Protocol of the Session on March 27, 2015

(Beifall AfD)

(Zwischenruf Abg. Dittes, DIE LINKE: Ich bin nicht Ihr lieber Kollege!)

Exzellente Lehre spielt hingegen keine Rolle mehr. Lehrerevaluationen laufen ins Leere und für rational denkende Hochschullehrer ist es gänzlich unattraktiv, in die Vorbereitung der eigenen Lehrveranstaltung zu investieren. Er wird, wenn er klug operiert, sich mehr der Einwerbung von Drittmitteln widmen und diese Bedeutung der Drittmittel wird durch das aktuelle KLUG-System noch gestärkt und explizit betont. Ich sage aber, sehr verehrte Abgeordnetenkollegen, Professoren, die Klinken putzen müssen, sind für mich ein unerträglicher Zustand und eine krasse Verschwendung von Humankapital.

(Beifall AfD)

Ich glaube auch nicht, dass die Förderung von Frauen in akademischen Karrieren durch das genannte KLUG-Modell zu erreichen ist. Wir müssen uns fragen, warum Frauen den Schritt in die wissenschaftliche Karriere an Hochschulen nicht gehen. Gründe sind die befristeten Verträge und die ungenügenden Zukunftsaussichten des akademischen Mittelbaus.

(Beifall AfD)

Wir brauchen Rahmenbedingungen, die eine familienfreundliche Beschäftigung ermöglichen, und wir sollten nicht lediglich die Einstellung von Frauen finanziell belohnen. Auch in diese Richtung zielt unser Antrag als Auftrag an die neue Landesregierung, darauf zu achten, dass hier die Stellschrau

ben entsprechend neu justiert werden. Die Mittel müssen künftig in einem Verfahren vergeben werden, welches insbesondere die Qualität der Lehre in den Vordergrund stellt. Sagen Sie Ja zu einer freien Lehre und Forschung. Frei kann Lehre und Forschung nur dann sein, wenn es keine mittelbare oder unmittelbare Verpflichtung zur Einwerbung von Drittmitteln gibt.

Herr Abgeordneter Höcke, Ihre Einbringungsredezeit ist zu Ende.

10 Sekunden noch, Frau Präsidentin.

Schauen Sie doch bitte mal, das ist meine abschließende Bitte, in die Vergangenheit. Die 99 deutschen Nobelpreise sind eben nicht das Ergebnis von Nützlichkeitserwägungen eines verzwergten Bildungsanspruchs,

(Unruhe CDU)

sie sind das Ergebnis eines gelebten Bildungsideals, das vom Glauben an die Selbstentwicklungskräfte des Menschen getragen war. In diesem Sinne: Versuchen Sie, unsere Hochschulfinanzierung auf eine kluge Basis zu stellen. Vielen Dank.

(Beifall AfD)

Wünscht jemand aus den einreichenden Fraktionen das Wort zur Begründung des Alternativantrags? Abgeordneter Schaft, Fraktion Die Linke, hat das Wort.

Liebe Abgeordnetenkollegen, liebe Gäste oben auf der Tribüne, liebe Gäste am Livestream, zunächst will ich erst noch einmal sagen, ich finde es immer wieder faszinierend, dass Sie bei dem Begriff des „Hochschulprekariats“ nur von den Lehrbeauftragten, aber dieses Mal auch von den Professorinnen sprechen und den großen Teilbereich der wissenschaftlichen beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und studentischen Beschäftigten vollkommen auslassen, aber das spricht im Prinzip für Ihre Art, Hochschulen nur als einen Arbeitsplatz der Eliten zu sehen.

