Protocol of the Session on April 26, 2018

Am Samstagabend, dem 14. April 2018, ereignete sich laut Medienberichten ein rassistischer Angriff auf eine Gruppe von unbegleiteten Flüchtlingen. Dabei wurden zwei Personen verletzt. Laut „Ostthüringer Zeitung“ handelte es sich bei der Angreifergruppe um Mitglieder einer Burschenschaft.

Ich frage die Landesregierung:

(Abg. Tischner)

1. Was genau hat sich nach derzeitigem Ermittlungsstand bei dem oben geschilderten Vorfall ereignet und wurden Haftanträge gestellt?

2. Wie viele Einsatzkräfte waren im Zusammenhang mit dem oben geschilderten Vorfall im Einsatz?

3. Welcher bzw. welchen Burschenschaften gehören die Personen der Angreifergruppe an?

4. Sind die Tatverdächtigen, gegen die Ermittlungsverfahren eingeleitet worden sind, bereits in der Vergangenheit polizeilich auffällig geworden – Vorstrafen, laufende Verfahren – und wenn ja, wegen welcher Delikte?

Danke schön.

Für die Landesregierung antwortet das Ministerium für Inneres und Kommunales, Staatssekretär Höhn.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Gentele beantworte ich für die Landesregierung wie folgt:

Zu Frage 1: Am späten Abend des 14. April 2018 kam es in bzw. im unmittelbaren Umfeld einer Wohneinrichtung für unbegleitete minderjährige Ausländer in der Rudolf-Breitscheid-Straße in Kahla zunächst zu einer verbalen und im Nachgang zu einer körperlichen Auseinandersetzung zwischen vier Bewohnern der Einrichtung und einer Gruppe von jungen Männern, die dem äußeren Erscheinungsbild nach als Burschenschafter beschrieben wurden. Diese Gruppe sei unter anderem in das Wohnheim eingedrungen und habe sich erst nach mehrfacher Aufforderung durch den diensthabenden Sozialbetreuer entfernt. Im Rahmen der Auseinandersetzungen wurden zwei afghanische jugendliche Bewohner des Wohnheims verletzt. Beim Eintreffen der Polizei befanden sich abgesehen von den unbegleiteten minderjährigen Ausländern die weiteren Beteiligten nicht mehr unmittelbar am Ereignisort, konnten jedoch – zumindest teilweise – in einem Objekt auf der gegenüberliegenden Straßenseite bei einer Feierlichkeit unter Beteiligung von Burschenschaftern festgestellt werden. Zwei der Burschenschafter erstatteten Anzeige gegen einen jugendlichen Ausländer wegen gefährlicher Körperverletzung. Dieser habe eine Bierflasche nach ihnen geworfen. Die Ermittlungen zu den genauen Tatumständen, den Tätern und einzelnen Tatbeiträgen dauern nach wie vor an. Es wurden keine Haftanträge gestellt.

Zu Frage 2: Zur Bewältigung des Sachverhalts waren insgesamt zwei Streifenwagenbesatzungen, mithin insgesamt vier Polizeibeamte im Einsatz.

Zu Frage 3: Nach derzeitigem Ermittlungsstand gehören die beteiligten Burschenschaftler der Burschenschaft Normannia zu Jena an.

Zu Frage 4: Aktuell führt die Polizei im Zusammenhang mit dem Ereignis sowohl Ermittlungen gegen Beteiligte aus dem Kreis der Burschenschafter als auch gegen einen beteiligten unbegleiteten minderjährigen Ausländer. Haben Sie bitte Verständnis dafür, dass ich von Angaben dazu, inwieweit die Tatverdächtigen bisher polizeilich auffällig geworden sind, aus datenschutzrechtlichen Gründen derzeit absehe.

Ich danke für die Aufmerksamkeit.

Es gibt eine Nachfrage des Fragestellers.

Ja, danke. Ich habe noch eine Nachfrage. Ist der Regierung vielleicht bekannt, ob es Verbindungen dieser Burschenschaft zu Thüringer Parteien gibt?

(Zwischenruf Abg. König-Preuss, DIE LINKE: Gibt es!)

(Zwischenruf Abg. Hennig-Wellsow, DIE LIN- KE: Stell‘ doch eine Frage!)

