Was die Anhebung der Grundfreibeträge, die nun hier mit in das Gesetz gepackt worden sind, angeht, so hat sie die Bundesregierung damit begründet, dass ein nötiger Entlastungsbedarf vorhanden sei. Auch hier wurde im Bundestag und auch im Ausschuss darüber beraten, es konnte jedoch der Nachweis dazu nicht erbracht werden. So soll der Grundfreibetrag angehoben werden ohne eine echte Berechnungsgrundlage. Das ist schon ganz schön abenteuerlich.
Meine Damen und Herren, lassen Sie es mich zusammenfassen: Hier geht es um Wahlgeschenke, insbesondere für Besserverdienende und es sind Geschenke auf Pump. Für Thüringen und seine Kommunen würden es im nächsten Jahr, also 2013, ca. 15 Mio. € Mindereinnahmen bedeuten, das Einnahmedefizit würde sich in den folgenden Jahren bis auf 50 Mio. € erhöhen. Nun kommt natürlich noch ein Lockangebot der Bundesregierung dazu, nämlich dass der Bund einen größeren Anteil an den Steuerentlastungen übernehmen soll, abweichend von dem normalen Verteilungsverhältnis für die Einkommenssteuer, bei dem Bund und Länder mit je 42,5 Prozent und die Kommunen mit 15 Prozent an den Einnahmen beteiligt sind. Trotzdem würde es zu Einnahmeverlusten durch Steuermindereinnahmen führen. Dazu kämen natürlich noch die Mindereinnahmen im Rahmen des Länderfinanzausgleichs, weil die Steuermindereinnahmen bei den reicheren Ländern deutlich stärker zu Buche schlagen würden. Also würde es weiter nichts bringen als neue Löcher in unseren Kassen. Ein solches Vorgehen wäre generell kontraproduktiv zur Haushaltskonsolidierung, die wir in unserem Land betreiben.
Wir wollen die Schuldenbremse erfüllen. Das geht aber nicht nur mit Kürzungen auf der Ausgabenseite. Stabile Einnahmen sind die Grundlage für solide und ausgewogene Haushalte. Ich bin froh mit Blick auf den Koalitionsvertrag, dass unsere Landesregierung im Bundesrat diesem Gesetzentwurf nicht zustimmen wird. Ich sehe auch keinen weiteren Grund zur Behandlung dieses Themas. Da aber die CDU-Fraktion unbedingt eine Beratung im Haushaltsausschuss wünscht, werden wir uns dem natürlich nicht entgegenstellen. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Vielen herzlichen Dank, Herr Abgeordneter Dr. Pidde. Das Wort hat jetzt Abgeordneter Frank Kuschel für die Fraktion DIE LINKE.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, sehr geehrte Gäste auf der Gästetribüne, ein Gespenst geht wieder einmal um in der Bundesrepublik Deutschland, und zwar das Gespenst der kalten Progression. Unter dem Deckmantel der Bekämpfung dieser sogenannten kalten Progression will die schwarz-gelbe Bundesregierung wieder einmal Steuern senken. Es geht insgesamt um eine Summe von etwa 6 Mrd. €. Herr Pidde hat schon darauf verwiesen, von diesen 6 Mrd. € würden mit 3 Mrd. €, also der Hälfte, die oberen 20 Prozent der Einkommensbezieher profitieren. Es geht letztlich wieder um eine Umverteilung von unten nach oben. Die FDP möchte nun, dass der Landtag hier die Landesregierung auffordert, diesem Gesetz zuzustimmen, und zwar im Bundesrat. Meine Fraktion, DIE LINKE, und ich persönlich raten der Landesregierung davon ab. Auch wenn sicherlich die Motivation anders ist, habe ich die SPD eben so verstanden, dass die Empfehlung an die Landesregierung geht, dem Gesetz nicht zuzustimmen.
