Protocol of the Session on September 13, 2019

Damit fällt ein Drittel von Thüringen weg. Sie wollen die 10H-Regelung in Thüringen einführen.

(Zwischenruf Abg. Malsch, CDU: Jawohl!)

Damit fallen zwei Drittel von Thüringen weg. Wenn ein Drittel und zwei Drittel weg sind, was bleibt denn dann noch übrig? Nichts mehr.

(Unruhe CDU)

Dann wollen Sie als Drittes die Privilegierung im Baugesetzbuch aufheben.

(Beifall CDU)

Dann bleibt in Deutschland nichts mehr übrig. Ich frage mich, wo wir dann noch die Windräder hinstellen wollen. Wollen wir sie dann tatsächlich auf den Marktplatz stellen? Wollen wir sie auf das Dach vom Landtag stellen, damit noch Strom erzeugt werden soll?

(Zwischenruf Abg. Prof. Dr. Voigt, CDU: Es geht um gleichberechtigte Planung!)

Sie müssen mal, liebe CDU-Fraktion und lieber Herr Gruhner, darüber nachdenken, dass Thüringen nach wie vor die Hälfte seines Stroms von außen bezieht. Diese Hälfte des Stroms, den Thüringen von außen bezieht, kommt in der Regel aus Sachsen-Anhalt. Es ergibt sich einfach aus den Stromleitungen. In Sachsen-Anhalt stehen die Braunkohlekraftwerke. Es ist also sehr sauberer Strom, den wir wahrscheinlich bekommen, sehr mit CO2 angereichert. Wir müssen doch endlich mal was tun, um das zu beenden.

(Zwischenruf Abg. Gruhner, CDU: Haben Sie schon mal etwas vom Kohleausstieg ge- hört?)

Es sind Milliarden Euro, die wir dort jedes Jahr an Wertschöpfung verschenken, die wir in Thüringen halten könnten.

(Unruhe CDU)

Das Nächste ist, lieber Herr Gruhner – hören Sie doch einfach mal zu, vielleicht lernen Sie ja noch was, auch Politikwissenschaftler können vielleicht von einem Ingenieur noch was lernen und von einem Bürgermeister, der mal Waldbesitzer war, nämlich der zweitgrößte Waldbesitzer in Thüringen, und der entsprechend Waldumbau betrieben hat –: Es ist nun mal so, wir verlieren Wald, weil wir über das Waldgesetz reden. Und wir verlieren Wald in Größenordnungen und wir haben Waldbesitzer, die in den nächsten 30/40 Jahren keine Einnahmen haben, weil der Wald einfach weg ist, weil das Holz, das über Jahrzehnte aufgebaut worden ist, das über Jahrzehnte halten sollte und Einnahmen bringen sollte, weg ist. Die Leute kriegen jetzt auch

(Abg. Adams)

nicht die Einnahmen, die für 30 oder 40 Jahre reichen. Wollen wir die Leute enteignen, indem wir sagen, ihr dürft das Waldgrundstück nicht nutzen, indem ihr vielleicht dort eine Windkraftanlage hinsetzt, mit der ihr Geld verdienen könnt, um euren Wald wieder aufzubauen?

(Beifall DIE LINKE)

Und wenn Sie anfangen mit Ihrem Wald, dass dort 85.000 – das stand ja auch in der Bild-Zeitung, es sind ja nur 85.000 Quadratmeter, es sind ja insgesamt 230 Hektar, und 85.000 Quadratmeter holzen wir da für Windanlagen ab, dann muss man das aber in Relation setzen, 85.000 Quadratmeter sind 8,5 Hektar. Bei 230 Hektar Gesamtfläche ist das relativ wenig. Von der Warte aus müssen wir das alles natürlich in Relation und im Gesamtzusammenhang mit der Energiepolitik im Bund, mit der Energiepolitik in Thüringen sehen und müssen auch sehen, was wir in Thüringen wollen. Ich sage Ihnen: Wir wollen in Thüringen eine saubere Energie, dazu gibt es entsprechende gesetzliche Festlegungen. Diese gesetzlichen Festlegungen sind auch im Klimagesetz, natürlich auch mit dem 1 Prozent, und die wird untersetzt durch die Energie- und Klimaschutzstrategie der Landesregierung, die wir hier im Hause noch diskutieren, und mit IMPAKT II zu den Klimafolgen. Das alles ist vorhanden und das soll auch dazu führen, dass wir in Thüringen 2040 klimaneutral Strom beziehen, also bilanziell zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien. Und ich frage mich einfach, auch die liebe CDU: Wo wollen Sie denn den Strom herkriegen, wenn wir den in Thüringen nicht selbst erzeugen können? Nach Ihren Plänen müssen selbst die Anlagen, die jetzt stehen, alle wieder abgebaut werden und dürfen nicht weiterbetrieben werden. Und dann machen wir Strom auf dem Laufrad, wir setzen uns auf ein Fahrrad, wenn wir fernsehen wollen; und wenn die Heizung betrieben werden soll, muss einer leiern. Oder was machen wir? Oder wir führen die alten Schwerkraftheizungen aus DDR-Zeiten wieder ein. Das sind alles Punkte, die nicht so funktionieren und über die wir natürlich auch reden müssen, wenn man über Energiepolitik und wenn man entsprechend über Wald und Wind redet.

