Also dann bitte ich doch mal – ich kann nicht näher an das Mikrofon heranrücken –, dass wir die Technik kontrollieren. Die Unruhe im Saal ist nicht größer als sonst.
Gibt es den Wunsch zur nochmaligen Abstimmung? Ja, dann stimmen wir also noch einmal ab, zunächst über die Überweisung des Gesetzentwurfs an den Ausschuss für Soziales, Arbeit und Gesundheit. Wer dafür ist, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Alle Stimmen. Gegenstimmen? Enthaltungen? Also einstimmig. Danke.
Federführung durch den Ausschuss für Soziales, Arbeit und Gesundheit – wer dafür ist, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Erneut alle dafür. Gegenstimmen und Enthaltungen gibt es keine. Damit ist die Federführung des Ausschusses für Soziales, Arbeit und Gesundheit festgelegt.
Ich schließe diesen Tagesordnungspunkt und bitte um Verzeihung, dass wir das jetzt noch einmal machen mussten.
Gesetzentwurf der Fraktion der CDU - Drucksache 6/4066 dazu: Beschlussempfehlung des Innen- und Kommunalausschusses - Drucksache 6/4735
Der Abgeordnete Thamm hat das Wort zur Berichterstattung aus dem Innen- und Kommunalausschuss. Bitte, Herr Thamm.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Mitglieder des Hauses, sehr geehrte Gäste! Viertes Gesetz zur Änderung des Thüringer Kommunalwahlgesetzes: Durch den Beschluss des Landtags in seiner 88. Sitzung am 22. Juni 2017 wurde der Gesetzentwurf an den Innen- und Kommunalausschuss – federführend – und an den Ausschuss für Migration, Justiz und Verbraucherschutz überwiesen. Der Innen- und Kommunalausschuss hat den Gesetzentwurf in seiner 46. Sitzung am 24. August 2017 und in seiner 48. Sitzung am 26. Oktober 2017 beraten und ein schriftliches Anhörungsverfahren zum Gesetzentwurf unter Einbeziehung der kommunalen Spitzenverbände durchgeführt – vergleiche die Zuschriften 6/1307 und 6/1308. Der Gesetzentwurf war Gegenstand einer Online-Diskussion gemäß § 96 Abs. 2 Geschäftsordnung. Eine Beratung im mitberatenden Ausschuss für Migration, Justiz und Verbraucherschutz gemäß § 81 Abs. 4 Geschäftsordnung wurde nicht beantragt. Die Beschlussempfehlung lautet: Der Gesetzentwurf wird abgelehnt. Danke.
Vielen Dank. Ich eröffne damit die Beratung und als Erster hat Abgeordneter Kuschel für die Fraktion Die Linke das Wort.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Herr Präsident, die CDU hat in dem Gesetzentwurf vorgeschlagen, das Kandidationsalter – also das Alter für die Kandidatur – für hauptamtliche kommunale Wahlbeamte von derzeit 65 auf 67 Jahre anzuheben. Das klingt zunächst unspektakulär, haben wir doch erst vor Jahren auch das Pensionsalter für Laufbahnbeamte auf 67 Jahre angehoben und das allgemeine Renteneintrittsalter liegt auch bei 67 Jahren. Bei näherer Betrachtung stellt sich das aber hier in dem konkreten Fall etwas anders da,
denn im Gesetz ist geregelt, dass der Kandidat oder die Kandidatin das 65. Lebensjahr am Wahltag nicht vollendet haben darf. Die CDU regt jetzt an, das auf 67 Jahre zu erhöhen.
Die gegenwärtige Rechtslage versetzt also Kandidatinnen und Kandidaten, wenn sie gewählt wurden, in die Situation, dass sie das Amt bis zum 71. Lebensjahr ausüben können. Erlangt der CDUAntrag Gesetzeskraft, würde das auf 73 Jahre steigen. Diese Regelung gilt nur für hauptamtliche kommunale Wahlbeamte. Bei den ehrenamtlichen Bürgermeistern gibt es eine solche Begrenzung nicht. Sicherlich kann man als Außenstehender darüber debattieren, warum denn diese sehr unterschiedliche Rechtslage besteht. In der Debatte wird dabei aus unserer Sicht ein wesentlicher Punkt ausgeblendet, dass nämlich der hauptamtliche kommunale Wahlbeamte neben allen anderen Aufgaben, die auch der ehrenamtliche hat, zusätzlich auch Behördenleiter ist – mit aller Verantwortung, was Personal betrifft, die Organisation und dergleichen. Er ist also de facto einem Laufbahnbeamten in dieser Frage gleichgestellt. Jetzt müssen Sie sich mal in die Situation versetzen: Die CDU möchte, dass das Menschen bis maximal 73 Jahre tun können,
während wir, der Gesetzgeber, gesagt haben, bei Laufbahnbeamten ist mit 67 Jahren Schluss. Auf Antrag kann auch ein Laufbahnbeamter noch weiterbeschäftigt werden, das ist unstrittig. Das entscheidet aber dann der Beamte.