Herr Abgeordneter, jedenfalls nach derzeitigen Erkenntnissen kann ich Ihnen die Frage so nicht beantworten. Ich müsste da noch mal eine Rücksprache nehmen. Ich würde Ihnen das gern schriftlich im Nachgang beantworten. Aber vielleicht können Sie die Frau Abgeordnete König-Preuss konsultieren, die kennt sich da aus.

Gibt es weitere Nachfragen? Das kann ich nicht erkennen. Dann schließe ich den Tagesordnungspunkt. Danke, Herr Staatssekretär.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 13 in den Teilen

a) Duale Ausbildung stärken, Unternehmertum fördern! Antrag der Fraktion der CDU - Drucksache 6/4160 dazu: Beschlussempfehlung des Ausschusses für Bildung, Jugend und Sport - Drucksache 6/5569

dazu: Änderungsantrag der Fraktion der CDU - Drucksache 6/5618

(Abg. Gentele)

b) Fachkräfteentwicklung in Thüringen: Beschäftigte halten, bilden und fördern Antrag der Fraktionen DIE LINKE, der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 6/5554

Das Wort hat Herr Abgeordneter Tischner aus dem Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport zur Berichterstattung zum Tagesordnungspunkt 13 a.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich darf aus dem Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport zum Tagesordnungspunkt „Duale Ausbildung stärken, Unternehmertum fördern!“, Antrag der CDU-Fraktion, Bericht erstatten. Der Antrag der CDU-Fraktion in Drucksache 6/4160 wurde durch Beschluss des Landtags in seiner 99. Plenarsitzung am 3. November 2017 an den Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport zur Beratung überwiesen. Der überwiesene Antrag wurde im Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport in vier Sitzungen beraten, in der 49. Sitzung am 5. Dezember 2017, in der 50. Sitzung am 16. Januar 2018, in der 52. Sitzung am 13. März 2018 und in der 53. Sitzung am 17. April 2018. Bei der ersten Beratung am 5. Dezember 2017 lehnte die Ausschussmehrheit den Antrag der CDU-Fraktion ab, eine mündliche Anhörung zur Thematik der dualen Ausbildung mit den betroffenen Akteuren durchzuführen, und beschloss stattdessen eine schriftliche Anhörung. In der darauffolgenden Sitzung am 16. Januar 2018 wurden die Frist für die Anhörung sowie die Anzuhörenden beschlossen. Die Anhörung wurde in der Ausschusssitzung am 13. März 2018 schließlich ausgewertet. Zunächst muss man feststellen, dass im Anhörungsverfahren weniger als die Hälfte der Angeschriebenen eine Stellungnahme abgegeben hat. Dafür gab es zwei Initiativstellungnahmen des Bauindustrieverbands Hessen-Thüringen e. V. und des Thüringer Bauernverbands e. V.

Die Rückmeldungen zum überwiesenen Antrag der CDU-Fraktion waren überwiegend positiv. Sowohl von schulischer als auch wirtschaftlicher Seite, aber auch vonseiten der Schulträger wurde gefordert, die vorhandenen Berufsorientierungsprogramme zu bündeln, um die Anzahl der Ansprechpartner in der Schule zu reduzieren. So forderte etwa die WalterGropius-Schule ein abgestimmtes Berufsorientierungskonzept aller beteiligten Akteure an, das in dieser Form bisher nicht vorläge. Darüber hinaus wurde der sinnvolle Hinweis gegeben, eine Datenbank für Praktika anzubieten, wo sich Betriebe vorstellen können und schließlich auf die Schulen zugreifen können, um Informationsgleichheit zwischen Schülern und Vermittlern zu erhalten.

Die Industrie- und Handelskammer sowie die Handwerkskammern haben in ihrer Stellungnahme auf bereits laufende Imagekampagnen hingewiesen. Deshalb traf der Vorschlag in Nummer 6 des Antrags der CDU-Fraktion bei ihnen auch auf große Zustimmung. Allerdings hat beispielsweise die GEW deutlich infrage gestellt, ob die Eltern tatsächlich die richtige Zielgruppe für eine Imagekampagne seien oder ob derartige Gelder nicht eher in die Qualität der Ausbildung investiert werden sollten.

