Protocol of the Session on March 21, 2018

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Als Nächster hat Abgeordneter Harzer für die Fraktion Die Linke das Wort.

Die Kollegen von der AfD zeichnen sich wieder durch große Unkenntnis aus. Das kommt davon, Herr Kießling, wenn man in den Ausschuss einfach erst zum Ende des Tagesordnungspunkts kommt und die ganze Diskussion und Argumentation nicht mitverfolgt. Dann kommt man zu falschen Aussagen. Ich will nur mal die Stadtwerke Arnstadt zitieren – Frau Mühlbauer hat schon darauf hingewiesen –: „Unabhängig davon begrüßen wir – ebenso wie unsere Tochtergesellschaft Stadtwerke Arnstadt Netz GmbH & Co. KG – die Schaffung einer thüringeneigenen Thüringer Regulierungskammer. Den größten Vorteil einer eigenen Regulierungsbehörde sehen wir darin, dass im Freistaat eigene Fachkompetenz in Regulierungsfragen erhalten und ausgebaut werden kann und dass die betroffe

nen Netzbetreiber Diskussionen mit Ansprechpartnern vor Ort führen können, denen die Sach- und Problemlage des Netzbetriebes im Freistaat besser bekannt sein dürften als dem Personal einer zentralen Bundesbehörde.“ Herr Kießling, wenn Sie sich mal vor Ort erkundigt hätten, wüssten Sie das und würden hier nicht so einen – erzählen. Ich darf das Wort ja leider nicht sagen. Vielleicht kurz dazu.

Ansonsten, Herr Möller, ist es nicht immer von Vorteil, wenn man nur juristische und nicht ingenieurtechnische Kenntnisse hat. Frau Mühlbauer hat schon darauf verwiesen. Aber wenn man schon Jurist ist, dann sollte man zumindest wissen, was denn die Aufgabe einer Regulierungsbehörde ist. Da kann ich Ihnen auch mal was aus der Bundesregulierungsbehörde vorlesen – ich zitiere hier die Bundesnetzagentur –: „Das Stromversorgungssystem in Deutschland befindet sich mitten im größten Umbau seiner Geschichte. Die Bundesnetzagentur unterstützt mit ihren Entscheidungen konsequent die Umsetzung der Energiewende und wacht darüber, dass die hohe Qualität der Stromversorgung in Deutschland gesichert bleibt. Als Wettbewerbsbehörde regelt sie die Öffnung der Netze für neue Anbieter und sichert den Wettbewerb.“ Und bitte schön: Jede Photovoltaikanlage, die ans Netz angeschlossen wird, ist ein neuer Anbieter. Über diese Regulierungsbehörde werden natürlich die Rahmenbedingungen geschaffen, dass diese Anbieter am Netz teilnehmen können. Am Anfang war nämlich das Problem, dass die Netzbetreiber die erneuerbaren Energien nicht in ihre Netze gelassen haben, dass es dort zu Klagen kam, dass es da zu gesetzlichen Initiativen kam, dass das überhaupt erlaubt worden ist. Dafür gibt es jetzt diese Regulierungsbehörde,

(Beifall DIE LINKE)

dass das auch in Zukunft so ist. Da sollten Sie sich mal kundig machen. Vor allem sollten Sie dann auch das, was Sie lesen, verstehen und nicht nur interpretieren, so wie Sie es denken – wenn Sie denken. Danke.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Möller, Sie haben noch mal die Gelegenheit für die AfD-Fraktion.

Nur ganz kurz zu unserem Evergreen, warum die Stadtwerke doch wegen der Energiewende pleitegegangen sind: Das können Sie eigentlich in Sekundenschnelle mit Ihren Smartphones nachgoogeln. Sie brauchen einfach nur mal eingeben „Sonderabschreibung Stadtwerke Gera“. Da finden Sie zum Beispiel einen Zeitungsartikel oder einen Bei

(Abg. Mühlbauer)

trag im Onlineportal der Zeitschrift „Der Westen“. Ich darf mit der Genehmigung des Präsidenten zitieren: „Hintergrund [der Pleite] ist eine Sonderabschreibung auf das Gaskraftwerk, das wegen der geringeren Marge infolge des hohen Gaspreises und des Vorrangs der Erneuerbaren Energien an Wert verloren hat.

(Beifall AfD)

Aus den korrigierten Bilanzwerten ergab sich eine Forderung von 18 Millionen Euro an die Stadtwerke.“

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wie erklären Sie, dass keine wei- teren Stadtwerke insolvent sind?)

Wenn Sie in dem Zusammenhang weiterlesen, dann werden Sie nachlesen, dass aufgrund des Einspeisevorrangs die Benutzungsdauer dieses Kraftwerks von ehemals 5.500 Stunden im Jahr auf die Hälfte geschrumpft ist

(Zwischenruf Abg. Harzer, DIE LINKE: Hier geht es um mehr!)

wegen des Einspeisevorrangs, ein zentrales Element Ihrer Energiewendepolitik.