Das halten wir für nicht sachgemäß, weil damit der Eindruck vermittelt würde, als wäre die Leitung einer Behörde durch einen kommunalen Wahlbeamten sozusagen kein Alltagsstress und keine Belastung. Wir haben bewusst gesagt, mit 67 Jahren ist ein Alter erreicht – Sie wissen, die Linke hat sich damals dagegen ausgesprochen, das Pensionsalter, das allgemeine Renteneintrittsalter auf 67 Jahre anzuheben. Die Praxis in der Gesellschaft zeigt ja auch, dass viele Menschen in unterschiedlichen Berufsgruppen aufgrund der Belastungen früher in die Ruhephase gehen müssen. Von daher haben wir uns auch im Ausschuss gegen diesen Vorschlag der CDU ausgesprochen.
In dem Zusammenhang möchte ich auch noch mal darauf verweisen, dass wir in den gesetzlichen Regelungen zu den kommunalen Wahlbeamten eine Bestimmung haben, wonach der kommunale Wahlbeamte nach drei Wahlperioden, also nach 18 Jahren, nicht noch mal wieder antreten muss, altersunabhängig, und haben damit natürlich signalisiert, wer 18 Jahre neben den Aufgaben als Bürgermeister, als Politiker, als Kommunalpolitiker nach außen auch noch Behördenleiter sein muss, das ist eine lange Zeit. Wer das mit Intensität macht, hat auch nach 18 Jahren den Anspruch, nicht wieder antre
ten zu müssen, sondern altersunabhängig in den Ruhestand gehen zu können. Jetzt wollen Sie aber nach oben eine Öffnungsklausel, das erscheint uns alles sehr widersprüchlich. Ich persönlich halte eine Regelung in anderen Bundesländern für viel zielführender, dass nämlich kommunale Wahlbeamte beim Erreichen des allgemeinen Pensionsalters, also jetzt bis 67, aus dem Amt ausscheiden müssen. Das ist in anderen Bundesländern gang und gäbe und ist auch nachvollziehbar, weil das dann mit den Laufbahnbeamten harmonisiert ist. Das sind die Gründe für die Ablehnung des CDU-Antrags.
Auch noch mal eine abschließende Bemerkung: Politikern wird immer vorgehalten, sie können nicht rechtzeitig von einem Amt und einer Funktion loslassen. Das war früher Kritik, ist zum Teil heute auch noch Kritik. Insofern sollten wir auch deshalb auf eine Erhöhung dieses Alters verzichten. Ich kann es nur noch mal wiederholen: Die kommunalen Wahlbeamten leisten eine hervorragende Arbeit. Da gilt kein Acht-Stunden-Tag, da gilt keine Fünf-Tage-Woche, sie sind de facto immer im Amt und haben deshalb auch das Anrecht, dass irgendwann mal Schluss sein muss. Danke.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ich freue mich, dass die Besuchertribüne gefüllt ist mit jungen Menschen, die sich für Demokratie interessieren. Wir haben ja heute auch ein schönes Demokratie-Thema.
Sehr geehrte Damen und Herren, zum parlamentarischen Werdegang unseres Gesetzentwurfs in der Drucksache 6/4066 hatte schon mein Kollege Thamm seine Berichterstattung aus dem Innenausschuss ausgeführt.
