Protocol of the Session on October 13, 2011

(Beifall DIE LINKE)

Die Bürger müssen die Wahrheit über die Finanzkrise erfahren. Im letzten Beitrag haben sie sie nicht erfahren. Sie müssen erfahren, Schuld an dieser Krise sind nun mal die Banken und nicht Griechenland allein. Gestern wurde darüber schon diskutiert und heute früh wurde darüber diskutiert. Es werden - das müssen wir natürlich auch kritisieren Banken gerettet und damit wird den Verursachern der Krise geholfen, aber nicht den Betroffenen der Krise. Das müssen wir ablehnen. In Griechenland, meine Damen und Herren, muss investiert werden.

Ein Beispiel aus der letzten „REPORT MAINZ“Sendung am Dienstag: Da wird gezeigt, dass griechische Menschen, die sehr viel Geld haben, das Geld außer Landes schaffen, nicht in Griechenland es investieren, sondern das Geld außer Landes schaffen und das, das muss ich jetzt sagen, war das Beispiel, sie schaffen es nach Berlin. Weil in Berlin der Immobilienmarkt mit griechischen Anlegern boomt und dort viele Immobilien in Berlin von Griechen aufgekauft werden. Es muss der umgedrehte Weg gemacht werden. Es muss in Griechenland investiert werden und dort muss Sicherheit geschaffen werden, dass griechische Investoren auch in Griechenland wieder ihr Geld anlegen.

Eine weitere Forderung, die wir als LINKE aufmachen, wir fordern eine Europäische Wirtschaftsregierung. Eine Wirtschaftsregierung, die auf Beschäftigung, sozialen Zusammenhalt und nachhaltiges Wirtschaften orientiert. Unsere Forderung an eine solche Wirtschaftsregierung geht natürlich weiter als die Forderungen von Frau Merkel und Herrn Sarkozy, die ebenfalls so eine Forderung aufmachen. Aber die Forderungen von Merkel und Sarkozy nach einer Finanztransaktionssteuer und nach einer Harmonisierung der Unternehmenssteuersätze finden wir nicht falsch. Wir sagen aber auch, eine Aufgabe in einer Wirtschaftsregierung sollte sein, in erster Linie die europäischen Finanzmärkte zu kontrollieren und zu regulieren. Erst wenn wir die Menschen von Europa überzeugen, davon überzeugen, welchen Gewinn sie persönlich haben und nicht, welchen Gewinn die Banken bekommen, dann können wir auch Menschen für Europa begeistern.

Ein letzter Gedanke ist natürlich auch in dieser Problematik: Wie können wir Europa den Bürgern näher bringen? In der Strategie wird ja darauf eingegangen, besonders im Bereich der Jugend- und Schularbeit, dass dort sehr viel getan ist. Man kann sich täglich, wenn man in Schulen auftritt, davon überzeugen. Es gibt die Programme dazu, das ist gut. Aber ich glaube, es darf sich nicht bloß auf die Europawoche konzentrieren, sondern es muss eigentlich ein ständiger Prozess sein. Dieser ist eben noch nicht voll ausgeprägt. Gemeinsam mit dem Kollegen Koppe und auch Frau Meißner hatten wir an einer Europadiskussion an einem Gymnasium in einer Südthüringer Kreisstadt teilgenommen. Da muss ich sagen, die Schüler hatten zwar sehr wenige Fragen zu Europa, aber ich musste auch feststellen, das größte Defizit zu Europa lag nicht bei den Schülern, meine Damen und Herren, sondern das größte Defizit zu Europa war bei den Lehrern in dieser Schule. Da brauche ich mich nicht zu wundern, wenn dann die Kinder dort Probleme haben, etwas über Europa zu erfahren.

