Protocol of the Session on March 22, 2018

Doch noch einmal konkret zurück zum aktuellen Bericht der Landesregierung und ihren Aktivitäten. Ich möchte hier nämlich zwei Punkte ganz besonders herausstellen. Das wäre zum einen der ehemalige Todesstreifen, das Grüne Band, das nun als Naturmonument im wahrsten Sinne des Wortes erfahrbar wird. Am 8. Dezember 2016 haben wir im Landtag beschlossen, das Grüne Band zum Naturmonument zu entwickeln. Das Gesetz dagegen soll noch dieses Jahr in Kraft treten. Die ersten parlamentarischen Beratungen zum dazugehörigen Gesetzentwurf fanden bereits statt.

Inzwischen gibt es eine – Minister Prof. Dr. Hoff ist darauf eingegangen – überaus sehenswerte Multivisionsshow „Abenteuer Grünes Band – vom Todesstreifen zur Lebenslinie“, die am 18. September 2017 in der Fachhochschule Erfurt erstmals präsentiert und in einer anschließenden Podiumsdiskussion erörtert wurde.

Lassen Sie mich nun aber auch zum zweiten Punkt kommen, der für mich das Menschlichste und Ergreifendste an den Aktivitäten ist, die in diesem Bereich dargestellt sind. Ich meine die Gesprächsreihe „Was auf der Seele brennt – SED-Unrecht im Dialog“. Ich habe die Einladung genutzt und bisher an den Veranstaltungen, die angeboten wurden, teilgenommen. Hier ist es der Staatssekretärin, die ich an dieser Stelle herzlich grüße, weil sie heute nicht bei uns sein kann, mit einer guten Idee und einer sensiblen Umsetzung in einem der Sache angemessenen ruhigen Gesprächsformat gelungen, Betroffene mit Interessierten, mit Archiven der Landesverwaltung, mit Einrichtungen der Bildung und Aufarbeitung und auch der Politik zusammenzubringen. Für das gelungene Konzept und die gelungene Umsetzung will ich allen Beteiligten meinen ausdrücklichen Dank aussprechen.

(Beifall DIE LINKE)

Zwei Themen waren es, die in den ersten Berichten immer unter den Punkten standen, deren Aufarbeitung bisher nicht anlief oder stockte oder wo jedenfalls noch Defizite zu verzeichnen waren. Das ist einmal der Komplex Doping. Ja, es wurden und werden Gespräche mit dem Landessportbund oder dem Deutschen Olympischen Sportbund geführt. Ein Ziel ist dabei die Initiierung eines Forschungsauftrags zu gesundheitlichen Folgeschäden von Dopingmitteln im DDR-Sport. Trotz einiger Fortschritte bleibe ich auch nach intensiver Lektüre des diesjährigen Berichts der Landesregierung bei meinem Unbehagen, dass dieser Themenkomplex noch weiterhin vertieft betrachtet und bearbeitet werden muss. Ich bitte die Landesregierung, hier weiter verstärkt tätig zu werden und insbesondere auch die Doping-Opfer-Hilfe aktiv in die Aufarbeitung mit einzubeziehen.

Eine positive Entwicklung hat der Themenkomplex „Christen im Unrechtsstaat DDR“ genommen. Die Konstituierung der auch im Bericht dargelegten Arbeitsgruppe dazu kann ich nur uneingeschränkt begrüßen. Das geplante Forschungsprojekt zur systematischen Benachteiligung von Christinnen und Christen in der DDR wird hoffentlich Ergebnisse bringen, die hilfreich bei der weiteren Aufarbeitung dieses bisher zu wenig berücksichtigten Teils des SED-Unrechts sind. Möglich oder denkbar wären hier auch Auswirkungen bis hin zu einer Novellierung oder Erweiterung der SED-Unrechtsbereinigungsgesetze.

Der dritte Bericht der Landesregierung zu ihren Aktivitäten auf dem Gebiet der Aufarbeitung der SEDDiktatur in Thüringen ist insgesamt eine schwere Lektüre, denn er ist inhaltsschwer. Er zeigt auf, dass die rot-rot-grüne Landesregierung sich ihrer Aufgabe ernsthaft stellt. Dafür bedanke ich mich bei der Landesregierung, insbesondere bei den in der Interministeriellen Arbeitsgruppe beteiligten Ministerien im Namen meiner Fraktion Bündnis 90/Die Grünen außerordentlich.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ein Verweis übrigens noch an Herrn Wirkner: Die Überführung der SED-Akten war bereits im Jahr 1994 abgeschlossen, das nur als kleiner Hinweis. Es bleibt jedoch dabei: Die Aufarbeitung der SED-Diktatur in allen ihren Aspekten, in all ihren Facetten ist nicht überflüssig und sie ist auch nicht rückwärtsgewandt. Aufarbeitung ist für uns fester Bestandteil der demokratischen Kultur von heute und von morgen.

