Protocol of the Session on February 23, 2018

Lassen Sie mich aber noch mal einiges zu den drei unterschiedlichen Prüfaufträgen sagen, die Sie im Antragstext benannt haben.

Also die gewünschte Expertenkommission – dass wir die schon haben, darauf komme ich dann ganz zum Schluss noch mal – soll die Möglichkeit einer dualen Berufsausbildung im Erzieherbereich prüfen, womit Sie sicher eine praxisintegrierte Ausbildung meinen, die, wie Sie auch in Ihrer Begründung beschrieben haben, bereits in einigen Bundesländern besteht. Dass wir uns die Erfahrungen aus anderen Bundesländern, was dieses Ausbildungsmodell angeht, anschauen müssen, ist selbstverständlich und natürlich auch durchaus lohnenswert. Man sollte allerdings nicht den Fehler machen, die positiven Signale, die Sie schon aus Baden-Württemberg dazu beschrieben haben und auf die Sie auch in Ihrer Antragsbegründung hinweisen, zu verallgemeinern und zu glauben, dass dann die praxisintegrierte Ausbildung so eine Art Allheilmittel für den Erzieherbereich sei und dass wir das überall und sofort und problemlos einführen können. Das ist es nicht, sondern darüber müsste man natürlich schon im Detail diskutieren.

Sie haben einige Beispiele genannt, aber ich nenne jetzt das Beispiel Mecklenburg-Vorpommern. Da ist im vergangenen Jahr der Start, was dieses Ausbildungsmodell angeht, ich würde mal sagen, mehr als holprig verlaufen. Die gleichen Träger, die damals die Landesregierung in Mecklenburg-Vorpommern gebeten und bedrängt hatten, die praxisintegrierte Ausbildung einzuführen, weil sie sich natürlich mehr Nachwuchs für den Erzieherberuf erhofft hatten und damit auch einen künftigen Bewerbermangel abwenden wollten, genau die konnten anschließend so gut wie keine Nachfrage oder größere Nachfrage nach dem neuen Ausbildungsangebot generieren. Und ob sich die Zahlen im aktuellen Ausbildungsjahr verbessern werden, verbessern lassen, ich denke, das kann man im Moment auch nicht ganz genau sagen. Auf jeden Fall, finde ich, lässt sich an den ganz unterschiedlichen Erfahrungen, die beispielsweise Baden-Württemberg und auf der anderen Seite Mecklenburg-Vorpommern gemacht haben, ablesen, dass man sich mit dem Thema sehr intensiv befassen sollte und auch differenziert mit der Thematik befassen sollte, ob und unter welchen Umständen eine praxisintegrierte Ausbildung in Thüringen Sinn macht und wie sie denn Sinn macht. Ich glaube, für diese Detaildis

kussion müssen wir uns auch die entsprechende Zeit nehmen.

Der zweite Prüfauftrag, was von der geplanten Expertenkommission von Ihrer Seite eingefordert werden sollte, ist, die Dauer der Erzieherausbildung in Thüringen insgesamt zu verkürzen. Auch das ist für mich ein Punkt, den ich eigentlich nicht ganz so pauschal mittragen wollte, weil mir nicht so ganz klar ist – und auch dazu haben Sie eigentlich nichts gesagt –, welche Ausbildungsinhalte und Ausbildungsstationen aus Ihrer Sicht möglicherweise verzichtbar sind. Was könnte tatsächlich weggestrichen werden, ohne die Qualität der Erzieherausbildung infrage zu stellen bzw. zu verschlechtern?

(Zwischenruf Abg. Tischner, CDU: Eine gan- ze Menge, glaube ich!)

Ja, ich finde einfach, das Wort „kürzer“ ist dann vielleicht nicht so ganz die richtige Begründung. Also nicht allein die Verkürzung der Ausbildungszeit ist ein Alleinstellungsmerkmal, um den Erzieherberuf attraktiver zu machen. Es kann ein Punkt sein, selbstverständlich, und natürlich im Wesentlichen, da sind wir uns auch einig, was die Frage der Entlohnung während der Ausbildung angeht, dass wir uns damit natürlich ganz im Detail beschäftigen müssen.

