Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir müssen uns natürlich auch Gedanken machen. Als Land Thüringen klingt es so, dass wir von dem Kohlekompromiss nicht betroffen sind, also im negativen wie im positiven Sinne von den Förderungen auch abgeschnitten sind. Und da müssen wir natürlich sagen: Thüringen war in den letzten 30, 40 Jahren sehr wohl vom Kohleabbau betroffen. Wenn ich sehe, als Frau Ministerin Siegesmund in Ostthüringen war, wo es jetzt noch darum geht, sozusagen die Umweltsünden aus den letzten Jahrzehnten zu heilen, was dort auch für Landesmittel investiert werden müssen, dann sagen wir in Thüringen ganz deutlich: Der Braunkohletageabbau zum Beispiel in Sachsen und Sachsen-Anhalt hat sehr wohl Umweltauswirkungen auf Thüringen und da lassen wir den Bund nicht einfach raus. Der muss uns dort auch für die letzten Jahrzehnte unterstützen und Entschädigungen dafür zahlen.
Und all das ist bei dem Kohlekompromiss noch nicht berücksichtigt. Der wichtigste Punkt, der ja eigentlich das Ziel ist – eine Energiewende zu gestalten, zum Beispiel Kohle zu reduzieren, auch andere fossile Energien, und erneuerbare Energien zu fördern –, ist in dem Kohlekompromiss überhaupt nicht thematisiert worden.
Wir schlagen vor und ich finde es viel zielführender, dass wir die Investitionsmittel zum großen Teil nehmen, um sie nicht mehr in die Braunkohle fließen zu lassen, auch nicht in Infrastrukturmittel, die aus anderen Töpfen kommen müssen, sondern gerade in das, was wir erzielen wollen: in Energieeinsparung, in erneuerbare Energien und um zukunftsfähige Arbeitsplätze dort zu schaffen, wo es strukturschwach ist, aber auch in Thüringen als betroffene Region, um uns als Land auch in unserem Ziel „100 Prozent erneuerbare Energien“ und beim Klimagesetz zu unterstützen. Da kann der Bund nachhaltig gutes Geld anlegen. Das werden wir fordern und nicht einen relativ faulen Kohlekompromiss. Vielen Dank.
Herzlichen Dank, Frau Präsidentin. Liebe Kolleginnen und Kollegen, in der Tat: „Ende Gelände“ ist die Überschrift der grünen Aktuellen Stunde. Ich würde mal sagen: Ende im Gelände mit grüner Doppelmoral, wenn es um den Klimaschutz geht, weil es zu erwarten war, dass Sie sich jetzt wieder hier vorn hinstellen und sagen: Ja, der grüne Zeigefinger wird gehoben, 2038 als Enddatum ist für den Kohleausstieg nicht weitgehend genug, ist nicht verbindlich. Aber am Ende will ich schon eins mal deutlich sagen und Ihnen da auch mal den Spiegel vorhalten, weil es gelegentlich einfach nur nervt, was die Grünen an der Stelle machen: Auf der einen Seite tun sie so, als seien sie die Klimaretter schlechthin. Aber wenn man sich die Realität ansieht und mal ganz klar hinschaut, dann sieht man doch, dass wir allenthalben ökologische Doppelzüngigkeit erleben, dass wir Doppelmoral erleben und dass wir auch Oberlehrermanier erleben, wenn es um die Frage des Klimaschutzes geht.
Ich sage das so deutlich, weil es gerade in der Debatte um den Kohleausstieg doch noch mal exemplarisch schön deutlich geworden ist. Auf der einen Seite ketten sie sich im Hambacher Forst an fast jeden Baum und kämpfen um jeden Ast. Und auf der anderen Seite ist es ihnen völlig egal, dass im Aachener Münsterwald hektarweise Wald gerodet wird und Windräder hingestellt werden. Ich kann es Ihnen auch dieses Mal nicht ersparen. Und das Gleiche gilt auch für Thüringen.