Aufarbeitung bleibt für uns fester Bestandteil des täglichen Wirkens der Landesregierung im Freistaat Thüringen. Dabei gilt aber weiterhin: Auch der Landtag, jede einzelne hier vertretene Partei, jede und jeder einzelne Abgeordnete trägt Verantwortung für die Aufarbeitung der SED-Diktatur, für die Aufarbeitung der eigenen Geschichte. Wir erwarten von allen eine konstruktive Mitwirkung, eine eigene Tat an der Aufarbeitung der SED-Diktatur. Dies gilt für uns ebenso wie für unsere Partner, für alle hier. Das ist unsere Verantwortung, unser Anspruch, der täglich zu erneuern ist. Vielen herzlichen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Als nächste Rednerin hat Abgeordnete Herold, Fraktion der AfD, das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, sofern noch anwesend, und liebe Zuschauer auf der Tribüne und im Internet, der Bericht der Landesregierung zu deren Aktivitäten auf dem Gebiet der Aufarbeitung der SED-Diktatur soll heute hier behandelt werden. Manches, was hier in diesem Umfeld besprochen wird, in diesem Rahmen, entbehrt nicht einer gewissen Ironie der Geschichte. Hier sitzen nun auch Altstalinisten und Neosozialisten und bemühen sich um Aufarbeitung und dabei intensive Selbstbelobigung, Aufarbeitung der Taten, die die SED und ihre Helfershelfer zu verantworten haben. Die heutige Linke ist bekanntlich die Rechtsnachfolgerin und auch ideologische Erbin dieses Unrechtsregimes.

(Abg. Rothe-Beinlich)

Die unbedingte Notwendigkeit der Aufarbeitung der DDR-Vergangenheit muss man hier ja nicht weiter erläutern.

(Zwischenruf Abg. Huster, DIE LINKE: Wir machen das einfach!)

Ich möchte aber angesichts der Fülle des Materials und des Umfangs des vorgelegten Berichts auf das eine oder andere eingehen. Ein wichtiger Themenkreis ist „Schule und Ausbildung, Wissenschaft und Forschung“. Es ist sehr erstaunlich, dass an einer freiwilligen Befragung zum Thema DDR-Geschichte im Unterricht aller Schularten von insgesamt 2.139 Lehrern für Geschichte und Sozialkunde gerade einmal 134, also 6,3 Prozent, der angefragten und angeschriebenen Lehrerschaft teilnahmen. Das ist ein sehr dürftiges Ergebnis. Daran ändert auch die wissenschaftliche und statistische Auswertung der erstellten Fragebögen nichts. Sie bieten keine wirkliche Widerspiegelung dessen, was da gefragt wurde und was notwendig wäre, da 94,7 Prozent der angefragten Lehrer vorgezogen haben zu schweigen. Daraus geht natürlich die Notwendigkeit der Lehrerfortbildung hervor, was die IMAG auch erkannt hat, aber die Zahlen sind eben ernüchternd.

An einer Fachtagung „Geschichte für Thüringer Lehrkräfte“, die am 2. März durch das ThILLM gemeinsam mit der Universität Jena veranstaltet wurde, nahmen nach Aussagen des Berichts mehr als 60 Lehrkräfte, Lehramtsanwärter und Lehramtsstudenten teil. Eine weitere Veranstaltung „Das Phänomen der Migration als Regelfall in der Geschichte“ lief übrigens ebenfalls unter dieser Fortbildungsmaßnahme. Man fragt sich als interessierter Laie ernsthaft: Was hat dieses Thema mit der Aufarbeitung der DDR-Geschichte zu tun? Ich habe den Eindruck, da wird Zweckentfremdung von Mitteln und die Möglichkeit der Indoktrination und Einflussnahme vorgenommen.

(Beifall AfD)

Es gilt festzuhalten, dass die hier aufgeführten Zahlen zu diesem Thema mit großer Wahrscheinlichkeit belegen, dass die Vermittlung der DDR-Geschichte und Unrechtsgeschichte nicht den Stellenwert im Unterricht in den Thüringer Schulen einnimmt, der ihm natürlicherweise zukäme.

