Protocol of the Session on June 20, 2018

e) Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion der SPD zum Thema: „Raus aus der Teilzeitfalle – Einführung der Brückenteilzeit als positive Weichenstellung für die Lebensrealität Thüringer Familien“ Unterrichtung durch den Präsidenten des Landtags - Drucksache 6/5861

Ich eröffne die Aussprache und erteile der Abgeordneten Pelke, Fraktion der SPD, das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Aktuelle Stunde haben wir heute beantragt, weil das Bundeskabinett am 13.06. den Gesetzentwurf zur Weiterentwicklung des Teilzeitrechts und zur Einführung der sogenannten Brückenteilzeit beschlossen hat. Ab 2019 also sollen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die Möglichkeit haben, für eine befristete Dauer in Teilzeit zu wechseln und dann aber wieder in die Vollzeitbeschäftigung zurückzukehren. Ich sage dazu: Endlich!

Endlich hat die CDU im Bund akzeptiert, dass das bereits in der vergangenen Legislaturperiode vereinbarte Gesetz auf ein Recht zur Inanspruchnahme von Teilzeitarbeit samt einem Rückkehrrecht zur Vollzeitbeschäftigung nicht länger zu verhindern ist. Leider aber sieht der jetzt vorgelegte Gesetzentwurf Regelungen erst ab einer Unternehmensgröße von über 45 Beschäftigten vor und er enthält eine Regelung, dass bisher bereits Teilzeitbeschäftigte immer noch keinen Rechtsanspruch auf die Rückkehr zur Vollzeit haben. Ich sage „noch“ – und das sage ich auch in Richtung der Kollegen der CDU –, weil dieses Gesetz eigentlich aus meiner Sicht nur ein erster Schritt sein kann und – Gott sei Dank! – ist jetzt zu diesem Thema im Bund ein Kompromiss gefunden worden.

Nun noch mal einige wenige Sätze zu dem, worum es geht: Es geht uns um mehr Familienfreundlichkeit, mehr Zeit für Familie, bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Es geht nicht nur um Wege aus der Teilzeitfalle, sondern auch um Wege zur Vermeidung garantierter Altersarmut. Das will ich an dieser Stelle, wenn es um Teilzeit geht, ganz deutlich sagen, denn da geht es dann um sonst garantierte Altersarmut insbesondere von Frauen. Und schließlich geht es insbesondere auch um die Verbesserung der Arbeitsbedingungen im Interesse von Arbeitgebern und Arbeitnehmern. Wer sich beispielsweise die aktuelle Fachkräftestudie „Willkommen in Thüringen“ anschaut, der weiß, Fachkräftesicherung wird angesichts der demografischen Entwicklung in Thüringen und der Thüringer Wirtschaftsstruktur nur mit attraktiven Bedingungen gelingen.

Lassen Sie mich ganz kurz einige Thüringer Zahlen nennen. Von den knapp 813.000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigten am 30. September vergangenen Jahres waren nahezu 217.000 teilzeitbeschäftigt. Das sind knapp 27 Prozent. Dies steigt kontinuierlich an. Und ich stelle fest: Fast 82 Prozent der Teilzeitbeschäftigten sind Frauen.

Noch mal ganz kurz in die Branchen geblickt: In Verkaufsberufen 23.200 Vollzeit-, 30.600 Teilzeit-;

(Ministerpräsident Ramelow)

Gastronomie: 4.600 Vollzeit- gegenüber 5.000 Teilzeit-; Altenpflege: 7.200 Vollzeitgegenüber 10.900 Teilzeit-; erziehungs- und sozialarbeiterische Berufe 13.500 Vollzeit-, 25.600 Teilzeitstellen. Zusammengefasst: Teilzeitarbeit ist leider Gottes überwiegend weiblich.

