Protocol of the Session on February 27, 2019

das längere gemeinsame Lernen trägt dazu bei, dass die Kinder Lernerfolge erzielen, um auch einen guten Schulabschluss zu machen.

Was tun wir jetzt? Wir haben gerade angesprochen: Sport fällt aus. Zurzeit sind 57 Lehrerinnen und Lehrer in der Nachqualifizierung am ThILLM, die Sportlehrer werden wollen. Die bereiten wir jetzt mit einem 200-Stunden-Programm vor. Die müssen eine Prüfung machen, das ist die Voraussetzung, um dann auch Sportlehrerin und Sportlehrer zu sein – selbstverständlich. Wir heben das Image der Regelschulen, indem wir positiv über Regelschulen reden. Erinnern Sie sich mal an das Jahr 2015/2016, da war ich noch nicht hier in Thüringen, aber gleiches habe ich im Norden natürlich auch erlebt. Wo sind denn die meisten Kinder mit Migrationshintergrund beschult worden? In den Regelschulen. Die Regelschullehrerinnen und Regelschullehrer, die so schon unter Höchstbelastungen gearbeitet haben, haben auch diese Maßnahmen der Integration von neuen Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund gemeistert. Nicht nur dafür herzlichen Dank, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass Sie sich tagtäglich engagieren.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn wir so darüber reden und deutlich machen, dass Regelschulen ein Rückgrat, wie Sie von der AfD das einfordern, und das Herzstück, wie Sie von der CDU sagen, bei uns sind – ich stehe dazu –, wenn wir positiv über die Regelschule reden und die Probleme dabei benennen, dann gewinne ich auch junge Leute, Abiturientinnen und Abiturienten, Lehramt Regelschule zu studieren. Das ist ein Riesenproblem, weil sich ganz wenige zukünftige Studierende für das Lehramt Regelschule einschreiben. Alle wollen an das Gymnasium.

Was haben wir getan? Das haben einzelne Abgeordnete schon aufgezählt: Erstens, wir haben die Besoldung verbessert. Das wissen Sie, dass wir im ersten Schritt diese A12 mit Zulage – Frau RotheBeinlich ist darauf eingegangen – eingeführt haben und uns jetzt geeinigt und im Kabinett beschlossen haben, zum 01.01.2020 die volle A13 zu bezahlen. Es macht also vom Gehalt her keinen Unterschied mehr, ob ich am Gymnasium unterrichte oder an der Regelschule. Zweitens haben wir uns entschieden, dass die Verbeamtung von denjenigen, die Lehramt Gymnasium studiert haben, auch an der Regelschule wieder möglich ist – Herr Wolf ist darauf eingegangen. Es geht darum, die Durchlässigkeit tatsächlich zu entwickeln. Wenn es uns gelingt – wogegen Sie und Ihre Fraktion ja sind, Frau Rosin –, in der nächsten Legislaturperiode tatsächlich eine schulstufenbezogene Ausbildung zu machen

und das Lehramt Sekundarlehrer einzuführen, dann erhöhen wir diese Durchlässigkeit noch zusätzlich.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das ist genau der Punkt, glaube ich. Den Weg muss man auch konsequent zu Ende gehen, ansonsten wird es nichts mit dem, was wir wollen, dass mehr Lehrer ins System kommen.

Es sind viele Zahlen genannt worden, wie viele Lehrerinnen und Lehrer eingestellt wurden. Ich will das konkret für die Regelschulen sagen. Wir haben seit 2015 in Thüringen bis zum heutigen Zeitpunkt 532 Lehrerinnen und Lehrer für Regelschulen eingestellt, die DaZ-Lehrerinnen und DaZ-Lehrer nicht mitgerechnet. Das ist doch auch eine Hausnummer unter dem, was wir hier beschrieben haben. Dann schauen Sie sich mal um, wie die Bewerberlage – Herr Wolf ist darauf eingegangen – tatsächlich aussieht. Wenn es uns also nicht gelingt, positiv über Regelschule zu reden, positiv über die Bildungslandschaft Thüringens zu reden, wenn es uns nicht gelingt, eine Einladung auszusprechen, Lehrerinnen und Lehrer in Thüringen zu werden bzw. hier auch nach Thüringen zu kommen, dann werden wir auch in Zukunft solche Debatten hier führen. Aber die Debatten sind nur zielführend, wenn wir am Ende eine gesellschaftspolitische Verabredung treffen. Dafür kann ich nicht genug werben, und das hat auch etwas mit dem Schulgesetz zutun, aber nicht nur. Das hat etwas damit zu tun, dass Sie erstens Ihre Alternativen aufzeigen, die fehlen mir bisher; zweitens, dass Sie auch mal das positiv bewerten, was diese Koalition auf den Weg gebracht hat, weil es darum geht, zu vermitteln, dass hier gehandelt wird, nachdem viele Jahre Stillstand war und die Verantwortung für die Situation, die entstanden ist, in der Vergangenheit zu suchen ist. Wir räumen mit der Vergangenheit auf und wir wollen nicht, dass in Zukunft eine ähnliche Situation entsteht. Am Ende kann ich nur sagen, leider eine verschenkte Zeit, die wir jetzt hier gebraucht haben. Ich hätte mir Alternativen auf den Tisch gewünscht, die man dann ganz konkret auch beurteilen kann, das fehlt mir bei der Opposition. Ich kann nur sagen: Setzen, 5. Danke schön.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich schließe den vierten Teil der Aktuellen Stunde und rufe den fünften Teil der Aktuellen Stunde auf

e) Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion der SPD zum The

(Minister für Bildung, Jugend und Sport Holter)

ma: „Vielfalt ermöglichen und nicht verhindern: Mit Urheberrecht die digitale Gesellschaft auch in Thüringen stärken“ Unterrichtung durch die Präsidentin des Landtags - Drucksache 6/6862 -

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat Abgeordnete Marx, Fraktion der SPD.

Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen, warum sind wir gegen Uploadfilter? Weil dieses Instrument untauglich ist, das damit verfolgte Ziel tatsächlich zu erreichen. Bisher haften die Plattformen nur dann für Urheberrechtsverletzungen, wenn sie von der Verletzung Kenntnis erlangen und nichts dagegen unternehmen, also aufgefordert werden, urheberrechtsverletzende Inhalte zu entfernen. Durch den aktuell diskutierten Artikel 13 des EU-Richtlinienentwurfs würde die Haftung für Urheberrechtsverletzungen auf die Plattformen ausgeweitet. Das heißt, wir kriegen sozusagen eine Störerhaftung. Und die Störerhaftung im Rahmen der WLAN-Nutzung war ja etwas, wogegen sich dieser Landtag schon vor etlichen Monaten hier auch einmütig ausgesprochen hat. Zwar ist der Begriff „Uploadfilter“ in dem berühmten Artikel 13 nicht enthalten, aber der dort vorgesehene Haftungsausschluss kann nur ernsthaft umgesetzt werden, wenn man solche Uploadfilter einführt, denn um das Risiko zu minimieren, für mögliche Urheberrechtsverletzungen ihrer User belangt zu werden, werden die Plattformen gezwungen, jede einzelne Datei auf mögliche Urheberrechtsverletzungen zu überprüfen. Angesichts des immensen Aufwands kann man diese Aufgabe also auch nur durch technische Uploadfilter bewältigen. Nur um mal eine Zahl zu nennen: Auf der Plattform YouTube wurden im Juli 2015, also jetzt schon über dreieinhalb Jahre her, pro Minute allein 400 Minuten Videomaterial hochgeladen, die kontrolliert werden müssten. Große Plattformen nutzen bereits auf freiwilliger Basis Filtertechniken. YouTube filtert zum Beispiel heute schon mit der eigenen Erkennungssoftware Content ID. Rechteinhaber können dann über dieses System herausfinden, ob ihre Werke auf YouTube laufen. Beispiel: Wenn in einem Video im Hintergrund ein Lied läuft, lässt Content ID den Rechteinhabern die Wahl, ob das Katzenvideo mit der Katze, die dort vielleicht hübsch herumtanzt, gesperrt werden soll, der Künstler an den Werbeeinnahmen beteiligt wird oder nur über Zugriffszahlen informiert wird. Schon dieses Content ID, was bisher auf großen Plattformen läuft, verursacht jedoch durch das

