Protocol of the Session on November 25, 2015

Bertolt Brecht hat einmal sehr schön gesagt, ich zitiere: „Der starke Mann ist stärker ohne Gewalt.“ Dies möge man bedenken. Fakt ist aber, dass es Gewalt gegen Frauen, gegen Kinder gibt und dass wir als Politiker verantwortlich sind, Rahmenbedingungen zu schaffen, die diesen Frauen sicheren Schutz gewähren. Dafür gibt es die Frauenhäuser, dafür gibt es die Interventionsstellen, die Frauen in Not aufnehmen. Dafür gibt es aber auch die Täterberatung – und an dieser Stelle ein herzliches Dankeschön für deren Arbeit, denn wenn wir nicht auf Resozialisierung und Beratung setzen würden, wäre das – meine ich – auch falsch, auch wenn aus meiner Sicht heute selbstverständlich die Frauen und ihr Schutz im Fokus stehen sollten.

Die Kampagne von TERRE DES FEMMES ist eine internationale Kampagne. Es ist auch schon angesprochen worden: Das Hauptthema in diesem Jahr ist die frühe Zwangsverheiratung. Jährlich werden weltweit 14,2 Millionen Mädchen vor ihrem 18. Geburtstag verheiratet, das sind täglich 39.000 Mädchen. Die Folgen, das kann man sich sicherlich vorstellen, sind verheerend. Sie bedeuten Schulabbruch, oftmals sexuelle Ausbeutung, zu frühe Schwangerschaften und finanzielle Abhängigkeiten. TERRE DES FEMMES fordert deshalb als weltweite Organisation ein Mindestheiratsalter von 18 Jahren weltweit. Ich finde, das ist eine gute, eine wichtige Forderung, die wir auch unterstützen sollten.

Außerdem – Frau Holzapfel und auch meine Kollegin Frau Stange haben schon darauf verwiesen – muss man die besondere Situation von Frauen auf der Flucht in den Blick nehmen. Dazu ist schon viel gesagt worden. Frauen auf der Flucht sind oftmals ganz besonderen Gefahren ausgesetzt. Sie haben mitunter schon Gewalt, Krieg und viele andere schreckliche Dinge in ihrem Heimatland erfahren. Das geht manchmal so weiter auf der Flucht, weil sie abhängig werden von denen, die ihnen versprechen, sie beispielsweise hierher zu bringen, weil sie sich oftmals schutzlos fühlen, auch in großen Unterbringungseinrichtungen. Deswegen liegt es an uns, hier geschützte Räume anzubieten. Ich will aber auch sagen: Wer jetzt darüber nachdenkt, den Familiennachzug, beispielsweise für Syrerinnen und Syrer, einzuschränken, der zwingt Frauen und Mädchen und ihre Kinder auf eine tödliche Flucht beispielsweise über das Mittelmeer. Auch das dür

(Präsident Carius)

fen und werden wir so nicht hinnehmen, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Gewalt gegen Frauen, wie gesagt, hat viele Gesichter. Deswegen bin ich froh, dass wir mit Rot-RotGrün den Maßnahmenplan gegen häusliche Gewalt auch in Thüringen endlich fortschreiben. Vielen herzlichen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Rothe-Beinlich. Das Wort erteile ich nun der Abgeordneten Herold für die AfD-Fraktion.

Sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrter Herr Präsident, liebe Besucher auf der Tribüne und liebe Zuhörer und Zuschauer am Livestream! „Nein zur Gewalt an Frauen – Thüringen zeigt Gesicht“, das ist das Thema unserer heutigen Aktuellen Stunde. Seit 1981 ist der 25. November ein internationaler Gedenktag. 1999 wurde er auch von den Vereinten Nationen als internationaler Gedenktag anerkannt und heute, im Jahr 2015, ist seine Bedeutung so hoch wie nie. Trotz gesetzlicher Ächtung gibt es Gewalt an Frauen und Gewalt an Kindern. Die Gewalt gegen Frauen ist nicht nur weit entfernt wie in Syrien zum Beispiel, wo tausende jesidische Mädchen und Frauen durch den IS verschleppt und versklavt wurden, vergewaltigt, wie Ware gehandelt und letzten Endes ermordet und verscharrt werden. Die Weltgesellschaft schaut weg und reagiert nicht. Ich vermisse hier in unserer ewigen Betroffenheitsgesellschaft an dieser Stelle eine Kampagne wie @Aufschrei, wo es nur um ein freigelegtes Dekolleté ging.

