Protocol of the Session on May 4, 2012

seit wann versuchen Sie, Gespräche mit dem Finanzministerium zu bekommen?

Sagen wir mal, es ist bekannt gewesen, dass im Jahre 2011 im Haushalt die Verpflichtungsermächtigungen für die Folgejahre eingestellt waren. Seit Ende des letzten Jahres sind wir mit dem Finanzministerium im Gespräch dazu. Aber zu dem Zeitpunkt will ich noch nicht davon reden, dass das jetzt akut war, weil das Problem voraussichtlich erst am 30.06. richtig auftritt. Deswegen ist natürlich klar, dass in der Folge der Landessportbund erst mal mit dem Ministerium gesprochen hat - wir sind mit ihm in Kontakt - und dann auch ständig den Weg zu den Fraktionen gesucht hat, als jetzt die Zeitschiene immer mehr in Richtung 30.06. gegangen ist. Uns ist das Problem seit Längerem bekannt, aber wir haben es bis jetzt einfach nicht lösen können, was aber nicht heißt, dass es nicht noch lösbar ist, da bin ich ganz optimistisch.

Ich war gerade dabei zu sagen, dass wir Ihnen dann gern im Juni einen umfassenden Bericht geben wollen, natürlich auch in der Hoffnung, dass wir bis dahin eine Lösung präsentieren können. Ich denke, dass wir in den jetzigen gemeinsamen Gesprächen mit dem Finanzministerium, das auch in die Haushaltsverhandlungen eingebettet ist, die in Kürze Mitte Mai stattfinden, zu einem Ergebnis kommen. Ich habe heute hier vernommen, dass alle Fraktionen den Willen vorgetragen haben, dass es da eine Lösung gibt, deswegen bin ich optimistisch, dass wir das hinbekommen.

Herr Staatssekretär, gestatten Sie eine weitere Nachfrage des Abgeordneten Blechschmidt?

Ja, gern.

Danke, Herr Staatssekretär. Ich bin ein bisschen unzufrieden mit der Antwort auf meine Zwischenfrage. Deshalb möchte ich sie vielleicht noch mal in eine andere Richtung präzisieren. Gab es in den letzten zwei Monaten Aktivitäten der Ministerin Taubert gegenüber dem Finanzminister, im Zusammenhang dieser Problematik ein Gespräch anzustreben und ist dieses Gespräch zustande gekommen?

Es gab von unserem Haus Aktivitäten. Das Finanzministerium hat auf die Haushaltsverhandlungen verwiesen, diese finden jetzt statt. Ich denke, das ist so in Ordnung.

Das war die Zwischenfrage. Ich war eigentlich schon am Ende meiner Ausführungen. Wie gesagt, die Haushaltsverhandlungen werden schon in der nächsten Woche beginnen. Ich hoffe, dass wir dann bis Ende des Monats ein Ergebnis vorliegen haben. Wir werden das dann hier zur nächsten Landtagssitzung präsentieren. Herzlichen Dank.

Vielen herzlichen Dank, Herr Staatssekretär. Es liegen jetzt keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit kommen wir zur Abstimmung. Es wurde Überweisung beantragt, und zwar sowohl an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit als auch an den Haushalts- und Finanzausschuss von beiden Anträgen. Habe ich das richtig verstanden in den Wortbeiträgen?

Dann stimmen wir jetzt zunächst über den Überweisungsantrag beider Anträge an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit ab. Wer dem zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Stimmen der Fraktionen FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE. Gibt es Gegenstimmen? Das sind die Stimmen der Fraktionen SPD und CDU. Gibt es Enthaltungen? Gibt es nicht. Damit ist die Ausschussüberweisung an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit abgelehnt.

Wir kommen jetzt zum Antrag auf Überweisung beider Anträge an den Haushalts- und Finanzausschuss. Wer dem zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Stimmen von den Fraktionen DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP. Gibt es Gegenstimmen? Das sind die Stimmen der CDU- und der SPD-Fraktion. Gibt es Enthaltungen? Das ist nicht der Fall. Damit ist auch diese Ausschussüberweisung abgelehnt.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion DIE LINKE in der Drucksache 5/4384. Wer dem zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP. Gibt es Gegenstimmen? Das sind die Stimmen der Fraktionen CDU und SPD. Gibt es Enthaltungen? Das ist nicht der Fall. Dann ist dieser Antrag abgelehnt.