Der Gesetzentwurf der Bundesregierung ist schon deshalb nicht zustimmungsfähig, weil er das Problem der Steuergerechtigkeit in der Bundesrepublik nicht einmal ansatzweise löst, sondern sogar verschärft, weil wieder einmal von dieser Steuergesetzänderung letztlich die Besserverdienenden am stärksten profitieren und damit die Verwerfungen im Steuerrecht nicht angepackt werden. Die kleinen oder mittleren Einkommen werden nur minimal entlastet. Die kalte Progression - das nur noch einmal zur Information auch für die Öffentlichkeit - resultiert vor allem aus dem Tarifknick oder auch Mittelstandsbauch im Steuertarif, aber der wird im Übrigen nicht angetastet. Das verwundert, weil sich die FDP sonst immer als Lobbypartei für die Mittelschicht deklariert. Aber der Tarifknick, den ich beschrieben habe, bewirkt, dass insbesondere bei Einkommen zwischen 800 und 1.400 € im Monat die Steuerbelastung zunächst sehr stark ansteigt, Einstieg 14 Prozent und nach relativ kurzer Zeit auf 25 Prozent, und oberhalb von 1.400 € sich dann abflacht. Diesen Knick zu beseitigen, ist ein Bestandteil des Steuerkonzepts der LINKEN, das schon seit mehreren Jahren vorliegt und zur Diskussion gestellt wurde. Die Beseitigung dieses Tarifknicks zwischen 800 und 1.400 € im Monat wäre tatsächlich die wirksamste Lösung auch mit Blick auf die sogenannte kalte Progression. Darüber hinaus müsste die Beseitigung dieses Knicks im Steu
ertarif ergänzt werden mit der Anhebung des Steuerfreibetrags, des Grundbetrags auf rund 9.300 €, also noch einmal um 1.000 € über dem, was jetzt die Koalition in Berlin vorhat. Das entspricht im Übrigen den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts. Das hat gesagt, dass etwa, wenn ich die Altersvorsorge und die pauschalierten Werbekosten hinzurechne, etwa 9.600 € im Jahr steuerfrei sein müssten, weil sich da das Existenzminimum befinde. Dieser Grundfreibetrag von 9.300 € wäre dann tatsächlich eine Entlastung für alle Steuerpflichtigen, also auch für uns, die schon im Bereich der Besserverdienenden anzusiedeln sind.
Jetzt wird immer sofort gefragt: Wie will DIE LINKE das gegenfinanzieren? Das will ich Ihnen hier auch kurz darstellen als Diskussionsangebot, nachzulesen auch noch einmal in unserem Steuerkonzept. Wir wollen den Spitzensteuersatz auf 53 Prozent ab 65.000 € Jahreseinkommen anheben. Danach würden Einkommen bis 70.000 € pro Jahr entlastet, also auch unser Einkommen als Landtagsabgeordnete, zumindest wenn wir außer den Landtagsdiäten über keine weiteren Einkommen verfügen. Erst ab einem Einkommen von 70.000 € im Jahr würde eine Zusatzbelastung erfolgen. Das ist aber aus unserer Sicht zumutbar.
Die Bundesratsentschließung von einigen Bundesländern, die einen Spitzensatz von 49 Prozent fordern, ist ein erster richtiger Schritt in die richtige Richtung. Es wäre ein Anfang und da wäre die Landesregierung aufzufordern, dem beizutreten. Nebenbei ist noch anzumerken, meine Damen und Herren der FDP, als Beispiel Ihrer Begründung Ihres Antrags steht ein mittleres Einkommen von 3.200 € im Monat. Nach den Zahlen des Landesamtes für Statistik in Thüringen liegt das Durchschnittseinkommen in Thüringen - das ist ja dann das mittlere Einkommen - bei nur 2.300 € pro Jahr. Ihre 3.200 € betreffen Ihre Klientel aber nicht den Durchschnitt in Thüringen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben nichts gegen den Kampf gegen das Gespenst kalte Progression, wir sind sogar selbst noch viel stärker dafür, und zwar durch den höheren Freibetrag und den linear progressiven Tarif, also Abschaffung des Tarifknicks, aber trotzdem sprechen wir uns für die Ablehnung dieses Antrags aus, weil das Gesamtpaket der Bundesregierung unzureichend ist. Es fehlt die Wirkung des Grundsatzes der sozialen Gerechtigkeit, auch im Steuerrecht, und die Gegenfinanzierung ist nicht gesichert.