Ich will noch sagen, mit der praxisintegrierten Ausbildung, die Sie umgesetzt sehen wollen, war eigentlich auch gar keine Verkürzung der Ausbildungsdauer verbunden, sondern zunächst erst mal die andere Ausbildungsstruktur im Wesentlichen. Anders als bei vollzeitschulischen Ausbildungsformen gibt es vom Ausbildungsbeginn an eine enge Verknüpfung der theoretischen und praktischen Ausbildungsinhalte. Zudem ist der Praxisanteil mit rund 2.000 Stunden deutlich umfangreicher als bei den bislang klassischen Ausbildungsmodellen. Diese Praxisorientierung halte ich auch für gut. Die Gesamtdauer der praxisintegrierten Ausbildung unterscheidet sich aber nicht von der vollzeitschulischen Ausbildung. Sie beträgt in beiden Fällen drei Jahre unabhängig von der Vorausbildung, die hatten Sie nicht mit eingerechnet. Wie Sie das jetzt bei BadenWürttemberg berechnet haben, weiß ich nicht. Auf diese Punkte, denke ich, müsste man noch intensiv eingehen.

Aber dann geht es auch noch um den letzten Punkt, den Sie in Ihrem Prüfauftrag festgelegt haben – ich zitiere –: „die derzeitige Breitbandausbildung von Erzieherinnen und Erziehern zugunsten von mehr Spezialisierung auf die einzelnen Tätigkeitsbereiche umzustellen“. Auch da stelle ich überhaupt nicht infrage, dass das ein Punkt ist, den wir auf jeden Fall beraten müssen. In Fachbereichen, das wissen Sie selbst, ob das jetzt die LIGA oder andere waren, war dies immer schon ein Thema, dass wir uns damit beschäftigen, inwieweit es eine Spezialisierung mit einzubeziehen gilt.

Aber was ich noch erwähnen will, ist, dass Sie zunächst den Eindruck erwecken, als könne Thüringen – und auch darauf ist Frau Rothe-Beinlich schon eingegangen – im Alleingang die Erzieherausbildung umstrukturieren. Das können wir natürlich nicht. Die Rahmensetzung der Erzieherausbildung erfolgt nicht durch uns im Alleingang, sondern auch über die Kultusministerkonferenz. Das hat natürlich auch was mit der Vergleichbarkeit und der Anerkennung der Ausbildungsabschlüsse zu tun. Wir legen natürlich Wert darauf, dass die Abschlüsse, die hier erworben werden, auch anerkannt werden, und das nicht nur in Thüringen, sondern auch darüber hinaus.

Der letzte Punkt, und damit erklärt sich dann auch, warum wir Ihrem Antrag nicht zustimmen werden, ist – und das ist bei Herrn Rudy nicht so ganz rübergekommen; er hat es begründet, warum es eine Expertenkommission gar nicht braucht –, die braucht es deshalb nicht, weil wir die Expertenkommission schon haben. Das ist auch schon untersetzt worden: Es gibt bereits auf Landesebene ein Gremium, und das ist im letzten Jahr gebildet worden, was sich den Möglichkeiten einer Reform der Erzieherausbildung in Thüringen widmet. Es ist schon von vielen gesagt worden: Der Landesjugendhilfeausschuss hat dieses bereits im letzten Jahr beschlossen und neben Bildungs- und Hochschulministerium sind die LIGA, die kommunalen Spitzenverbände, die Bundesagentur für Arbeit und, und, und mit dabei. Diese Arbeitsgruppe wird natürlich auch die Aspekte und Erfolge oder weniger Erfolge anderer Bundesländer in die Überlegungen mit einbeziehen und sie will 2018 konkrete Lösungsvorschläge vorstellen.

Deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, sind wir der Meinung – nicht nur wir als SPDFraktion, sondern auch innerhalb der Koalitionsfraktionen und damit die Koalition insgesamt –: Sobald dieses Papier vorliegt, sind wir gerne bereit, auch mit Ihnen gemeinsam – möglicherweise als gemeinsamer Selbstbefassungsantrag im Bildungsausschuss – über das dann vorliegende Papier zu diskutieren, und das dann sowohl im Fachausschuss als auch im Plenum. Aber bislang, glaube ich, sollten wir die Kommission erst mal arbeiten lassen. Das war auch Ihr Wunsch. Wenn Sie jetzt erkennen, dass es diese Kommission schon gibt, dann könnte man deren Bericht abwarten. Danach diskutieren wir gern mit Ihnen weiter. Deswegen lehnen wir den Antrag heute ab. Herzlichen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der nächste Redner ist Kollege Wolf von der Fraktion Die Linke.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Kollege Tischner, Sie verwundern mich schon manchmal. Da legen Sie einen Antrag vor, der inhaltlich eigentlich von allen Fraktionen, die hier sprechen und das Hohe Haus vertreten, durchaus als diskussionswürdig angesehen wird, und dann sagen Sie, wenn der Minister Ihnen erklärt, dass es seit Dezember letzten Jahres dazu eine Arbeitsgruppe des Landesjugendhilfeausschusses gibt: Gut, dass die Landesregierung auf unsere Initiative hin jetzt – man merke, zwei Monate später – endlich reagiert hat. Ich nenne das eine nicht mehr nachvollziehbare Hybris bei Ihnen, aber das ist wahrscheinlich auch Ihr Anspruch an sich selbst, dass Sie natürlich immer vorn dranstehen müssen. Große Sprünge machen, aber dabei die eigenen Turnschuhe verknoten – da kommt man nicht weit, Herr Tischner.

(Zwischenruf Abg. Tischner, CDU: Hochmut kommt vor dem Fall!)

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, trotz alledem – ich habe es eben schon gesagt – sprechen Sie ein wichtiges Thema an. Anders als die CDUFraktion sieht es meine Fraktion aber nicht schwerpunktmäßig aus der Perspektive der demografischen Herausforderung, sondern hinsichtlich der Qualität in der frühkindlichen Bildung sowie in den Einrichtungen der Hilfen zur Erziehung, insbesondere wenn man sich die neuen Herausforderungen und Entwicklungen ansieht. Beispielhaft sei hier der Umgang mit sprachlicher und kultureller Heterogenität und im Bereich Inklusion benannt. Es ist vorhin schon ausgeführt worden, dass allein durch das neue KitaG, insbesondere in § 16 Abs. 1 – Fachkräfteprinzip – in Verbindung mit den über 500 zusätzlichen Stellen natürlich weiterer Bedarf entsteht. Ich sage das hier auch mal: Das ist auch gut, dass wir in Thüringen mit dem § 16 Abs. 1 – Fachkräfteprinzip – hier eine sichere Grundlage für qualitativ hochwertige Arbeit in den frühkindlichen Bildungseinrichtungen, den Kindertagesstätten und den Horten haben. Andere Bundesländer haben dies nicht; Bayern zum Beispiel mit einer Fachkräftequote von 50 Prozent. Das zeichnet uns aus, auch hinsichtlich dessen – und darauf kann man immer wieder mit Stolz verweisen –, dass wir das Wiegenland der Kindergärten in Deutschland und weltweit sind.

Meine Fraktion sagt ganz eindeutig: Auf den Anfang kommt es an. Deshalb ist es uns wichtig, dass wir auch eine weitere Akademisierung des Berufsbilds der Erzieherin und des Erziehers vornehmen. Wir schlagen mit der Neufassung des § 17 Abs. 2 KitaG neue Wege ein,

(Zwischenruf Abg. Tischner, CDU: So ein Quatsch!)

(Abg. Pelke)

auch das ist schon benannt worden. Bei Kindertagesstätten mit mehr als 69 Kindern soll das zukünftig bei Neubesetzung gelten. Sie haben schon auf die Übergangsregelung hingewiesen, Kollege Tischner. Das werden wir uns dann auch aufgrund der entsprechenden Verordnung noch mal genau ansehen. Ich bin sehr zuversichtlich, dass das gelingen wird, dass uns dort auch die Träger weiter begleiten und uns da auf die Notwendigkeit, auf die sie uns auch schon vorher hingewiesen haben, dass das gut ist, auch immer wieder hinweisen.