Ich möchte jetzt auch nicht weiter auf die Vereinbarung zwischen Landtag und Landesregierung eingehen. Darüber haben wir oft gesprochen. Aber die

Aufgaben des neuen Ausschusses und vor allem die Umsetzung der Vereinbarung müssen sich jetzt natürlich in der Praxis bewähren. Da haben wir alle hier in diesem Landtag eine Verantwortung dafür, da haben alle Ressorts der Landesregierung eine Verantwortung dafür. Dieser Verantwortung müssen wir gerecht werden, weil auch das ein Beitrag dazu ist, Europa den Bürgern nahe zu bringen und ihnen vor allem auch aufzuzeigen, das Mitspracherecht für Europa gibt es. Was ich mir wünschen würde, aber das sollte Aufgabe des Ausschusses sein, dass die europapolitische Strategie auch nach einem gewissen Zeitraum evaluiert und überprüft wird. Ich danke.

(Beifall DIE LINKE)

Vielen herzlichen Dank. Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Bergemann für die CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, wir reden heute über die europapolitische Strategie. Lieber Kollege Marian Koppe, ich schätze dich eigentlich an vielen Stellen in der Diskussion im Ausschuss sehr, aber dass du davon sprichst, ein glühender Europäer zu sein, davon bist du meilenweit entfernt,

(Beifall CDU, DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

nach dem, was hier heute abgeliefert worden ist. Für mich war er immer auch ein glühender Europäer, das ist der euch nicht unbekannte Hans-Dietrich Genscher, unlängst auch in Weimar aufgetreten. Da darf ich mal Hans-Dietrich Genscher vor wenigen Tagen zitieren zum EFSF: „Ablehnung wäre das Ende des Euro. Europa jetzt anzuhalten, Europa nicht weiter vorangehen zu lassen, wäre das Ende Europas.“ Originaltext Hans-Dietrich Genscher.

(Beifall CDU, DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielleicht sollte die Fraktion der Freien Demokraten eine Anleihe bei Hans-Dietrich Genscher aufnehmen und ihm den Redebeitrag zustellen. Es wäre interessant, was dabei rüberkommen würde. Aber es ist ja auch das gute Recht der Opposition, dass man nicht konform geht mit der Landesregierung. Das ist überhaupt keine Frage. Zu dem direkten Inhalt der Strategie habe ich sehr wenig vernommen. Das muss ich einfach mal so sagen. Vielleicht hat das Gründe, ich kann sie nicht nachvollziehen. Deshalb danke ich an der Stelle ausdrücklich dem Kollegen Kubitzki. Ich finde, das war ein Redebeitrag zur Strategie, der sich in vielen Punkten deckt mit meiner persönlichen Einstellung und auch mit der meiner Fraktion. Es wurden viele Wahrheiten

angesprochen und ich nehme es gleich mal vorweg; selbstverständlich werden wir diese Strategie, da bitte ich dann auch darum, in den Europaausschuss überweisen. Es sind viele Inhalte drin, die auch andere Ausschüsse interessieren werden, um dort in den nächsten Wochen und Monaten - denn wir sind ja noch gar nicht so weit, dass wir wissen, was uns in der neuen Strukturfondsperiode erwartet, da kommen wir ja noch dazu, zu den Zahlen. Also ich denke mal, à la bonne heure! Aber wir debattieren heute die Strategie hier natürlich in einer Zeit, wo Europa eine volle Breitseite hat. Die Menschen sind unsicher, sie machen sich Sorgen um die Zukunft. Das haben wir gestern in der Aktuellen Stunde sehr deutlich zur Kenntnis genommen, aber ich will auch die Gelegenheit nutzen, zu sagen, dass man das nicht immer ausblendet, die europäische Einigung hat einen großen Anteil daran, dass wir gerade hier in Deutschland doch viele Jahrzehnte in Frieden, Freiheit und auch in Wohlstand leben konnten.