Da kann ich am Ende nur fragen: Wo sind da eigentlich die grünen Aktivisten, wo sind sie da, wenn es um den Schutz von Wald geht? Wo sind sie, wenn es tatsächlich um Klimaschutz geht? Fehlanzeige!
Deswegen kann ich nur sagen: Packen Sie Ihren grünen Absolutheitsanspruch beim Klimaschutz ein. Dort, wo bei den Grünen Klimaschutz außen draufsteht, ist in Wahrheit Lobbypolitik drin. Und das will ich am Anfang noch mal deutlich machen, weil das wirklich ohne Ende unglaubwürdig ist, gerade auch wenn man die Debatte um den Hambacher Forst und um den Aachener Münsterwald vergleicht. Sie widersprechen sich permanent.
Zum Kohlekompromiss will ich schon mal Folgendes sagen, weil hier natürlich – und auch das muss man mal zur Kenntnis nehmen – viele Experten mit unterschiedlichen Sichtweisen zusammensaßen, die sich Gedanken gemacht haben, wie man unter
schiedliche Interessen zusammenführt. Man kann hier vieles kritisieren, aber ich glaube, zwei zentrale Botschaften sind elementar wichtig. Die erste Botschaft ist: Keine Region, die es betrifft, wird im Stich gelassen. Das, finde ich, ist eine wichtige Botschaft. Und die zweite Botschaft, die bei diesem Kompromiss sehr wichtig ist, ist, dass es einen maßvollen Ausstieg gibt und eben nicht, wie es die Grünen wollen, völlig überstürzt und am liebsten gleich morgen.
Herr Gruhner, darf ich Sie ganz kurz unterbrechen. Ich bitte doch, das Blitzlichtgewitter hier einzustellen.
Gleichwohl will ich auch sagen, dass beim Kohlekompromiss natürlich noch mal klare Konditionen benannt werden müssen. Und diese Konditionen heißen – erstens: Wir müssen Aufschläge beim Strompreis vermeiden. Ich glaube, wenn wir noch früher aussteigen würden, würde es noch teurer werden. Es wird jetzt schon teuer genug. Das Zweite: Natürlich müssen jetzt auf Bundesebene die entsprechenden Maßnahmengesetze eingeleitet werden – gar keine Frage –, damit das, was an Strukturförderung zugesagt ist, auch verbindlich geregelt wird. Und wir müssen vor allem mal die Frage stellen, wie wir dann tatsächlich auch Versorgungssicherheit in diesem Land sicherstellen, denn auch das ist am Ende sozusagen keine banale Frage, wenn wir aus der Kohle aussteigen. Und vierter Punkt, den ich noch mal unterstreichen will: Ich finde, es wäre noch viel wichtiger, dass wir auch eine europäische Einbettung bei der Kohlepolitik finden.
Jetzt will ich zwei Dinge sagen, die mir für Thüringen wichtig sind. Das Erste: Ja, natürlich müssen wir dafür Sorge tragen, wie wir den Anteil des importierten Stroms ersetzen, der im Moment zu 75 Prozent aus Braunkohlestrom kommt. Deswegen ist es natürlich richtig, dass wir die Förderung von Energiespeichern voranbringen, dass wir auch auf einen ausgewogenen Energiemix setzen, dass wir Forschung verstärken – im Übrigen auch im Verbund mit Sachsen und Sachsen-Anhalt –, aber auch, dass wir den Bau von Reservekraftwerken nicht außer Acht lassen können, denn allein erneuerbar werden wir es nicht kompensieren können.