Und wenn Sie Ihre CDU-Landräte wieder verteidigen, Herr Gruhner, dann empfehle ich Ihnen mal, das Döbel-Gutachten anzuschauen, das Gutachten der Landesregierung, das von Ihrem ehemaligen Minister und Mitstreiter Christian Carius in Auftrag gegeben und von uns erweitert worden ist. Wenn sich die Regionalen Planungsgemeinschaften an dieses Döbel-Gutachten gehalten und nicht 50.000 Euro rausgeschmissen und ein eigenes Gutachten gemacht hätten, was nicht notwendig ist,

wären ganz andere Flächen – und nicht die Flächen, über die wir uns heute streiten, die teilweise schützenswert sind – diskutiert worden und sie hätten dort natürlich auch vernünftige Ergebnisse erzielen können. Ich behaupte nach wie vor, die CDU-Landräte haben hier bewusst solche Geschichten gemacht, um heute diese Debatte zu befeuern, die Sie hier führen, um zu sagen: Rot-RotGrün kann es nicht, Rot-Rot-Grün macht es nicht. Das, was Sie hier heute abgeliefert haben, liebe CDU-Fraktion, lieber Herr Gruhner und liebe Mitglieder dieser Fraktion, ist überheblich, fachlich inkompetent und anmaßend. Es ist einfach peinlich und man muss sich dafür entschuldigen, man muss sich sogar bei Ihrer Bundeskanzlerin dafür entschuldigen, dass sie solche Mitglieder hier in Thüringen hat. Danke schön.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Das ist ja ei- ne Frechheit!)

Es liegt mir jetzt noch eine Wortmeldung vor, Herr Abgeordneter Kobelt, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte doch noch mal zu zwei, drei Sachen etwas sagen, was von der CDU behauptet wird. Mich ärgert auch so ein bisschen diese Naturschutzpolitik auf Raten: Wo es mal in ein Politikfeld hineinpasst, da ist man der größte Naturschützer, und ansonsten …

(Beifall DIE LINKE)

(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Das ist ja ei- ne Frechheit!)

Ja, Sie sagen es, es ist eine Frechheit. Ich werde es Ihnen aber auch gleich darstellen. Zum Beispiel …

(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Sie Arten- schützer!)

Frau Tasch, weil Sie es gerade sagen: Ihnen glaube ich das auch, Ihnen glaube ich das auch persönlich. Wir arbeiten im Umweltausschuss schon lange zusammen, und wenn Sie sich zum Beispiel für Vogelschutz einsetzen, dann glaube ich Ihnen das, weil Sie das mit Herzblut machen und auch in einer Konsequenz in allen Bereichen, nicht nur wenn es

(Abg. Harzer)

um Wind geht, sondern auch in den anderen Naturschutzbereichen.

(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Ja, natür- lich!)

Aber ich muss ehrlich sagen: Wenn ich andere Redebeiträge gehört habe, zum Beispiel die von Herrn Gruhner, der jetzt gesagt hat, die CDU ist für Vogelschutz, weil sie gegen Windräder ist, dann habe ich mir jetzt mal die Zahlen rausgesucht. Herr Ministerpräsident Bodo Ramelow hat es auch schon angedeutet: Natürlich sterben Vögel in Windrädern, es ist ein technisches Bauwerk, da sterben Vögel. Das ist nicht schön, das ist traurig, das sind 100.000 Vögel im Jahr in Deutschland. Aber Sie vergessen, dass in allen Infrastrukturmaßnahmen, die Sie wie selbstverständlich hinnehmen, das Gleiche passiert und in einem ganz anderen Maßstab: an Glasscheiben an Gebäuden 20 Millionen Vögel pro Jahr, im Pkw-Verkehr 20 Millionen Vögel und durch Katzen ungefähr – das kann man nicht ganz genau sagen – 20 bis 50 Millionen.