Ich will daher gleich auf unseren Änderungsantrag eingehen, Kollege Kuschel. Auf die Neuerungen, die wir dort vorgesehen haben, sind Sie nicht eingegangen, aber ich werde es aus diesem Grund noch mal für alle näher erläutern. Wir haben dies in unserem Gesetzentwurf vom Juni 2017 im Nachgang der Anhörung fraktionsintern noch einmal tiefgründig thematisiert und die bestehenden Altersgrenzen für hauptamtliche Bürgermeister und Landräte erneut eingehend auf den Prüfstand gestellt. Im Rahmen dieser Befassung in meiner Fraktion sind wir zu dem Ergebnis gekommen, dass weder die bestehenden noch die in unserem ursprünglichen Gesetzentwurf vorgeschlagenen Altersgrenzen gerechtfertigt und zeitgemäß sind. Darauf werde ich nachher noch vertieft eingehen. Ich will aller
dings auch nicht verheimlichen, dass es in meiner Partei nicht nur bei den kommunal tätigen Hauptamtlichen Diskussionen insbesondere darüber gab, ob es denn ausreichend sei, mit Erlangung der Volljährigkeit auch ein entsprechendes Amt führen zu können. Gegenwärtig gilt in Thüringen nach dem Kommunalwahlgesetz eine Mindestaltersgrenze von 21 Jahren – Sie haben es angesprochen – für die Ausübung des Amtes eines hauptamtlichen Bürgermeisters und Landrats. Das Höchstalter zum Zeitpunkt des Amtsantritts ist normiert auf 65 Jahre. Diese Reglementierung – ich hatte es bereits eingeführt – erachten wir mit Blick auf die Reife der 18- bis 24-Jährigen, die höhere Lebenserwartung, die längere Leistungsbereitschaft und Leistungsfähigkeit sowie die bereits erfolgte Anhebung der Altersgrenze für den Eintritt in den Ruhestand als nicht mehr zeitgemäß. Daher ist unser Vorschlag die Absenkung des Mindestalters auf 18 Jahre sowie die Abschaffung einer Altershöchstgrenze.
Bevor ich die Vorschläge im Einzelnen begründe, lassen Sie mich noch mal einen Blick auf unsere Nachbarbundesländer werfen. Ein Vergleich zeigt nämlich, dass gerade in den letzten Jahren bereits acht Bundesländer ihre Altersgrenzen zum Teil nach unten, zum Teil aber auch nach oben geöffnet bzw. gelockert haben. So können etwa in Bayern, Brandenburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfahlen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein bereits heute 18-Jährige Kandidaten zur Bürgermeister- oder Landratswahl antreten und sich dort auch wählen lassen. Summa summarum haben in den letzten zehn Jahren acht Flächenländer die Mindestaltersgrenze auf 18 Jahre abgesenkt. Eine ähnliche Entwicklung, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ist im Ländervergleich auch bei den Höchstaltersgrenzen zu verzeichnen. Allein im Jahr 2015 haben drei Länder – Schleswig-Holstein, Hessen, Brandenburg – die Altersbeschränkung nach oben abgeschafft. In Nordrhein-Westfalen geschah dies bereits im Jahr 2007.
Sehr geehrte Damen und Herren, lassen Sie mich noch kurz anführen, warum wir uns für eine Absenkung auf 18 und eine Aufhebung der Höchstaltersgrenze entschieden haben. Dass es in der freien Wirtschaft, bei Freiberuflern und Künstlern keine Altersgrenze gibt, ist seit jeher selbstverständlich. Hier eine solche Beschränkung einzuführen oder auszusprechen, würde wohl als abwegig empfunden werden. Zur historischen Betrachtung – und das ist eben anders, als Sie dargestellt haben, Kollege Kuschel –: Mit der Begründung der Stellung als kommunale Wahlbeamte wurde vermutlich eine Angleichung der Altersgrenze hauptamtlicher Bürgermeister an das Beamtenrecht, also an die entsprechende Altersgrenze für Laufbahnbeamte eingeführt. Dies erscheint heute allerdings nicht mehr gerechtfertigt. Das elementare Unterscheidungsmerkmal und somit auch der sachliche Differenzie
rungsgrund ist nämlich die direkte demokratische Wahl der Mandatsträger im Gegensatz zu den Laufbahnbeamten, die sich diesem regelmäßigen Votum des Wählers nicht zu stellen brauchen. Nach unserer Auffassung hängt zudem die Leistungsfähigkeit eines Bürgermeisters und Landrats – wir haben alle auch bestimmte Personen vor Augen – nicht in erster Linie von dessen Alter ab, die Abschaffung der bestehenden Altersgrenzen ist damit nur konsequent. Auch müssen Amtsinhaber die Möglichkeit haben, ihr Amt weiter bekleiden zu können bzw. zu dürfen, sofern es die Gesundheit zulässt und der Amtsträger dies auch will. Überdies bestehen beispielsweise auch für Minister und für Abgeordnete keine Altershöchstgrenzen trotz ihrer großen Verantwortung und trotz ihrer großen Aufgabenfülle. Auch von daher gibt es also keinen sachlichen Grund, die Bürgermeister/Landräte altersmäßig einzuschränken, die Parlamentarier und die Minister hingegen nicht.