Und ein zweiter Punkt, den wir uns sozusagen über alle Politikfelder hin ansehen müssen, weil er wichtig ist: Wenn jetzt Länder wie Sachsen, Brandenburg und Sachsen-Anhalt von der Strukturförderung
profitieren, müssen wir sehen, dass Thüringen – auch wenn es von der Kohle nicht unmittelbar betroffen ist –, am Ende bei Strukturmaßnahmen, die der Bund in den Regionen macht, nicht leer ausgeht. Es kann nämlich am Ende nicht sein, dass alles Geld in diese Regionen fließt und Thüringen in die Röhre guckt. Das ist dann jetzt die gemeinsame Aufgabe, dass wir schauen, dass am Ende Hilfen langfristig nicht nur in diese Regionen kommen, sondern dass das Geld auch in unsere Region kommt, obwohl wir eben den Kohleausstieg so nicht unmittelbar haben. Deswegen sind das Aufgaben, die wir auch gemeinsam haben, und die sollten wir angehen. Aber am Ende sage ich es noch mal: Da hilft es nicht, wenn man sich im Klimaschutz permanent widerspricht. Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, werte Damen und Herren, werte Kolleginnen und Kollegen, alle, die dieser spannenden Debatte zuhören, mögen hier begrüßt sein! Wir sind im Wahlkampf angekommen, Herr Gruhner. Auch das ist – glaube ich – heute jetzt dem Letzten aufgefallen, der Ihnen zugehört hat.
„Ende im Gelände?“ – der Titel der Grünen. Maßvoller Ausstieg – Sie erlauben, wenn ich hier etwas zitiere – finde ich klasse. Sie als Vertreter, die – glaube ich – an diesem Kohlepapier auch mit verhandelt haben, bezeichnen dies nicht als maßvollen Ausstieg. Genau das ist richtig und das ist wichtig. Deswegen haben wir als Sozialdemokraten ja so vehement darauf gedrungen, eine Kommission damit zu beschäftigen, nicht dass das Gleiche wie zum Atomausstieg passiert, den wir ja hier – glaube ich – alle live miterleben wollten.
Ihnen sind zwei Dinge wichtig. Mir sind mehr Dinge wichtig. Und diese Dinge sind essenziell für Thüringen. Auch wenn in diesem ganzen Bericht leider Thüringen nicht namentlich erwähnt ist, ist dieses Papier für Thüringen wesentlich, und zwar ist es wesentlich, dass unsere Arbeitsplätze erhalten bleiben. Es ist wesentlich, dass Menschen gerade in Forschung und Entwicklung im Bereich der erneuerbaren Energien dauerhaft bezahlbare Arbeitsplätze bekommen. Darauf werde ich drängen. Wir haben hier 30 Jahre nach der Wende miterlebt, wie leidvoll Strukturwandel, der nicht gut geplant ist, aussehen kann. Menschen leiden heute noch an Lohnunterschieden. Das darf dort nicht passieren und das wird dort nicht passieren – dafür steht die
SPD. Und nein, Thüringen guckt nicht in die Röhre, sondern Thüringen ist gut gerüstet dank unseres Koalitionsvertrags, den wir in einer rot-rot-grünen Landesregierung gemacht haben.
Wir haben Sie in die Diskussion zum Klimawandel gezwungen. Wir haben mit Ihnen ein Klimagesetz beschlossen. Wir sind vorbereitet auf einen Energiemix und wir werden dank Matthias Machnig, der in der letzten Legislatur schon Speicherpläne aufgelegt hat, mit Speicherplänen antworten. Wir werden wissen, wie Erneuerbare grundlastfähig werden. Dazu sind wir mindestens zwei Nasenlängen, wenn nicht Kilometer voraus. Und das ist die Antwort.