(Beifall CDU)

Die Ministerin hat das ja angesprochen, so viele kluge Leute haben in letzter Zeit davon gesprochen, brauchen wir ein Mehr oder ein Weniger an Europa. Ein Mehr, das ist völlig klar, das ist der richtige Weg, aber das bedeutet auch, dass man die Einhaltung von Regeln durchsetzen muss. Was kann man mit dem heute gültigen EU-Vertrag machen? Maßnahmen zur Sicherung der Stabilität der Währung, wie kann man sie erreichen? Wenig, wenig muss ich sagen und ich bedauere da auch ausdrücklich, dass dieser Stabilitäts- und Wachstumspakt nur im Zusatzprotokoll steht, er steht nicht im EU-Vertrag festgeschrieben. Das ist auch so ein Manko, wo man sich nicht drauf verständigen konnte. Vielleicht gibt es ja demnächst die Möglichkeit, ich glaube, in der Strategie ist es auch sehr gut beschrieben, der Artikel 136 über die Arbeitsweise der Europäischen Union, dass man an der Stelle über Brückenklauseln vielleicht doch noch einen Weg findet, wie man an der Stelle ein Stück vorwärtskommt. Denn es geht nur, wenn sich die Mitgliedstaaten auch zu einer Wirtschafts- und Finanzpolitik verpflichten, die die Stabilität der Währung sicherstellt. Die Kommission muss überwachen, aber sie muss auch die Möglichkeit haben, Sanktionen sicherstellen zu können. Sonst geht das nicht und bisher ist das so nicht machbar.

Deutschland ist nicht gerade der Musterknabe, wenn ich so denke. Lieber Herr Kollege Pidde, schön dass Sie da sind, weil Sie ja immer die Gelegenheit nutzen, die amtierende Bundesregierung in Finanzfragen oder in anderen Fragen ein bisschen aufs Korn zu nehmen. Hören Sie mal gut zu, RotGrün/Schröder und Fischer 2002 bis 2005 - ja, das gehört zur Wahrheit - aufgrund von Schuldenpolitik und mangelnder Haushaltsdisziplin vier Jahre lang

(Abg. Kubitzki)

die Maastrichtkriterien, die Drei-Prozent-Hürde immer überschritten.

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Und dann sich beschweren, dass man die EU kritisie- re.)

Das ist allerdings richtig. Also das hätte ich mir gewünscht, dass Koppe das mal ein bisschen aufgreift.

(Beifall CDU)

Aber alle Verstöße sind über die ganzen vier Jahre ohne jegliche Sanktionen geblieben. Das war natürlich ein schlechtes Beispiel und keine Vorbildwirkung, das möchte ich an der Stelle losgeworden sein. Aber jetzt den gültigen Vertrag zu ändern, was wieder diskutiert wird, halte ich persönlich für ein unkalkulierbares Risiko in der Phase, weil da der zweite Schritt vor dem ersten gemacht würde. Was man jetzt machen muss an Vertragsänderungen, was auch geht, was auch ginge, dabei würde es sich darum handeln, diskutieren viele Europaabgeordnete, das kann nur das Europäische Parlament machen, das wäre, einen Konvent einzuberufen und über die Fragen, das wird, bin ich überzeugt, auch kommen, zu diskutieren.

Aber genug zu dem Thema. Wir haben vor drei Jahren die Strategie diskutiert und die hieß damals für Thüringen Europa und die stand ganz unter dem Zeichen des Vertrags von Lissabon. Heute hat Frau Ministerin, wie ich finde, noch mal ziemlich deutlich gemacht, was die Herausforderungen dieser neuen Strategie sind. Wir müssen uns natürlich auch um die Förderperiode kümmern, was passiert nach 2014 vorrangig, hat Jörg Kubitzki auch angesprochen. „Thüringen in Europa stärken“, dieses Papier, 46 Seiten übrigens nur - die letzte Strategie hatte 89 Seiten -, man kann auch viel Prosa drumherum machen. Aber ich finde, das ist genau der richtige Ansatz, dass man sagt, thematische Priorität setzen, dann am Ende herausarbeiten, wo liegen bestimmte spezifische Interessen für Thüringen und wie kann ich daraus Handlungsergebnisse formulieren. Das, denke ich, ist der richtige Weg. An der Stelle sage ich, Frau Ministerin Walsmann, auch allen, die beteiligt waren, herzlichen Dank für die Arbeit.

