Aber in der Sache will ich darüber nicht weiter lamentieren, denn es geht um die Gleichstellung der Betroffenen. Das ist das Allerwichtigste. Somit können wir heute feststellen, fast 20 Jahre andauernder Verfassungsbruch wurde geklärt und es wurde auch zugunsten der Betroffenen geklärt, obwohl bei näherer Betrachtung vielleicht auch noch mal der Blick auf die Beihilferegelung, auf die Hinterbliebenenregelung und auf die Familienzuschläge insbesondere zu lenken ist, denn der Gesetzentwurf von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sagt ja, sie wollen aufgrund des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 19. Juni dieses Jahres eine Rückwirkung erlangen. So weit, so gut, darüber soll auch in den zuständigen Ausschüssen diskutiert werden, aber wir stellen uns die Frage, werte Kolleginnen und Kollegen, auch die Anregung an die Kollegen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, ob wir vielleicht erstens noch mal prüfen sollten, ob angesichts des Diskriminierungsverbots in der Thüringer Verfassung hinsichtlich der sexuellen Orientierung, wie bereits erwähnt in Artikel 2 Abs. 3, die Rückwirkung bis zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Diskriminierungsverbotes zurückdatiert werden sollte. Diese Rückwirkung, werte Damen und Herren, würde für uns bedeuten, wir müssten zurückgehen auf das Jahr 1994 oder 1993, denn nach Ansicht meiner Fraktion wäre das möglich, da mittlerweile das Land die Gesetzgebungskompetenz bei der Beamtenbesoldung hat und die tatsächlich originären Zahlungsverpflichtungen schon immer beim Land gelegen haben, auch schon vor der Föderalismusreform. Das sollten wir noch einmal bereden, denn dieses ist auch eine Forderung der Betroffenenverbände. Zweitens sollten wir in den Ausschüssen noch mal prüfen, ob sich auch als Schlussfolgerung aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts - auch wenn natürlich nur ausdrücklich der Familienzuschlag im Mittelpunkt stand - andere Besoldungsund Versorgungsansprüche eventuell rückwirkend bis auf 1994 daraus ableiten lassen. Wir sehen, wir haben mit dem Gesetzentwurf von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zwar einen weiteren Mosaikbaustein bei der Umsetzung der Gleichstellung von Lesben und Schwulen in Thüringen, aber es wären noch mehrere kleine Bausteine oder Puzzles hinzuzufügen. Da sage ich auch, diese Puzzles haben wir aus einer Mehrzahl von Kleinen Anfragen, die in den letzten Wochen gestellt und beantwortet worden sind, herausgelesen. Es gibt noch viele, viele andere Punkte, die es wert wären,
hier im Landtag zu diskutieren. Ich sage einmal nur die Punkte Gestaltung von Schulbüchern in den Unterrichtsfächern. Ich sage aber auch die Erleichterung der Adoption von Kindern bei gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften oder ich sage die Abschaffung des Blutspendeverbots von homosexuellen Männern.
Das sind Baustellen, die müssen wir unbedingt auch hier im Thüringer Landtag in den nächsten Wochen noch bereden. Wir hätten da auch noch mehrere Vorschläge, aber lassen Sie sich überraschen, die Fraktion DIE LINKE wird diesbezüglich weitere Aktivitäten hier in den Landtag einreichen. Jetzt wollen wir erst einmal den Gesetzentwurf von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in den zuständigen Ausschüssen diskutieren und einen weiteren Meilenstein zur Umsetzung der Gleichstellung von Lesben und Schwulen hier in Thüringen setzen. Danke schön.
Also Justiz- und Verfassungsausschuss, Innenausschuss und der Haushalts- und Finanzausschuss ist vorhin schon beantragt worden. Dann für die SPD-Fraktion der Abgeordnete Dr. Pidde.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, es ist ja schon von den Vorrednern genannt worden, dass aufgrund des Urteils des Bundesverfassungsgerichts jetzt eine gesetzliche Regelung geschaffen werden muss, die diesem Urteilsspruch Rechnung trägt. Die Landesregierung ist dabei und bereitet entsprechende Änderungen vor. Der Gesetzentwurf dazu ist in Arbeit und wir haben jetzt hier von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN einen eigenen Gesetzentwurf vorgelegt bekommen. Es ist nun die Grundsatzfrage: Soll man das jetzt in einem Einzelgesetz im Schnellverfahren lösen oder soll man es andererseits im Rahmen von ohnehin notwendigen Änderungen im Besoldungsgesetz dann beraten und entscheiden? Darüber werden wir im Haushalts- und Finanzausschuss sicher zu reden haben. Die Überweisung dahin ist schon beantragt worden.
