Protocol of the Session on April 26, 2018

Jeder dritte Satz …

(Zwischenruf Abg. Kießling, AfD: Schutzsu- chende!)

Ich weiß nicht, warum Sie ein Problem haben, anderen Leuten zuzuhören. Ich kann nur vermuten, dass es darum geht, dass Sie Ihre festgefasste Meinung auf keinen Fall durch Tatsachen erschüttert sehen wollen. Ich glaube, deshalb ist Ihr Diskussionsstil so mangelhaft, Herr Kollege.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Herr Henke hat doch in jedem zweiten Satz angeführt, dass dies nun neu sei, dass wir seit zwei Jahren eine neue Situation haben, dass wir die Messerangriffe nun auf einmal feststellen, dass es so etwas in unserem Kulturkreis ja überhaupt nicht gegeben hat. Meine sehr verehrten Damen und Herren, Herr Henke: Die Hieb- und Stoßwaffe, das Bajonett aus dem Ersten Weltkrieg – das sind doch keine anderen Kulturkreise.

(Unruhe AfD)

Wenn Sie sich die Moritat von Mackie Messer anschauen, wo es natürlich in unserem Kulturkreis um das Messer geht,

(Zwischenruf Abg. Henke, AfD: Sie bewegen sich auf sehr dünnem Eis!)

wenn Sie sich die „West Side Story“ ansehen, wo sich die Sharks und die Docs bekämpfen und es in der Schlüsselszene erst um einen Faustkampf gehen soll und auf einmal ziehen beide die Messer, dann müsste Ihnen doch auffallen – wenn Sie nicht borniert wären und davor zurückschrecken würden, tatsächlich die Realität anzuerkennen –, dass es großer Unfug ist, den Sie da erzählt haben, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Zwischenruf Abg. Henke, AfD: Sie schwa- feln!)

Herr Abgeordneter Adams, der Vorwurf der Borniertheit, der muss mindestens eine Rüge zur Folge haben. Ich bitte Sie, Ihren Wortgebrauch zu überdenken.

Den überdenke ich nicht, ich habe eine Tatsachenfeststellung getroffen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Herr Abgeordneter Adams, dafür erteile ich Ihnen jetzt einen Ordnungsruf.

(Abg. Adams)

Den nehme ich gern entgegen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn wir tatsächlich etwas für mehr Sicherheit tun wollen, wenn wir tatsächlich etwas gegen Gewalt, gegen eine weitere Verrohung durchführen wollen, dann, meine sehr verehrten Damen und Herren, brauchen wir einen Strauß von Maßnahmen. Er beginnt immer mit Prävention, auch wenn das die rechte Seite des Parlaments nicht gern hören will. Er geht weiter über eine gute Polizeiarbeit. Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn wir das in den Blick nehmen, dann werden wir sehr schnell auch zu Ergebnissen kommen.

Nun hat unser Innenminister angekündigt, dass in Thüringen Messerangriffe genauer erfasst werden und dass er sich auch in der Innenministerkonferenz dafür einsetzen will. Ich will das nicht kritisieren. Ich will nur feststellen, dass der Antrag der CDU damit hinfällig ist und wir ihm nicht zustimmen werden. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Als Nächste hat Abgeordnete Scheerschmidt für die SPD-Fraktion das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete, liebe Zuschauer auf der Tribüne und am Livestream! Wir beraten heute über den Antrag der CDU-Fraktion mit dem Titel „Für eine Erfassung von Messerangriffen in der Polizeilichen Kriminalstatistik“. Hinter diesem Antrag – wir haben es bereits gehört – verbirgt sich einerseits die Aufforderung an die Landesregierung, eine statistische Auswertung mit Messern begangener Straftaten für das Land Thüringen zu ermöglichen. Weiterhin möchte die CDU in ihrem Antrag die Landesregierung auffordern, sich in der Innenministerkonferenz dafür einzusetzen, Messerangriffe gesondert in der Polizeilichen Kriminalstatistik zu erfassen.