Wir stimmen jetzt ab über den Alternativantrag der Fraktionen der CDU und der SPD in der Drucksache 5/4389. Wer dem zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Stimmen aus allen Fraktionen. Gibt es Gegenstimmen? Das ist nicht der Fall. Gibt es Enthaltungen? Das ist auch nicht der Fall. Dann ist dieser Antrag angenommen.

Herr Korschewsky hat sich zu Wort gemeldet. Ich nehme an, um sein Abstimmungsverhalten zu begründen.

(Abg. Blechschmidt)

Jawohl, herzlichen Dank, Frau Präsidentin. Ich möchte mein Abstimmverhalten begründen. Ich habe dem Antrag der Koalitionsfraktionen zugestimmt aus Gründen, für den Sport etwas zu tun, gemeinsam hier etwas zu machen, auch wenn ich der festen Überzeugung bin, dass dieser Antrag im Punkt 2 inkonsequent ist, und der Antrag der LINKEN der wesentlich konsequentere Antrag im Sinne des Sports gewesen wäre.

(Beifall DIE LINKE)

Vielen herzlichen Dank, Herr Korschewsky. Dann schließe ich jetzt diesen Tagesordnungspunkt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 13

Zustimmung zum Abbau der kalten Progression Antrag der Fraktion der FDP - Drucksache 5/4294

Ich frage, wünscht die Fraktion der FDP das Wort zur Begründung? Ja, das ist der Fall. Dann hat das Wort jetzt Herr Barth für die Fraktion der FDP.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Liebe Kolleginnen und Kollegen, mit dem Antrag greifen wir ein Thema auf, welches viele Menschen interessiert und bei dem es im Kern auch um die Frage geht, wie wir uns als Politiker zur Frage von höheren Steuern positionieren. Es geht aber nicht um die üblichen, ich will mal sagen, Klassenkampfthemen wie Vermögenssteuer, Spitzensteuersatz oder Erbschaftssteuer. Es geht also nicht um diese üblichen und schablonenhaften Feindbilder, von denen da oben gegen die da unten. Es geht um die Steuern, meine Damen und Herren, die viele Millionen von Normalverdienern, viele Menschen, viele Millionen Arbeitnehmer in unserem Land bezahlen. Es geht nämlich um die Steuern, die viele Menschen auf den Lohn für ihre Arbeit bezahlen und darum, was ihnen davon noch übrig bleibt, wenn der Staat sich davon den Teil weggenommen hat, von dem viele in der Politik und gelegentlich auch viele hier im Raum ganz offenbar glauben, er stünde ihnen einfach so zu.

Weit über 40 Mio. Menschen in unserem Land gehen jeden Tag zur Arbeit. Das sind mehr als je zuvor. Die allermeisten von ihnen zahlen auf ihr Einkommen Steuern. Aufgrund der Arbeit dieser Menschen, meine Damen und Herren, geht es unserem Land gut. Aufgrund der Arbeit dieser Menschen geht es unserem Land besser als den meisten Ländern und auch den meisten Menschen auf dieser

Welt, auch wenn politische Debatten gelegentlich das Gegenteil suggerieren.