In den männerdominierten Berufen ist Teilzeit die Ausnahme. In der Metallerzeugung 46.600 Vollzeit, 1.300 Teilzeitstellen; in den Mechatronik-, Energie und Elektroberufen 26.900 Vollzeitgegenüber 1.200 Teilzeitstellen. Und, wenn man darauf achtet, anders als bei erziehungs- und sozialarbeiterischen Berufen stehen bei langfristig und besser finanzierten Lehrertätigkeiten an allgemeinbildenden Schulen 5.800 Vollzeitstellen rund 2.500 Teilzeitstellen gegenüber.

Die ausgewählten Daten beweisen den Handlungsbedarf. Und wenn wir diese Daten, Fakten, Zahlen in Zusammenhang mit der Entwicklung in Thüringen, mit der Fachkräftestudie, mit Diskussionen um Altersarmut, drohenden Pflegenotstand, Qualität im Bereich der frühkindlichen Förderung, erzieherische Berufe, Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Forderungen für mehr Zeit für Familie, Forderungen nach guter Arbeit im Zusammenhang sehen, dann ist klar: Wir brauchen gesetzliche Grundlagen, um freiwillige Teilzeit samt dem verbundenen Rückkehrrecht – und nur dann handelt es sich ja um freiwillige Teilzeit – für Männer und Frauen in allen Branchen zu ermöglichen. Mit diesen attraktiven existenzsichernden Arbeitsbedingungen werden wir angesichts der Fachkräftesituation den Wirtschaftsstandort Thüringen sichern können.

Dieser Gesetzentwurf der Bundesregierung ist ein erster und überfälliger Schritt. Es müssen weitere folgen. Schließlich müssen aber insbesondere im Bereich der Sozialwirtschaft Land und Kommunen in eigener Zuständigkeit auch ihre Finanzierungsinstrumente so gestalten können, dass unfreiwillige Teilzeit zukünftig vermieden werden kann und Brückenteilzeit im Sinne des Gesetzentwurfs der Bundesregierung gefördert wird. Ich hoffe, dass mit der Diskussion – letzter Satz – und dem Fachkräfteantrag der Regierungsfraktionen dazu Gelegenheit sein wird. Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit. Herzlichen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Fraktion der AfD hat als nächste Rednerin Abgeordnete Herold das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, liebe Besucher auf der Tribüne und Zuschauer im Internet, mit dem

neuen Gesetz zur Brückenteilzeit hat die SPD nach langen Anlaufschwierigkeiten endlich geliefert, um die Familienfreundlichkeit in der Arbeitswelt zu verbessern. Bislang existierte ja nur die Möglichkeit, wegen Kinderbetreuung, Pflege von Angehörigen, Fortbildung oder schlicht dem Verlangen, aus einem anstrengenden Arbeitsverhältnis wenigstens teilweise herauszutreten, in Teilzeit zu arbeiten. Damit befand sich ein großer Teil der Beschäftigten in der sogenannten Teilzeitfalle, aus der viele gar nicht mehr oder nur unter großen Mühen wieder herausfanden. Das wurde vor allem Frauen zum Verhängnis, die zugunsten ihrer Familienplanung und der sich daraus ergebenden Kinderbetreuung auf einen Teil ihrer Arbeitszeit, ihres Einkommens und damit auch ihrer Rentenanwartschaften verzichtet hatten. Diesen vielen Frauen und sicherlich auch dem einen oder anderen Vater wird hier gesetzgeberisch geholfen, wenn die Rückkehr aus der Familienzeit ins normale Arbeitsverhältnis ansteht und die Arbeitgeber sich eventuell damit schwertun, einmal gemachte Zusagen oder Inaussichtstellungen am Ende der Teilzeitphase auch einzulösen.

Das Gesetz sieht eine Stufenlösung vor, nach der Betriebe mit bis zu 45 Mitarbeitern davon ausgenommen sind. Das trifft wohl in Thüringen auf einen sehr großen Teil aller Betriebe zu. Nach einer Erhebung haben in Thüringen 90 Prozent aller Betriebe maximal zehn Mitarbeiter. Hier sehen wir von der AfD allerdings die Arbeitgeber und die Arbeitnehmer in der Pflicht, vor dem Hintergrund einer guten Konjunktur und dem in vielen Branchen ausgerufenen Fachkräftemangel nach einvernehmlichen Lösungen im Sinne der Arbeitnehmer und deren Familie zu suchen.