(Beifall CDU)

Denn das kann man nicht in 5 Minuten machen, das bedeutet viel, viel Arbeit, so eine Fortschreibung, nicht einfach ein altes Papier zu nehmen, sondern auch etwas Neues und Visionen daraus zu entwickeln. Ich finde, das ist vernünftig und gut gelungen und natürlich macht es deutlich, dass die Europapolitik in der Strategie auch ressortübergreifend ist. Das betrifft alle Minister dieser Koalitionsregierung, die daran mitgearbeitet haben. Deshalb habe ich auch gesagt, in den Fachbereichen muss man das aufgreifen, weil sie sich natürlich nur an

der europäischen 2020-Strategie orientieren kann, es geht doch überhaupt nichts anderes. Wir wissen ja, wie die aufgebaut ist. Im Wesentlichen gibt es da Wachstumsprioritäten als Zielbeschreibung, Kernziele als messbare Parameter und sieben Leitinitiativen. Die hat die Ministerin noch mal aufgegriffen und auch in der Strategie sind die beschrieben. Deshalb freue ich mich, dass wir fünf große Titel haben, das ist überschaubar, einmal „Europäische Rahmenbedingungen und Leitbild“, „In Europa mitwirken“, „Partnerschaften pflegen“, „Thüringer Interessen vertreten“ und „Europa vermitteln“. Unter diesen Punkten will ich ganz kurz auf ein paar Dinge eingehen, weil vieles auch schon gesagt ist.

Aber gerade zu dem TOP 1 „Rahmenbedingungen und Leitbild“ halte ich es für wichtig - das kann man in der Strategie auf den ersten Seiten recht gut nachlesen -, dass wir daran erinnern, was sind die gemeinsamen Werte der Europäischen Union; da gehören dazu Menschenwürde, Freiheit, Demokratie, aber auch Erhalt der natürlichen Umwelt, ein ganz wichtiges Thema, und natürlich auch die Frage der Menschenrechte. All die Dinge noch einmal ins Gedächtnis zu rufen, halte ich für wichtig, das steht drin, kann man gut nachlesen.

Beim zweiten Punkt „In Europa mitwirken“: Klar, da geht es darum, wie können vorhandene Instrumente ausgebaut werden, früh ausgebaut und unter dem EU-Vorhaben systematisch für uns in Thüringen auch analysiert werden und vor allen Dingen auch, wie gelingt es, die Strategie dann zu entwickeln, um in Brüssel direkt vor Ort auch die Interessen Thüringens durchsetzen zu können. Da gibt es Beispiele, wir haben es im Ausschuss auch diskutiert. Da gehört für mich das Arbeitsprogramm der Kommission dazu, was jährlich erscheint. Da muss man Einfluss nehmen, aber auch schon im Vorfeld, wenn es darum geht, Grünbücher und Weißbücher werden erstellt, an den Dokumenten dranzubleiben. Das ist wichtig und begrüße ich außerordentlich, nicht dass nur der Ausschuss nach Brüssel gefahren ist, sondern dass auch die Landesregierung in Brüssel mit dem Kabinett aufgeschlagen ist, Frau Ministerpräsidentin, denn das hat nachhaltige Wirkung. Das höre ich auch im Ausschuss der Regionen

(Beifall CDU)

oder im Kongress der Gemeinden und Regionen Europas hat das Bedeutung, wenn Landesregierungen in Brüssel vor Ort aufschlagen und für Interessen ihres Landes werben. Das Wort hat hohe Akzeptanz, das sollte man unbedingt beibehalten. Nicht vergessen will ich natürlich auch die wichtige Funktion des Thüringen Büros in Brüssel, welches die guten Kontakte herstellt, das auch frühzeitig erkennen muss, was hat die Kommission vor, was ist für uns in Thüringen wichtig. Mit so einer kleinen

Mannschaft vor Ort trotzdem so eine Arbeit zu leisten an der Stelle herzlichen Dank.

