Protocol of the Session on December 13, 2017

Ich freue mich sehr, dass wir nunmehr ein Gesetz über Sinnesbehindertengeld beschließen können, das rückwirkend zum 1. Juli 2017 in Kraft tritt. Ich freue mich auch sehr, dass wir uns im Sozialausschuss sehr einmütig mit diesem Thema beschäftigt haben. Deswegen konnten wir auch so zügig die morgige Sondersitzung beschließen. Ich wünsche mir weiterhin eine sehr gute Beratung und hoffe, dass wir sehr einmütig dieser Gesetzesgrundlage zustimmen können. Herzlichen Dank dafür.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. Als Nächste hat Frau Abgeordnete Herold für die AfD-Fraktion das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident. Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Besucher auf der Tribüne, liebe Zuschauer im Netz, der vorliegende Entwurf des Siebten Gesetzes zur Änderung des Blindengeldgesetzes soll noch mal in den Ausschuss, wo er bereits diskutiert wurde. Eine mündliche Anhörung der Betroffenen dazu fand letztes Jahr bereits ausführlich statt. In dieser wurden die Probleme von denen, die es angeht, intensiv dargelegt. Wir haben

(Abg. Pfefferlein)

uns sowohl die Protokolle dieser Anhörung als auch den vorliegenden Entwurf angesehen und festgestellt: Es reicht nicht. Die Ministerin hat hier gerade auf die Haushaltslage hingewiesen. Dabei kam in den Beiträgen der Nachredner heraus: Es handelt sich lediglich um 2,2 Millionen Euro. Angesichts der Haushaltslage, des Haushaltsüberschusses und der Rücklagen erscheint der Verweis auf die Haushaltslage hier etwas dürftig.

(Beifall AfD)

Blindheit ist Ursache für zahlreiche Mehraufwendungen, die den Betroffenen im Alltag entstehen. Sie brauchen Haushaltsgeräte, Vorlesegeräte, Bücher und Zeitschriften und vielfach auch persönliche Assistenz für Verrichtungen innerhalb der Wohnung, aber auch vor allem zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben außerhalb ihrer eigenen vier Wände. Das ist eine erhebliche finanzielle Belastung. Ein Ausgleich für Menschen, die nicht nur einfach existieren sollen, sondern an unserer Gesellschaft lebendig teilhaben, erscheint an dieser Stelle mehr als nur angebracht. Mit dem Landesblindengeld soll dieser blindheits- oder sinnesbehindertenbedingte Mehrbedarf jetzt kompensiert werden. Das erscheint als Erstes grundsätzlich löblich, der Ansatz ist in Ordnung. Allerdings ist die Umsetzung mal wieder zaghaft und auch von einer gewissen Knausrigkeit gekennzeichnet.

Es wäre jetzt mit diesem vorgelegten Gesetzentwurf die Gelegenheit gewesen, für Menschen, die mit Sinnesbehinderungen in Thüringen leben, eine haltbare und zukunftsfähige Förderung in Gang zu setzen. Es wäre auch für Sie, liebe nicht mehr lange hier Regierenden, angebracht gewesen, die Zuschriften und die Beiträge der Blinden- und Sehbehindertenverbände und der Vertreter der Taubblinden aufmerksam und sorgfältig zu lesen, sodass Ihnen die besonderen Bedarfe dieser Mitmenschen ins Auge gefallen wären. 100 Euro Mehrbedarf für taubblinde Menschen, deren Behinderung so umfassend ist, dass sie nur mit fremder Hilfe am normalen Leben teilhaben können – 100 Euro sind da einfach kläglich.

(Beifall AfD)

(Zwischenruf Werner, Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie: Das ist ja zusätzlich zum Blindengeld!)

100 Euro zusätzlich zum Blindengeld, das in Thüringen auch noch weit unter dem Bundesdurchschnitt liegt und mit den aktuellen Entwicklungen der letzten Jahre längst nicht Schritt gehalten hat – 100 Euro zusätzlich für eine schwere Sinnesbehinderung erscheint hier bei einer Summe von 1.200 Euro pro Jahr und Person einfach unzureichend. In Bayern wird Blindengeld für Taubblinde in doppelter Höhe ausgezahlt.

(Zwischenruf Abg. Mühlbauer, SPD: Weil die mehr Geld haben!)