(Beifall AfD)

Bei einem konstruktiven und vertrauensvollen Miteinander, wie das zum Beispiel in meiner Branche üblich ist – kein Problem. Im Gesundheitswesen arbeiten als Angestellte traditionell sehr viele Frauen, auch sehr viele junge Frauen mit dem Wunsch nach Familiengründung schon bei Antritt der ersten Vollzeitstelle. Dabei ist es immer eine Frage individueller Vereinbarungen, wie Arbeitgeber und Arbeitnehmerinnen mit dieser Situation konstruktiv umgehen. Für die Fälle, in denen dieser konstruktive Umgang misslingt, taugt auch das neue Gesetz zur Brückenteilzeit nichts. Für Thüringen bedeutet das aus den oben angeführten Gründen wegen der vielen Kleinbetriebe einen beträchtlichen Bereich, in dem das Gesetz praktisch wirkungslos ist. Hier hilft dann, wie schon erwähnt, nur die menschliche Lösung des miteinander Redens und Verhandelns.

Jedoch hat jede noch so blankpolierte und funkelnde Medaille allerdings auch eine zweite Seite. Diese Seite heißt hier Arbeitgeber und soll an dieser Stelle durch mich auch zu Wort kommen. Besonders kritisiert wird in dem Gesetz, dass damit tief in

(Abg. Pelke)

die Organisation von Personalplänen und Arbeitszeiten eingegriffen wird. Besonders in Zeiten konjunktureller Schwankungen und bei dem fast überall angeführten Personalmangel wird es den Betrieben zusätzlich organisatorische und bürokratische Erschwernisse aufbürden. Aufgrund der im Gesetz enthaltenen Begründungsregeln, der auszuhandelnden Arbeitszeitverteilung und vor allem der offengelassenen Frage, wer in den Firmen mit mehr als 200 Beschäftigten für die Brückenteilzeit infrage kommt, wenn mehr Bewerber als im Gesetz vorgesehen in Vollbeschäftigung gehen möchten, aufgrund dieser unbestimmten Regeln kann sich das Gesetz auch schnell zu einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für Rechtsanwälte mit Schwerpunkt Arbeitsrecht entwickeln. Die Arbeitsgerichte selbst leiden ja jetzt schon nicht an Langeweile, auch sie werden sich über einen Aufwuchs bei den Fallzahlen zu freuen haben. Große Betriebe mit mehr als 200 Beschäftigten, die es in Thüringen erfreulicherweise auch gibt, werden möglicherweise bei ihrer Personalpolitik noch viel mehr als bisher darauf schauen, ob junge weibliche Bewerberinnen möglicherweise Ambitionen haben, in einem vorher nicht vorhersehbaren Umfang zwecks Familienplanung zunächst in Teilzeit zu arbeiten und später dann einen Vollzeitarbeitsplatz einzufordern. Das wäre ein Bumerangeffekt, der überhaupt nicht in unserem Sinne sein kann.

Hoffen wir also alle gemeinsam, dass hier gut gemeint auch gut gemacht ist, und schauen wir am Ende des Jahres 2019 genau hin und erfragen die praktischen Ergebnisse dieses Gesetzes. Ich danke Ihnen.

(Beifall AfD)

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat Abgeordnete Pfefferlein das Wort.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Gäste! Vielen Dank an die SPD-Fraktion für diese Aktuelle Stunde. Eigentlich sollte es selbstverständlich sein, dass in unserer florierenden Wirtschaft der Wechsel zwischen Vollund Teilzeit und zurück möglich ist. Sicherlich nicht überall sofort umsetzbar, sollten diese Möglichkeiten aber viel öfter in klugen Unternehmen mitgedacht werden, um den Arbeitsort für die Beschäftigten attraktiv zu gestalten.