Im Ergebnis der Anhörung und vor dem Respekt der anzuhörenden Gremien legte die CDU-Fraktion in der Ausschusssitzung am 13. März einen Änderungsantrag vor. Dieser wurde in der Ausschusssitzung am 17. April mehrheitlich abgelehnt. In eben dieser Ausschusssitzung empfahl die Ausschussmehrheit, den Antrag der CDU-Fraktion in Drucksache 6/4160 abzulehnen. Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Wünschen die Fraktionen Die Linke, SPD und Bündnis 90/Die Grünen das Wort zur Begründung ihres Antrags? Frau Abgeordnete Lehmann.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, die Entwicklung des Arbeitsmarkts, insbesondere des Fachkräftebedarfs für die Thüringer Wirtschaft und die öffentliche Verwaltung, ist eine – wenn nicht sogar die – entscheidende Zukunftsfrage des Freistaats. Zentral bleibt hier die Aufgabe der Tarif- und Sozialpartner, gemeinsam auf die Verbesserung der Ausbildungsund Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten hinzuwirken, weil das die Voraussetzung dafür ist, die Beschäftigungsverhältnisse in Thüringen attraktiver zu gestalten und damit auch Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer für ein Arbeitsverhältnis in Thüringen zu gewinnen.

Darüber hinaus kann die Landespolitik hier vielfältige Rahmenbedingungen schaffen und die gesamte Entwicklung positiv beeinflussen. Dabei müssen wir einige Schwerpunkte im Blick haben. Das ist die Frage, wie wir Perspektiven für junge Menschen stärken. Da geht es um die Frage, wie wir Integration und Teilhabe von Menschen mit Behinderung verbessern können. Es geht um die Stärkung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, um eine stärkere Teilhabe und Qualifizierung von Erwerbslosen, eine Stärkung der dualen Ausbildung und auch der betrieblichen Mitbestimmung.

All diese Fragen nimmt der Antrag auf und bildet umfassend ab, was der Antrag der CDU, von dem Herr Tischner gerade noch mal die Debatte im Ausschuss dargelegt hat, nicht einmal streift, sondern lediglich sehr verkürzt betrachtet, denn obwohl im

(Vizepräsidentin Jung)

Titel des Antrags zwar steht, dass es um die Stärkung der dualen Ausbildung geht, geht es dort schwerpunktmäßig um die Frage Schule und Berufsschule.

Mit der Vorlage unseres Antrags „Fachkräfteentwicklung in Thüringen: Beschäftigte halten, bilden und fördern“ wollen wir eine umfassende parlamentarische Initiative starten und in Diskussion mit allen Akteurinnen und Akteuren der Arbeitsmarktpolitik in Thüringen Antworten auf diese Zukunftsfrage finden. In diesem Sinne freue ich mich auf die Debatte gleich hier im Plenum, aber auch dann im Ausschuss. Vielen Dank.

(Beifall SPD)

Ich eröffne die gemeinsame Beratung. Als erste Rednerin hat Abgeordnete Engel, Fraktion Die Linke, das Wort.

Sehr geehrte Präsidentin, liebe Besucher, liebe Zuhörerinnen am Livestream, liebe Kolleginnen! Im Zentrum der Debatte, die wir gerade führen, steht die duale Berufsausbildung und deren Zukunft. Die Menschen in Deutschland, auch die Wirtschaft, halten viel von der dualen Ausbildung. Duale Ausbildung bedeutet eine enge Verzahnung von Lernen, einerseits in der Berufsschule und andererseits in der beruflichen Praxis unter Federführung eines konkreten Ausbildungsbetriebs, welcher auch für die soziale Sicherung des Auszubildenden aufkommt.

Ihr Antrag, liebe CDU, hat bereits einen langen Weg hinter sich. Er wurde im Juli 2017 eingereicht, letzten November vom Plenum an den Bildungsausschuss überwiesen und im Dezember dort das erste Mal besprochen. Im Januar wurde eine schriftliche Anhörung beschlossen, welche der Ausschuss dann im März ausgewertet hat. Die CDU reichte im Ergebnis der Anhörung einen Änderungsantrag ein. Das ist ein langer Weg, aber auch ein langer Weg heißt nicht automatisch, dass es ein guter Antrag ist. Tatsächlich finden wir Ihren Antrag ziemlich schwach und daran hat auch Ihr Änderungsantrag nichts geändert. Natürlich ist die Zukunft der dualen Ausbildung ein wichtiges Thema. Dies bestätigten auch übereinstimmend alle Anzuhörenden.