Meine Damen und Herren, wir haben im Koalitionsvertrag zwischen CDU und SPD entsprechende Punkte hineingeschrieben, wo es um Ungleichbehandlung eingetragener Lebenspartnerschaften gegenüber Ehen geht und dass wir diese Punkte entsprechend angehen und beseitigen wollen. Es ist ja im Beamten- und Besoldungsrecht in den letzten drei Jahren schon etliches von dem korrigiert worden, was von der Vorgängerregierung dort gemacht worden ist. Es gibt aber auch andere Dinge, die in diesem Bereich Gleichstellung von eingetragenen Lebenspartnerschaften nötig sind. Ich will anspielen auf das Steuerrecht, auf das Ehegattensplitting.
Ich habe es im Sommer nicht als Sommertheater empfunden, als parteiübergreifend über dieses Thema debattiert wurde, weil es ein Problem ist, welches gelöst werden muss. Ich würde mir wünschen, dass es aufgegriffen und gelöst wird, bevor erst das Bundesverfassungsgericht eine Klage hat und dann eine Entscheidung trifft und dann den Parteien in das Stammbuch schreibt, dass das Problem gelöst werden muss. Die SPD hält es für folgerichtig, dass das Steuerprivileg Ehegattensplitting, solange es das überhaupt noch gibt, auch auf verpartnerte Schwule und Lesben übertragen wird. Wir sind gegen Diskriminierung und wollen die volle Gleichstellung von eingetragenen Lebenspartnerschaften. Allerdings, und das ist ja die Frage, ob das Ehegattensplitting generell erhalten bleibt, überhaupt noch zeitgemäß ist. Viele Menschen praktizieren heute halt andere Lebensmodelle als die Ehe und Lebensgemeinschaften ohne Trauschein profitieren vom Ehegattensplitting nicht, selbst dann nicht, wenn Kinder vorhanden sind. Wegen fehlender Anreizwirkung für Frauen kritisiert die OECD das Ehegattensplitting seit Jahren und sieht es als Hindernis dafür, dass Frauen dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen. Es ist teuer und ungerecht. Das Ehegattensplitting verursacht steuerliche Mindereinnahmen in Milliardenhöhe. Hauptnutznießer sind Gutverdiener, während Geringverdiener überhaupt nichts davon haben.
Die SPD schlägt einen Übergang zur Individualbesteuerung statt Ehegattensplitting vor. Gelten soll diese Regelung allerdings nur für Neuehen und eingetragene Lebenspartnerschaften und damit werden bestehende gegenseitige Unterhaltsverpflichtungen von Eheleuten respektiert und es wird Vertrauensschutz im Hinblick auf das bisherige Steuermodell gewährt. Das Modell ist also ein Kompromiss zwischen bisheriger und neuer Regelung.
Die durch die Umstellung auf eine Individualbesteuerung schrittweise freiwerdenden finanziellen Mittel sollen nach unseren Vorstellungen vollständig wieder für Familien mit Kindern bereitgestellt werden. Da gibt es genügend finanziellen Bedarf. Ich nenne nur den weiteren Ausbau von Kindertagesstätten und Ganztagsschulen und ich meine das nicht nur in Quantität, sondern auch in Qualität.
Sie sehen also, es gibt genügend weitere Baustellen in der Frage der Gleichstellung von eingetragenen Lebenspartnerschaften und im Falle des Ehegattensplittings könnte eine ergebnisoffene Diskussion zu ganz neuen Lösungen führen. Wir verfolgen das aufmerksam, wie da CDU, CSU und FDP in Berlin agieren. Da gibt es progressive Kräfte, die den Handlungsbedarf sehen und ernst nehmen. Allerdings gibt es auch Kräfte, die die veränderte Lebenswirklichkeit vieler Menschen in unserem Lande schlichtweg ignorieren. Insofern also ein spannendes Thema. Ein Teil wird jetzt aufgegriffen und den werden wir auch im Haushalts- und Finanzausschuss dann in seiner Gänze entsprechend beraten. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Sehr verehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Gäste auf der Tribüne! Sehr geehrter Herr Pidde, es hat zwar nichts mit dem Thema zu tun, was Sie gerade doziert haben, aber es provoziert trotzdem meine Gegenrede. Also wer mit der Axt an das Ehegattensplitting herangeht, schlägt jeder Familie und jeder den Familien gleichzustellende Lebenspartnerschaft ins Gesicht.
Ich finde es sehr bemerkenswert, dass Sie weiter zulasten der weiter nicht in den Griff zu bekommenden Staatsausgaben jetzt noch an die Familien herangehen, die es schon schwer genug haben, ihren gesamten Bedarf zu decken, wo wir eigentlich auf Entlastung drängen sollten, hier weitere Belastungen einzuführen.
Ich habe auch letztens da etwas veröffentlicht, zu sagen, wir müssen eher hingehen, die Familienkomponente oder die Lebensgemeinschaftskomponente mit Kindern noch weiter zu privilegieren und nicht weiter zurückzubauen.
