Protocol of the Session on December 14, 2018

Und, Frau Kollegin Stange, wir haben es heute auch schon mal ausgeführt, es braucht keiner zusätzlichen gesetzlichen Regelungen. Es ist alles da, es gibt gemeinsame Vereinbarungen mit dem Ministerium und dem Landkreistag. Alles steht im Gesetz, es muss nur angewendet werden. Dann müssen die Schulnetze ordentlich geführt werden.

(Beifall CDU)

Meine Damen und Herren, Schulgrößen – welche Auswirkungen hat das ganz speziell? Ich will es noch mal am Beispiel des Landkreises Greiz nennen. Es ist ein sehr, sehr ländlicher Landkreis im Osten unseres Landes, wo auch Sachsen angrenzt, wo es gar nicht viele Möglichkeiten gibt, auch über die verschiedenen Landkreise hinweg zu arbeiten.

(Unruhe DIE LINKE)

Bei uns im Landkreis Greiz bedeutet dieses Gesetz, wie es jetzt vorliegt, dass 12 von 21 Grundschulen nicht wissen, wie es mit ihnen weitergeht.

(Beifall CDU, AfD)

Die sind aufgefordert, sich Gedanken zu machen, wo ihre Perspektiven sind, ob sie in ein paar Jahren überhaupt noch existieren. Das bedeutet für die Regelschulen, dass neun von zehn Regelschulen im Landkreis Greiz jetzt in Zukunft Standortdebatten führen müssen, wie es mit ihnen weitergeht. Das ist das, was Ihr Gesetz hervorruft. Für die Gymnasien sieht es genauso dramatisch aus: Drei von vier

(Abg. Muhsal)

Gymnasien im Landkreis Greiz haben keine Existenzberechtigung. Und wer sich ein bisschen auskennt – Frau Kollegin Taubert, Sie kennen sich aus im Landkreis Greiz –, die Gymnasien sind relativ weit auseinander, eins in Greiz, eins in Zeulenroda, eins in Weida und eins im Geraer Bereich, da gibt es nichts zu kooperieren. Wie soll das funktionieren? Da sind die Kollegen einen halben Tag unterwegs. Und ich habe es heute schon mal gesagt,

(Unruhe DIE LINKE)

die Kollegen sitzen nicht in den Lehrerzimmern und drehen Däumchen, die Kollegen sind massiv im Unterricht eingesetzt. Wir haben keine Ressourcen, um die Kollegen über die Landstraßen zu schicken.

(Beifall CDU)

Und, meine Damen und Herren, der Punkt „Inklusion“ – ich habe es heute auch schon mal gesagt: Wir als CDU stehen für eine Beschulung von behinderten und nicht behinderten Kindern, wir stehen auch dafür ein, dass man durchaus die Kinder gemeinsam beschult. Aber die Voraussetzung ist, dass die Ressourcen geschaffen werden.

(Unruhe DIE LINKE)

Sie haben sich doch in ihrem Koalitionsvertrag selbst verpflichtet, wir müssen erst die Ressourcen schaffen und dann können wir die Inklusion vertiefen. Ansonsten ist noch nirgendwo nachgewiesen, im Gegenteil, dass die Förderschulen schlechte Arbeit leisten. Dass Sie immer wieder den Förderschullehrern, den Förderschulen unterstellen, sie leisten schlechte Arbeit, das ist eine Degradierung der Kolleginnen und Kollegen, die eine hervorragende Arbeit machen.

(Beifall CDU)

Herr Kollege Wolf, auch wenn ich mich wiederhole, aber Sie haben ja scheinbar vorhin wieder mal nicht zuhören wollen. Die CDU kritisiert nicht nur, wir haben schon seit über zwei Jahren Vorschläge hier in den Landtag auf den Tisch gebracht. Wir lehnen aber das Schulgesetz ab, weil das passiert, was ich gerade beschrieben habe. Wir fordern – und ich wiederhole es jetzt noch mal extra für Sie, Herr Kollege Wolf –, dass jeder Lehrer, der aus dem aktiven Schuldienst ausscheidet, und auch die paar, die in der Freistellungsphase sind, ersetzt werden.

(Zwischenruf Abg. Wolf, DIE LINKE: Das passiert!)