Herr Barth, Sie haben darauf verwiesen, die Steuern sind auf Rekordniveau angestiegen und insofern sind weitere Steuersenkungen durchaus anzuraten. Da ist anzumerken, dass der Anstieg der Steuern in keinem Fall mit dem Anstieg der privaten Vermögen mithält. Die privaten Vermögen, allein die Fiskalvermögen sind inzwischen auf über 5 Bil
lionen € angestiegen. Wenn ich das Grundvermögen noch hinzurechne, weitere 6 Billionen €. Dem stehen 2 Billionen € öffentliche Schulden gegenüber und dieses Vermögen konzentriert sich auf 12 Mio. Bundesbürger. 12 Mio. Bundesbürger verfügen im Wesentlichen über 5 Billionen € Fiskalvermögen und 6 Billionen € Grundvermögen. Die Verwerfung im Steuerrecht besteht darin - das weiß der Finanzminister -, dass 85 Prozent des Gesamtsteueraufkommens von rund 630 bis 640 Mrd. € aus lohnabhängiger Arbeit und Verbrauch und nur noch 15 Prozent aus Eigentum und wirtschaftlicher Betätigung resultieren. Das können Sie auch in unserem Haushalt sehen. Die wesentlichen Einnahmen erfolgen aus der Umsatzsteuer und der Einkommensteuer. Wir hatten schon einmal die Körperschaftsteuer im zweistelligen Millionenbetrag und das ist eine Verwerfung, da müssen wir ran. Das Verhältnis war übrigens 1990 60 : 40. 1990 stammten noch 60 Prozent aus Einkommen, also aus lohnabhängiger Arbeit und Verbrauch, und 40 Prozent resultierten zumindest aus Eigentum und wirtschaftlicher Betätigung.
Danke schön. Also von daher muss aus unserer Sicht dort angesetzt werden und wir bleiben dabei, unser Gemeinwesen hat nach wie vor in erster Linie ein Einnahmeproblem. Da schließen wir nicht aus, dass auf der Ausgabenseite auch Nachjustierungen und Korrekturen erforderlich sind. Danke.
Sie haben darauf hingewiesen, dass ein Großteil des Steueraufkommens durch Einkommensteuer und direkt personenbezogene Steuern gezahlt wird. Ist Ihnen bekannt, wie hoch und wie die Verteilung innerhalb der Einkommensteuer aufgeteilt ist, also wer innerhalb der Einkommensteuer letztlich überhaupt Steuern bezahlt? Es gibt ja durchaus seriöse Finanzwissenschaftler, die belegen, dass sowohl die unteren 10 Prozent als auch die oberen 10 Prozent kaum Einkommensteuer bezahlen aus unter
schiedlichen Gründen, dass aber das Thema „kalte Progression“ genau da beim Mittelstand oder bei der Mittelschicht ansetzt, weil die die tatsächlichen Einkommensteuerbezahler sind. Ist Ihnen das bekannt?
Wir haben in Thüringen aufgrund des geringen Lohnniveaus tatsächlich eine andere Struktur der Einkommensteuer, weil bei der Einkommensteuer auch die veranlagte Einkommensteuer mit einfließt, das heißt, von allen Einzelunternehmern, die nicht in einer Gesellschaftsform ihr Unternehmen strukturiert haben, fließt das mit ein. Wir haben tatsächlich nach meinem Kenntnisstand fast 40 Prozent der lohnabhängig Beschäftigten, die keine Einkommensteuer bezahlen. Aber das ist ein Problem unseres Lohnniveaus. Das kann ich nicht über das Steuerrecht korrigieren. Da müssen sich Einkommen entwickeln. Ich verweise noch mal darauf: Was Sie beschrieben haben, den sogenannten Mittelstandsbauch, da stimme ich Ihnen zu, das betrifft aber Einkommen tatsächlich im Bereich zwischen 25.000 und 35.000 € im Jahr. Da ist eine überproportionale Belastung. Was hier angefasst werden soll, ist der sogenannte Steuerknick beim Einkommen oder der Steueranstieg zwischen 800 und 1.400 € im Monat. Da können Sie sich selbst ausrechnen, bei 800 € kommen die knapp auf 10.000 € Jahreseinkommen, und bei 1.400 sind es dann 16.000/17.000 €. Das ist eigentlich nicht die Zielgruppe des Mittelstandes, sondern das ist im unteren Bereich, weil ab 1.400 € im Monat diese Kurve abflacht. Dann gibt es noch mal den Mittelstandsbauch, das ist richtig, das verwundert mich ja, dass die FDP dort nicht ansetzt, weil das ein wesentlicheres Problem ist. Unser Konzept ist einfach, diesen Knick wegzunehmen, also linear ansteigen zu lassen und durch die Erhöhung des Grundfreibetrages auf 9.300 € im Grunde genommen die Einkommensbezieher bis 800 € von der Einkommensteuer vollkommen zu befreien. Aber allein mit der Korrektur im Bereich der Einkommensteuer lösen wir das Steuerproblem und das Einnahmeproblem in unserer Gesellschaft nicht, weil, wie ich vorhin darauf verwiesen habe, brauchen wir mehr Steuereinnahmen aus Vermögen und aus wirtschaftlicher Betätigung.