(Beifall AfD)

Gewalt gegen Frauen findet auch hier vor unserer Haustür statt. In den Medien lesen wir von sexuellen Übergriffen, Vergewaltigungen und Zwangsprostitution in der Erstaufnahme Gießen. In Hamburg suchten elf Frauen mit 13 Kindern aus Flüchtlingseinrichtungen im ersten Halbjahr 2015 in einem der fünf Frauenhäuser Schutz. In neun Fällen sexueller Gewalt registrierten diese die Behörden. Selbst der Landesfrauenrat Thüringen spricht davon, dass es aufgrund der gemeinsamen Unterbringung von Frauen und Männern auf engstem Raum häufig zu gewalttätigen Übergriffen kommt – häufig! –, nicht einmalig, nicht hin und wieder, nicht gelegentlich, sondern häufig. Vonseiten der Polizei heißt es, es sei sehr schwer, eine geflüchtete Frau dazu zu bringen, gegenüber der Polizei eine Aussage zu ma

chen. Oft bestünden kulturelle Hemmnisse oder die Angst, ein gemeldeter Übergriff könnte sich negativ auf den Asylantrag auswirken. An dieser Stelle sollten alle Alarmglocken eines jeden vernünftig denkenden Menschen schrillen. Aber anstatt sofort auf Aufklärung zu drängen, die Täter zu ermitteln und für ihr Handeln rechtlich verantwortlich zu machen, wird denjenigen, die diese Missstände ansprechen, schnell Populismus oder sogar Rassismus vorgeworfen, und zwar genau von den Personen, die sich ansonsten so sehr für die Rechte der Frauen und den Gewaltschutz einsetzen.

(Beifall AfD)

Die Thüringer Landesregierung erklärt dazu, dass es für derartige Fälle keine Belege gäbe. Und einzelne Abgeordnete sind erschrocken über diese Aussage des Landesfrauenrats. Wir fragen uns, worüber man da erschrocken war: Dass die Wahrheit ausgesprochen wurde, bevor man entsprechende Nachrichten vertuschen konnte? Oder war die Landesregierung tatsächlich darüber erschrocken, dass Gewalt gegen Frauen in den Unterbringungen, die total überfüllt sind, eine große Rolle spielt? Es sei möglich, dass es eine Dunkelziffer gäbe, allerdings könnten die angesprochenen Meldungen nicht bestätigt werden, da offiziell keine entsprechenden Zahlen vorliegen, heißt es aus dem Ministerium. Und obwohl alles ganz unsicher und überhaupt nicht bestätigt ist, sucht man mittlerweile nach Lösungen für ein Problem, welches es angeblich gar nicht gibt. Wir diskutieren getrennte Unterbringung von Männern und Frauen und Familien und Extrazelte für Transsexuelle, den Einsatz von Wachpersonal und Sozialarbeitern, aber wir trauen uns nicht, das Problem beim Namen zu nennen. Gewalt gegen Frauen, Gewalt gegen Kinder beiderlei Geschlechts. Nein zu dieser Gewalt! Das gilt in der Erstaufnahmestelle genauso wie an allen anderen Orten und es ist dort zu verurteilen wie auch sonst überall.

Wir lesen auch von einer Vergewaltigung einer 54-Jährigen in einer Zugtoilette durch einen albanischen Asylbewerber in einem Zug zwischen Gotha und Göttingen. Wir hören von einer Serie an Vergewaltigungen in Magdeburg durch einen Afghanen. Sie werden jetzt sagen, das sind alles bedauerliche Einzelfälle. Ich sage Ihnen, dass es völlig egal ist, in wie vielen Fällen solche Verbrechen geschehen. Denn auch jeder Einzelfall ist bekanntlich geeignet dazu, den Gesetzgeber zum Schutz von Betroffenen auf den Plan zu rufen.

(Beifall AfD)

Wir müssen dringend dafür Sorge tragen, dass Frauen, egal, ob sie hier geboren sind, schon lange hier leben oder vor Verfolgung und Gewalt in ihrer Heimat nach Deutschland geflohen sind, hier in Freiheit und Würde leben können, damit diese

(Abg. Rothe-Beinlich)

Frauen hier zur Ruhe kommen und ihre menschlichen Potenziale entfalten können.

Lassen Sie uns bitte aktiv werden, um der Gewalt gegen Frauen Aufklärung über unsere Werte und Gesetze entgegenzusetzen. Die Täter – herkunftsunabhängig und geschlechtsunabhängig – müssen für ihre Vergehen schnellstmöglich zur Verantwortung gezogen werden. Danke sehr.