(Beifall DIE LINKE)

Sie begrüßten das Anliegen der Landespolitik, sich über die Zukunft der dualen Ausbildung Gedanken zu machen und Ideen zu entwickeln.

(Zwischenruf Abg. Bühl, CDU: Das ist das Anliegen der CDU-Fraktion!)

Die Koalitionsfraktionen haben ihre Ideen dazu im vorliegenden Antrag „Fachkräfteentwicklung in Thüringen: Beschäftigte halten, bilden und fördern“ dargelegt. Zu diesem Antrag wird meine Kollegin Ina Leukefeld später noch ausführlich sprechen.

Liebe Zuhörerinnen, lassen Sie mich bitte nachfolgend begründen, warum wir dem CDU-Antrag nicht folgen können. Unter der Überschrift „Duale Ausbildung stärken“ beschränkt sich die CDU vollkommen auf die schulischen Maßnahmen und Möglichkeiten, wie es ja meine Kollegin Diana Lehmann bereits angesprochen hat. Wichtige Themen, wie zum Beispiel Rahmenbedingungen von Ausbildung, Ausbildungsqualität, Ausbildungsvergütung, Berufseinstiegsbegleitung, die in diesem Zusammenhang wichtig wären, sogar unerlässlich sind, finden in Ihrem Antrag überhaupt keine Erwähnung. Ihr Antrag bezieht sich vor allem auf die Berufsorientierung an Gymnasien. Dies ist vermutlich der Tatsache geschuldet, dass immer mehr junge Menschen einen Studienplatz einer dualen Berufsausbildung vorziehen. Unserer Ansicht nach liegt das jedoch nicht allein an den mangelnden Informationen über die Möglichkeiten einer dualen Ausbildung nach dem Abitur, sondern daran, dass junge Menschen durchaus gute Gründe haben, wenn sie sich für ein Studium entscheiden. So sind noch immer Menschen mit einer akademischen Ausbildung seltener von Arbeitslosigkeit betroffen als Menschen mit einem Abschluss einer dualen Berufsausbildung. Außerdem erscheint vielen jungen Menschen die Studienzeit natürlich attraktiver als Ausbildungsjahre, denn viele Auszubildende sehen sich unverändert mit großen Belastungen konfrontiert. Natürlich spricht sich das rum, denn auch junge Menschen sind vernetzt und tauschen sich aus über schlechte Arbeitsbedingungen, Überstunden, fachlich ungenügende Anleitung, eine unterdurchschnittliche Ausbildungsvergütung und das Gefühl, als billige Arbeitskraft ausgenutzt zu werden. Die duale Berufsausbildung wird erst dadurch attraktiv, wenn es selbstverständlich wird, dass es gute tarifliche Vergütung gibt und betriebliche Mitbestimmung durch Betriebsräte und Jugend- und Auszubildendenvertretungen auch gewährleistet wird. Das spricht Jugendliche an und nur so können wir Ausbildungsstellen auch besetzen.

Dies bestätigt auch der aktuelle Ausbildungsreport, welcher jährlich von der DGB-Jugend veröffentlicht wird. So wird darin erneut festgestellt, dass Auszubildende in Betrieben mit betrieblicher Mitbestimmung viel zufriedener sind mit ihrer Ausbildung. Auch in diesem Punkt ist unser Antrag zur Fachkräfteentwicklung weitreichender. So wird dort unter Punkt III die Landesregierung gebeten, Maßnahmen zur Stärkung der Attraktivität der dualen Ausbildung sowie zur Stärkung der betrieblichen Mitbestimmung zu entwickeln und auch umzusetzen. Gelingt es uns nicht, die Berufsausbildung massiv

(Abg. Lehmann)

qualitativ zu verbessern, die Tarifbindung der Thüringer Betriebe signifikant zu erhöhen und Mitbestimmung weiter flächendeckend zu verankern, so nützt uns auch die schönste Imagekampagne nichts.