Auch uns als SPD-Fraktion erfüllt die von einzelnen Polizeibeamten und von den Polizeigewerkschaften wahrgenommene Zunahme von Straftaten, bei denen ein Messer als Tatwaffe eingesetzt wird, sehr mit Sorge. Auch wir sind dafür, dass wir in der Polizeilichen Kriminalstatistik ein aussagekräftiges Bild über die Kriminalitätsentwicklung, über die Bedrohungsszenarien und die eingesetzten Tatwaffen erhalten.

(Beifall CDU)

Im Hinblick auf die beiden Forderungen im Antrag möchte ich zunächst auf einen MDR-Bericht vom 11. April dieses Jahres verweisen, in dem der Thüringer Innenminister zu Wort kommt. In diesem Bericht sagt Innenminister Georg Maier, dass er die Thüringer Polizei angewiesen habe, Messer als Tatwaffe ab sofort verbindlich zu vermerken, um eine genaue Analyse zu ermöglichen, welche Art Messer eingesetzt werden, in welcher Situation dies geschieht und wie diese Messer geführt werden. Gleichzeitig kündigte der Innenminister auch an, auf dieser Grundlage bereits schon im Jahr 2018 Ergebnisse dieser Analyse von Messern als Tatmittel vorlegen zu können – bereits in diesem Jahr. Das heißt, eine Forderung Ihres Antrags ist bereits umgesetzt.

Zur zweiten Forderung, dass sich die Landesregierung für die Ausweisung von Messerangriffen in der Polizeilichen Kriminalstatistik im Rahmen der Innenministerkonferenz einsetzt: Das kann man natürlich fordern, aber dann muss man auch eine Vorstellung davon haben, wie die Erfassung genau aussehen soll und welche Konsequenzen man daraus ziehen will. Dazu fehlt mir in Ihrem Antrag im Moment jegliche Aussage.

Es wurde bereits der CDU-Kollege Holger Stahlknecht von Herrn Adams hier zitiert. Ich möchte es noch mal wiederholen. Er sagt auch, man muss sich überlegen, wenn man statistisch erfasst, was für einen Mehrwert eine solche Erfassung haben soll. Ich bin auch ein Fan von Statistiken und werte diese auch sehr gern aus, aber wenn man eine Statistik führt, dann muss man wirklich wissen, was man damit erreichen will, welchen Mehrwert es hat, wie man es auswerten kann, wozu es uns in der Endkonsequenz nützt. Beispielsweise würde auch die Polizeigewerkschaft in Sachsen-Anhalt eine genauere Registrierung von Messerangriffen begrüßen, wenngleich dies kompliziert ist. Aber sie sagen auch, wenn es nicht differenziert genug ist, was nützt uns eine Statistik, die nicht ausreichend unterscheidet. Und das scheint mir hier auch der Knackpunkt zu sein. Die bloße Forderung reicht nicht aus. Ihre Kollegen, die in Regierungsverantwortung sind, scheinen dieses Thema also ein bisschen differenzierter zu sehen als Sie hier in Thüringen. Insgesamt erweckt mir der Antrag doch den Eindruck, den Vorstoß unseres Innenministers zur besseren Erfassung von Messern als Tatwaffe als den der CDU zu verkaufen.

(Unruhe CDU)

Ich bin überzeugt, die Landesregierung wird sich dafür einsetzen – sowohl auf Landesebene als auch auf Bundesebene –, Messerangriffe gesondert und nach einem einheitlichen Maßstab in der polizeilichen Kriminalstatistik zu erfassen. Ihren Antrag braucht es dazu nicht. Deswegen werden wir ihn auch ablehnen. Liebe Kollegen der AfD, auch

wenn wir den Antrag der CDU aus den vorgenannten Gründen, da er sich bereits weitestgehend erledigt hat, ablehnen, muss ich einfach nur sagen, was Sie hier vorgetragen haben, ist leider wieder weiter nichts als purer, blasser Populismus. Danke schön.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Zwischenruf Abg. Henke, AfD: Das ist die Wahrheit!)