Das würde zumindest im Ansatz den Herausforderungen gerecht werden, denen sich taubblinde Menschen täglich gegenüber sehen.

(Beifall AfD)

100 Euro mehr sind zaghafte Kosmetik und keine verantwortungsvolle und problemlösende Politik. Wir plädieren hier dafür, den Nachteilsausgleich für taubblinde Menschen auf den doppelten Satz des Blindengelds zu erhöhen. Auch die Angehörigen der Patienten und der Betroffenen der Sinnesbehinderten würden sich über Entlastung freuen. Mit etwas mehr an Geld ließe sich die eine oder andere zusätzliche Assistenzstunde finanzieren, die den Angehörigen auch wieder ein wenig mehr Spielräume und Freiheiten geben würde. Darüber hinaus wäre es auch ein Zeichen gesellschaftlicher Anerkennung für diese Art von Engagement.

(Beifall AfD)

Blinde, das kann ich mir hier auch noch nicht verkneifen, leiden ja auch zum Beispiel unter der verkorksten grünen Energiepolitik. Leute mit einer starken Einschränkung ihres Sehvermögens brauchen gute Beleuchtung, die brauchen sehr viel mehr Beleuchtung als unsereiner. Das heißt, sie sind darauf angewiesen,...

(Zwischenruf Abg. Henfling, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Die AfD bräuchte auch ein wenig mehr Beleuchtung!)

(Zwischenruf Abg. Harzer, DIE LINKE: Öko- strom leuchtet nicht so hell!)

Ja, Herr Harzer, Sie sind keine Leuchte, aber Blinde brauchen trotzdem mehr Beleuchtung.

Dafür bekommen Sie einen Ordnungsruf, Frau Abgeordnete Herold. Den Abgeordneten Harzer als „keine Leuchte“ zu bezeichnen, halte ich für ordnungsrufwürdig.

Ja, an dieser Stelle möchte ich dann auch schließen und danke vorläufig für Ihre Aufmerksamkeit. Wir freuen uns auf die Beratung im Ausschuss. Danke sehr.

(Beifall AfD)

Danke schön. Als Nächste hat Abgeordnete Stange für die Fraktion Die Linke das Wort.

(Abg. Herold)

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren hier im Hohen Hause, aber auch draußen am Livestream! Heute erleben wir hier im Thüringer Landtag eine Premiere,

(Beifall DIE LINKE)

das will ich ausdrücklich formulieren. Wir erleben die Premiere, dass eine Debatte zu einem – wie alle Debatten hier im Thüringer Landtag – wichtigen Thema in Gebärdensprache übersetzt wird. Herr Präsident, ich und wir würden uns wünschen, dass genau dieser einmalige Akt von heute perspektivisch zu einer Selbstverständlichkeit werden kann.

(Beifall DIE LINKE)

Menschen haben das Recht, eine barrierefreie Kommunikation zu erleben – nicht nur, wenn es darum geht, heute ein Gehörlosengeld auf den Weg zu bringen, sondern immer und zu allen Themen hier im Landtag.

(Beifall Abg. Gentele, fraktionslos)

Aber ich bin mir sicher, Herr Präsident, auch über diese Thematik werden wir perspektivisch noch reden.

Lassen Sie mich eine Bemerkung zu Frau Herold sagen. Ich weiß nicht, wer Ihnen die Rede heute aufgeschrieben hat. Ich habe den Eindruck, Sie haben Ihr Manuskript von vor einem Jahr, wo wir im November 2016 hier die Änderungen des Blindengeldgesetzes auf den Weg gebracht haben, einfach noch einmal herausgezottelt und versuchen hier, negative Tendenzen auf den Weg zu bringen. Ich möchte das auch begründen. Erstens, der heute zur Diskussion stehende Gesetzentwurf in der Drucksache 6/4802 war noch nie im Sozialausschuss und war auch noch nie im Finanzausschuss. Wir werden ihn heute dahin überweisen und somit gibt es in Bälde die erste Beratung dazu. In dem Gesetzentwurf, Frau Herold, ist auch formuliert, dass es heute nicht noch mal um die Angleichung des Blindengelds oder des Taubblindengelds geht. Es geht einzig und allein – darauf ist meine Fraktion Die Linke sehr stolz – um die Einführung eines Gehörlosengelds, erstmalig in Thüringen.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Es wäre wünschenswert, dass Sie aufhören, Ihre Halbwahrheiten hier von dem Pult aus darzulegen und sich stattdessen an das halten würden, was in dem Gesetzentwurf formuliert ist.