Aber vielleicht noch zum Antrag, den wir als Alternative eingebracht haben. In dem diesjährigen Abschluss der Rahmenvereinbarung IV und den geplanten qualitätsorientierten Hochschulfinanzierungsverträgen zwischen den Hochschulen und dem Thüringer Ministerium für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitale Gesellschaft soll eine langfristige und stabile Mittelfinanzierung für die Hoch

(Abg. Höcke)

schulen gewährleistet werden. Dem haben sich die koalitionstragenden Fraktionen ebenso wie die Landesregierung verschrieben. Das Ganze muss natürlich an Ziele und Maßnahmen gebunden sein, die die Hochschule auch zu einer sozialen, demokratischen und gerechten Hochschule machen. In dem Punkt gehen wir weiter, als Sie das wollen. Wir wollen nämlich nicht nur eine soziale und gerechte Hochschulfinanzierung, wir wollen den Weg hin zu einer Hochschule für alle, sprich sozial und demokratisch.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

(Zwischenruf Abg. Muhsal, AfD: Damit erken- nen Sie ja an, dass wir das auch wollen!)

Und von Lächerlichkeit strotzt Ihr Antrag, wenn Sie davon sprechen, dass es keine pauschale Diskriminierung von männlichem Personal geben darf. Ich will das nur an einem Beispiel festmachen: Wenn an der FSU Jena bei der Professorenschaft nur 15 Prozent Frauen sind, dann kann hier in keiner Weise von einer Diskriminierung von männlichem Personal gesprochen werden, denn sie sind massiv benachteiligt. Ein Grund dafür ist eben auch der männliche Dünkel in den Berufungskommissionen.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Das ist ein strukturelles Problem, das sich seit Jahrzehnten durch das deutsche Wissenschaftssystem zieht. Wir haben mit dem Alternativantrag ganz klar formuliert, wir wollen die Gleichberechtigung der Geschlechter weiter vorantreiben und das insbesondere durch die Einrichtung eines Kaskadenmodells, wie im Koalitionsvertrag festgelegt, um so den Anteil von Frauen in der Wissenschaft zu erhöhen und ihnen auch die Möglichkeiten einer verlässlichen Karriereperspektive zu bieten.

(Beifall DIE LINKE)

(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Was ist mit den 49 anderen Geschlechtern?)

Darüber hinaus wollen wir die sogenannten weichen Faktoren in den Vordergrund stellen, denn wir können nicht nur bei der Frage der Qualität von Hochschulfinanzierungsverträgen oder von Rahmenvereinbarungen von Kennziffern wie Studierendenzahlen oder Zahlen von Frauen in der Wissenschaft sprechen. Nein, wir müssen auch dafür sorgen, dass Maßnahmen gefördert werden oder zumindest in der Finanzierung berücksichtigt werden, die beispielsweise familienfreundliche Arbeits- und Studienbedingungen herstellen, hier aber auch die Barrieren senken und das heißt, Menschen mit chronischer Erkrankung oder Behinderung auch ein Studium zu ermöglichen bzw. ihnen das Studium zu erleichtern.

Darüber hinaus ist es uns auch ein Anliegen, mit der Rahmenvereinbarung IV und den Hochschulfinanzierungsverträgen darauf hinzuwirken, die Studienbedingungen tatsächlich zu verbessern. Ich will nur ein Beispiel nennen: Wir haben das Problem, dass an den Hochschulen mit Ausnahme der Hochschulstandorte in Erfurt immer noch beispielsweise an der TU Ilmenau nur 5 Prozent der Studierenden ihr Studium in Regelstudienzeit abschließen können. An den Fachhochschulen sind es in der Regel 30 Prozent. Nur die FSU Jena ist mit 70 Prozent noch weiter vorn. Das zeigt, dass es kein Problem der Studierenden ist, sondern ein strukturelles Problem. Hier liegen seit 2012 Empfehlungen, die die Hochschulen damals gemeinsam mit dem alten Wissenschaftsministerium und auch mit der Landesstudierendenvertretung erarbeitet haben, vor. Auch die sollen – so unser Ziel – Berücksichtigung finden, wenn wir darüber reden, wie wir mit der Landesregierung die Studien- und die Bedingungen generell an den Hochschulen für Studierende verbessern können.

Wir wollen mit diesem Alternativantrag wirkliche Maßstäbe für die Bewertung von Hochschulqualität formulieren.

(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Wir auch!)