sogenannte Overblocking, also durch Sperren von Dingen, die eigentlich gar nicht Ziel einer möglichen Sperrung sein sollten, jede Menge Probleme. Wir hatten zum Beispiel jüngst den Vorfall, da gibt es die Gruppe Pinkstinks und die wendete sich in einer Parodie gegen die Heidi-Klum-Show. Da gibt es einen Song „Not Heidis Girls“ zusammen mit Schülern. Das Originalvideo dieser Gruppe Pinkstinks wurde in einer RTL-Sendung, nämlich „Guten Morgen Deutschland“ am 15.02. gezeigt und RTL hat diesen Beitrag dann mit diesem eingebetteten Video-Clip auf seiner Seite online gestellt, als Content gekennzeichnet mit der Folge, dass das Originalvideo der Gruppe Pinkstinks gelöscht wurde, weil es als Kopie angesehen wurde, obwohl es eigentlich das Original gewesen ist. Natürlich wurde der Fehler bemerkt und RTL hat sich entschuldigt und das Video war wieder zugänglich, aber der Schaden ist trotzdem groß gewesen, weil die Künstlerinnen geltend machen, dass der Empfehlungsalgorithmus ausgebremst worden ist und damit die Klickzahlen für das eigentliche Werk, das sie selbst verbreiten wollten, erheblich abgenommen haben und ihnen damit ein Schaden entstanden ist.

Aber es ist ja nicht nur so, dass eine solche Software Inhalte verwechselt, es sind auch schon absurde Fehlmeldungen aufgetreten. So ist im Netz darüber berichtet worden, dass auch schon bei einer 10-Stunden-Aufnahme von weißem Rauschen, das ist ein konstantes Geräusch innerhalb eines bestimmten Frequenzbereichs – dort ein ContentID-Filter angesprungen sei und gleiches ist bei Vogelgezwitscher geschehen. Also, wenn Sie demnächst in Ihrem Garten die Vögelchen aufnehmen wollen, kann es sein, dass Sie dann gesperrt werden.

Auch Kunstschaffende haben nichts davon. Urheberrechtsfragen sind selbst von juristischen Experten oft nur schwer zu beantworten und beschäftigen regelmäßig Gerichte. Trotz dieser Komplexität soll mit Uploadfiltern die Bewertung durch eine künstliche Intelligenz erfolgen. Der geplante Artikel 13 dieser Richtlinie benachteiligt dadurch insbesondere kleine Plattformen. Denn weil sie sich diese Software gar nicht leisten könnten, müssten sie den Auftrag dann an große Plattformen vergeben. Dadurch werden wieder Inhalte von anderen gescannt und nicht dort, wo sie eingestellt worden sind. Deswegen hat der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, Ulrich Kelber, auch erst gestern vor den datenschutzrechtlichen Risiken eines solchen Oligopols gewarnt. Die Konsequenz wäre, dass nahezu der gesamte Internetverkehr über wenige Plattformen liefe. Algorithmen können nicht zwischen Material, Journalismus und Parodie unterscheiden und deswegen können wir

(Vizepräsidentin Jung)

diese Uploadfilter nur verhindern, um die Vielfalt im Netz zu erhalten. Eine zielführende Kontrolle ist nicht möglich und wir wenden uns gegen das Ende der Vielfalt im Netz und die Verstümmelung der Kommunikation.

Frau Abgeordnete…

Herzlichen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Fraktion der CDU hat Abgeordneter Wucherpfennig das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen, meine Herren, kaum ein anderes Gesetzesvorhaben der EU wurde in den letzten Jahren so kontrovers debattiert wie die neue europäische Urheberrechtsrichtlinie und insbesondere ihr Artikel 13. Die Inhalte der Reform sind im Wesentlichen a) die Anpassung des Urheberrechts an die geänderten Rahmenbedingungen der Digitalisierung und des Internets und b) die Stärkung der Rechte der Urheber gegenüber den Plattformen, Anbietern und Videoportalen. Die Befürworter der EU-Urheberrechtsreform, wie die Bundesjustizministerin Barley, sehen beispielsweise YouTube und Facebook oder Instagram in der Pflicht, die Haftung für unautorisierte Veröffentlichungen urheberrechtlich geschützter Werke zu übernehmen, da diese Anbieter durch eigene Werbeeinnahmen von den kommerziellen Auswertungen der Inhalte profitieren.

So weit, so gut. Für heftige Kontroversen hat allerdings die Wahl der Mittel gesorgt. Umstritten ist dabei insbesondere die konkrete Festlegung in Artikel 13 der besagten EU-Urheberrechtsrichtlinie, wonach Anbieter von Online-Inhaltsweitergabediensten bereits vor dem sogenannten Upload sicherzustellen haben, dass diese nicht gegen das Urheberrecht und gegen die Rechte Dritter verstoßen. Zu diesem Zweck sollen nun die Plattformen mit den sogenannten Uploadern, also den Rechteinhabern, über die Inhalte verhandeln und mit Letzteren faire und angemessene Lizenzvereinbarungen schließen. Für den Fall, dass keine Lizenzvereinbarung erfolgt, soll der Plattformanbieter mithilfe von sogenannten Uploadfiltern, sprich Inhaltserkennungs

techniken, das Hochladen nicht lizenzierter Inhalte auf die eigene Plattform verhindern.

