wir wollen an dieser Stelle Umweltverbund, wir wollen an dieser Stelle vielleicht eine autofreie Siedlung. Auch das gibt es schon in diesem Land. Die Frage ist, ob die Bauordnung diese Möglichkeit schafft. Darum geht es eigentlich.
Es ist auch, Herr Scherer, kein Geheimnis, dass die Lebensqualität durch diese Stellplatzpflicht in vielen Städten gelitten hat. Wir wissen, dass wir beim Umweltverbund noch lange nicht da sind, wo wir hinkommen wollen. Fußgänger und Radverkehr werden vernachlässigt.
Wir haben eine Beeinträchtigung von Lebensqualität, weil sehr viel Grünfläche unter Parkplätzen verschwunden ist. In diesem Zusammenhang ein ganz wichtiger Punkt: Auch Kommunen müssen die Möglichkeit haben, für Carsharing zu sorgen. Es geht bei der Stellplatzpflicht ebenso darum, dass weniger Autos herumstehen, sondern irgendwo untergebracht sind. Ein Carsharing-Auto kann deswegen zehn Stellplätze ersetzen. Das zu der Frage, wie wir mit innerstädtischen Flächen umgehen wollen. Insofern ist es vielleicht deutlich geworden, dass wir das Anliegen der LINKEN unbedingt teilen. Über den Weg dahin müssen wir uns offensichtlich noch
unterhalten. Denn die Frage ist: Will das Land etwas regeln, was es ohnehin nicht kontrolliert, sondern den Kommunen jetzt schon überlässt? Wir diskutieren, ehrlich gesagt, auch darüber, ob man diesen gesamten § 49 einfach komplett streicht.
Da würde die FDP wahrscheinlich sagen, das ist überlegenswert - Bürokratieabbau, wenn herauskommt, dass dieser Paragraph den Kommunen eigene Konzepte erschwert. Das möchte ich noch mal sehr betonen. Wenn nicht, dann müssen wir auch überlegen, das Thema Carsharing mit einzubringen in diesen Paragraphen.
Die Landesregierung hat bei dem Gesetzentwurf angekündigt, die Verfahrensfreiheit bei Stellplätzen und auch Fahrradabstellanlagen zu erweitern. Wenn das stimmt, Herr Carius, an diesem Paragraphen haben Sie bis jetzt nichts geändert. Vor dem Hintergrund meine Frage: In § 88 haben Sie die Möglichkeit gestrichen, dass Kommunen bestimmen können, Vorgärten nicht als Kfz-Stellplätze zu verwenden. Vielleicht können Sie das an dieser Stelle kurz begründen.
Die Bauordnung sagt auch, Kommunen können städtebauliche Satzungen erheben, also sich ihre eigenen Gedanken machen. Ich bin wirklich sehr gespannt. Wir haben schon einige Gruppen, Organisationen auf dem Schirm, die wir dazu ausführlich im Ausschuss befragen werden, ob das wirklich der Fall ist und wie das genutzt wird; das wird die Anhörung zeigen.
Ganz zum Schluss noch einen Hinweis an Ihr Haus, Herr Minister: Es gibt einen Irrläufer auf der Homepage, der verhindert, dass einige Leute Zugang zu der Synopse haben. Es gibt zwei Versionen auf Ihrer Homepage. Auf der einen sind die Novelle der Bauordnung und die Synopse eingestellt, bei einer anderen fehlt die Synopse.
(Zwischenruf Carius, Minister für Bau, Lan- desentwicklung und Verkehr: Wir haben es jedenfalls nicht verbaut.)
Ich glaube, die Synopse ist sehr hilfreich dafür, um sich über die Bauordnung zu informieren. Das sollte man tun, damit andere Abgeordnete entsprechende Möglichkeiten haben, an diesem Thema zu arbeiten. Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ich möchte mich bedanken für die Diskussion und auch die Zustimmung, die jetzt schon angedeutet wurde,
Was war Ausgangspunkt unseres Gesetzentwurfs? Fakt ist, Herr Untermann, der Referentenentwurf zur Änderung der Bauordnung lag noch nicht vor, als wir diesen Gesetzentwurf eingereicht hatten. Im Gegenteil, es wurde uns immer noch gesagt, wir wissen nicht, wann er kommt. Deshalb sind wir etwas in Vorleistung gegangen, um den Denkprozess voranzubringen. Wenn Herr Scherer sagte, jawohl, Radverkehr und Stadtentwicklung sind aktuelle Themen, dann, denke ich, werden wir eine sachgerechte Diskussion im Ausschuss dazu haben. Wir werden auch, Herr Scherer, da bin ich mir sicher, eine sinnvolle Regelung zur Änderung der Bauordnung zu diesem Thema einbringen. Unsere Idee des Gesetzentwurfs basiert auf Beschwerden von Bauherren, die regelmäßig Parkplätze für ihre Objekte vorweisen sollen, obwohl sie diese gar nicht brauchen, obwohl sie zum großen Teil Fahrrad fahrende Besucher haben. Das kann der Fall sein im Hotel- und Übernachtungsbereich, da macht das schon einige Stellplätze aus. Daher sollten unserer Auffassung nach in der Bauordnung Alternativen ermöglicht werden, welche keine Ablöseverpflichtung für nicht notwendige, aber geforderte Parkplätze enthalten. Es gibt bereits solche Regelungen seit 1996 in Nordrhein-Westfalen in § 51 der Bauordnung und meines Wissens auch in Hamburg.