Gehen wir zu Punkt II – „Recht, Soziales/Gesundheit“. In den dort formulierten Schwerpunkten wird unter anderem die Mitwirkung des Thüringer Ministeriums für Bildung, Jugend und Sport in der Arbeitsgruppe „Adoption/Zwangsadoption“ angestrebt und man wolle eine Vorstudie betreiben. Das kommt mir bekannt vor. Das klingt so ein bisschen nach Verschieberitis, nach rundem Tisch und Wirreden-mal-drüber, bis ein Großteil der Betroffenen irgendwann aus Frustration für immer schweigt oder einfach auch der biologischen Lösung anheimgefallen ist. Man könnte Ergebnisse auf diesem

Feld mit viel weniger Aufwand erhalten, wenn man zum Beispiel die jahrelange Arbeit der Union der Opferverbände kommunistischer Gewaltherrschaft (UOKG) heranziehen würde, gerade auf dem Gebiet der Zwangsadoptionen. In der dortigen Forschungsstelle sind seit 2007 Hunderte Fälle bekannt, man versucht den Kontakt zwischen Eltern und ihren zwangsadoptierten Kindern herzustellen. Die UOKG-Arbeitsgruppe konnte 649 Kinderschicksale aufklären, von denen 327 ganz eindeutig dem Bereich Zwangsadoption zuzurechnen sind. Durch die Einbindung der Fachkompetenz der UOKG kann man dem Anliegen der Aufarbeitung dieses unseligen Kapitels der DDR-Geschichte abhelfen. Wir werden uns dafür einsetzen, dass das auch geschieht.

(Beifall AfD)

Sehr wichtig sind die erwähnten weiteren Fortbildungsmaßnahmen für die Mitarbeiter der Kommunal- und Landesverwaltung zum Rehabilitierungsund Versorgungsrecht. Für die Opfer des DDR-Regimes ist es unbedingt wichtig, dass die Antragsfristen nach dem SED-Unrechtsbereinigungsgesetz und des Stasi-Unterlagengesetzes wegfallen. Hier hat Rot-Rot-Grün es nach zwei Jahren fertiggebracht, dass sich die Entfristung der Antragstellung der Opfer wenigstens auf dem Weg des Gesetzgebungsverfahrens befindet. Das hängt jetzt aber gerade in Berlin fest. Und warum? Wir wissen es alle: Wir hatten ein halbes Jahr lang keine Bundesregierung. Das muss nicht immer schlecht sein, aber in dem Fall war es offensichtlich hinderlich.

Warum ist die Entfristung für die Opfer von fundamentaler Bedeutung? Menschen, die sich in politischer Haft befanden – und politische Haft geht, glaube ich, weltweit mit Folter und unmenschlicher Behandlung einher –, diese Opfer, die sich in politischer Haft befanden oder Zersetzungsmaßnahmen der Stasi ausgesetzt waren, sind emotional häufig sehr instabil. Diese Menschen werden allein durch die bloße Konfrontation mit ihrem Schicksal auf Antrags- und Fragebögen retraumatisiert. Dieser Retraumatisierung versuchen sie sich oft instinktiv durch Nichtbefassung mit ihrem eigenen Leid und Schicksal zu entziehen. Irgendwann kommt dann vielleicht einmal der Punkt, wo der Leidensdruck so groß geworden ist, die körperlichen und seelischen Beschwerden so groß geworden sind, dass ein normales und soziales Leben nicht mehr möglich ist. An dieser Stelle müsste dann die Befassung mit dem eigenen Opferschicksal stehen, um in den Genuss von Hilfe, von Wiedergutmachung, von Entschädigungszahlungen zu kommen. Und dieser Zeitpunkt muss allein von dem damaligen Opfer festgelegt werden.

In diese Richtung möchte ich weiter fragen, was die Landesregierung unter „beweiserleichternden Regelungen bei der Anerkennung verfolgungsbeding

ter Gesundheitsschäden“ versteht. Löst man das Problem durch die Einbestellung von Spezialgutachtern? Und wie bitte soll die Regelung mittels bundeseinheitlicher Standards aussehen? Das hört sich für mich schon wieder wie Verkomplizierung an, wie Verschieberitis. Man kann damit Hürden auftürmen, die das einzelne Opfer im Zweifelsfall gar nicht mehr nehmen möchte, aus den genannten Gründen oder weil es einfach zu schwach geworden ist. Die Opferverbände fordern schon seit langer Zeit die sogenannte Beweislastumkehr. Das heißt, die Behörde ist verpflichtet nachzuweisen, dass eine Erkrankung nicht als Haftfolgeschaden anerkannt werden kann und man andere Ursachen finden könnte.