Über die Vereinbarung will ich nicht reden, aber sie spielt eine große Rolle in der zukünftigen Arbeit, das sehe ich genauso, das haben wir schon lang und breit ausgewalzt. Allerdings darf ich fragen, ich hatte unlängst Gelegenheit, mal wieder mit bayerischen Freunden zu reden, die uns beneiden um die Vereinbarung, weil die Bayern immer getönt haben, wir werden aus einem Parlamentsinformationsgesetz ein Parlamentsbeteiligungsgesetz machen in Sachen Europa. Da ist nichts herausgekommen dabei. Da steht nicht annähernd das drin, was wir haben, dass die Landesregierung an das, was wir im Parlament diskutieren, im Bundesrat gebunden ist oder sich dafür einsetzen muss. Das ist in weiter Ferne. Die beneiden uns um das, was wir hier in Thüringen einheitlich im Parlament geschaffen haben, und ich denke, das kann sich sehen lassen.

„Partnerschaften pflegen“ in dem dritten Punkt, darüber brauchen wir, glaube ich, auch nicht reden. Da hat die FDP mal eine Sternstunde gehabt, denn die Große Anfrage zur internationalen Beziehung war in dem Vergleich, den wir heute hier gehört haben, richtig gut. Das haben wir, glaube ich, auch ausgiebig dort behandelt. Nur ein Satz: 250 Arbeitskontakte zu über 70 Partnern in europäischen Regionen sprechen da, glaube ich, auch eine ganz deutliche Sprache, wo und wie Thüringen sich verhält.

Der vierte Punkt, der vorletzte, „Thüringer Interessen vertreten“ ist natürlich mit Abstand der größte Schwerpunkt, denn da geht es um die Strategie, da ist EU-Haushalt drin, da ist Strategie 2020 - Kohäsionspolitik, Gemeinsame Agrarpolitik - wichtig, einer der ganz, ganz wichtigen Punkte auch für uns in Thüringen: Verkehrspolitik. All das wissen wir, da der mehrjährige Finanzrahmen 2013 endet und der vorgelegte Entwurf 2011 im Moment in der Diskussion ist. Es ist völlig klar: Wir müssen uns daran halten, was hat die Kommission hier vorgegeben. Die Ziele sind bekannt. Ich halte sie für sehr ehrgeizig. Unter dem Gesichtspunkt, dass schon mal eine Strategie im Vorfeld gescheitert ist, hat man sich doch sehr viel vorgenommen. Ich finde es wichtig, dass man Investitionen anhebt im Bereich Forschung und Entwicklung von 1,9 auf 3 Prozent des europäischen Bruttoinlandproduktes, Steigerung der Zahl junger Menschen in der Hochschulausbildung auf 40 Prozent, man will die Schulabbrecherquote unter 10 Prozent drücken oder man will, was ich auch sehr wichtig finde, die Verringerung der Anzahl von Armut bedrohter Menschen um 25 Prozent senken; das würde in Europa - man höre und staune - immerhin 20 Mio. Menschen direkt berühren. Ich denke, das sind ehrgeizige Ziele, aber daran muss man festhalten. Für uns gilt, darauf muss geachtet werden, dass keine verdeckten Kompetenzen, irgendwo Kompetenzübertragungen erfol

gen und dass nicht übermäßige Demokratie wieder Belastungen mitbringt in der neuen Förderperiode, denn zur Reform der Kohäsionspolitik durch die Kommission konnte zumindest vorherige Woche das Ergebnis verfestigt werden.