Erst vor wenigen Tagen wurde durch den neuen Landesvorsitzenden des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs Thüringen, Dr. Friedrich Franke, die Infrastruktur durch den Radverkehr insbesondere bei Fahrradständern in Thüringen bemängelt, nachzulesen im „Freien Wort“ vom 10.09. Nachdem Ende Juni die Landesregierung mitgeteilt hat, dass es noch keinen Entwurf gab, haben wir uns aufgemacht, diese Gedanken heute in Gesetzesform hier einzubringen, weil wir der Meinung sind, dass wir im Interesse der Förderung des Radverkehrs gegenüber dem Individualverkehr mit dem Auto eine Gesetzesänderung jetzt in Gang bringen sollten. Nun liegt inzwischen der Referentenentwurf zur Novellierung der Bauordnung vor. Er berücksichtigt leider nicht die immer wieder beschworene Abkehr vom Individualverkehr mit dem Pkw. Die fehlenden Regelungen für Abstellplätze für Räder führen in Innenstädten dazu, dass immer noch mehr Autoverkehr konzipiert wird und Flächen unnötig als Parkflächen benötigt werden, statt platzsparende Flächen für Räder zur Verfügung zu stellen. Und einmal ganz ehrlich, wer von den Abgeordneten und auch von den Regierungsbänken bewegt sich denn regelmäßig mit dem Fahrrad in den Städten? Ich denke, es sind die wenigsten.
Hut ab, Herr Bauminister. Aber man kann nicht so tun, dass das Problem nicht existiert, wenn man selber davon nicht betroffen ist. Deshalb denke ich, wir werden eine Regelung finden. Ich erinnere an den erst am letzten Sonntag stattgefundenen autofreien Tag, der ja publiziert und offiziell begleitet wird. Es sollte nicht nur ein Feigenblatt sein, dass wir hier eine Veränderung in der Stadtentwicklung wollen, sondern es sollte tatsächlich echte Alternativen im Baugesetz geben, um unsere Städte grüner, schöner und umweltbewusster zu gestalten. Ich freue mich auf die Ausschussdiskussion und beantrage die Überweisung an den entsprechenden Bauausschuss. Danke.
(Zuruf Carius, Minister für Bau, Landesent- wicklung und Verkehr: Das können wir im Ausschuss besprechen.)
Demzufolge schließe ich die Aussprache zu diesem Gesetzentwurf. Es ist Überweisung an den Ausschuss für Bau, Landesentwicklung und Verkehr beantragt worden. Wer dieser seine Zustimmung gibt, den bitte ich um das Handzeichen. Das sind die Stimmen aus den Fraktionen DIE LINKE, der SPD, der FDP-Fraktion und einige Stimmen aus der CDU-Fraktion. Ich frage nach den Gegenstimmen. Die gibt es nicht. Stimmenthaltungen? Die gibt es auch nicht. Damit ist dieser Gesetzentwurf mit einer Mehrheit an den Ausschuss für Bau, Landesentwicklung und Verkehr überwiesen worden. Ich schließe den Tagesordnungspunkt 4.
Gesetz zur Änderung des Thüringer Besoldungsgesetzes Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 5/4850 ERSTE BERATUNG
Nein. Dann kann ich gleich die Aussprache eröffnen und rufe als Ersten für die CDU-Fraktion den Abgeordneten Kowalleck auf.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, eine Begründung des Gesetzentwurfs ist wahrscheinlich in dem Sinne nicht notwendig, da
der Gesetzentwurf hier in schriftlicher Form vorliegt und die Begründung doch recht umfangreich ist. Sie beziehen sich mit Ihrem Gesetzentwurf auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von der auch Thüringen betroffen ist. Das Ganze geht auf einen Beschluss vom 19. Juni 2012 zurück, nach dem die Ungleichbehandlung von eingetragenen Lebenspartnerschaften und der Ehe beim beamtenrechtlichen Familienzuschlag seit dem 1. August 2001 mit dem allgemeinen Gleichheitssatz des Artikels 3 Abs. 1 Grundgesetz unvereinbar ist. Mit dem Gesetzentwurf soll dem Auftrag des Bundesverfassungsgerichts entsprochen werden. Nach unserer Auffassung geht der vorliegende Gesetzentwurf zur Änderung des Thüringer Besoldungsgesetzes über den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts hinaus, weil er nicht nur noch nicht abschließend entschiedene, zeitnah geltend gemachte Ansprüche erfasst, sondern alle ab dem 1. August 2001 in eingetragener Lebenspartnerschaft lebende Beamte. Hier haben wir große Bedenken, nicht nur wegen der Mehrkosten, sondern auch wegen der Präzedenzwirkung bei weiteren derzeit laufenden verfassungsrechtlichen Streitigkeiten im Besoldungsbereich. Wir möchten gern den Gesetzentwurf im Haushalts- und Finanzausschuss weiterberaten und unterstützen deshalb als CDU-Fraktion eine Ausschussüberweisung.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Schülerinnen und Schüler auf der Tribüne, zuerst möchte ich einmal der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN danken, dass sie den Gesetzentwurf eingebracht hat.