Wie wir wissen, haben die Haftbedingungen in der DDR – und zwar bei allen Häftlingen – durchaus zu psychischen und körperlichen Erkrankungen geführt. Ich habe mir vor vielen Jahren bereits einmal das ehemalige Gefängnis im Wasserschloss in Gräfentonna angeschaut. Wer dort noch nicht war, dem kann ich das von dieser Stelle aus hier heiß ans Herz legen. Er möge sich einmal in den Keller begeben und die dortigen Arrestzellen anschauen. Die Art und Weise der Arrestierung, der Inhaftierung, der Dunkelhaft knüpft in meinen Augen nahtlos an das unseelige Erbe der Behandlung von Gefangenen in den dunkelsten zwölf Jahren in der deutschen Geschichte an.

(Zwischenruf Abg. König-Preuss, DIE LINKE: Die setzt das gerade nicht gleich, oder?)

Bei dieser Beweislastumkehr heißt es oft, dass das Vorgehen nicht realistisch sei, weil sich dafür keine Mehrheiten finden lassen. Es geht nicht um Mehrheiten. Es geht, schlicht und einfach gesagt, um finanzielle und sozialpolitische Winkelzüge, damit den Opfern Leistungen vorenthalten werden können, um so den Haushalt zu entlasten. Es geht nicht um den Nachweis von Kausalität. Die heutige Traumafolgenforschung ist sich völlig einig, dass zwischen dem traumatischen Ereignis und dem Hervortreten der Erkrankung Jahre, oft Jahrzehnte liegen können. Und das betrifft viele Menschen, die in den Gefängnissen der DDR leiden mussten.

Warum treten wir hier dafür ein, an die Ermöglichung der Beweislastumkehr zu denken? Ich möchte es an einem konkreten Beispiel kurz darlegen. Ein ehemaliger politischer Häftling wurde 1979 vom Ministerium für Staatssicherheit wegen staatsfeindlicher Hetze, unerlaubter Verbindungsaufnahme sowie Beeinträchtigung der Tätigkeit der staatlichen Organe verhaftet. Er berichtete mir über seine Zeit in der MfSU-Haft: „Das erste, was man in der UHaft erlebt, war die sogenannte Körperdurchsuchung, bei der man an der nackten Person in alle Körperöffnungen“ – meine Damen und Herren, in alle – „eindrang, um nach verbotenen Gegenständen zu suchen.“ Das war durchaus üblich, das war

durchaus auch dem Menschenwohl nicht abträglich. Die SED hatte damit überhaupt gar keine Probleme. Wir diskutieren heute über solche Petitessen und Lappalien wie eine Röntgenuntersuchung. Da wird von der Linken behauptet: Das sei gegen die Menschenwürde gerichtet. Sie sollten sich bitte an der Stelle mit Ihrer eigenen Geschichte beschäftigen, was damals alles mit der Menschenwürde kompatibel war.

(Beifall AfD)

„Danach erfolgte das erste Verhör, das bei mir von Donnerstagabend bis Samstagfrüh andauerte. Man hat uns unseren Namen genommen, indem wir eine Nummer zugewiesen bekamen, die wir als konkrete Namensnennung verwenden mussten. Das Schlimmste jedoch war die Unterbringung zu zweit in einer Zelle. Ich musste vermuten, dass der Zellenkamerad eventuell ein Spitzel des MfS war. Gleichzeitig war mir klar, dass der Zellenkamerad genauso über mich dachte. Man war in einer Art Dauerstress, der in der Nacht noch verstärkt wurde, indem man eine vorgeschriebene Schlafstellung einzunehmen hatte, die nicht verändert werden durfte. Wenn man sich doch bewegte, wurde man durch lauten Zuruf und enormen Krach der Wärter wieder in die vorgeschriebene Schlafstellung gezwungen.“ – Sie sehen also an diesem Beispiel, dass Menschen erniedrigenden und unmenschlichen Handlungsweisen ausgesetzt waren. Es kam zu Folter, es kam zu körperlichen Übergriffen, es kam zu Psychoterror. Man hat seitens des Bewachungspersonals versucht, einzelne Häftlinge in den Selbstmord zu treiben. Wenn das alles nicht gefruchtet hat, wurde auch schon mal wie in dem hier vorliegenden Fall eine Scheinhinrichtung vorgenommen. Diese strafbewehrten Handlungen geschahen tausendfach in den Gefängnissen der DDR, die Opfer leiden noch heute darunter, und die Landesregierung debattiert hier juristische Spitzfindigkeiten. Der Hinweis, dass dann andere Gesetze – auch bundesweite – geändert werden müssten, ist zu hinterfragen. Gesetze sind grundsätzlich menschengemacht und sind dem politischen Willen der Parteien entsprungen und sind auch zu ändern.