Nun aber zum Thema, dem eingebrachten Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ich denke, da reichen ganz wenige Worte, denn so viel Respekt sollten wir vor unserem höchsten deutschen Gericht haben, dass, wenn der 2. Senat unseres Bundesverfassungsgerichts entschieden hat, diese Ungleichbehandlung zu beseitigen, wir eigentlich gar nicht diskutieren und keine Gesetze brauchen, wir müssen es einfach umsetzen.
Ich zitiere: „Der Gesetzgeber ist verpflichtet, den festgestellten Verfassungsverstoß für die in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft lebenden Beamten, die ihren Anspruch auf Auszahlung des Familienzuschlags zeitnah geltend gemacht haben, rückwirkend zum Zeitpunkt der Einführung des Instituts der eingetragenen Lebenspartnerschaft mit Wirkung zum 1. August 2001 zu beseitigen.“ Nichts anderes haben Sie gefordert. Das findet unsere Unterstützung, gern auch vorher im Ausschuss. Aber das ist auch überflüssig. Vielen Dank.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, es hat sich in der Lebenswirklichkeit von vielen Menschen in Deutschland und auch in Thüringen etwas geändert und es hat sich ja sogar in diesem Landtag was geändert. Vor einigen Tagen haben wir uns nicht nur freuen können, unseren ersten Regenbogenempfang hier geben zu können,
weil nämlich die Welt mittlerweile bunt geworden ist, regenbogenfarbig geworden ist in dem Zusammenleben von Menschen. Wir bedanken uns auch noch einmal ausdrücklich bei der Regierung dafür, dass zwei Minister uns die Ehre gegeben haben, dort auch teilzunehmen.
Also ich muss das jetzt an Sie geben, Sie waren es zwar nicht, Herr Voß, aber danke an die beiden Minister, die dagewesen sind; die haben gezeigt, wie wichtig sie dieses Thema auch nehmen.
Die Debatte hier ist getragen davon, dass man, aus welchen Gründen auch immer, zu der Einsicht kommt, na ja, an dem Bundesverfassungsgericht kommen wir wohl nicht ganz vorbei und das tun wir tatsächlich auch nicht und das ist auch gut so. Ich erlaube mir, mit Ihrer Erlaubnis, aus der Presseerklärung des Bundesverfassungsgerichts noch ein
mal zu zitieren. Keine Sorge, ich mache es nur mit zwei Sätzen, aber diese beiden Sätze sollten wir uns mehr oder weniger an die Wand meißeln. Ich zitiere: „Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln sowie wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Verboten ist daher auch ein gleichheitswidriger Begünstigungsausschluss, bei dem eine Begünstigung einem Personenkreis gewährt, einem anderen Personenkreis aber vorenthalten wird.“ Ein zweiter Satz, ich zitiere: „Allein der besondere Schutz der Ehe in Art. 6 Abs. 1 Grundgesetz vermag die Ungleichbehandlung von Ehe und eingetragener Lebenspartnerschaft nicht zu rechtfertigen. Es fehlt auch an weiteren sachlichen Gründen für die Rechtfertigung der Besserstellung verheirateter Beamter.“ Damit ist tatsächlich fast schon alles gesagt. Ich kann Frau Stange nur zustimmen, wenn sie sagt, 20 Jahre Verfassungswidrigkeit ist damit hoffentlich auf dem Weg, beendet zu werden. Völlig richtig. Ich freue mich, dass die CDU den Antrag auf Überweisung an den Ausschuss eingebracht hat, weil ich davon ausgehe, dass dann auch eine Zustimmung dort kommen wird. Ich finde es allerdings schade, Herr Kowalleck, wenn dann über Mehrkosten gesprochen wird und wir genau wissen, wir reden von wenigen Fällen, vielleicht noch nicht einmal von zweistelligen Zahlen, sondern nur von einstelligen Zahlen. Also die Mehrkosten dürfen kein Thema sein und werden auch kein Thema sein.
Was ich noch viel schlimmer fand an Ihrer Bemerkung, das ist die Präzedenzwirkung. Entschuldigung, also dass wir einem Verfassungsgerichtsurteil folgen, diese Präzedenzwirkung allerdings, die möchte ich jedes Mal hier haben, das wäre wohl noch schöner, wenn das nicht der Fall wäre. Wir haben einem Gesetz zu folgen, zumal, wenn es das Grundgesetz ist in zwei Artikeln.
Der Staat wird daran gemessen, wie er mit seinen Minderheiten umgeht, Herr Kowalleck, und seien sie auch noch so klein, und dementsprechend ist das keine Präzedenzwirkung in dem Sinne, sondern meiner Ansicht nach eine positive.
In dem Zusammenhang auch noch einmal kurz auf Herrn Kemmerich eingegangen: Das Thema Ehegattensplitting ist ein Thema, was sicherlich auch noch zu Fall gebracht werden wird aus ähnlichem Grund.
war für Subventionsabbau, wer möchte weniger Steuern zahlen und dementsprechend weniger Subventionen haben, und dann kommen Sie und reden für das Ehegattensplitting. Klasse! Wirklich klasse!