Denn Sie haben eine Forderung der LINKEN und der damaligen PDS, die wir seit vielen Jahren immer wieder auf parlamentarischer Ebene eingebracht haben, jetzt umgesetzt. Darum ist es in Ordnung, wenn wir die Möglichkeit haben, gemeinsam über diesen Gesetzentwurf zu reden, also danke.
Ich will noch einmal ein Stückchen in die Historie gehen. Zu einfach sollten wir es uns bei dieser Thematik gemeinsam nicht machen. Im Sommer 2009, und das will ich noch mal ganz bewusst sagen, hat meine Fraktion DIE LINKE beim Thüringer Verfassungsgericht eine Normenkontrollklage eingereicht. Kernstück dieser Klage war das Verlangen der Gleichstellung von gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften im Besoldungs- und Versorgungsrecht. Die Fraktion hat diese Klage damals gemein
sam mit dem LSVD Thüringen vorbereitet und sie ist gemeinsam unterstützt worden. Grund war - und ich sagte es bereits -, dass wir bereits in den vorhergehenden Legislaturen des Öfteren versucht hatten, ein umfangreiches Artikelgesetz hier in den Landtag zur Beratung zu stellen, um den nicht vorhandenen Gleichstellungspassus umzusetzen. Das ist leider nicht passiert, darum die Klage, um die damalige CDU, die sich ja da immer ein bisschen eng hatte bei der Umsetzung der Thüringer Verfassung, Artikel 2 Abs. 3 auf den Weg zu bringen, um somit die Diskriminierung wirklich zu beseitigen.
Das Land darf also, so steht es in der Thüringer Verfassung, weder Lesben noch Schwulen sowie gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften gegenüber den Heterosexuellen oder den Menschen, die in einer Form der Ehe zusammenleben, keine Benachteiligung aussprechen. Das ist leider nicht passiert. Wir wissen, seit der Verabschiedung der Verfassung, seit 1994, wird immer wieder dagegen verstoßen.
Wir erinnern uns an der Stelle auch noch einmal, dass es die Thüringer Landesregierungen waren in den letzten 18 Jahren, die vor allen Dingen gemeinsam mit dem Land Bayern sich schwergetan haben, auch das Bundesgleichstellungsgesetz zu akzeptieren. Sie haben sogar eine Klage in Karlsruhe eingereicht und zum Glück verloren, sage ich auch an der Stelle.
Ich sage auch, dass es die alten Thüringer Landesregierungen waren, die einfach bei der Umsetzung des Thüringer Ausführungsgesetzes zum Lebenspartnerschaftsgesetz formuliert haben, dass die Eintragung von Lebenspartnerschaften im Weimarer Gauforum zu erfolgen hatte. Das war ein Skandal.
Zum Glück ist dieses schnell reduziert und verändert worden, dass heute Lebenspartnerschaften auch auf Standesämtern geschlossen werden können.
Sie sehen, werte Damen und Herren, wir haben beim Thema Gleichstellung eine Vielzahl von offenen Baustellen, die wir noch gemeinsam bearbeiten müssen.
Ich will noch einmal auf unsere Verfassungsklage zurückkommen. Wir wissen, der Verfassungsgerichtshof hat in den zurückliegenden Jahren mehrfach bei der Landesregierung angefragt, ob sie sich nun endlich vorstellen könnten, sich entsprechend den Gesetzen zu bewegen und die Änderungen im Besoldungs- und Versorgungsrecht auf den Weg zu bringen. Erst auf Druck dieser Klage, wissen wir, hat das die Landesregierung getan und das ist gut so. Ja, es ist gut so, dass sie sich bewegen musste. Wir haben auch durch das Verfassungsgericht mit
geteilt bekommen, dass wir, wenn die Klage zu Ende verhandelt worden wäre, natürlich recht erhielten. Das zeigt auch, dass unsere Klage dahin gehend gewirkt hat. Links ist mal wieder ein starkes Argument, um Oppositionspolitik hier im Landtag umzusetzen, wenn es sich dann auch zum Teil die Landesregierung als Erfolg auf die Fahnen schreibt.