Das passiert nicht! Im vergangenen Schuljahr, 2017/2018 – kann ich Ihnen gern zeigen –, wurden 577 Kollegen eingestellt – vielleicht sind es jetzt ein paar mehr – und fast 1.000 sind in den Ruhestand gegangen. Das ist das Ergebnis des Schuljahrs 2017/2018.

(Zwischenruf Abg. Wolf, DIE LINKE: Das sind fünf in Vollzeit!)

Wie es für das Schuljahr 2018/2019 aussieht, darauf sind wir gespannt. Sie haben weiterhin über 606 Köpfe abgebaut und Sie wissen doch selbst, dass Sie den Regelschulen 200 Stellen weggenommen haben, um die Löcher bei den Erziehern in den Horten zu stopfen, weil die Linken nicht in der Lage waren, sich mit der SPD und der Finanzministerin einig zu werden, dass es bei Schülerzuwächsen auch mehr Erzieher am Hort braucht.

Zu den Maßnahmen – Lehrer einstellen: Ganz wichtig, wer Lehrer einstellen will, sage ich immer wieder von diesem Pult aus, der muss sie auch ausbilden.

(Zwischenruf Abg. Harzer, DIE LINKE)

Das habe ich Herrn Harzer vorhin schon mal erklärt, er hat es immer noch nicht verstanden.

(Zwischenruf Abg. Harzer, DIE LINKE: Das ist Ihr Fehler, nicht unserer!)

Ich erzähle es Ihnen jetzt nicht noch mal, Sie können das gern nachlesen, Herr Harzer.

(Unruhe DIE LINKE)

Wer einstellen will, muss ausbilden, das ist überall so.

Und, meine Damen und Herren, es braucht ein Anreizsystem für Lehrer in Mangelfächern und in ländlichen Regionen. Ich nenne Ihnen mal ein Beispiel. Letzte Woche hat mir ein junger Mann erzählt: Ich habe jetzt eine Anstellung als Lehrer in Plauen gefunden, das ist ein paar Kilometer weg von uns in Greiz, ja, ich habe in Jena studiert, Mathematik und Wirtschaftsrecht, habe mich beim Schulamt beworben, habe nichts bekommen, drei Jahre lang versucht, war auch im Ausland gewesen, habe dann in Sachsen angerufen nach dem Einstellungstermin, die haben sofort gesagt ‚Wir nehmen Sie. Und Sie wollen in den ländlichen Raum?‘“ Er sagte: „Na ja, ich bin aus Greiz, würde im ländlichen Raum bleiben, Vogtland, ja, Plauen, gut.“ Plauen ist jetzt nicht unbedingt ländlich, aber okay. „Sie gehen in den ländlichen Raum, Sie kriegen eine Zulage von zwei Erfahrungsstufen mehr. Und, ach, Sie haben ein Mangelfach, Mathematik? Brauchen wir unbedingt, ja, da kriegen Sie noch mal drei Erfahrungsstufen mehr.“ Der junge Mann ist jetzt eingestellt in Sachsen in der Erfahrungsstufe 5, verdient so viel wie ein Kollege, der 20 Jahre dabei ist, aber er ist eben nach Sachsen gegangen, füllt dort die Lücken in Mathematik und kümmert sich, damit Schule gut läuft. Das müssten wir in Thüringen machen. Stattdessen überlegen wir, wie wir die Schulnetze bzw. die Schulstandorte reduzieren und ausdünnen. Das kann nicht die Antwort sein. Die Antwort muss sein Ausbilden, Einstellen, Anreize für ländliche Regionen, für Mangelfächer, keine Einheitslehrer, sondern ein Bekenntnis zu allen Schularten, weil uns sonst nämlich die zukünftigen Lehrer ausreißen.

Wir brauchen zusätzliche Funktionsstellen, damit die Kollegen, die sich im System engagieren, Perspektiven haben. Wir brauchen unbedingt – ich habe es gerade an dem Beispiel beschrieben – die schnelleren Einstellungsverfahren und wir brauchen eine Selbstverpflichtung, damit die Gesundheit der Lehrer nicht weiter strapaziert wird. Was Sie mit Inklusion vorhaben, wird dazu führen, dass der Krankenstand im Langzeitbereich deutlich zunehmen wird.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ach, daran sind die Inklusionskin- der auch schuld!)