Aufgrund der Arbeit dieser Menschen, meine sehr verehrten Damen und Herren, haben wir auch hier im Thüringer Landtag überhaupt Geld, welches wir in den Haushaltsberatungen für manchmal mehr und manchmal auch weniger sinnvolle Projekte ausgeben. Aufgrund ihrer eigenen Arbeit bekommen Arbeitnehmer gelegentlich auch selbst mehr Geld. Dann passiert etwas, was nichts mit der politischen Debatte einer Reichenbesteuerung zu tun hat, eine Debatte, die ich deshalb hier auch gar nicht anfangen will. Nur so viel: Ich halte es für wirklich richtig, über die Frage von Steuererhöhungen auch offen und transparent zu debattieren und sie demokratisch zu entscheiden. Ich halte es für richtig und für notwendig, auch Steuererhöhungsbeschlüsse in eine offene und demokratische Diskussion zu geleiten. Genau das passiert aber nicht, wenn ein Arbeitnehmer nach einer Lohnerhöhung das nächste Mal Einkommensteuer bezahlt. Es ist dann nicht so, dass er seinen gewohnten Steuersatz weiter bezahlt und den auf seine Lohnerhöhung auch so rechnen kann. In diesem Fall, meine Damen und Herren, gibt es einen Automatismus, der unter dem Namen kalte Progression bekannt ist und bei dem es schon zu erheblichen Ungerechtigkeiten kommen kann. Deshalb geht es im Kern in der politischen Debatte zum einen um die Frage: Wollen wir bei der Steuerbelastung die arbeitenden Menschen in unserem Land weiter belasten und zweitens - dürfen Steuererhöhungen wirklich heimlich und intransparent ohne demokratischen Beschluss und ohne Diskussion durchgesetzt werden? Die Antwort auf die erste Frage kann aus meiner Sicht ganz klar nur heißen: Nein, wir wollen und wir dürfen die arbeitenden Menschen in unserem Land nicht weiter belasten, nicht zuletzt auch deshalb, weil die aktuellen Steuereinnahmen Rekordsteuereinnahmen sind und überhaupt keine Steuererhöhung rechtfertigen.

(Beifall FDP)

Als Antwort auf die zweite Frage, liebe Kolleginnen und Kollegen, hat die FDP-Fraktion Ihnen nun den Antrag „Zustimmung zum Abbau der kalten Progression“ vorgelegt, in dem die Landesregierung aufgefordert wird, dem entsprechenden Gesetzentwurf der Bundesregierung am 11.05. im Bundesrat zuzustimmen. Der Gesetzentwurf sieht vor, unter anderem den Grundfreibetrag in zwei Stufen um 350 € auf dann 8.354 € anzuheben. Korrespondierend dazu soll der Tarifverlauf im Bereich der Progressionszone im gleichen Ausmaß angepasst werden. Das Ziel dieser Änderungen ist es, die Auswirkungen der kalten Progression zumindest abzumildern und heimliche Steuererhöhungen zu vermeiden. Die FDP-Fraktion fordert in diesem Antrag die Landesregierung deswegen auf, dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zuzustimmen. Ich bitte

um Ihre Zustimmung zu diesem Antrag und freue mich auf die Debatte. Vielen Dank.

(Beifall FDP)

Vielen herzlichen Dank, Herr Barth. Ich eröffne jetzt die Aussprache. Es liegen Wortmeldungen aus allen Fraktionen vor und zuerst zu Wort gemeldet hat sich Abgeordneter Dr. Werner Pidde für die SPDFraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, lieber Kollege Barth von der FDP, das richtige Leben ist mitunter anders, als die Politik es sehen möchte.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es ist nicht wie ein Kreuzworträtsel, bei dem Sie vorgeben können, hier ist waagerecht und hier ist senkrecht und hier muss nur noch irgendwas eingetragen werden.

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Bis jetzt habe ich noch nichts verstanden, vielleicht kommt es ja noch.)

Wenn Sie behaupten, dass hier mit diesem Gesetzentwurf insbesondere eine Entlastung für kleine Einkommen vorgenommen werden soll, dann ist das schlichtweg falsch. Tatsache ist, gerade die großen Einkommen werden entlastet.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Hälfte der vorgesehenen Entlastungssumme geht an die oberen 20 Prozent der Einkommensbezieher.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, wieder einmal will die schwarz-gelbe Koalition in Berlin unfinanzierte Steuersenkungen beschließen, wieder einmal geht es um Steuersenkungen auf Pump und wieder einmal würde es dazu führen, dass neue Löcher in die Haushalte von Bund, Ländern und Kommunen gerissen werden.

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Die Rede ist schon zehn Jahre alt.)