(Zwischenruf Abg. Tischner, CDU: Pirouet- ten!)

Unsere Kinder und Jugendlichen werden von bestens aus- und fortgebildeten Fachkräften betreut und gebildet. Allen daran Beteiligten, insbesondere den Erzieherinnen und Erziehern und den Lehrkräften an den Ausbildungsschulen, den Fachberatern und den Trägern, die diese Aufgabe übernehmen, dafür im Namen meiner Fraktion mein herzlicher Dank.

Wenn man dem Antrag der CDU-Fraktion folgen würde, würde das Hohe Haus heute allerdings Defizite oder gar Versäumnisse in der Erzieherinnenausbildung feststellen. Eine Änderung der Ausbildung müsste begründet und mindestens von einer wahrnehmbaren Mehrheit der Fachöffentlichkeit an uns herangetragen worden sein. Dieses Signal aber ist aus gutem Grund – darauf werde ich noch eingehen bzw. ist das heute auch schon benannt worden, auch vielen Dank, Herr Minister, von unserer Seite für den Sofortbericht – bisher an uns noch nicht herangetragen worden.

(Zwischenruf Abg. Tischner, CDU: Sollten Sie sich mal Gedanken machen!)

Auch meine Fraktion – und da sind wir uns durchaus nahe, Kollege Tischner, hören Sie einfach mal zu – sieht natürlich Reformbedarf. Ansatzpunkte wären hier unter anderem die Länge der Erzieherinnenausbildung, insbesondere hinsichtlich der Möglichkeit der Anerkennung von Vorqualifikation und Vorerfahrung, die Frage der Ausbildungsvergütung, welche für die Berufswahl von jungen Menschen insbesondere mit eigenem Hausstand eine durchaus entscheidende sein kann und ist, und die Notwendigkeit der Breitbandausbildung vom Kleinstkind bis zum jungen Erwachsenen. All dies ist, denke ich, heute schon ausreichend gewürdigt worden.

Wie Sie sehen, Ihr Antrag und das, was ich gerade vorgetragen habe, liegen nicht so weit auseinander. Im Bereich der Breitbandausbildung ist zu begrüßen, dass zum Beispiel die Duale Hochschule Gera-Eisenach ein duales Studium Soziale Arbeit anbietet, das sich speziell an diejenigen richtet, die ihre Zukunft nicht in den Kitas und Horten sehen, sondern in der Familien- und Jugendhilfe. Die Ent

wicklung hin zu einer stärkeren Akademisierung und Spezialisierung ist zu begrüßen. Die Würdigung und Wertung durch die Fachverbände bleibt hier abzuwarten. Gerade hinsichtlich der Fachkräftesicherung sehen wir aber in der Spezialisierung und damit eventuell Verkürzung – ohne Abstriche in der Tiefe, also in der Qualität der Ausbildung – einen Weg, das Berufsbild und die Ausbildung attraktiver zu machen.

In der Tat ist es so, dass notwendige und begründbare Reformbedarfe in Thüringen in den letzten Jahren bereits angegangen wurden oder derzeit noch in Abstimmung sind. Minister Holter ist darauf schon eingegangen, ich will es auch noch mal betonen: Bis zum Jahr 2014 wurde in einem intensiven Prozess ein neuer Lehrplan Sozialpädagogik abgestimmt – leider ist die CDU überhaupt nicht darauf eingegangen –, der ab 2015 Anwendung und Umsetzung findet. Dieser – wie schon gesagt – unter Beteiligung der Fachwissenschaft und von Pädagoginnen und Pädagogen entstandene neue Lehrplan beinhaltet die neuesten Erkenntnisse und Standards in diesem Bereich. Da dieser aber erst seit 2015 angewandt wird, werden natürlich auch erst nächstes Jahr die nach dem neuen Lehrplan ausgebildeten Absolventen fertig. Ergo: Selbst eine Evaluation des Lehrplans steht derzeit nicht auf der Tagesordnung, ganz im Gegenteil. Es nötigt uns Dank und Anerkennung für diejenigen Beteiligten ab, die an der Arbeit und Umsetzung des Lehrplans beteiligt waren. Ich kann keine Defizite im Lehrplan hinsichtlich der fachwissenschaftlichen Erkenntnisse und gesellschaftlichen Herausforderungen erkennen.