Das ist der falsche Weg. Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Als nächster Redner hat der Abgeordnete Hartung das Wort.

Herr Tischner, ich hatte von Schleswig-Holstein und Brandenburg gesprochen, extra um ein ostdeutsches und ein westdeutsches Land zu nennen. Schleswig-Holstein gehört nicht zum Osten. Das habe ich in meinem Bildungssystem gelernt. Sie zitieren eine Studie zum Anwachsen der freien Schulen. Ich stelle mal fest, in Thüringen gab es bei der Regierungsübernahme von Rot-Rot-Grün 96 freie Schulen und jetzt sind es 101. Also Boom sieht anders aus, Herr Tischner.

(Beifall DIE LINKE)

Und wenn wir das Anwachsen freier Schulen als Versagen des Bildungssystems oder der Bildungspolitik ansehen, dann ist es Ihr Versagen, der CDU, denn unter Ihren Regierungen sind 96 freie Schulen entstanden, während es bei Rot-Rot-Grün nur fünf waren.

(Beifall DIE LINKE)

(Zwischenruf Abg. Tischner, CDU: Wir sind stolz darauf!)

Aus den Reihen der Abgeordneten gibt es jetzt keine Wortmeldungen mehr. Herr Minister Holter, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, vielleicht haben Sie es zur Kenntnis genommen, der Bundestag und der Bundesrat haben heute das „Gute-Kita-Gesetz“ auf den Weg gebracht.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das ist eine gute Botschaft, auch für Thüringen. Damit können wir den Weg für die Beitragsfreiheit im Kindergarten und Qualitätsverbesserung fortsetzen. Das haben wir als Koalition uns in die Hand versprochen und in der Aufstellung des Haushalts 2020 gehen wir genau von diesen Prämissen aus. Es ist gut so, dass jetzt dieses Gesetz kommt. Damit können wir dann auch mit den Bundesmitteln rechnen, um dann die finanziellen Grundlagen zu schaffen für diesen Weg. Ich sage das deswegen in der Schuldebatte, weil es natürlich um lebenslanges Lernen geht und die Grundlagen auch in der Kita, im Kindergarten gelegt werden, damit die Kinder dann erfolgreich die Schule absolvieren können.

Und auch wenn ich das Wort „Qualität“ vielleicht nicht in den Mund genommen habe, geht es natürlich immer um qualitativ guten Unterricht. Wenn wir über gute Schule sprechen als Bild, muss man das vielleicht im Einzelnen noch einmal untersetzen. Dann mache ich das jetzt gern. Hier geht es natürlich um qualitativ guten Unterricht und hier geht es auch darum, dass die Lehrerinnen und Lehrer mit hoher Qualität diesen Unterricht gestalten.

Und, Herr Tischner, ich darf Sie mal an Winston Churchill erinnern: „Ich traue keiner Statistik …“ – und das ist genau das, was Sie hier gemacht haben. Sie legen hier Statistiken vor, die mit der Wahrheit nichts zu tun haben.

(Zwischenruf Abg. Tischner, CDU: Das ist die Wahrheit!)

Das ist einfach so. Sie basteln sich Ihre Welt zusammen, versuchen damit etwas zu suggerieren,

(Beifall DIE LINKE)

was dem nicht entspricht, was tatsächlich in Thüringen stattfindet.

Wir haben die letzten drei Jahre in der Koalition pro Jahr 500 Lehrerinnen und Lehrer eingestellt. Richtig! Wir haben jetzt – ab diesem Jahr – die ganze Einstellungspraxis verändert. Ich habe das mehrfach berichtet, aber Sie nehmen es einfach nicht zur Kenntnis. Wir haben dieses Jahr uns entschieden, dass jede frei werdende Stelle wiederbesetzt wird, und zwar zu dem Zeitpunkt, an dem sie frei wird, nicht erst zum Winterhalbjahr oder zum Schuljahreswechsel im Sommer.

(Zwischenruf Abg. Skibbe, DIE LINKE: Das gab es noch nie in Thüringen, Herr Tischner!)