Als Nächster hat nun Abgeordneter Dittes für die Fraktion Die Linke das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, ich will mal einen Satz von Herrn Adams aufgreifen, der für Heiterkeit bei der CDU-Fraktion sorgte. Natürlich ist Ihr Antrag Gelegenheit für alle Fraktionen und somit auch für mich, hier zum Thema „Messerangriffe“ zu reden, und das ist vielleicht auch gut so, nachdem ich einige Redebeiträge hier gehört habe. Aber bevor ich auf den Antrag der CDU im Konkreten eingehe, will ich doch zumindest zum Antrag der AfD noch einiges sagen, denn ich finde es den falschen Absender, Gewalt insbesondere mit Messern von dieser Seite aus in dieser Gesellschaft zu thematisieren, wenn man beispielsweise auch mal verfolgt, was die Kollegen der AfD selbst in den letzten Wochen insbesondere im Internet verbreitet haben. Da haben wir das natürlich in vielen Bildern gefasst, was der Abgeordnete Henke hier gesagt hat. Wir finden viele Social-Network-Beiträge der AfD, wo Messer-Libyer genannt werden, Messer-Syrer, Messer-Epidemie, kriminelle Flüchtlinge, die mit Messern auf Deutsche losgehen.

(Zwischenruf Abg. Henke, AfD: Das haben wir überhaupt nicht gesagt!)

Was dabei aber überhaupt keine Rolle spielt – auch in dem Redebeitrag der AfD –, ist beispielsweise die Tatsache, dass der Pressesprecher der AfD Sachsen in einem Post bei Facebook über ein Bild der Bundeskanzlerin Angela Merkel schreibt: „Wer kann Messer?“ Und ich glaube, wer solche Parteimitglieder hat, die in dieser Art zu Gewalt aufrufen, sollte sich hier an dieser Stelle zurückhalten, wenn er

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

insbesondere Menschen, die eben aus Angst vor Gewalt in der Bundesrepublik Zuflucht suchen, hier diskreditiert und diskriminiert. Ich komme noch darauf zurück.

Aber ich will auch noch einen zweiten Fall sagen, wo Sie hier unmittelbar betroffen sind. Nämlich Ihr ehemaliger Parlamentarischer Geschäftsführer und nunmehriger Bundestagsabgeordneter postet mehrfach im Netz ein Bild einer Machete und schreibt darüber: Warten auf die Antifa oder das Zentrum für politische Schönheit – wer hat Ideen zur Verwendung dieses Gegenstandes? Wenn das nicht tatsächlich auch mindestens mittelbar ein Aufruf zur Gewalt,

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

ein Aufruf zum Einsatz von Messern gegenüber politisch Andersdenkenden ist, dann weiß ich nicht, wie wir hier anders politisch diskutieren wollen.

(Unruhe AfD)

Und wenn Sie seitens der AfD – jetzt seien Sie doch einfach mal still und hören zu – immer wieder tatsächlich versuchen, die Zunahme von Gewaltstraftaten einzig und allein Flüchtlingen zuzuschreiben, dann will ich Ihnen auch mal deutlich eine Zahl aus der PKS sagen.

(Zwischenruf Abg. Henke, AfD: Das haben wir doch gar nicht gemacht!)

80 Prozent aller Gewaltstraftaten werden durch Deutsche begangen. Es ist also statistisch wesentlich wahrscheinlicher, dass, wenn jemand Opfer einer Gewaltstraftat wird, der Täter ein Deutscher ist als ein Nichtdeutscher. Das müssen wir zur Kenntnis nehmen. Ihre Diskussion verdreht das.

(Unruhe AfD)

Meine Damen und Herren, ich bedauere es ausdrücklich – und da schließe ich mich auch Herrn Adams an –, dass die CDU in genau dasselbe Horn bläst. Herr Fiedler, Sie wollten versuchen anhand von Beispielen deutlich zu machen, dass wir eine Zunahme von Messerangriffen haben, und haben sehr viele Taten vorgelesen. Die will ich gar nicht bestreiten. Sie haben dabei aber einen Fehler gemacht, Sie haben zum Beispiel auf den vereitelten Anschlag beim Halbmarathon in Berlin verwiesen. Sie haben aber missachtet, dass die Polizei in Berlin zwei Tage später eingeräumt hat, dass sich die Vorwürfe eben nicht haben bestätigen lassen. Aber Sie reproduzieren immer weiter dieses Bild, auch in der öffentlichen Debatte.