Kritiker verweisen dabei allerdings auf das Problem des sogenannten Overblockings, das ist gerade von meiner Vorrednerin auch schon genannt worden, da solche Filter nicht zwischen rechtmäßigen und rechtswidrigen Inhalten unterscheiden können, wie zum Beispiel legales Zitat oder Parodie. Im Ergebnis dieses Filterungsvermögens befürchten die Kritiker dann eine Art Zensurmaschine sowie vor allem auch die Einschränkung der Kunst- und Meinungsfreiheit.

Meine Damen, meine Herren, wegen der noch offenen Fragen und der unverhältnismäßig erscheinenden Forderung, Plattformanbieter zum Einsatz von ungeeigneten Uploadfiltern zu verpflichten, lehnt die CDU-Fraktion im Thüringer Landtag den Artikel 13 der EU-Urheberrechtsrichtlinie ab. Dieses entspricht im Übrigen auch dem Koalitionsvertrag von CDU und SPD auf Bundesebene. Das ist zwar schon etwas länger her, vergleichen Sie Seite 49. Die vorgeschlagene Uploadfilter-Lösung halten wir zudem aus drei Gründen für schädlich. Erstens, bislang gab es noch keine technische Lösung, die fehlerfrei funktioniert und die zwischen Zitaten und Parodien unterscheiden kann. Zweitens besteht die Gefahr, dass Plattformanbieter aus Furcht vor Rechtsverstößen und als Folge der noch unausgereiften technischen Lösung mehr Inhalte als nötig ausfiltern und somit die Meinungsfreiheit einschränken. Und drittens wird sich die Verpflichtung von Uploadfiltern vor allem negativ auf kleinere Unternehmen auswirken, denn diese sind hinsichtlich der Filtersoftware von den großen Konzernen wie Google und Facebook abhängig.

Abschließend, meine Damen, meine Herren: Sinnvoller und besser als eine schlechte, unausgewogene technische Lösung ist meines Erachtens zunächst ein Verzicht auf die Uploadfilter-Lösung. Eine Alternative, die im Übrigen auch diskutiert wird, könnte aus meiner Sicht die Einführung einer Vergütung für Inhalte auf Onlineplattformen sein, zum Beispiel analog der VG WORT. Zensurmaschinen wie Uploadfilter wären dann zumindest überflüssig. Ich denke, dass auch dies Gegenstand der gegenwärtigen Diskussion sein sollte. Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat Abgeordnete Astrid Rothe-Beinlich das Wort.

(Abg. Marx)

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, die Netzneutralität, also die gleichberechtigte und diskriminierungsfreie Übertragung von Datenpaketen im Netz, steht kurz vor dem Aus. Die Netzneutralität war übrigens nicht nur grundlegend für die bisherige offene Entwicklung des Internets, sie ist zugleich von entscheidender Bedeutung für dessen zukünftige demokratische und wirtschaftliche Innovationskraft. Es sieht so aus, als würde die Vielfalt des Internets allerdings zukünftig kleiner werden und der relevante Dialog nur noch zwischen den „Riesen“ ihrer jeweiligen Branchen stattfinden, also zwischen den Majors der Unterhaltungsindustrie und den Monopolisten amerikanischer sozialer Netzwerke. Damit schafft die Urheberrechtsreform das genaue Gegenteil von dem, was sie eigentlich bewirken sollte oder will.