(Beifall AfD)

Vielen Dank, Frau Herold. Das Wort hat nun die Abgeordnete Lehmann für die SPD-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, ich möchte mit einem Zitat beginnen: „Zu viele Frauen in zu vielen Ländern sprechen dieselbe Sprache: Die des Schweigens.“ Diese Worte richtete Hillary Clinton vor 20 Jahren in der Weltfrauenkonferenz der Vereinten Nationen an die Öffentlichkeit. Sie stehen exemplarisch für das, an was wir heute erinnern wollen. Schon seit 34 Jahren ist der 25. November Internationaler Tag zur Beseitigung der Gewalt gegen Frauen. An diesem Tag werden unterschiedliche Aktionen durchgeführt, um Missstände bei der Einhaltung von Frauenrechten gegenüber Mädchen und Frauen auf der ganzen Welt in den Mittelpunkt zu rücken. Es geht um sexuelle Gewalt, Zwangsheirat, Zwangsprostitution, Menschenhandel. Die Liste der Grausamkeiten, mit denen Frauen weltweit auch heute noch konfrontiert werden, ist lang. Darauf machen Aktivistinnen und Aktivisten heute aufmerksam. Sie sprechen aber auch über Maßnahmen auf dem Gebiet, die der Verhütung und zur Beseitigung der Gewalt gegen Frauen dienen sollen. Ich bin froh, dass wir heute im Rahmen dieser Aktuellen Stunde die Gelegenheit haben, all denen zu danken, die sich jeden Tag für die Rechte von Frauen und Mädchen einsetzen und die Frauen und Mädchen in Not betreuen.

Im Besonderen geht es heute auch um häusliche Gewalt und um sexuellen Missbrauch und darum, Gesicht zu zeigen gegen genau diese Missstände. Und es geht darum, sie zu benennen und Handlungsmöglichkeiten aufzuzeigen. Gemäß einer Studie der Europäischen Union aus dem Jahr 2014 ist jede dritte Frau in Europa Opfer häuslicher oder sexueller Gewalt. Es ist wichtig, dass wir uns hier entschieden zur Wehr setzen, wenn es um Gewalt gegen Frauen und Mädchen geht. Sie darf nicht heruntergespielt oder relativiert werden. Es darf keine Schuldzuweisung an die Opfer geben nach dem Motto, sie seien selbst schuld. Das ist nämlich einer der Hauptgründe dafür, warum Frauen sich nicht

trauen, sich gegen die Täter zu wenden und sie anzuzeigen.

Wir müssen das Tabu, dass über häusliche Gewalt nicht gesprochen wird, durchbrechen und die Aufklärungsarbeit verbessern. Wir müssen Frauen dabei unterstützen, dieses Schweigen zu durchbrechen, sonst werden sie doppelt Opfer von Gewalt: einmal im Rahmen der häuslichen Gewalt und dann auch noch dadurch, dass sie gesellschaftlich geächtet werden oder Hilfsangebote nicht zur Verfügung stehen.

In Thüringen werden Frauen in 17 Frauenhäusern und Schutzwohnungen sowie von 12 Beratungsstellen betreut, die eine ganz wichtige Arbeit leisten. Wir möchten heute noch einmal darauf hinweisen, wie wichtig es ist, ihnen zu danken, wie wichtig es aber auch ist, sensibel zu sein in der Arbeit mit Frauen, und wie wichtig es ist, die Zusammenarbeit zwischen den beteiligten Stellen, also zwischen den Beratungsstellen, zwischen der Polizei, zwischen den Interventionsstellen, nachhaltig zu unterstützen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Menschenrechte von Frauen und Mädchen sind ein unveräußerlicher, fester und unteilbarer Bestandteil der allgemeinen Menschenrechte. Sie müssen gefördert und geschützt werden – in Thüringen, in Deutschland, in Europa, weltweit. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. Seitens der Abgeordneten liegen mir jetzt keine weiteren Wortmeldungen vor, sodass ich Ministerin Werner das Wort erteile.

Sehr geehrter Herr Präsident, verehrte Abgeordnete! Gewalt an Frauen, insbesondere häusliche Gewalt, kommt auch in unserer Gesellschaft immer noch viel zu häufig vor. Deshalb kann das Problem nicht oft genug in den Fokus gestellt werden. Ich bin deshalb dankbar, nach der Bewertung in der 8. Sitzung des Gleichstellungsausschusses am 23. September heute zum Antrag der regierungstragenden Fraktionen im Rahmen der Aktuellen Stunde auch öffentlich Stellung nehmen zu können.