Was ich Ihnen aber auch vorwerfe, nicht nur dass Sie Richtigstellungen praktisch nicht zur Kenntnis nehmen, sondern dass Sie hier nur die halbe Wahrheit verbreiten und Beispiele ganz gezielt aussuchen. Sie haben einen Messerangriff vom vergangenen Wochenende aus dem Bereich der LPI Saalfeld benannt. Eine andere Meldung der LPI Saalfeld, nach der ein 25-jähriger Deutscher seine Mutter niedergestochen hat, haben Sie hier nicht benannt; diese Meldung wäre aber durchaus sinnvoll,

(Abg. Scheerschmidt)

um über ein tatsächliches Lagebild in Thüringen zu diskutieren. Das ist tatsächlich der Vorwurf, den Herr Adams erhoben hat und ich schließe mich dem an, dass Sie hier zumindest in Teilen das Geschäft der AfD mit erledigen.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Zwischenruf Abg. Grob, CDU: Erzählen Sie nicht so einen Schwachsinn!)

Nun fordern Sie in Ihrem Antrag – ich komme jetzt zu Ihrem Antrag und dann können wir ja prüfen, wer von uns beiden Schwachsinn schreibt oder redet – eine Statistik in Thüringen, in der das Kriterium „Angriffe mit Messern und anderen Stichwaffen“ mit erfasst wird. Wissen Sie, was mich dabei irritiert? Dass kein einziger Redner bislang darauf verwiesen hat, dass es eine solche Statistik für Thüringen seit dem Jahr 2013 gibt. Und es tut mir ja leid: Der Dank gebührt nicht dem jetzigen Innenminister, Herr Fiedler, sondern der Dank gebührt Ihrem Innenminister, Herrn Geibert, der 2013 eingeführt hat, dass im „FINDUS“, im polizeilichen Erfassungssystem von Taten, das Tatmittel „Messer“ mit eingeführt wird. Ich kann nichts dafür, Herr Fiedler, dass es Ihr Innenminister 2013 offensichtlich nicht für notwendig befunden hat, Sie als innenpolitischen Sprecher vielleicht an dieser Entwicklung zu beteiligen. Aber Sie sollten, wenn Sie am 12. April einen solchen Antrag hier in den Landtag einbringen, zumindest zur Kenntnis nehmen, dass der Innenminister am 9. April in einer Pressekonferenz der Öffentlichkeit die Zahlen ab dem Jahr 2013 vorgestellt hat und diese Statistik tatsächlich auch in Thüringen geführt wird.

Und wenn wir schon mal bei Zeitabläufen sind, Herr Fiedler – und das haben Sie ja eben auch bei der Abgeordneten Scheerschmidt mit Lächeln quittiert, dass Sie hier doch selbst initiativ geworden wären und nicht auf Initiativen anderer reagieren –, wenn wir schon bei Zeitabläufen sind – Ihr Antrag ist vom 12. April –, dann hätten Sie vielleicht auch zur Kenntnis nehmen können, dass die Online-Plattform „CORRECTIV“ bereits am 6. April eine Statistik für sieben Bundesländer, darunter Thüringen, veröffentlicht hat, beginnend mit dem Jahr 2011, aus der auch die Zahlen für Thüringen hervorgehen. Das, was ich Ihnen jetzt hier vorwerfe, ist doch, dass Sie mit Ihrem Antrag suggerieren, dass wir eine Statistiklücke haben, die wir in Thüringen nicht haben, und zweitens, dass daraus eine Sicherheitslücke resultiert und die existiert auch in diesem Fall einfach nicht. Deswegen müssen wir auch genau hinter ihre Forderungen nach einer Statistik für Messerangriffe schauen, was dort eigentlich wie erfasst wird und wie aussagekräftig das eigentlich ist. Denn wir haben natürlich die Zahlen. Ich sage auch gleich etwas zur Zahlenentwicklung in dieser Statistik für Thüringen, aber auch für