Der schwierigste Teil der Urheberrechtseinigung ist Artikel 13. Dieser will die Plattformbetreiber für Verstöße gegen das Urheberrecht haftbar machen. Dem Artikel zufolge müssten die Betreiber „alle Anstrengungen unternehmen, um Verstöße zu verhindern.“ In der nun beschlossenen Fassung dieser Norm ist geregelt, dass fast alle Plattformen, auf denen Nutzer Content hochladen können, zukünftig für Urheberrechtsverletzungen ihrer Nutzer haften könnten. Der Entwurf der Richtlinie erfasst konkret alle „Dienste der Informationsgesellschaft, deren Hauptziel oder eines der Hauptziele darin besteht, eine große Menge urheberrechtlich geschützter Werke, die von seinen Nutzern hochgeladen werden, zu speichern und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, wenn der Dienst diese zu Profitzwecken organisiert und fördert“. Dies schließt also alle sozialen Netzwerke wie Youtube, Facebook, Instagram und Twitter ein, aber auch Onlineforen, offene Fotodatenbanken und viele mehr. Das Wort „Uploadfilter“ kommt im Gesetzestext zwar nicht vor, das hatte meine Kollegin Frau Marx auch schon gesagt. Kritiker befürchten aber, dass es hier nur zwei Möglichkeiten gebe: Entweder die Betreiber müssten im Vorhinein die Rechte an jedem Bild, jedem Video, jedem Audioschnipsel einholen, was sich kaum umsetzen ließe, oder sie müssten alles überprüfen, was auf ihren Seiten hochgeladen wird und bei einem Verstoß die Veröffentlichung verhindern. Das könne nur mit automatisierter Software geschehen. Und das sind dann die sogenannten Uploadfilter. Konkret schreibt Artikel 13 Abs. 4 a vor, dass alle grundsätzlich erfassten Plattformen Lizenzen der Rechteinhaber einzuholen haben. Rechteinhaber sind alle Urheber und ausübenden Künstlerinnen und Künstler, die Rechte an einem Werk – wie etwa Musik, Film, Text, Fotos etc. – ha

ben und deren Content in der EU hochgeladen werden könnte. Nicht alle Rechteinhaberinnen und Rechteinhaber werden bereit sein, solche Lizenzen zu vergeben, und sollen hierzu auch nicht gezwungen werden. Die einzige Möglichkeit, dies zu bewerkstelligen, ist also, eine neue, noch nicht existente Art von Uploadfiltern einzusetzen, auch wenn dies nicht explizit im Text steht.

Die Rechteinhaberinnen und Rechteinhaber können den Plattformen also ihr eigenes Material liefern, damit die es in ihr Filtersystem einspeisen können. Alle durch Nutzer hochgeladenen Inhalte müssen dann mit einer riesigen Datenbank abgeglichen und auf Lizenzen kontrolliert werden. Bestehen keine Lizenzen, darf der Inhalt nicht online gehen. Paradoxerweise ist aber nicht geregelt, wie und ob die Unternehmen die Einnahmen aus den Lizenzen an die Urheberinnen und Urheber weitergeben müssen. Im Zweifelsfall geht nämlich der eigentliche Urheber leer aus – das ist ja das Beispiel, das Frau Marx gerade im negativen Sinne beschrieben hat. Kleine Anbieter können sich die Lizenzen nämlich nicht leisten und müssen potenziell alles blocken und große Unternehmen festigen so ihre Marktstellung.

Der Koalitionsvertrag zwischen Union und SPD hat sich der Problematik auch schon angenommen. Dort heißt es nämlich auf Seite 49 in den Zeilen 2212 f. – ich zitiere –: „Eine Verpflichtung von Plattformen zum Einsatz von Upload-Filtern, um von Nutzern hochgeladene Inhalte nach urheberrechtsverletzenden Inhalten zu ‚filtern‘, lehnen wir als unverhältnismäßig ab. Negative Auswirkungen auf kleinere und mittlere Verlage müssen vermieden werden.“ Als aber die Länder Mitte Februar im Rat der EU über die Reform abstimmten, votierte Deutschland trotzdem mit Ja, mit dem Hinweis, eine wirkliche Pflicht für Uploadfilter existiere ja nicht. In der Realität stellt es sich aber anders dar, das habe ich ja eben beschrieben, und das ruft natürlich auch die Gegnerinnen und Gegner der Urheberrechtsreform auf den Plan. Die Bandbreite der Kritikerinnen und Kritiker ist übrigens erstaunlich: Digitalverbände, Parteien, Journalistinnenverbände und Netzaktivistinnen gehen Seite an Seite gegen diese Reform auf die Straße. Dennoch hat die EU-Kommission am Samstag direkt nach der Einigung einen Artikel mit der Überschrift „Wie der Mob aufgefordert wurde, den Drachen zu retten und den Ritter zu töten“ veröffentlicht. Darin setzt die Kommission Gegnerinnen der Reform mit einem Mob gleich, der fremdgesteuert gegen den Ritter mit blau-gelbem Schild in den Kampf geschickt wird. Noch am selben Abend wurde der Artikel von der Kommission wieder offline genommen.