Ich darf Ihnen sagen, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich habe mich sehr gefreut, dass der BUND – ich habe das Papier hier, ich habe es gelesen – diesen Weg mit uns begleiten wird und diesen Ausstieg begrüßt. Gemeinsam werden wir so Zukunft gestalten. Zukunft gestalten ohne Kohle, Zukunft gestalten mit gut bezahlten Arbeitsplätzen, die in der Forschung und Entwicklung gebraucht werden, Zukunft gestalten mit Speichermöglichkeiten bei den Erneuerbaren. Zukunft gestalten und den Wandel mitgestalten, das ist und bleibt das Motto der SPD. Diesbezüglich herzlichen Dank, meine Damen und Herren.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste, wenn die Grünen vom geplanten Kohleausstieg sprechen und dann natürlich sehr auf den Ausbau erneuerbarer Energien setzen, dann sind die energiepolitischen Konsequenzen, von denen die Grünen reden, natürlich auch leicht vorhersehbar. Es sind dann nämlich Folgende: Eine bedarfsorientierte Stromerzeugung wird nicht gelingen, denn Wind- und Sonnenstrom, auf den die Grünen setzen, sind vom Wetter und nicht vom Verbrauch abhängig, und Biogas und Wasserkraft sind mengenmäßig vernachlässigbar. Genau diese fehlgestaltete Energieerzeugung fördern nicht nur die Grünen, sondern auch das rotrot-grüne Lager und die CDU mit vielen Hundert Milliarden Euro. Und offensichtlich soll das auch so weitergehen, und das, obwohl von einem wirtschaftlichen, bezahlbaren Stromspeicher weit und breit nichts zu sehen ist, auch wenn sie nachts und hier im Plenum manchmal davon träumen.
Und weil das so ist, meine Damen und Herren, ergeben sich mit Blick auf den Kohleausstieg 2038 drei mögliche energiepolitische Szenarien. Ich fange mal mit einem an, das ist das Unwahrscheinlichste, in dem haben es die Grünen irgendwie geschafft, politisch bis 2038 nicht nur zu überleben, sondern auch ihre Ideologien und in Regierungsverantwortung dann auch den Kohleausstieg umzusetzen.
Ihre grünen Anhänger kommen dann also abends im Hochsommer vom „Stricken gegen Rechts“ hungrig nach Hause, haben Heißhunger auf ein fair gehandeltes Tofuwürstchen, was leicht verderblich im Kühlschrank wartet, doch nach dem Kernenergieausstieg und dem Kohleausstieg reichen die Ölund Gaskraftwerke eben nicht mehr aus, um die massiven Stromspitzen auszugleichen, mit denen Windund Sonnenstrom wetterabhängig das Stromnetz traktieren.
Genau das, meine Damen und Herren, hat Ihnen im letzten Jahr auch der VKU beim parlamentarischen Abend gesagt, der hat nämlich von gesicherter Leistung gesprochen, über die Sie nie reden, weil Sie nämlich keine haben. Sie haben keine gesicherte Leistung.
Die Konsequenz davon ist Folgende: Das Netz kollabiert regelmäßig 2038, der Kühlschrank ist wieder mal dunkel und warm, das Tofuwürstchen ist vergammelt und Ihr hungriger grüner Kumpel muss zum rechtspopulistischen Nachbarn gehen, der allem Zeitgeist zum Trotz noch Carnivore ist, und sich dort eine abgehängte Salami ausborgen.
Und im Winter heizt Ihr grüner Kumpel mit dem Dung seines Dienstesels, weil Sie die Diesel- und Benzinfahrzeuge auch verboten haben, das wollen Sie ja nebenbei auch noch machen.
Szenario 2 ist auch nicht viel besser. In dem hat die CDU mit Ehrenvorsitzender Angela Merkel ihren Kurs der Mitte bis 2038 durchgehalten. Und diese CDU macht wie immer jeden grünen Unsinn mit, also auch den Kohleausstieg, aber eben erst 2038. Und weil man nicht so fundamentalistisch wie die Grünen ist, akzeptiert man zur Vermeidung eines totalen Stromnetzkollapses den Import von Kohle und Kernenergie aus dem benachbarten europäischen Ausland. Der Kohleausstieg ist also politisch geschafft. Das heißt, gut bezahlte deutsche Arbeitsplätze gehen verloren, der Strom in Thürin
gen kommt, wenn kein Wind weht und keine Sonne scheint, aus Polen oder Tschechien, und zwar dort aus den Kernkraft- und Kohlekraftwerken. Das ganze freut zwar Siemens, denn die stellen die Generatoren für diese polnischen Kraftwerke her, aber die kommen nicht mehr aus Thüringen, aus Erfurt, weil hier nämlich der Strompreis für die Produktion zu hoch ist. Das ist auch wieder eine Konsequenz dieser Energiepolitik.