Frau Ministerin hat es angesprochen, die zwei Drittel der bisherigen Zuweisung, aber das bedeutet halt auch, bisher haben wir im EFRE 1,47 Mrd. €, wir haben im ESF 620 Mio. €, wir haben bei ELER 692 Mio. €. Das sind Beträge, die werden wir nicht mehr kriegen ab 2014. Wenn wir die zwei Drittel hochrechnen, dann sind wir bei 1,6 bis 1,7 Mrd. € deutliche Verluste an Finanzmitteln. Viele Fragen bleiben offen. Klar ist, wie kann man das ausgestalten. Dazu gehören auch Förderprioritäten, die in der neuen Förderperiode von uns beachtet werden müssen, wie sind die Kofinanzierungssätze, wie werden beihilferechtliche Behandlungen aussehen, Flexibilität bei zu ergreifenden Maßnahmen. Wir brauchen eigentlich einen größeren Ermessensspielraum. Da muss man, glaube ich, auch noch einmal in den Gesprächen, in den Diskussionen ansetzen, weil bei der Ausgestaltung und dem Einsatz von Fördermitteln kann man uns nicht immer reglementieren. Wir vor Ort in den Regionen wissen doch am besten, an welcher Stelle der größte Nutzen in der Entwicklung entsteht. Ich glaube, wenn die Kommission schon sagt, wir wollen über die europäischen Regionen mehr Einfluss gewinnen, wir wollen in den Regionen noch mehr Spielraum einräumen, dann muss man da ein bisschen großzügiger damit umgehen, denn klar ist, wir haben auch Rückstand. Wir müssen noch aufholen und das darf man nicht gefährden.

Frau Ministerin, ich bitte noch einmal, wachsam zu sein, denn die angekündigte Standardisierung der europäischen Durchführungsbestimmungen, die man so liest zu den unterschiedlichsten Anforderungen in verschiedenen Politikbereichen, trifft uns in Thüringen auch. Da muss man hinschauen, dass man dem Rechnung tragen kann. Ich sage nur Stichwort Konditionalität. Jeder weiß, was gemeint ist, denn die Auszahlung von Fördergeldern an die Erfüllung bestimmter Bedingungen zu knüpfen, was man so hört von dem Kommissar Hahn, oder an Erfolgsaussichten zu knüpfen, das sollten Sie mal in Brüssel lieber uns überlassen. Ich meine, das können wir tatsächlich hier besser. Das sind so Überlegungen, die man dort spielt, die sind noch nicht durch, aber man muss wachsam sein, denn wir wollen die uns zur Verfügung stehenden Mittel so einsetzen, dass sie unseren Erfordernissen entsprechen.

Zur Agrarpolitik brauche ich nichts weiter zu sagen, dazu hat die Ministerin ausführlich geredet, das ist wirklich eine heiße Kiste. Der rumänische Kommissar Ciolos hat tatsächlich den Legislativvorschlag der Kommission zur Reform vorgestellt, gestern erst noch einmal untermauert, das kann man gut

nachlesen. Eine Bemerkung sei mir noch gestattet. Kappungsgrenzen, alles was dazugehört: Die Mittel, die frei werden, da muss man aufpassen, weil genau die gekappten Mittel bleiben in den Mitgliedstaaten, aber nicht automatisch in der Region. Da müssen wir mal sehen, wo wir dann landen bei unseren Betrieben. Kappungsgrenze 300.000 €, etc., Fläche will ich gar nicht diskutieren, aber hinzuschauen, was bei uns möglicherweise weggeht, dann irgendwo in anderen Ländern mit eingesetzt wird. Da muss man hinschauen. Das dürfen wir nicht aus den Augen verlieren.

Den letzten Punkt kann ich mir eigentlich sparen, weil Herr Kollege Kubitzki darauf hingewiesen hat. Europa vermitteln in unserer Strategie, völlig korrekt, Schulen und Hochschulen, überall. Wir sind oft genug draußen. Wir bekommen es auch mit, wenn wir mit jungen Leuten diskutieren, nicht nur in der Europawoche. Da listet die Strategie viele Möglichkeiten auf, man sollte mal hineinschauen, es lohnt sich zu lesen, es gibt Anreize und Möglichkeiten, das zu tun. Ich könnte mir vorstellen, dass man auch mal mit den Bildungspolitikern spricht, denn ich halte es für wichtig, dass man direkt im Lehrplan dazu mal einen anderen Akzent setzt. Denn wenn man mit den Lehrern draußen spricht, hört man immer, der eine ist engagierter, der macht was zu Europa, ich muss es ja nicht unbedingt, der andere macht weniger. Ich glaube, das ist die Zukunft und wir können uns hier drehen und wenden, wie wir wollen, das sollten wir bedenken. Ich denke, auch die Europawoche hat immer ihren Anspruch, das wissen wir. Wir sind dabei.