Wertschätzende Kritik sieht in der Tat anders aus und deshalb rufen wir auch von hier zur Teilnahme an den europaweiten Gegendemonstrationen am 23. März mit auf. Vielen herzlichen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Als nächster Redner erhält Abgeordneter Rudy, Fraktion der AfD, das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kollegen Abgeordnete, liebe Zuhörer, gerade das Thema der Freiheit des Zugangs zu den Medien liegt der Fraktion der AfD besonders am Herzen. Daher sind wir den Kollegen von der SPD sehr dankbar, die dies als Aktuelle Stunde in das Plenum eingebracht haben.

Zugleich sind wir aber auch sehr erstaunt, dass gerade die Sozialdemokraten dieses Thema hier anführen, wurde doch im Koalitionsvertrag mit der CDU auf Bundesebene festgelegt, auf keinen Fall einen Internet-Uploadfilter zuzulassen. Dann wurde aber einem solchen Vorhaben nach einem Gespräch der Bundeskanzlerin Merkel in Frankreich mit voller Überzeugung zugestimmt und damit voll und ganz dem Inhalt des Koalitionsvertrags widersprochen. Dass nun die Thüringer SPD im Landtag gerade wieder Bedenken gegen ein von der Bundesebene verteufeltes und dann doch grundlos durchgeführtes Projekt anführt, zeugt von einer Wendehalsigkeit, die wohl für den aktuellen Zustand der SPD spricht.

Wie dem auch sei: Was wäre die AfD ohne die digitale Kommunikation und durch sie ermöglichte freie Meinungsäußerung, gerade durch die Beschneidung, die wir durch die klassischen Medien – in welcher Form auch immer – erfahren? So ist zum Beispiel erstaunlich, dass Anträge, die die AfD einbringt, in der Presse nicht erwähnt werden oder dass bei Demonstrationen von den Vertretern der GEZ-finanzierten Rundfunkanstalten seltsamerweise immer nur Statements der AfD in verkürzter und sinnentstellender Art und Weise wiedergegeben werden, wenn dies überhaupt geschieht.

(Beifall AfD)

Ganz im Gegensatz dazu werden die Gegner unserer vernünftigen, patriotischen und die Freiheit liebenden Meinung in epischer Breite dargestellt und sogar dann noch als hervorragende Redebeiträge gefeiert, wenn sie gegen sämtliche Grundlagen des guten Geschmacks, demokratischer Gepflogenhei

ten oder des Anstands verstoßen, und zu allem Überfluss auch dann noch, wenn sich der Redner in seinem Statement selbst widerspricht.

Umso wichtiger erscheint uns das neue Medium des Internets, in dem vom Grundsatz her bisher eine Meinung frei geäußert werden durfte und auch Nachrichtenportale vorhanden waren, die nicht dem Mainstream entsprechen. Äußerst kritisch sehen wir daher eine nun von der EU geforderte Zwischenschaltung von automatischen Filtern, die auf Urheberrechtsverstöße hin analysieren sollen. Verschlimmert wird dieses Problem auch noch dadurch, dass bisher noch nicht ersichtlich ist, was hierbei genau gemeint ist. Handelt es sich wirklich um geistiges Eigentum, das in Form von Wort und Schrift oder auch in Form von Musik zu schützen ist, oder würde darunter dann nicht auch das zufällige, also eher beiläufige Abbilden von Logos oder Ähnlichem fallen? Und wie sind diese Filter dann programmiert? Sind Sie bei den Statements einiger politischer Richtungen dann mehr oder weniger intensiv dabei, zu analysieren? Findet sich da nicht immer ein Grund, ein Hochladen zu verhindern? Nennt der Redner vielleicht sogar einen Markennamen oder könnte es sich um das Zitat eines großen Denkers handeln, das vielleicht irgendwo in einem Buch vorkommt? Würde dann zum Beispiel ein Interview der AfD nicht hochgeladen werden, weil es zufällig vor einem Firmenlogo stattfindet, oder auch nur, wenn dieses im Vorbeigehen zu sehen ist oder – um es auf die Spitze zu treiben – auf einem im Hintergrund fahrenden Bus zu erkennen oder auch nur zu erahnen ist? Denkbar ist ein solches Vorgehen.

Und natürlich sind Computer auch nur Menschen, die Vergleichbares bei Vertretern der Kartellparteien dann aus Versehen nicht bemerken.

(Beifall AfD)