Ich will eine letzte Zahl nennen, was das Vermögen betrifft, 6 Billionen € Grundvermögen. Nach der Abschaffung oder Aussetzung der Vermögensteuer wird das Vermögen, wenn ich mal den Grunderwerb wegnehme, nur noch besteuert über die Grundsteuer. Da können Sie es sich selbst ausrechnen, bei 6 Mio. das jährliche Aufkommen der Grundsteuer 12 Mrd., das ist eine Steuerquote von 0,2 Prozent. Mit 0,2 Prozent wird Grundvermögen besteuert. In den USA liegt die Steuerquote beim Grundvermögen bei 3,4 Prozent. Mir ist nicht be
kannt, dass die USA irgendwie nicht mehr zu dem Bereich der Länder zählt, an denen sich die Bundesrepublik orientiert. Von daher ist eine Forderung, eine höhere Besteuerung des Grundvermögens in Erwägung zu ziehen, durchaus zulässig, wenn daraus Leistungen des Staates besser finanziert werden können, was dann auch wieder Nachfragen erzeugt, was gerade wieder dem Mittelstand zugute kommt. Das will ich aber hier nicht alles erläutern. Danke schön.
Vielen herzlichen Dank, Herr Abgeordneter Kuschel. Das Wort hat jetzt Abgeordnete Lehmann für die CDU-Fraktion.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, schon oft hat uns die FDP-Fraktion hier im Plenum mit Anträgen zur Steuerpolitik beschäftigt. Heute geht es um den Abbau der kalten Progression und darum, dass wir die Landesregierung beauftragen sollen, im Bundesrat dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Abbau der kalten Progression zuzustimmen.
Wir haben uns an dieser Stelle schon oft über unser deutsches Steuerrecht verständigt. Die CDUFraktion im Thüringer Landtag ist nach wie vor der Auffassung, dass das gegenwärtige deutsche Steuerrecht zu kompliziert und von den Bürgern zu Recht als unzulänglich empfunden wird. Unser Steuerrecht ist unübersichtlich, erschwert die Freiheit des Wirtschaftens und lässt durch seine ständigen Änderungen längerfristiges Planen kaum zu. Die Gleichheit vor dem Gesetz ist aber wesentlicher Inhalt der Steuergerechtigkeit. Aus diesem Grund müssen Privilegien, Bevorzugungen und Ausnahmetatbestände im Steuerrecht abgebaut und auch das Einkommensteuerrecht weiter vereinfacht werden. Übrigens hat sich auch dazu letzte Woche die Finanzministerkonferenz getroffen und, soweit ich weiß, über elf Maßnahmen dazu beraten.
Meine Damen und Herren, eine Steuer mit maßvollen Steuersätzen droht aber durch die ständig wachsenden Leistungserwartungen gegenüber dem Staat zu scheitern, aber das nur einmal vorweg und als kurze Replik auf Herrn Kollegen Kuschel eben.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, unter Berücksichtigung des Schuldenstandes von Bund und Ländern - und dazu gehört ja unbestritten auch unser Freistaat mit ca. 16,3 Mrd. € - sowie dem, was wir uns finanzpolitisch bis 2020 und darüber hinaus als CDU-Fraktion vorgenommen haben, brauchen wir auch unbedingt verlässliche Steuereinnahmen, das ist vollkommen klar, neben der Tatsache, dass
wir auch die Ausgabenseite unserer Haushalte auf den Prüfstand stellen. Auch dazu wurde an dieser Stelle schon viel diskutiert und wir werden das ja im Laufe des Jahres mit dem nächsten Haushalt dann auch wieder haben.