(Beifall AfD)

Ein anderes Feld im Zusammenhang mit der Haft muss hier auch unbedingt angesprochen werden, und zwar die Anerkennung der Zwangsarbeit in den Gefängnissen der DDR sowie eine angemessene Entschädigung der Opfer für diese Zwangsarbeit. Weder der Bund noch das Land nehmen sich dieser Problematik an. Die Firma Ikea hat diese unmenschlichen Praktiken erforschen lassen, denn die haben auch davon profitiert – wie jeder weiß – und sie haben diese Forschung auch finanziert. Es wäre doch gut, wenn eines der zahlreichen Forschungsprojekte, die hier mit öffentlichem Geld gefördert werden, in die lückenlose Aufklärung dieser

Zwangsarbeitsregimes investiert würden. Noch besser wäre es, wenn auch den Opfern dieser Zwangsarbeit endlich eine angemessene Entschädigung dafür gewährt würde. Diese Opfer von Zwangsarbeit haben in der DDR auf jeden Fall von den Firmen, bei denen sie beschäftigt waren, ein DDR-übliches Gehalt bekommen oder eine Lohnzahlung. Diese Lohnzahlung wurde bis auf lächerliche 8 Mark pro Monat von der Gefängnisleitung einbehalten. 30 Mark wurden zurückgelegt, möglicherweise als Entlassungshilfe. Aber alles andere, weit über 500 Mark, wurde jeweils einbehalten. Das heißt, die politischen Häftlinge in der DDR haben ihre eigene Haft finanziert.

Nun kommt an der Stelle immer der Hinweis, dass Haftentschädigung gezahlt wurde und wird, aber das ist eben Haftentschädigung – und Zwangsarbeit in der Haft ist etwas anderes. Meine Damen und Herren, Sie wissen vielleicht heute alle, dass die Häftlinge heute in der Bundesrepublik arbeiten können; viele wollen, aber keiner muss. In der DDR war das anders. Und diese Zwangsarbeit wurde mit allen Mitteln durchgesetzt. Wer nicht arbeitete, kam in den Arrest, wo ihm dann Nahrungsentzug, Schlafentzug, ein fest zugewiesener Standpunkt für den ganzen Tag und weitere erniedrigende Behandlungen zuteil wurden.

Die Erwähnung der in der DDR geschiedenen Frauen in diesem Bericht der Landesregierung ist erstaunlich, aber in diesem Umfeld nach meiner Ansicht etwas deplatziert, weil das – nach meiner Auffassung – ins Rentenrecht gehört. Da ist es ja mittlerweile auch angekommen. Da wird es auch hoffentlich endlich angemessen behandelt.

Die Opfergruppe der Zwangsumgesiedelten aus dem ehemaligen Sperrgebiet wurde im Laufe der Nachwendezeit schon oft Gegenstand staatlicher Zuwendungen, teilweise zur Zufriedenheit der Betroffenen, aber zu großen Teilen auch auf gar keinen Fall zur Zufriedenheit. Soweit ich die Betroffenen gehört und verstanden habe, sind aus diesen staatlichen Maßnahmen, die eigentlich erlittenes Unrecht wiedergutmachen sollten, immer wieder neue Schwierigkeiten für den einen oder anderen entstanden, mit denen sie heute auch nicht glücklich sind.