Es ist höchste Zeit für die Umsetzung eines solchen Gesetzesvorhabens. Die jetzige Lösung darf getrost als erster Schritt auf einem Weg bezeichnet werden, von dem aber noch ein großes Stück vor uns liegt. Es ist traurig genug, dass die Möglichkeit,

Leben und Beruf – nicht nur, aber auch – durch flexible Arbeitszeiten unter einen Hut zu bringen, über die Legislative vorgegeben werden muss.

Was ist gute Arbeit, was ist gutes Leben und wie ist das vereinbar und was gehört dazu? So unterschiedlich die Menschen sind, so unterschiedlich fallen ganz sicher die Antworten aus. Ebenso sicher aber gehören flexible Arbeitszeitmodelle dazu. Flexibel heißt in diesem Zusammenhang auch: anpassbar auf die jeweilige individuelle Lebenssituation. Die kann sich im Laufe eines Berufslebens mehrfach ändern, manchmal nach vier Wochen, manchmal nach vier Jahren und manchmal geschehen Dinge, auf die Frau und Mann spontan reagieren müssen. Es muss möglich sein, von einem Modus in einen anderen zu wechseln, ohne tiefgreifende Einschränkungen hinnehmen zu müssen.

Klug geführte Unternehmen geben ihren Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen die Möglichkeit, diese Verantwortung und Pflichten wahrzunehmen, solange es notwendig und gewünscht ist, mit oder ohne gesetzliche Vorschriften. Der Gesetzesvorstoß der SPD aber macht diejenigen Unternehmen darauf aufmerksam, dass Umdenken und Flexibilität helfen können, gute und zuverlässig Arbeitende im Unternehmen zu halten. Denn eines steht schon immer fest: Wer für sich selbst, für Angehörige oder Fremde bereit ist, Verantwortung zu übernehmen, ist auch im Job engagiert und verlässlich. Zu guter Arbeit gehört ein gutes Miteinander an der Arbeitsstelle; die Verantwortung liegt dabei nicht immer nur beim Unternehmen. Auch die unternehmerische Freiheit, auf Voll- und Teilzeitwünsche der Arbeitnehmenden einzugehen, haben die Arbeitgeber schon längst. Und so tun sie gut daran, darauf zu setzen, hat doch ein Arbeitskräftemangel aufgrund der demografischen Entwicklung in Thüringen schon längst eingesetzt. Gute Leute im Unternehmen zu halten, das geht am besten mit guten Arbeitsbedingungen und im gegenseitigen Respekt, Verständnis und die Kommunikation darüber vorausgesetzt.

Es gibt in Thüringen eine gute flächendeckende Kinderbetreuung und dennoch steht es den Eltern frei, mit ihren Kindern gerade in den ersten Lebensjahren Zeit zu verbringen und dazu Kindergartenzeiten und Arbeitszeit zu reduzieren. Und es gibt Situationen, da ist es nicht nur die eigene Entscheidung, sondern es sind dann die Umstände, die es nötig machen, Arbeitszeit zu reduzieren, um Angehörige zu Hause zu pflegen. Denn da ist auf der einen Seite die hohe Erwartungshaltung der Gesellschaft an Familienangehörige, selbstverständlich erkrankte Familienmitglieder zu pflegen, und auf der anderen Seite natürlich immer noch der Anspruch der Arbeitgebenden, dass sie die Leistungen, die im Arbeitsvertrag vereinbart sind, erbringen.

(Abg. Herold)

Die Sonderauswertung des DGB-Index „Gute Arbeit“ aus dem Februar dieses Jahres zum Thema „Pflegeverantwortung“ basiert auf den Antworten von mehr als 4.700 Beschäftigten. Die Ergebnisse zeigen, dass 9 Prozent der Beschäftigten in Deutschland mindestens für eine Person eine Pflegeverantwortung tragen. Hier sind Frauen mit 10 Prozent und durchschnittlich 15 Wochenstunden in der Verantwortung, und damit etwas häufiger vertreten als Männer mit immerhin 8 Prozent und durchschnittlich 12 Stunden, und das neben der normalen Berufstätigkeit. Besonders betroffen sind davon vollbeschäftigte Frauen. Für fast drei Viertel aller Beschäftigten mit Pflegeverantwortung geht das mit Vereinbarkeitsproblemen einher und über die Hälfte dieser Beschäftigten wünscht sich die Möglichkeit von betrieblichen Auszeiten, flexiblen Arbeitszeiten und zeitlich begrenzter Arbeitszeitreduzierung.

