkeit und Rassismus in Thüringen keinen Platz haben und dass wir alle gemeinsam für eine demokratische und offene Gesellschaft kämpfen. Das war in der Vergangenheit nicht immer der Fall und ich würde mir wünschen, dass wir das vor diesem Hintergrund schaffen und dass es in Zukunft so ist. Vielen herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Gäste auf der Besuchertribüne und liebe Gäste am Livestream! Ein ausdrückliches „Ahlan wa Sahlan“ an die Flüchtlinge aus Syrien, die hier zu uns nach Thüringen gekommen sind
und die ich im Namen der drei Regierungsfraktionen freundlich willkommen heißen möchte. Sie sind nämlich hier willkommen und dafür stehen wir ein.
Zu den Protesten, den fremdenfeindlichen, oder – um es konkreter zu machen – den rassistischen Protesten und neonazistischen Protesten, die unter dem Label „Sügida“ in Suhl seit mehreren Wochen auflaufen, möchte ich als Allererstes eines sagen, nämlich ein Dankeschön an diejenigen, die sich schon monatelang in Suhl um Flüchtlinge vor Ort kümmern, die sich dort in fast unvergleichbarer Zeit und unvergleichbarem Engagement einsetzen, um in Suhl den Flüchtlingen zu zeigen, dass sie willkommen sind und dass das, was montags da auf die Straße geht, nicht das ist, wofür wir hier mehrheitlich in Thüringen stehen. Ein Dankeschön an euch, ein Dankeschön an Sie.
Ich hoffe, dass die Kraft da ist, das weiter durchzuhalten, denn dieser alltägliche Einsatz für Flüchtlinge ist das eigentlich Entscheidende. Diana Lehmann hat es schon angesprochen, wer hinter Sügida steckt. Ich möchte das etwas konkreter machen, nämlich die Organisatorin – ich glaube, das ist mittlerweile allen bekannt –, gegen sie wird mittlerweile auch wegen Volksverhetzung ermittelt, aufgrund der Anzeige, die gegen sie losgetreten wurde. Zusätzlich zu der Anzeige wegen Volksverhetzung ist relativ aktuell, dass sie unter anderem mit dem ehemaligen Sänger von „Landser“ – einer verbotenen Musikvereinigung –, Michael „Lunikoff“ Regener, zusammen auf Fotos posiert. Sie wird unterstützt in der Organisation von Tommy Frenck, Bündnis Zukunft Hildburghausen. Das ist der, der hier erst vor wenigen Tagen öffentlich durch die Medien kursierte, weil er in Kloster Veßra das Haus gekauft hat, wo die Bewohner vor Ort jetzt Sorgen haben, was dort entsteht und inwieweit ein weiterer Neonazitreffpunkt entstehen könnte. Das sind aber nicht die Einzigen. Hinzu kommt Patrick Schröder, Inhaber von „Ansgar Aryan“, das ist eines der größten Neonaziversandlabel, welches aus Bayern und aus Thüringen verschickt und hier Lagerhallen – oder wie auch immer man das bezeichnen will – hat. Der wurde erst im Dezember 2014 wegen Zeigen eines Hitlergrußes zu einer Strafe von 3.000 Euro verur
teilt und ist einer derjenigen, die diese Sügida-Proteste mit organisieren und die dort auch als Redner auftreten. Neben den dreien sind allerdings auch Mitglieder und Vertreter der AfD vor Ort. Einer ist erst heute aufgrund seiner unsäglichen Äußerungen von seiner bisherigen Arbeitgeberin entlassen worden.
Unverzüglich wäre etwas anderes gewesen. Aber es sprechen ja auch andere Personen dort, die sich selbst der AfD zugeordnet haben. Nur ein Beispiel: Paul Latussek, Holocaustleugner, welcher vor wenigen Jahren erst behauptete, dass die Zahl der im Holocaust Ermordeten eine Lüge sei und in Wirklichkeit viel niedriger. David Köckert, Vertreter der NPD Greiz, der unter anderem gegen Journalisten gehetzt und indirekt dazu aufgerufen hat, ein Bedrohungsszenario gegen diese zu erzeugen, tritt dort auf, hält Reden und ist einer der Neonazis, der für die NPD dort mit teilnimmt. Dazu kommen rechte Hooligangruppen aus Erfurt und Weimar, Sympathisanten von HoGeSa, der sogenannten Hooligans gegen Salafisten, Reichsbürgervertreter, Funktionäre von weiteren NPD-Kreisverbänden von Altenburg, Sondershausen, Eisenach usw. usf., Mitglieder von Rechtsrockbands, die Aktionsgruppe Weimarer Land, also die sogenannten Freien Kameradschaften, die Freien Kräfte Gotha, das Freie Netz Saalfeld usw. usf.
Das Entscheidende ist, seitdem es Pegida, Sügida, Legida, Kögida und diese ganzen „Hirnis-da“ oder „Nazis-da“ hier in Deutschland gibt,
sind die Übergriffe auf Migranten, auf Menschen mit anderer Hautfarbe um mehr als das Doppelte gestiegen. Dazu ist erst gestern eine entsprechende Veröffentlichung von „Report Mainz“ gemacht worden. Unsere Aufgabe ist es, die Menschen, die hier zu uns kommen, die Fluchterfahrungen hinter sich haben und Unterstützung brauchen, diese Unterstützung zu geben. Und solange Neonazis maßgeblich die Proteste in Suhl mit organisieren, solange Neonazis dort maßgeblich die Reden halten, gibt es zumindest für mich absolut keinen Grund, mit den Menschen ins Gespräch zu kommen – überhaupt keinen Grund.
Wenigstens eine kurze letzte Ankündigung noch: Über Suhl hinaus bis Ende März haben wir noch den 15. März in Erfurt – Demonstration eines HoGeSa-Ablegers –, den 1. Mai in Saalfeld – Demonstration der neuen Neonazipartei „Dritter Weg“ – und weitere mehr. Ich hoffe, dass wir dann gemeinsam gegen all diese Rassisten und Neonazis parat stehen und zeigen, wo Thüringen steht, nämlich für
Herr Präsident, liebe Kollegen der AfD, werte Abgeordnete der Altparteien! Frau König – wo ist sie? –, unglaublich, was Sie alles wissen. Von den ganzen Leuten, die Sie da im rechten Spektrum angesiedelt haben, kannte ich nicht einen einzigen. Sie sind da wohl ganz aktiv in der Beziehung.
Das einzige Hakenkreuz, das ich hier im Plenarsaal sehe, prangt bei Frau Rothe-Beinlich auf dem Rechner. Das muss doch wohl ein Zeichen sein, dass hier irgendetwas ganz verkehrt läuft – oder?
Wir haben „Fremdenfeindliche Demonstrationen in Thüringen“ als Thema. Das ist ein sehr ernstes Thema. Vielleicht schenken Sie mir Ihr Gehör, Frau Rothe-Beinlich. Fremdenfeindliche Demonstrationen, da fällt mir zunächst ein, dass Anfang Januar zwei riesengroße Pflastersteine in der Schaufensterscheibe meines Wahlkreisbüros in Gera gelandet sind; Schaden: 5.000 Euro. Wer haftet dafür? Ein Fremder, nämlich mein Vermieter. Heute Nacht wurde wieder, wahrscheinlich wieder von Rotfaschisten – Sie fühlen sich angesprochen...