(Zwischenruf Abg. Höcke, AfD: Aber Sie sind im Besitz der Wahrheit?)

Wir als Linke und als rot-rot-grüne Koalition sagen auch nach der gestrigen Sondersitzung und nach der Diskussion von Herrn Mohring: Wir liefern. Wir

werden am Ende der Wahlperiode nicht – wie Sie formuliert haben – mit leeren Händen dastehen, sondern wir werden das, was im Koalitionsvertrag formuliert ist, umgesetzt haben. Sozialpolitik ist ein wichtiges Thema. Hiermit haben wir den zweiten Schritt geschafft, aus einem verstaubten Blindengeldgesetz, welches wir 2014 von den Vorgängerregierungen übernommen haben, ein modernes Sinnesbehindertengesetz auf den Weg zu bringen. Ich will es deutlich sagen: 2014 haben wir in Thüringen die rote Laterne gehalten, was die Höhe des Blindengelds anbelangt. Das Thema eines Taubblinden- oder Gehörlosengelds war mit Ihnen als Regierungsfraktion der CDU nie zu diskutieren. Und, Herr Zippel, ja, es ist eine Sozialleistung, und ja, eine Sozialleistung – das sage ich auch – darf nie von der Kassenlage eines Landes oder eines Staates abhängig sein,

(Beifall DIE LINKE)

denn, werte Kolleginnen und Kollegen, Sie wissen auch, das Grundgesetz Artikel 3 Abs. 1 oder Artikel 3 Abs. 3 ist eindeutig formuliert: „Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden“, und: „Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.“ Damit fangen wir jetzt an, auch in Thüringen genau dieses umzusetzen.

Ja, werte Kolleginnen und Kollegen, wir werden uns als Thüringen einreihen in die Riege der Länder, die bereits ein Gehörlosengeld auf den Weg gebracht haben. Es ist Berlin, es ist Brandenburg, es ist Nordrhein-Westfalen und es sind Sachsen und Sachsen-Anhalt. Wir als Linke sind glücklich darüber, dass wir rückwirkend zum 01.07.2017 nun auch das Gehörlosengeld für Thüringerinnen und Thüringer, die hier betroffen sind, auf den Weg bringen. Ich wünsche uns eine zügige und konstruktive Diskussion im Sozialausschuss und bin sehr froh darüber, dass wir sicher im Januar diesen Gesetzentwurf gleich in zweiter Lesung auf den Weg bringen, damit die Betroffenen ihre Anträge stellen können. Danke schön.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen, sodass wir damit die Aussprache schließen. Beantragt wurde die Überweisung des Gesetzentwurfs an den Ausschuss für Soziales, Arbeit und Gesundheit. Ich frage: Wer dafür ist, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Stimmen der Koalitionsfraktionen, der AfD-Fraktion, Teile der CDU-Fraktion. Gegenstimmen? Enthaltungen? Auch nicht. Also damit dann doch einstimmig an den Ausschuss für Soziales, Arbeit und Gesundheit überwiesen.

(Zwischenruf Abg. Blechschmidt, DIE LINKE: HuFA!)

Es gab noch einen Wunsch, und zwar an den Haushalts- und Finanzausschuss zu überweisen. Dann frage ich auch das ab. Wer dafür ist, den möchte ich jetzt um das Handzeichen bitten. Die Stimmen der Koalitionsfraktionen, der AfD-Fraktion, der beiden fraktionslosen Kollegen. Gegenstimmen? Keine. Enthaltungen? Auch keine.

Die Federführung soll beim Ausschuss für Soziales, Arbeit und Gesundheit liegen. Wer dafür ist, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Die Stimmen der Koalitionsfraktionen, der AfD-Fraktion, einige aus der CDU-Fraktion. Gegenstimmen? Keine.

(Zwischenruf Abg. Zippel, CDU: Herr Präsi- dent, Sie sind zu leise! Das war gestern schon so!)

Enthaltungen? Keine.

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das liegt nicht an der Technik!)

Also dann bitte ich doch mal – ich kann nicht näher an das Mikrofon heranrücken –, dass wir die Technik kontrollieren. Die Unruhe im Saal ist nicht größer als sonst.