Jeder weiß, die Steuersenkungen von heute, das sind die Kürzungen und Einschnitte von morgen, über die auch wir hier im Hohen Haus Jahr für Jahr wieder zu reden haben. Im Koalitionsvertrag von CDU und SPD in Thüringen steht deshalb zu Recht und ich zitiere, Frau Präsidentin: „Steueränderungen, die in dieser Legislaturperiode zu Lasten des Landeshaushalts gehen, soll im Bundesrat nicht zugestimmt werden.“ Am 30.04.2010 hat der Thüringer Landtag unter der Überschrift „Handlungsschritte für die Zukunft Thüringens“ die Landesregierung

aufgefordert - ich möchte noch einmal zitieren -, „durch aktives Handeln im Bundesrat dazu beizutragen, dass die finanzielle Situation des Landes und der Kommunen verbessert und nicht durch weitere Steuersenkungen zu Lasten von Land und Kommunen verschärft wird.“

Meine Damen und Herren, wenn man über den Antrag der FDP-Fraktion redet, dann muss man auch die Vorgeschichte des Gesetzes zum Abbau der kalten Progression kennen. Im Juni des vergangenen Jahres - einerseits angestachelt durch die schlechten Wahlumfragen für die FDP, andererseits motiviert durch die gute Steuerschätzung - hat die FDP ihr Lieblingsprojekt - es gibt ja böse Zungen, die sagen, die FDP hat überhaupt nur ein einziges Projekt - Steuersenkung wieder auf die politische Tagesordnung gehoben. Nicht nur in Berlin ging sofort ein heftiger politischer Streit los, wie sinnvoll solche Steuersenkungen in Zeiten von Banken- und Staatsschuldenkrisen überhaupt sind. Zahlreiche Experten, der Bundesfinanzminister, die meisten Ministerpräsidenten der Bundesländer waren sich darin einig, dass Steuersenkungen derzeit nicht vertretbar und unseriös sind. Aber die FDP brauchte einen Rettungsschirm und so wurde das Gesetz zum Abbau der kalten Progression geboren. Ein netter Name, eine hübsche Verpackung, aber es sind Steuersenkungen auf Pump. Es gab nach Vorliegen des Gesetzentwurfs reihenweise Kritik. Ich will nur mal ein prominentes Beispiel nennen: Wolfgang Wiegard, der frühere Chef des Sachverständigenrats der Bundesregierung und ich zitiere, Frau Präsidentin, er sagte: „Das ist pure Wahltaktik, aber schlechte Ökonomie.“ Dem möchte ich gar nichts hinzufügen.

Weil eine normale Senkung der Einkommensteuer auf Pump in der Öffentlichkeit gar nicht zu vermitteln wäre, wurde gezaubert. Die kalte Progression, die den Menschen angeblich die Früchte Ihrer Arbeit nimmt,

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Tut sie ja auch. Es ist so.)

wird zum riesigen, zu lösenden Problem aufgebauscht. Das Entlastungsvolumen war noch weit weg von den Versprechen, die die FDP vorher gemacht hatte und so wurde auch noch die Erhöhung der steuerlichen Grundfreibeträge mit in das Gesetz gepackt und alles zusammen so terminiert, dass es pünktlich im Wahljahr in Kraft tritt. Auch hier möchte ich noch einen Kommentar von einem Experten, nämlich von Gabor Steingart dazu nehmen, der hat im Handelsblatt zutreffend dargelegt: „Die FDP hofft, dass die Augenblicksgier der Bürger größer ist als ihr Verstand.“

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Also größer als Ihrer ist er auf jeden Fall.)

Die Keule würde ich mal lieber stecken lassen.

(Abg. Barth)

Meine Damen und Herren, auch inhaltlich gibt es einige Kritikpunkte am Gesetzentwurf der Bundesregierung. Sie behauptet, dass die kalte Progression zu heimlichen Steuererhöhungen führt. Beim genauen Betrachten hat sich das aber als falsch erwiesen. Das zeigte sich bei den Beratungen im Bundestag und in dem entsprechenden Ausschuss. Sämtliche Experten und selbst die Bundesregierung mussten einräumen, dass die kalte Progression durch die in den letzten Jahren durchgeführten Tarifsenkungen vollständig korrigiert wurde. Das, was Sie vorhin gesagt haben, stimmt also nicht.