(Beifall AfD)

Ihre Energiewendepolitik hat dafür gesorgt, dass das Kraftwerk kaum noch läuft, und sie hat dafür gesorgt, dass auf der anderen Seite der Strompreis zu sehr gesunken ist,

(Zwischenruf Abg. Harzer, DIE LINKE: Herr Möller, Sie haben das System nicht verstan- den!)

um in der kurzen Zeit, wo es noch laufen darf, überhaupt die Kosten zu erwirtschaften. Deswegen, meine Damen und Herren – da hilft Ihr ganzes Gebrüll und Reingerede nichts –,

(Beifall AfD)

ist Ihre Energiewendepolitik schuld an der Pleite der Stadtwerke Gera.

(Zwischenruf Abg. Harzer, DIE LINKE: Sie haben keine Ahnung!)

Das lässt sich für jeden – auch für jeden Dritten, der oben auf der Tribüne sitzt – sofort nachlesen. Danke.

(Beifall AfD)

Vielen Dank, Herr Möller. Jetzt sehe ich keine weiteren Wortmeldungen aus den Reihen der Abgeordneten und gebe Frau Ministerin Siegesmund das Wort für die Landesregierung.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, ja, ein guter Tag für Stromund Gasnetzbetreiber in Thüringen, übrigens ebenso wie für Verbraucherinnen und Verbraucher,

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

eben weil die Energiewirtschaft auch bei uns in Thüringen vor einem tief greifenden Strukturwandel steht. Wir haben uns dazu bekannt, dass wir die Strukturen in Thüringen dezentral ausbauen wollen. Wer dezentral ausbauen will, also auch von der Energiewende profitieren will, der muss auch dezentrale Lösungen anbieten, gerade übrigens auch in komplexen Fragen der Regulierung. Weil unsere Verteilnetzbetreiber – die 56 angesprochenen, die unter 100.000 Anschlüsse bereitstellen – darauf angewiesen sind, Know-how vor Ort zu haben, weil sie darauf angewiesen sind, wenn sie sicher und zuverlässig das Netz regulieren wollen, dass sie hier auch einen Ansprechpartner haben, deswegen ist das ein ausdrücklich guter Tag für jene, aber eben auch für Verbraucherinnen und Verbraucher.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir sprechen darüber, dass die Netzregulierung immer komplexer wird, gerade eben für die Verteilnetzbetreiber. Unsere Stadtwerke haben in ihren vorhandenen Strukturen immer mehr und immer komplexere Aufgaben zu lösen. Der Unterschied, Herr Möller, ist, dass die regierungstragenden Fraktionen und die CDU erkannt haben, wie man kommunale Unternehmen stärken kann,

(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Hat Gera ge- merkt!)

indem man sie nämlich unterstützt. Sie, der hier nur den Thüringer Landtag als Wahlkampfarena nutzt – übrigens zulasten einer Stadt in Ostthüringen, die das gar nicht verdient hat,

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

dass Sie sie für sich im Nachgang mit Märchen verwenden – haben eben nicht erkannt, worum es geht. Wenn Sie sich zum Lakaien von Putin machen wollen, dann tun Sie das. Es gibt andere Fraktionen und Parteien, die sehr genau wissen, worum es geht und dass wir energiepolitisch die Weichen anders stellen müssen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, seit nunmehr fast 13 Jahren werden die Aufgaben der Landesregulierungsbehörde in Thüringen – theoretisch jedenfalls – von der Bundesnetzagentur im Wege der Organleihe ausgeübt. Natürlich hat sich das Kabinett auch mit der Frage beschäftigt, was denn an

(Abg. Möller)

gesichts der beispielsweise vom Abgeordneten Harzer, Herrn Kobelt oder Herrn Gruhner und auch Frau Mühlbauer angesprochenen neuen Aufgaben der richtige Weg ist. Und ja, der richtige Weg ist, dass wir im Kabinett gesagt haben, wir können uns vorstellen, diese Aufgabe zurück auf Landesebene zu ziehen. Ich bin Ihnen allen sehr dankbar, auch den Fraktionsvorsitzenden, dass Sie den Weg eröffnet haben, dass das Kabinett und unser Haus nun zum 30.06. den Vertrag mit der Bundesnetzagentur kündigen und zum 01.01.2019 eine eigene Landesregulierungsbehörde auf den Weg bringen kann. Ich will mich ausdrücklich bedanken, weil das auch eine gute, fachlich fundierte Debatte im Ausschuss war, die durchaus dazu beiträgt, dass wir vor Ort nicht nur Vertrauen gewinnen können, sondern auch Handlungsfähigkeit an der richtigen Stelle herstellen. Vielen Dank dafür.