Dennoch ist es auch das Ziel der CDU, die sogenannte kalte Progression abzumildern, was zum einen durch eine Erhöhung des Grundfreibetrags teilweise erreicht werden könnte. Eine Erhöhung des Grundfreibetrags kommt in erster Linie Bürgern mit niedrigem Einkommen zugute und entspricht auch dem verfassungsmäßigen Gebot, das Existenzminimum steuerfrei zu stellen. Und da widerspreche ich auch meinem Vorredner, es kommt eben auch mittleren und kleinen Einkommen zugute und es gilt nicht die Mär, die hier verbreitet wird, dass hier nur Großeinkommen davon profitieren. Im Ergebnis ist es auch deshalb aus unserer Sicht sinnvoll, den Grundfreibetrag anzuheben. Wie gesagt, das gilt für alle.
Auch der Abbau der kalten Progression ist ein wichtiger und richtiger Punkt in den Augen der CDU, damit von Lohnerhöhungen auch netto eine Mehreinnahme übrig bleibt.
Wie Sie, die FDP, in Ihrer Begründung zum Antrag schreiben, ist im Jahr 2012 mit steigenden Steuereinnahmen - Sie bezeichnen dies als Rekordsteuereinnahmen - zu rechnen, so dass auch unser Freistaat durch Regelungen im Gesetzentwurf des Bundes in Form von Ausgleichszahlungen dazu nichts zu befürchten hätte. Mich wundert Ihre Aussage schon ein bisschen, aber vielleicht haben Sie so eine Glaskugel, woher Sie das alles schon genau wissen, wie viel Rekordsteuereinnahmen wir vereinnahmen, als Bund, auch als Länder haben wir ja was davon. Wir freuen uns darauf, wenn das so kommt, gar keine Frage. Wir brauchen jede Steuermehreinnahme, da sind wir uns sicherlich auch einig, aber dass Sie das schon so wissen vor dem 11./12. Mai, das ist schon erstaunlich.
Meine sehr geehrten Damen und Herren der FDP, aber Sie müssen sich auch fragen lassen: Was ist eigentlich in den kommenden Jahren, wenn die Steuerquellen mal nicht mehr so sprudeln? Was ist mit der Kompensation der Ausfälle in den Folgejahren für die Länder, wenn es dem Bund mal wieder finanziell schlechter geht? Wir haben das ja hier auch schon öfter erlebt in den 22 Jahren, dass es Jahre mit guten, mit hohen Steuereinnahmen gibt, wie z.B. 2007 und 2008, wo auch Rücklagen gebildet werden konnten, aber dass es eben auch Jahre gibt, in denen die Steuereinnahmen zurückgehen.
(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Wir kommen bei den nächsten Haushaltsberatungen noch einmal auf die Frage.)
Wir meinen, dass Entscheidungen des Bundes zum Steuerrecht, meine sehr geehrten Damen und Herren, deswegen aus den vorgenannten Gründen nicht nur kurzfristig, sondern eben auch verlässlich für die Bürger und für längere Zeiträume getroffen werden müssen. Dessen muss man sich auch bewusst sein, wenn dieses Gesetz verabschiedet wird und den Ländern Ausgleichsmaßnahmen zu Recht dann auch zugesichert werden. Mit Anhebung des Grundfreibetrags ist eine solche Verlässlichkeit auf jeden Fall für den Bürger gegeben und wir begrüßen diesen Schritt. Wir haben auch grundsätzlich nichts gegen eine Entlastung der Arbeitnehmer mit kleineren und mittleren Einkommen durch den Abbau der kalten Progression. Der Gesetzentwurf zum Abbau der kalten Progression ist im Übrigen auch von unserer Bundeskanzlerin unterschrieben worden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Deutsche Bundestag hat Ende März auch beschlossen, und zwar mit großer Mehrheit, einen Entschließungsantrag dabei verabschiedet, der für die Zukunft einen verbindlichen und regelmäßigen Tarifbericht zu den Wirkungen der kalten Progression im Steuertarif zusagt. Wie eben meine Vorredner sich auch ganz unterschiedlich zu dem Thema geäußert haben, auch mit ganz verschiedenen Zahlen hier hantiert haben, zeigt das eben auch auf, dass wir uns auch im Haushalts- und Finanzausschuss hier in unserem Landtag weiter mit dem Thema beschäftigen sollten und dann vielleicht auch durch das Finanzministerium in Form von Rechenbeispielen die Dinge auch aufgeklärt werden können.