Lassen Sie mich noch einen aus meiner Sicht wichtigen Demokratieaspekt aufgreifen. Vordergründig betrachtet scheint die Altersgrenze bei der Wählbarkeit nur die Betroffenen zu interessieren, denn oft wird ja ins Feld geführt, die Amtsinhaber klebten an ihren Sesseln. Dabei wird allerdings verkannt, dass alle amtierenden Mandatsträger in direkter demokratischer Wahl für die Leitung einer Kommune bestimmt wurden. Unbeschadet der Tatsache, dass die weiteren Wählbarkeitsvoraussetzungen natürlich erfüllt sein müssen, wird sich gerade ein älterer Kandidat einer sehr eingehenden Selbstprüfung vor einer Kandidatur unterziehen, ob er die Bereitschaft für ein jahrelanges Engagement gegebenenfalls nochmals eingehen möchte. Deswegen sagen wir, die Wahl müssen doch die Bürger haben. Bei ihnen muss die Entscheidung liegen, wer gewählt wird.
Dass dabei gerade das Lebensalter eines älteren Kandidaten auch im Wahlkampf besonders thematisiert wird, also von den Wählern eben nicht übersehen werden kann, dafür werden schon die anderen, die jüngeren Gegenkandidaten sorgen.
Auch die Absenkung der Mindestaltersgrenze – der zweite Punkt – auf das 18. Lebensjahr wird von uns vor allem deshalb für sinnvoll erachtet, um eine Anpassung an das aktive Wahlrecht zu ermöglichen, denn wer volljährig ist, soll nicht nur selbst wählen können, sondern sich auch zur Wahl stellen können.
Ich halte im Übrigen gar nichts von denjenigen, die sagen, dass mit Herabsenkung des Mindestalters auf 18 das Amt der Lächerlichkeit preisgegeben werde und es doch undenkbar sei, dass ein so junger Mensch eine Verwaltung mit Hunderten von Mitarbeitern führt. Ich will es noch mal in das Rund
rufen: Es ist doch geradezu absurd, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass man mit 18 Jahren zwar Bundeskanzlerin der Bundesrepublik Deutschland werden kann, aber mit 18 Jahren nicht Oberbürgermeisterin der kreisfreien Stadt Eisenach.
Auf einen weiteren Demokratieaspekt möchte ich eingehen. Gerade Rot-Rot-Grün bzw. die Koalitionäre haben sich auf die Fahnen geschrieben: mehr Bürgerbeteiligung. Dieser Entwicklung wird aber durch eine Begrenzung der genannten Wahlfreiheit eben nicht Rechnung getragen. In einer Zeit, in der wir auch hier sehr intensiv darüber nachdenken, die jungen Alten in das Gemeindeleben einzubinden und die sehr aktiven 65- bis 80-Jährigen unter anderem auch für die Kommune zu begeistern, wird im Gegensatz dazu den Hauptberuflichen die Wahl oder der Verbleib im Amt verwehrt. Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist ein klarer Widerspruch.
Bereits in vier Monaten, am 15. April, finden in Thüringen die Kommunalwahlen statt. Dafür haben wir vor Monaten vorgeschlagen, das Kommunalwahlgesetz zu ändern. Es ist nicht plausibel zu erklären, wenn völlig zu Recht über die Flexibilisierung des Rentenalters geredet wird, sich aber hauptamtliche Bürgermeister und Landräte mit vollendetem 65. Lebensjahr nicht mehr zur Wahl stellen dürfen. Deshalb wollen wir diese Grenze streichen. Ich sage es noch mal: Wer volljährig ist, muss auch kandidieren können. Liebe Koalitionäre, es passt schlichtweg nicht zusammen, dass Rot-Rot-Grün zwar das Wählen mit 16 will, 18-Jährigen aber nicht zutraut, selbst gewählt zu werden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, letztendlich darf doch bei der Debatte um das Alter ein ganz wichtiger Aspekt nicht ausgeblendet werden: Am Ende entscheidet nämlich ohnehin der Wähler durch sein Votum bei der Direktwahl und wir wollen genau diese Entscheidung in die Hoheit des Wählers legen. Der Wähler hat das letzte Wort und das ist auch gut so. Mein Vertrauen in den Wähler ist jedenfalls groß.
(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Aber erst seit 2015, vorher hatten Sie gar kein Vertrauen in den Wähler! Deswegen ist Op- position gut, das öffnet den Blick!)