Ich möchte wiederholt klarstellen, dass meine Fraktion eine Aushöhlung des Fachkräfteprinzips und damit eine Verschlechterung in der Ausbildung in keiner Weise mittragen würde. Wie wir alle wissen, benötigen wir durchaus einen differenzierten Zugang zum Abschluss des Erziehers oder einer Erzieherin. Wenn man die Begründung zum Antrag der CDU durchliest, stellt man fest, dass sie sich ausdrücklich auf das Modell von Baden-Württemberg bezieht. In Baden-Württemberg werden im Wesentlichen zwei Modelle angeboten: einerseits das auch uns bekannte, im Wesentlichen vollzeitschulische Modell, welches – das muss man hier auch sagen – etwa vier Fünftel der Auszubildenden tatsächlich wahrnehmen. Das andere Modell ist eine durch Praxistag und Praxisphasen eher am dualen Ausbildungsmodell ausgerichtete Ausbildung. Hier werden unter anderem auch Ausbildungsentgelte entrichtet, was der Annahme des dualen Modells sicherlich nicht abträglich ist.

Ich möchte bezüglich der Ausbildungsvergütung noch mal darauf hinweisen, dass das Land Thüringen die Praxisvergütung im Rahmen der Ausbildung mit durchschnittlich 7,4 Millionen Euro pro Haushaltsjahr unterstützt – als einziges Bundes

land. Das ist im Übrigen etwas, was Tradition hat, was wir schon über 20 Jahre in Thüringen so handhaben.

Es ist nur zu begrüßen, wenn die Kommunen und Träger einen eigenen Anteil zur Nachwuchssicherung beitragen und eine eigene vertragliche Bindung eingehen – Kollegin Rothe-Beinlich ist schon darauf eingegangen. Dazu braucht es keine Regelung auf Landesebene. Hier können die Kommunen und Träger im Rahmen einer vorausschauenden Personalplanung selbst handeln.

Die verschiedenen Zugänge zur Ausbildung in Baden-Württemberg sind nicht immer voll nachvollziehbar, da sie nur scheinbar konsekutiv sind. Wenn es in der Endkonsequenz ausreicht, mindestens drei Jahre ein Kind im eigenen Haushalt erzogen zu haben, um anschließend eine sozialpädagogische Ausbildung zu belegen, dann habe ich starke Bedenken, was die Fachlichkeit und die Ausbildungsfähigkeit anbetrifft. Auch die Länge der Ausbildung ist im vollzeitschulischen Bereich ein Jahr kürzer als in Thüringen. Ebenso bedenklich sehe ich eine Externenprüfung ohne pädagogischen Abschluss, aber nach mehrjähriger sozialpädagogischer Arbeit. Dies würde in Thüringen nicht dem Fachkräfteprinzip entsprechen. Trotz alledem ist es zu begrüßen, wenn sich in den Bundesländern …

(Zwischenruf Abg. Tischner, CDU: Das hat doch mit Fachlichkeit nichts zu tun!)

Kollege Tischner, Praktiker, das ist richtig. Wir haben uns auch erst vor zehn Tagen mit der LIGA getroffen. Ich denke, das ist Praktiker genug – Punkt 1. Und Punkt 2, Sie sind darauf auch schon hingewiesen worden: Sehen Sie sich einfach mal die KMK-Standards an.