Diese Beispiele zeigen, es geht um Arbeit, die zum Leben passt, wie Arbeitsminister Heil bei der Vorstellung des Gesetzesentwurfs betonte. Auch wenn gerade in Thüringen mit den vielen kleinen und mittelständischen Unternehmen noch nicht alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer davon profitieren, würden wir mit diesem Gesetz, das noch vor der Sommerpause im Bundestag verabschiedet wird, den Weg frei machen für weitreichende Möglichkeiten und vor allen Dingen den Abbau der hohen bürokratischen Hürden und der wirklichen Umsetzung der Vereinbarkeit von Familie, Leben und Beruf für Thüringen und für das ganze Land. Herzlichen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Als nächste Rednerin hat Abgeordnete Meißner, Fraktion der CDU, das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnetenkollegen, werte Zuschauer, in der vergangenen Woche hat das Bundeskabinett mit Beschluss des Gesetzentwurfs zur Weiterentwicklung des Teilzeitrechts und zur Einführung der sogenannten Brückenteilzeit einen wichtigen Schritt vollzogen – einen Schritt weg von einer arbeitsfreundlichen Familie hin zu einer familienfreundlichen Arbeitswelt. Es wurde von meinen Vorrednern jetzt schon viel gesagt, aber vergegenwärtigen wir uns doch einfach einmal, wie die Lebensrealität von Frauen in Thüringen, in Deutschland ist, wenn sie einen Partner finden und eine Familie gründen wollen.

Derzeit spielt immer noch eine große Rolle: Wie geht es weiter, wenn das Kind da ist, wie kann es

dann mit meiner Beschäftigung weitergehen? Ich finde – und dem trägt auch die Intention des Bundesgesetzes Rechnung –, es darf nicht an erster Stelle stehen, wie die Arbeit weiter gestaltet werden kann, sondern dass ein Kind in die Welt gesetzt wird. Die Brückenteilzeit ist eine Entscheidung der Bundesregierung, die wir als CDU-Fraktion ausdrücklich begrüßen,

(Beifall CDU)

denn sie bietet Frauen und jungen Familien die Möglichkeit, nicht nur planen zu können, sondern einfach die Sicherheit zu haben, dass es mit einem Kind auch im Bezug auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf weitergeht. Da spielt natürlich auch die Karriere eine Rolle, die gerade bei Frauen oftmals ins Hintertreffen gerät, wenn sie sich für ein Kind, für eine Familie entscheiden.

Insofern begrüßen wir diese Neuerung auf Bundesebene, die Anfang des nächsten Jahres in Kraft treten wird. Aber nicht nur für Kindererziehung ist diese Brückenteilzeit eine wichtige und richtige Entscheidung, auch – und ich freue mich, dass meine Vorrednerin das erwähnt hat – für pflegende Angehörige ist das eine Erleichterung. Denn mindestens ein bis maximal fünf Jahre kann im Rahmen der Teilzeit mit der Garantie auf Rückkehr in eine Vollzeitbeschäftigung auch der Pflege eines Angehörigen nachgegangen werden. Auch was pflegende Angehörige betrifft, ist das eine wichtige Erleichterung in einer ohnehin sehr schwierigen Situation.