Angesichts des Internationalen Tages gegen Gewalt an Frauen werden am 25. November eines jeden Jahres Aktionen durchgeführt. Der Aktionstag will ein Zeichen setzen, um das weitgehend noch tabuisierte Thema in die Öffentlichkeit zu bringen und den Zugang zu Hilfsangeboten öffentlich zu machen. Es geht darum, das Bewusstsein der Men

(Abg. Herold)

schen zu sensibilisieren, dass Gewalt an Frauen nach wie vor gegenwärtig ist und dies nicht hingenommen werden kann. In diesem Jahr findet mit Kooperationspartnerinnen und -partnern die Aktion „Wir brechen das Schweigen“ statt. Das Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ rief im Vorfeld bundesweit zum Mitmachen auf. Das Büro der Landesgleichstellungsbeauftragten, Frau Christ-Eisenwinder – und an der Stelle herzlichen Dank – hat sich gemeinsam mit mir an der Fahnenaktion von TERRE DES FEMMES und der Aktion „Wir brechen das Schweigen“ heute um 12.00 Uhr vor dem Ministerium in Erfurt beteiligt. Ich will mich an dieser Stelle sehr bei Frau Holzapfel für die berührenden Worte bedanken.

Lassen Sie mich heute vor allem auf die Situation zur Gewalt an Frauen in Thüringen eingehen. Ich denke, es ist wichtig, dass wir die Situation in Thüringen beleuchten und vor unsere eigene Haustür schauen. Besonders betroffen macht, dass laut Angaben der Thüringer Polizei im ersten Halbjahr 2015 zwei Tötungsdelikte im Zusammenhang mit häuslicher Gewalt an Frauen zu verzeichnen waren. Darüber hinaus hat die Thüringer Polizei über den polizeilichen Meldedienst im Zusammenhang mit häuslicher Gewalt zwei weitere Tötungsdelikte von Frauen aufgenommen. Die polizeiliche Kriminalstatistik als Recherche des Landeskriminalamts Thüringen ergab, dass im Jahr 2013 zwei Frauen ab 18 Jahren in der Partnerschaft und im Jahr 2014 eine Frau getötet wurden. Darüber hinaus gab es im Jahr 2013 zwei und im Jahr 2014 drei versuchte Tötungsdelikte an Frauen ab 18 Jahren in der Partnerschaft. Im Rahmen der Auswertung des Erhebungsbogens der häuslichen Gewalt lassen sich für das erste Halbjahr 2015 folgende Punkte als bedeutsam benennen: Mit 1.274 Fällen sind die Zahlen gegenüber dem Vorjahr leicht gesunken. Es sind im Rahmen häuslicher Gewalt 1.460 Opfer geschädigt worden, von denen zwei Opfer getötet und 699, also ungefähr die Hälfte, verletzt worden sind. Bei beiden Tötungsdelikten sind jeweils zwei Kinder betroffen, die nun als Waisen oder Halbweisen weiterleben. Wenngleich die polizeiliche Kriminalstatistik keinen Opferstatus für Kinder getöteter Eltern vorsieht, wird an dieser Stelle deutlich, dass häusliche Gewalt einen wesentlich größeren Personenkreis direkt und indirekt betrifft. Bei ungefähr jedem vierten Täter häuslicher Gewalt handelt es sich um einen Wiederholungstäter, was gegenüber dem Vorjahr eine Steigerung ist. Ebenso ist eine deutliche Steigerung zum Vorjahreszeitraum in Bezug auf die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen festzustellen. Insgesamt wurden im Berichtszeitraum 308 Minderjährige erfasst.

Insgesamt bleibt die polizeiliche Bekämpfung häuslicher Gewalt auf einem zahlenmäßig hohen Niveau, sowohl bezüglich der Fallzahlen selbst als auch bezüglich des immensen Arbeitsaufwandes

zur Gefahrenabwehr, zum Opferschutz und zur Ermittlungstätigkeit. Trotz leicht gesunkener Gesamtzahlen ist eine deutliche Steigerung der polizeilichen Maßnahmen dokumentiert. Hierin wird ein wichtiges Indiz für eine zunehmend gelungene Umsetzung der polizeilichen Maßnahmen gegen häusliche Gewalt gesehen, mit der eine Verschränkung von Maßnahmen der Gefahrenabwehr, des Opferschutzes und der strafrechtlichen Ermittlung einhergeht.