Die AfD-Fraktion begrüßt und unterstützt alle Initiativen, Arbeiten und Institutionen, die sich ernsthaft mit der früheren und heutigen Situation ehemaliger politischer Opfer des DDR-Regimes auseinandersetzen. Natürlich werden wir auch die Aufarbeitung des DDR-Unrechts auf dem Gebiet des Leistungssports sehr kritisch betrachten und unseren Teil – soweit es uns möglich ist – zur Aufklärung beitragen. Ich finde es erstaunlich, dass Frau Prof. Geipel, die sich schon viele Jahre lang mit dieser Thematik beschäftigt, bisher in diesem Thüringer Land

tag nicht das Gehör gefunden hat, das ihr unserer Auffassung nach zusteht.

Die erwähnte Christenverfolgung in der DDR hat ganz real stattgefunden. Mir selbst sind damals, als ich noch auf das Gymnasium ging – also auf die Erweiterte Oberschule – Fälle bekanntgeworden, wo Mitschüler kein Abitur machen durften, wo Schüler, die sich nach Erreichen des 18. Lebensjahrs nachträglich haben konfirmieren lassen, von ihren Eltern dazu gezwungen werden sollten, unverzüglich aus der Kirche auszutreten, andernfalls hätte das schwere dienstrechtliche Konsequenzen für die entsprechenden Eltern gehabt. Es handelte sich hier um eine alleinstehende Mutter, Lehrerin im Schuldienst des damaligen Bezirks Suhl. Natürlich hat sie ihre 18-jährige Tochter nicht zum Kirchenaustritt bewegen können, aber das hatte dienstrechtliche Konsequenzen für die betroffene Lehrerin, insofern als sie nicht mehr befördert wurde, keine Prämien mehr bekam, keine Auszeichnungen – das Ganze fand im Jahr 1983 statt.

Wir werden im Laufe der nächsten Zeit in den Dialog mit den Opfern treten, wir werden auf jeden Fall darauf dringen, dass die Opfer in all diesen Fragen das erste und letzte Wort haben und dass die Mehrzahl dieser ganzen angekündigten wunderbaren Maßnahmen vor allem den Opfern zugutekommt, denn sie haben die Rechte und Bedürfnisse. Das sind wir den Opfern des SED-Regimes, den Opfern von Stalinismus und Kommunismus schuldig. Ich danke Ihnen.

(Beifall AfD)

Für die Fraktion Die Linke hat Abgeordnete Mitteldorf das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, liebe Zuhörerinnen am Livestream – auf der Besuchertribüne ist leider niemand mehr da –, wir befassen uns heute erstmalig – und darauf ist schon eingegangen worden – mit einem Bericht der Landesregierung zu ihren Aktivitäten auf dem Gebiet der SED-Aufarbeitung. Uns war es als Koalitionsfraktion ein Anliegen, nachdem wir – und auch das haben wir bereits festgestellt – den nunmehr dritten Bericht vorliegen haben, dass wir diesen auch nutzen, um im Plenum darüber zu diskutieren. Allerdings – und das muss ich auch sagen – vermisse ich bis jetzt die Debatte darüber. Das finde ich sehr schade.

Ich nehme wirklich positiv zur Kenntnis und kann das auch wirklich für mich positiv einordnen, dass der Kollege Wirkner offensichtlich wirklich schwer beeindruckt vom Bericht der Landesregierung ist, da er ihn fast komplett vorgelesen hat und ich leider

(Abg. Herold)

ein bisschen vermisst habe, seine Stellungnahme oder Auffassung dazu zu hören. Das finde ich sehr schade, zumal es mich wirklich interessiert hätte, zu diesen Sachverhalten in den Austausch zu kommen.

Es ist aus verschiedenen Richtungen beschrieben worden, was im Bericht steht. Ich begrüße übrigens an dieser Stelle auch den Landesbeauftragten Herrn Dietrich, der der Debatte hier im Raum auch folgt. Nach Lesen des Berichts gibt es drei Punkte, die sich daraus für mich ableiten. Das eine ist, dass ich wirklich sagen muss, dass die Arbeit der IMAG ganz offensichtlich in den letzten drei Jahren, aber ganz besonders im letzten Jahr einiges erreicht hat. Und das auch im Zusammenhang mit Parlamentsbeschlüssen, die wir hier zum Teil als Koalitionsfraktionen aber auch – und das ist mir oftmals gerade bei diesem Thema sogar noch viel wichtiger – mit der CDU zusammen gefasst haben, die die Landesregierung beauftragt oder sie unterstützt haben bei Vorhaben auf Bundesebene und Bundesratsinitiativen. Der Bericht zeigt also, dass es möglich ist, Dinge zu bewegen, dass es möglich ist, Mehrheiten zu finden.