Aber der Ehrlichkeit halber gehört es dazu, dass die Entscheidung der Einführung einer Brückenteilzeit keine einfache war. Deswegen gab es auf Bundesebene ein großes Ringen, insbesondere was die zweite Seite der Medaille betrifft, nämlich nicht nur Interessen der Arbeitnehmer, sondern auch die der Arbeitgeber. An dieser Stelle möchte ich es ausdrücklich erwähnen und ich glaube, das trifft für Thüringen im Besonderen zu: Viele Unternehmen hier nehmen Rücksicht auf die Belange ihrer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, nicht nur weil sie auf Fachkräfte und Personal angewiesen sind, sondern weil sie wissen, dass eine junge Mutter, ein junger Vater dazu beiträgt, dass es für die Gesellschaft Nachwuchs gibt, aber sie auch eher zufrieden sind und damit im Job Leistung bringen, was dem Unternehmen am Ende auch zugute kommt. Deswegen danke ich allen Unternehmern, die bereits jetzt auf die familiären Entscheidungen ihrer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Rücksicht nehmen, sage aber auch, dass diese Sicherheit, die jetzt geschaffen wurde, eine ganz wichtige ist.

Ich begrüße es deswegen auch, dass auf Bundesebene verschiedene Kriterien geschaffen worden sind, die zeigen, dass es Ausnahmen geben soll bzw. es nur für eine bestimmte Beschäftigtenzahl gilt.

(Abg. Pfefferlein)

Es bleibt abzuwarten, wie sich dieses Gesetz auswirkt, aber in jedem Falle wird es nicht schaden. Deswegen, glaube ich, es ist eine wichtige familienpolitische Entscheidung. Ich bedaure allerdings, dass wir uns jetzt hier schon in der zweiten Aktuellen Stunde zwar mit einem familienpolitischen Thema beschäftigen, aber immer wieder nach Berlin schauen müssen. Wir hatten das eben bei der Mehrwertsteuer, wir haben das jetzt bei der Brückenteilzeit. Ich würde mir wünschen, dass wir hier in Thüringen nicht über Familienpolitik auf Bundesebene reden, sondern über Familienpolitik auf Landesebene und da geht es eben darum, die Bedingungen zu schaffen, die wir hier vor Ort auch beeinflussen können.

Wir als CDU-Fraktion möchten für Familien durch eine ganzheitliche Familienpolitik die Grundlagen schaffen, dass Kinder in einer familienfreundlichen Gesellschaft und Arbeitswelt aufwachsen können. Und dafür braucht es nicht nur Zeit füreinander und miteinander, sondern es braucht letztendlich auch Bedingungen und Förderinstrumente, die bei den Familien ankommen. Dafür gilt es hier in Thüringen zu sorgen und das ist in den vergangenen Legislaturen geschehen, aber – ich muss ganz ehrlich sagen – in den letzten Jahren ein bisschen eingeschlafen und da bin ich gespannt auf die nächsten Monate. Danke!

(Beifall CDU)

Für die Fraktion Die Linke hat jetzt Abgeordnete Leukefeld das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, „Endlich!“ hat Frau Pelke gesagt, jetzt ist das Gesetz parlamentarisch auf den Weg gebracht. Und ich kann namens meiner Fraktion kurz und bündig sagen: Das Gesetz ist ein Schritt in die richtige Richtung. Zeit wird es. Gewerkschaften haben gesagt: überfällig. Aber es ist auf jeden Fall ein Schritt dahin, dass man die Frage der Arbeitszeit und vor allen Dingen – und das sagen wir auch schon lange – die freie Entscheidung des einzelnen Menschen, wie lange, wo und wie er oder sie arbeiten möchte, in den Mittelpunkt stellt.

Ich will vielleicht auch aufgrund der interessanten Diskussion noch mal eines sagen: Arbeit und Leben sind keine Gegensätze, sondern Arbeit ist Teil des Lebens, Familie ist Teil des Lebens und Kinder sollten zu unserem Leben dazugehören. Insofern spielt die Frage der Arbeitszeit und der freien Verfügbarkeit darüber auch in Zukunft, denke ich, eine immer größere Rolle. Wenn wir uns das aber gegenwärtig anschauen, dann kann von freier Entscheidung in vielen Fällen nicht gesprochen wer