Trotz alledem ist es zu begrüßen, wenn sich in den Bundesländern verschiedene Wege in den Beruf zeigen und diese in den anderen Bundesländern dann auch anerkannt werden können.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, Mecklenburg-Vorpommern ist heute schon angesprochen worden. Das Modell muss ich nicht mehr vorstellen, aber ich möchte kurz auf die Kritik seitens der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft an diesem Modell eingehen. Die GEW sagt zu dem Modell in Mecklenburg-Vorpommern, das ja – auch das ist schon gesagt worden – nicht so angenommen wird: Der Abschluss dieser Ausbildung zur „Staatlich geprüften Fachkraft für Kindertagesförderung“ ist auf der Ebene des deutschen Qualifikationsrahmens unterhalb des Erzieherinnenabschlusses angesiedelt. Er zieht eine geringere Vergütung nach sich und ist außerhalb Mecklenburg-Vorpommerns nicht anerkannt. Im Effekt, so sagt die GEW, wird der Bildungsföderalismus ausgeweitet, die Differenzierung der Fachkräfte in verschiedenen Gruppen vertieft. Problematisch ist aus Sicht der GEW auch die An

rechnung der in dieser Ausbildung Befindlichen auf den Betreuungsschlüssel in den Einrichtungen. Auch das teilen wir nicht, auch das ist mit dem Thüringer KitaG nicht vereinbar.

Sie sehen, das Beispiel Mecklenburg-Vorpommern macht es deutlich, bei allem Reformbedarf, über den wir uns hier im Haus auch einig sind: Schnellschüsse sind nicht die richtige Antwort. Braucht es also hier im Landtag die Initiative der CDU, um das Nachdenken über die notwendigen Reformschritte in der Erzieherinnenausbildung auch in Thüringen in Bewegung zu bringen? Nein. Denn in Thüringen gibt es eine Arbeitsgruppe – wie schon gehört – des Landesjugendhilfeausschusses, die sich mit der Frage einer Reform der Erzieherinnenausbildung befasst. Nun kann es natürlich sein, dass – wie Kollege Tischner sagt – die Praktiker – ich habe das ja im Januarplenum gesehen –, mit denen sich Kollege Tischner unterhalten hat, die Vertreter dieses Trägers möglicherweise nicht in dieser Arbeitsgruppe sind. Das kann schon sein. Das ist vielleicht dann auch prägend für den Antrag der CDU, den ich, wie gesagt, inhaltlich gar nicht mal für so schlecht halte. Aber da zeigt sich, dass man eben mit mehr Praktikern reden muss, als nur mit einem Träger, Kollege Tischner.

(Zwischenruf Abg. Tischner, CDU: Ich weiß gar nicht, wovon Sie reden!)

Ist die CDU in der Arbeit des Landesjugendhilfeausschusses etwa nicht ordentlich angebunden? Großes Fragezeichen. Drei Fragezeichen. Diese Frage müssen wir hier jetzt zum Glück nicht beantworten. Allerdings ist klar: Eine parallele Expertengruppe, wie die CDU sie vorschlägt, braucht es derzeit einfach nicht.

Der Landesjugendhilfeausschuss ist das berufene Fachgremium. Minister Holter hat schon ausgeführt, wer alles teilnimmt, hier Dinge zu erörtern und Vorschläge zu machen. Lassen Sie uns diese Vorschläge abwarten, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der CDU, und dann diskutieren wir weiter, gern im Bildungsausschuss, gern mit einem gemeinsamen Selbstbefassungsantrag, aber auf Grundlage der Ergebnisse der Arbeitsgruppe des Landesjugendhilfeausschusses. Ihren Antrag werden wir deswegen ablehnen. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Abgeordneter Bühl hat sich für die CDU-Fraktion noch zu Wort gemeldet.

(Abg. Wolf)

Diese Wiederholungen machen es nicht besser, Herr Wolf und auch Frau Rothe-Beinlich, wie Sie versuchen, es sich passend zu machen.

(Zwischenruf Abg. Wolf, DIE LINKE: Doch!)

Ja, es gibt diese Arbeitsgruppe im Landesjugendhilfeausschuss. Ich finde es schön, dass Frau RotheBeinlich und Herr Wolf dazu sprechen, obwohl sie selbst gar kein Mitglied im Landesjugendhilfeausschuss sind.

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wir probieren es wenigs- tens!)