(Unruhe CDU)

Jetzt sind wir beim Vogelsterben. Wenn Sie sich gegen das Vogelsterben engagieren würden, hätten Sie durch Ihre Maßnahmen,

(Zwischenruf Abg. Prof. Dr. Voigt, CDU: Wie viele sterben denn durch Luftballons?)

wenn Sie alle Windräder abschaffen würden, einen Einfluss auf 0,05 Prozent des Vogelsterbens. Sich da jetzt an die Spitze der Naturschützer, der Vogelschützer zu stellen, finde ich sehr unredlich und finde ich auch nicht richtig.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Und wo sind Sie denn, meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn es um Biolandwirtschaft geht, um den Ausbau von Solaranlagen, um die Solarindustrie und die erneuerbaren Energien, die Sie runtergewirtschaftet haben? Wo sind Sie denn beim Gentechnikverbot, beim Kampf gegen Insektensterben, gegen Pestizide, Glyphosat oder gegen die Luftverschmutzung oder die Schäden in Weltmeeren durch Öl und durch Plastik oder durch Luftverschmutzung durch Kohleanlagen? Wo sind Sie denn da als sogenannte Naturschützer? Da sind Sie nämlich nicht da, Sie picken es sich nur raus, wenn es Ihnen gerade passt.

(Beifall DIE LINKE)

(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Sie schlie- ßen von sich auf andere!)

Und jetzt, da Sie das genannt haben – es ging ja nicht unbedingt um Wald, sondern nur teilweise –, möchte ich noch mal auf den Wald zurückkommen. Beim Wald ist es auch ähnlich. Jetzt sagen Sie, Sie wollen den Wald ökologischer und wollen den Wald retten. Aber Sie haben doch in den letzten 25 Jahren dafür gesorgt, dass der Wald aus der Sichtweise von Wirtschaftsbilanzen und von Personaleinsparungen gesehen wurde, dass gerade die Waldnutzung, die Waldbewirtschaftung höchste Priorität hatte. Sie haben doch ThüringenForst durch die ganzen Sparmaßnahmen dazu gebracht, dass sie extrem auf Wirtschaftlichkeit getrimmt wurden. Das kann man ihnen ja noch nicht mal vorwerfen, schon gar nicht den Förstern oder den Waldbesitzern. Aber Sie haben mit Ihrer Sparpolitik dafür gesorgt und das müssen Sie sich dann auch vorwerfen lassen.

Jetzt hoffe ich, dass Sie das auch erkannt haben – in Ihren Redebeiträgen habe ich es noch nicht gehört –, es gibt jetzt andere Prioritäten. Es wird darum gehen: Waldrettung vor Waldnutzung. Da werden wir auch in der Koalition streiten, ob es nur darum geht, Bäume anzupflanzen, oder ob es um eine Bewirtschaftung geht, ob es um Investitionen für andere Geräte für bodenschonende Maßnahmen geht, auch darum, Rückegassenabstände zu vergrößern, um eine Einzelbaumnutzung oder um die Bewirtschaftung der Wälder. Dafür werden wir hart streiten. Aber eines werden wir nicht machen: Wir werden nicht das erzählen und auch unsere Koalitionspartner SPD und Linke werden nicht das erzählen, wovon sie vor fünf Jahren oder zehn Jahren das Gegenteil behauptet haben. Das machen Sie gerade im Waldbereich.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Wir werden uns in der neuen Koalition zusammensetzen und werden für den Wald eine gute Lösung finden.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Wir werden als Grüne darauf achten, dass es nachhaltig ist und dass es klimaresistente Wälder sind. Aber das Gute ist – und das möchte ich hier ganz deutlich sagen –, im Gegensatz zu Ihren Koalitionen, die Sie gebildet haben, die in Streit und Beleidigungen geendet haben, werden wir zu dritt gemeinsam im Wald weiter an einem Strang ziehen und werden für einen klimaresistenten und naturnahen Wald sorgen, und das nicht nur durch das Waldgesetz, womit wir heute den ersten Schritt gemacht haben, sondern auch durch weitere Be

schlüsse. Dafür bitte ich um Unterstützung. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Als nächste Rednerin hat Abgeordnete Mühlbauer, Fraktion der SPD, das Wort.

Sehr geehrte Damen und Herren, werte Kolleginnen und Kollegen, also eines ist heute hier wirklich unter Beweis gestellt worden: Wir müssen ernsthaft darüber nachdenken, ob der Freistaat Thüringen eine Schauspielschule braucht, bei so vielen Talenten, die wir heute hier im Raum haben.

(Beifall und Heiterkeit DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)