Lassen Sie mich noch einige Ausführungen zum Netzwerk gegen häusliche Gewalt machen. In Thüringen existiert ein flächendeckendes Beratungsnetz mit derzeit 14 Frauenhäusern, 28 Frauenzentren und vier Interventionsstellen, die sich in Erfurt, Nordhausen, Meiningen und Gera befinden. An dieser Stelle auch herzlichen Dank an die beteiligten Menschen, die wirklich viel leisten, um betroffene Frauen zu unterstützen.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Während die Frauenhäuser ambulante Beratungen und Beratungen in der Zeit des Aufenthalts im Frauenhaus als auch nachgehende Beratungen, das heißt Unterstützung der Frauen nach Verlassen des Frauenhauses, durchführen, arbeiten die vier Interventionsstellen nach dem proaktiven Ansatz. Auch die Frauenzentren in Thüringen halten niedrigschwellige Beratungsangebote für Opfer häuslicher Gewalt bereit. Die Statistik der Frauenhäuser weist in den folgenden Fallzahlen aus, dass von 2011 bis 2013 55 Frauen weniger ein Frauenhaus aufsuchten; die Zahl von 477 Frauen ist aber immer noch sehr hoch. Zur Tätigkeit von Interventionsstellen ist auszuführen, dass diese nach dem proaktiven Ansatz arbeiten und Frauen und Männern als Anlaufstellen für eine qualifizierte Erstberatung im Sinne des Schutzes und der Sicherheit der Betroffenen und zur Beratung über wohnortnahe Hilfs-, Beratungs- und Unterstützungsangebote bzw. zu zivilrechtlichen Möglichkeiten nach dem Gewaltschutzgesetz dienen. Bei Bedarf erfolgt eine Begleitung vor Gericht und zu Anwälten. Psychosoziale Interventionen sind stets vom Einzelfall abhängig. Weitervermittlungen erfolgen im Bedarfsfall an spezifische Fachberatungsstellen.

Die Frauenhäuser, Interventionsstellen und Frauenzentren sind untereinander sehr eng verzahnt und betreiben aktive Netzwerkarbeit. Neben der Zusammenarbeit in den einzelnen Landesarbeitsgemeinschaften wird ein regelmäßiger Kontaktaustausch mit anderen Akteuren vor Ort gepflegt, die sich gegen häusliche Gewalt einsetzen. Zu den Akteuren gehören Experten aus den Bereichen Polizei, Justiz, den Jugendämtern, dem Weißen Ring, Rechtsmedizin, Kinderheilkunde, Kriminologie sowie interessierte Bürgerinnen und Bürger. So findet sich in jedem Landkreis ein Netzwerk gegen häusliche Ge

(Ministerin Werner)

walt. Ausdrücklich möchte ich auch die Gewaltkonfliktberatungsstellen für Täter häuslicher Gewalt benennen, die gegenwärtig in Erfurt und Gera existieren. Sie leisten einen wichtigen Beitrag zum Opferschutz im Bereich der häuslichen Gewalt. Ziel der Beratung ist hier stets die Beendigung gewalttätigen Verhaltens. Dies setzt zunächst die Auseinandersetzung des Täters mit der Gewalt voraus. Nach der Anlaufphase des Projekts ist festzustellen, dass die vom Thüringer Ministerium für Migration, Justiz und Verbraucherschutz entwickelte Konzeption aufgegangen ist und dass sich durch eine enge Anbindung an die Justiz und die Auswahl eines justiznahen Trägervereins die Anzahl der Täter, die sich an die Beratungsstellen wenden, erhöht hat.

Abschließend möchte ich ausführen, dass die Arbeit der Koordinierungsstelle gegen häusliche Gewalt derzeit zwar aufgrund personeller Vakanz ruht, es ist aber beabsichtigt, diese Stelle zeitnah neu zu besetzen, um die Zusammenarbeit mit allen Akteuren in diesem Bereich wieder aufzunehmen. Ich kann Ihnen versichern, dass die Vereinbarung im Koalitionsvertrag auf jeden Fall umgesetzt wird.

Sehr geehrte Damen und Herren, es ist notwendig, dass sich alle bemühen, jegliche Gewalt gegen Frauen abzulehnen und zu ächten, diese als Zeugen oder Betroffene klar zu benennen und zur Verfolgung der Täter zur Anzeige zu bringen. Inhumane Handlungsweisen dürfen nicht im Dunkelfeld verschwinden. Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU, DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Ministerin. Damit schließe ich diesen ersten Teil der Aktuellen Stunde und rufe auf den zweiten Teil der Aktuellen Stunde

b) Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion der AfD zum Thema: „Terror in Paris – sicherheitspolitische Auswirkungen auf Thüringen“ Unterrichtung durch den Präsidenten des Landtags - Drucksache 6/1311

Ich eröffne die Aussprache und erteile der Abgeordneten Muhsal für die AfD-Fraktion das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Abgeordnete, liebe Gäste! Die Attentäter von Paris haben über 130 Menschen getötet und Hunderte verletzt und außerdem versetzen sie ganz Europa in Angst und Schrecken. Warum funktioniert dieser