Über die Strategie zusammenfassend: Sie ist eine gute Grundlage für alle Ressorts. Die Ausschüsse sind betroffen. Man kann in dieser aktuell schwierigen Situation mit dem Papier gut ins Gespräch kommen, weil es uns viele Lösungsansätze aufzeigt, wie man es machen könnte. Im Hinblick auf die noch offenen Fragen erneuere ich noch einmal meine Bitte, das an den Ausschuss zu überweisen. Alle anderen Ausschüsse sind herzlich eingeladen, an dieser Strategie mitzuwirken, mitzutun, ihre Gedanken einzubringen, damit wir tatsächlich, wenn es dann zum Schwur kommt nächstes Jahr, wenn es dann um die Strukturfondsperiode geht in der Koalitionspolitik, auch gewappnet sind. Herzlichen Dank.

(Beifall CDU, SPD)

Vielen herzlichen Dank, Herr Abgeordneter Bergemann. Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Meyer für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Vielen Dank, Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich würde auch gern über die Strategie der Europäischen Union und über die Strategie der Bundesregierung einige Worte verlieren, die meine Vorredner hier verloren haben. Aber Sie haben das Glück und ich habe das Pech, dass unsere Redezeit nach der neusten Geschäftsordnung so knapp ist, dass ich mich auf das beschränken möchte, worum es eigentlich heute gehen sollte die Strategie der Landesregierung.

Dafür haben wir ja auch 46 Seiten vorliegen. Ich denke gerade an die Kolleginnen und Kollegen, die im Raum sind, die nicht in den Europaausschuss der hoffentlich demnächst auch noch anders genannt wird - gehören, haben vielleicht Interesse daran, zu hören, welche Themen dort angesprochen werden, die Sie dann auch betreffen könnten. Nicht dass Sie nachher wieder sagen, Sie haben nichts davon gemerkt, von Europa und was das bedeutet für Ihre Bereiche. Deshalb werde ich mich darauf beschränken. Nur vorweg vielleicht eine Bemerkung: Auch ich war bei den ersten zwei Minuten von Herrn Koppe davor, ihm zuzustimmen, was die Kritik anging. Dann wurde sie mir etwas zu krass. Späterhin war es dann völlig vorbei. Dass jemand sich so antieuropäisch in diesem Raum äußert, das habe ich noch nie erlebt.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich wundere mich auch darüber, dass das die Politik der Bundesregierung sein soll. Das musste ich jetzt noch einmal loswerden, schwere Wellen für die Koalition auch auf Bundesebene, kann ich da nur sagen.

Ich fange mal an und halte mich an die Struktur dieses Berichts, der vorgelegt wurde, vielen Dank Frau Ministerin dafür. Sicherlich positiv vermerken können wir, dass die Organisation Europas hier bei uns sowohl im Landtag als auch in der Regierung und übrigens auch in den Ministerien gut ist. Also die kann immer noch besser werden, es ist nicht so, dass man sie nicht noch besser machen kann, aber dazu muss ich jetzt das Lob nicht wiederholen. Das ist hier mehrfach genannt worden. Die Organisation, wie wir mit Europa umgehen, da sind wir auf einem guten Weg. Das, denke ich, ist relativ parteiübergreifend und von Oppositions- und Koalitionsseite ein relativ großer Konsens, zumindest was die Europäer angeht, die hier in diesem Raum sind.

Aber wenn wir dann in die einzelnen Bereiche gehen, wird es schon etwas schwieriger. Denn ich finde, Herr Bergemann, dass hier doch mehr Fragen als Antworten in der sogenannten Strategie stehen. Das will ich einmal versuchen an einigen Beispielen