Denn wie es beispielsweise auch Peer Pasternack vom Hochschulforschungsinstitut von Halle-Wittenberg in seiner aktuellen Publikation zur Betrachtung der Hochschulreformen und der Hochschulqualität der letzten 20 Jahre sagt, war die bisherige Mittelverteilung oft geprägt von Intransparenz. Es war nicht nachvollziehbar, welche qualitativen Faktoren möglicherweise auch gefördert werden. Dem wollen wir nun diese Maßstäbe, die wir in unserem Antrag formuliert haben, entgegensetzen, die Hochschulsteuerung funktional und qualifiziert gestalten und somit auch Maßstäbe setzen, die nachvollziehbar sind und einen Weg zur demokratischen, sozialen und transparenten Hochschule bieten.

All diese Maßnahmen und Ziele sind natürlich nur ein erster Schritt, aber sie schlagen in unserem Sinne wichtige Pflöcke ein, um tatsächlich zu sagen, als Rot-Rot-Grün leisten wir einen Beitrag zur sozialen, demokratischen und gerechten Hochschule für alle. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Landesregierung hat angekündigt, von der Möglichkeit eines Sofortberichts gemäß § 106 Abs. 2 unserer Geschäftsordnung keinen Gebrauch zu machen. Ich eröffne damit die Aussprache. Als erste Rednerin hat sich die Abgeordnete Henfling, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, zu Wort gemeldet.

(Abg. Schaft)

Ich habe den ganzen Tag schon Kopfschmerzen. Ich weiß nicht, ob das an den Redebeiträgen von der AfD liegt. Aber ich versuche es mal.

(Beifall DIE LINKE)

(Unruhe AfD)

Eigentlich hat der Abgeordnete Schaft zu unserem Alternativantrag relativ viel gesagt und das ist auch im Prinzip der Kern, den wir hier entgegensetzen. Für uns als Grüne ist immer noch eine wichtige Frage die Förderung der Nachhaltigkeit und die Förderung einer Wissenschaftskultur,

(Unruhe AfD)

die über die Grenzen der Fachdisziplinen hinweg die großen Zukunftsprobleme der Gesellschaft bearbeitet. Dazu ist es natürlich insbesondere sehr wichtig, eine Hochschule zu haben, die demokratisch und sozial aufgestellt ist, denn die Fragen unserer Zukunftsprobleme, die diese Gesellschaft hat, werden sich in diesem Rahmen befinden. Wir hatten gestern die Diskussion über Windkraft; auch das ist zum Beispiel etwas, was aus unserer Sicht im Forschungsbereich sehr sehr wichtig ist.

Die Lehre vom neuen und interdisziplinären, problemorientierten, sozial robusten Modus von Wissenschaft soll den alten disziplinären, selbstbezogenen, tendenziell gesellschaftsabgewandten Modus von Wissenschaft ablösen. Auch das ist eine ganz wichtige grüne Forderung.