Es ist ein großer Mehrwert – nicht nur für den Verband der kommunalen Unternehmen und auch all jene, die darin versammelt sind – unter anderem deswegen, weil wir alle wesentlichen Rechts- und Verfahrensfragen zwar bundesweit einheitlich geregelt sehen, es dann aber vor Ort trotzdem immer noch nicht nur Handlungsspielräume gibt, sondern auch detaillierte Einzelfragen, die wir hier vor Ort klären können. Ich denke, dass wir mit dem Zugehen auf die Energieversorgungsunternehmen, in ihrem Willen, dass wir ihre Anliegen sehr ernst nehmen, ihnen die Wege nach Bonn ersparen, zeigen, wie wichtig es uns ist, gemeinsam am Ausbau des Energie- und Verteilnetzes in Thüringen weiterzuarbeiten. Wir legen uns das nötige Quäntchen Knowhow zusätzlich zu, um die Thüringer Interessen in Gesetzgebungs-, Regulierungs- und Verfahrensfragen künftig auch autark einspeisen zu können. Deswegen verwende ich mich seit vielen Monaten dafür, dass wir heute hier zu diesem Tag kommen, und bin sehr froh, dass es nun gelingt, die Kündigung des Organleiheabkommens mit der Bundesnetzagentur auf den Weg zu bringen und die Landesregulierungsbehörde in Thüringen durch Gesetz zu errichten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich glaube, dass das der richtige Weg ist, weil wir die Entscheidung im Kammerprinzip, so wie der Gesetzentwurf sie vorsieht, dadurch untersetzen können, dass eine Arbeitsweise entsteht, die nicht nur neutral, sondern höchst effizient ist. In diesem Gremium werden einem gerichtsähnlichen Verfahren die Punkte geklärt, die bislang im Verfahren der Organleihe bei der BNetzA liegen. So können wir auch den Tätigkeiten der Regulierungsbehörden – die wir uns übrigens in anderen Bundesländern sehr genau angeschaut haben, um zu prüfen, was für uns das beste Verfahren ist – auch am besten Rechnung tragen. Natürlich sind die Aufgaben, so wie die EU das gefordert hat – und nicht wie das vorhin im Raum stand und unrichtig behauptet wur

de –, selbstverständlich nicht nur gerichtsfest, sondern auch neutral zu entscheiden. Dafür legt der Gesetzentwurf die Grundlage. Die EU fordert nicht nur die Neutralität, sondern sie fordert auch – und das ist für uns natürlich wichtig – eine ausreichende finanzielle, sächliche und personelle Ressourcenausstattung. Da will ich auch ganz offen sagen: Eine angemessene Personalausstattung heißt eben auch, dass mindestens ein Vorsitz und drei Beisitzer das absolute Minimum sind, weil eines uns allen klar sein muss: Diese Landesregulierungsbehörde muss vom ersten Tag an handlungsfähig sein. Das wird unsere Aufgabe, wenn der Thüringer Landtag dem Gesetzentwurf so zustimmt. Dafür wollen wir uns verwenden, diese Personalausstattung muss stehen. Das heißt, meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn Sie jetzt dem Gesetzentwurf zustimmen, können wir zum 30.06. den Vertrag mit der Bundesnetzagentur kündigen, dann zum 01.01.2019 die Landesregulierung mit einem entsprechenden Übergabeverfahren durch die BNetzA anberaumen. Damit stärken wir das Knowhow vor Ort, wir handeln energiewirtschaftlich vernünftig und wir sind vor allen Dingen bürgerfreundlich unterwegs. Deswegen bitte ich Sie, dem Gesetzentwurf zuzustimmen. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. Ich habe jetzt keine weiteren Wortmeldungen. Damit schließe ich die Aussprache und wir kommen zur Abstimmung, zunächst über die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Umwelt, Energie und Naturschutz in der Drucksache 6/5440. Wer dafür ist, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Stimmen der Koalitionsfraktionen, der CDU-Fraktion. Gegenstimmen? Enthaltungen? Aus der AfD-Fraktion. Damit mit Mehrheit angenommen.

Nun stimmen wir ab über den Gesetzentwurf der Fraktionen Die Linke, SPD und Bündnis 90/Die Grünen in Drucksache 6/4816 in zweiter Beratung unter Berücksichtigung des Ergebnisses der Abstimmung zur Beschlussempfehlung. Wer dafür ist, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Stimmen der Koalitionsfraktionen und der CDUFraktion. Danke schön. Gegenstimmen? Enthaltungen? Aus der AfD-Fraktion. Damit mit Mehrheit angenommen.

Wir stimmen nun über den Gesetzentwurf in der Schlussabstimmung ab. Wer dafür ist, den bitte ich, sich von den Plätzen zu erheben. Das sind die Stimmen der Koalitionsfraktionen und der CDUFraktion. Danke schön. Gegenstimmen? Enthaltungen? Bei Enthaltungen aus der AfD-Fraktion mit Mehrheit angenommen. Vielen Dank. Damit schließe ich diesen Tagesordnungspunkt.

(Ministerin Siegesmund)

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 6

Thüringer Gesetz über die Regelung der Rechtsverhältnisse der Richter und Staatsanwälte im Landesdienst sowie zur Anpassung besoldungs- und versorgungsrechtlicher Vorschriften Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 6/5376 ERSTE BERATUNG

Ich frage die Landesregierung, ob Sie das Wort zur Begründung wünscht? Herr Minister Lauinger, wünschen Sie das Wort zur Begründung?