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die kalte Progression sorgt dafür, dass von tariflichen Lohnsteigerungen eben vor allem der Fiskus profitiert und die Steuereinnahmen steigen. Das Handwerk vor allen Dingen hat seit vielen Jahren an Bund und Länder appelliert, die kalte Progression auch durch entsprechende Änderungen im Einkommensteuertarif zu beseitigen. Es ist so, dass die Auswirkungen dieses Entwurfs sind, sofern er dann als Gesetz durch den Bundesrat gegangen und verabschiedet wurde, dass vor allen Dingen Einkommen bis 55.000 € entlastet werden. Das ist die Zahl, die ich dazu kenne. Aber, wie gesagt, hier gibt es verschiedene Zahlen, die eben genannt worden sind, und ich denke, dass wir uns deswegen auch noch mal damit auseinandersetzen sollten. Die einzelnen Bundestagsfraktionen haben sich dann natürlich auch entsprechend öffentlich geäußert und das war auch für mich mal ganz interessant zu recherchieren, was da an verschiedenen Meinungen kursiert. Dass die FDP natürlich sagt, das ist ein hervorragender Gesetzentwurf, war und ist sicherlich allen klar. Aber für den Standpunkt der SPD auf Bundesebene habe ich kein Verständnis, muss ich sagen, denn da heißt es von Herrn Lothar Binding, ich zitiere: „Die kalte Progression, die Sie abschaffen
wollen, existiert in der Praxis für die Menschen nicht.“ Das wundert mich schon. Es heißt hier: „Die Koalition“ - in Berlin - „rede an der Wirklichkeit vorbei.“ Den Bürgern seien die Gefahren, die durch die kalte Progression entstehen könnten ‚schon vorauseilend genommen’ worden. Selbst der jetzige Grundfreibetrag von 8.004 € liege deutlich oberhalb des verfassungsrechtlich gebotenen Maßstabs.“ So zumindest die von dem Herrn Binding geäußerte Meinung. Auch die LINKEN haben sich natürlich öffentlich geäußert und sagen, die Schere zwischen Arm und Reich wird größer. Das Vorhaben sei falsch, es sei nicht gegenfinanziert und die Umsetzung des Gesetzes würde zu einer Vergrößerung der Schere zwischen Arm und Reich führen. Das hat Frau Dr. Barbara Höll auf Bundesebene dazu gesagt.
Auch die GRÜNEN sehen das sehr kritisch. Ich will mich da jetzt nicht in die einzelnen Details noch weiter hineinbegeben. Ich denke, wir können das im Ausschuss dann noch gut untereinander ausdiskutieren.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich habe unsere grundsätzliche Position als CDU dazu deutlich gemacht und Herr Kollege Dr. Pidde hat bereits auf den Koalitionsvertrag hingewiesen. Dort gibt es die Seite 23, den letzten Satz auf dieser Seite, den hat er zitiert, und so denke ich, dass die Landesregierung sich im guten Einvernehmen verständigen wird, wie dort in der nächsten Woche das Verhalten von Thüringen im Bundesrat sein wird. Wie gesagt, wir sehen weiteren Beratungsbedarf im Haushaltsund Finanzausschuss und ich bitte namens meiner Fraktion um Überweisung dorthin. Vielen Dank.
Vielen herzlichen Dank, Frau Abgeordnete Lehmann. Das Wort hat jetzt Abgeordneter Meyer für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
Frau Präsidentin, vielen Dank. Meine sehr geehrten Damen und Herren, man kann hier ja zu sehr großen Debatten ausholen. Ich werde auch ein bisschen grundsätzlicher werden, nämlich mich auch nur auf einen Aspekt beschränken. Vorweg eine Bemerkung ganz kurz an die FDP: Ein bisschen antizyklisches Steuerverhalten sollte man schon akzeptieren. Was jetzt an Steuern sprudelt, ist vor allen Dingen Ausdruck der guten Politik von Schwarz-Gelb durch Krisenintervention in den Krisenjahren und das muss jetzt wieder reingeholt werden, Herr Barth. Das wollen Sie doch auch,
oder nicht? Diese Steuern brauchen Sie dringend, um für die nächste Krise gerüstet zu sein, die können Sie jetzt nicht einfach wieder den Leuten zurückgeben. Den Leuten haben Sie schon mit Abwrackprämie und Hotelsteuerentlastung und so weiter etwas gegeben, das muss jetzt wieder verdient werden von den Leuten, von denen Sie gesprochen haben, die es verdienen müssen.