Zum Frauenanteil hat der Abgeordnete Schaft das Wesentliche schon gesagt. Es ist mir absolut schleierhaft, wie Sie zu Ihrer Annahme kommen, dass es eine pauschale Diskriminierung von Männern an Hochschulen gibt. Das müssen Sie mir noch mal erklären, wie das gehen soll. Es ist eigentlich relativ eindeutig. Wir haben einen Anteil bei den Absolventinnen von über 50 Prozent. Wenn Sie sich dann anschauen, welche tatsächlich in der wissenschaftlichen Karriere nach oben in die Professur wandern und dann oben bei einer W 2-Professur bei 17 Prozent ankommen und bei einer W 3 bei 10,1 Prozent, dann verstehe ich überhaupt nicht, wie Sie auf diese Sache kommen. Deswegen freuen wir uns, wenn unserem Alternativantrag an dieser Stelle zugestimmt wird, der wesentlich weitergehender ist und natürlich dem Koalitionsvertrag entspricht.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Fraktion der CDU hat Abgeordneter Bühl das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Abgeordnetenkollegen, Herr Staatssekretär, liebe Besucher auf der Tribüne, der Antrag der AfD-Fraktion zielt darauf ab, die Mittelverteilung an den Hochschulen neu zu verteilen. Das ist eine Sache, die natürlich sowieso ansteht, und deswegen kann ich den Antrag auch nicht ganz nachvollziehen. Wir haben eigentlich von Herrn Staatssekretär schon sehr ausführlich im letzten Wirtschafts- und Wissenschaftsausschuss dazu berichtet bekommen. Er hat dort auch angekündigt, dass diese Überarbeitung stattfinden wird. Deshalb springt der Antrag der AfDFraktion nach unserer Ansicht zu kurz. Er legt lediglich einen Wert auf die Priorisierung der Drittmittel. Vielmehr muss es aber um die Gesamtfinanzierung unserer Hochschulen gehen und dabei um die Neuverhandlung der Rahmenvereinbarung IV. Hier stellen Drittmittel nur einen Teilbereich dar. Die Zahlen der Drittmittel sind darüber hinaus durchaus bekannt. Die FSU Jena lag zum Beispiel 2012 im Drittmittelranking der Deutschen Forschungsgemeinschaft von über 100 deutschen Unis auf Platz 31. Einen Spitzenplatz hatte auch die TU Ilmenau auf dem Gebiet der Mikro- und Nanosysteme und die Bauhaus-Uni auf dem Gebiet des Bauwesens und der Architektur.

Im Zusammenhang der Einwerbung von Drittmitteln spielt ebenfalls die jetzt schon vom zuständigen Minister angekündigte Neuauflage des Landesprogramms „ProExzellenz“ in Höhe von 20 Millionen Euro eine große Rolle. Das begrüßen wir ausdrücklich, nicht aber ohne eine Kritik loszuwerden. An erster Stelle muss kritisch hinterfragt werden, ob die dem Programm zur Verfügung gestellten 5 Millionen Euro jährlich ausreichend erscheinen, um auch künftig die Profilbildung an den Thüringer Hochschulen voranzutreiben. Die anderen Bundesländer – das muss man hier ganz klar feststellen – schlafen nicht. Das Programm muss deshalb ausreichend untersetzt sein, damit alle Thüringer Hochschulen zur weiteren Forcierung und Schärfung ihres Programms auch die entsprechenden Mittel haben.

Eine zweite Kritik, die wir anbringen wollen, ist, dass der zuständige Minister Tiefensee vor wenigen Wochen hier die 20 Millionen für eine Neuauflage aus dem Ärmel gezogen hat und uns schon gewundert hat, woher dieser plötzliche Geldsegen kommt. Wir hoffen, dass es sich hierbei um zusätzliche Mittel handelt und nicht um Gelder aus dem Hochschulpakt 2020, die nun, wie Herr Staatssekretär im Ausschuss angekündigt hat, von 2016 bis 2019 jährlich um 5 Millionen Euro gekürzt werden.

Problematisch erscheint uns außerdem die relativ niedrige Wirtschafts- und Stiftungsdrittmittelquote. Bei Drittmitteln aus der Wirtschaft sind wir die Zweitletzten. Hier würden uns die Zahlen der letz

ten Jahre schon interessieren und vor allem, wie die neue Landesregierung dieses Problem zu lösen gedenkt.

Wir unterstützen den Antrag der AfD-Fraktion nicht. Das Thema „Hochschulfinanzierung“ ist in den beiden Ausschusssitzungen im März und Februar ausgiebig besprochen worden. Die Landesregierung hat dazu auch ausführlich berichtet. Im Rahmen der Aufstellung der neuen Hochschulrahmenvereinbarung IV wird das Problem der Drittmittelfinanzierung ohnehin besprochen und geregelt, sodass ein Bericht der Landesregierung im Plenum und nochmals im Ausschuss überflüssig erscheint. Die Forderung nach einem neuen Konzept für die Mittelverteilung bezüglich der Thüringer Hochschulen im Plenum zu stellen, ist obsolet wie eigentlich auch der ganze Antrag der AfD-Fraktion, da die Landesregierung genau das im Beisein eines AfD-Vertreters in der Ausschusssitzung bereits angekündigt hat.