Protocol of the Session on March 25, 2010

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, alle zehn Jahre, so will es die EU, wird künftig in Deutschland gezählt. Die nächste Volks- und Wohnraumzählung, der sogenannte Zensus 2011, wird gemeinsam mit den übrigen Mitgliedstaaten, nämlich der EU, durchgeführt. Volkszählungen sind auch keine Erfindung der Neuzeit. Erste Volkszählungen lassen sich bereits 3800 vor Christus belegen, auch der Evangelist Lukas berichtet in der Weihnachtsbotschaft von einer Volkszählung. Ich zitiere, Frau Präsidentin: „Es geschah aber in jenen Tagen, dass eine Verordnung vom Kaiser Augustus ausging, den ganzen Erdkreis einzuschreiben. Diese Einschreibung geschah als Erste, als Cyrenius Statthalter von Syrien war. Und alle gingen hin, um sich einschreiben zu lassen, ein jeder in seine Stadt.“

Meine Damen und Herren, Gott sei Dank ist es heute nicht mehr notwendig, in seine Geburtsstadt zurückzukehren, dennoch, Volkszählungen waren in der Vergangenheit sehr aufwendig und umfangreich. Die in der Bundesrepublik 1950 und 1987 durchgeführten Zählungen waren nämlich nicht nur Volkszählungen, sondern auch Berufs-, Gebäude-, Wohnraum- und Arbeitsstättenzählungen.

2011 wird in Deutschland erstmals ein registergestützter Zensus durchgeführt, bei dem auf eine Befragung aller Einwohner verzichtet wird und die erforderlichen Daten weitgehend aus vorhandenen Registern, wie den Melderegistern der Kommunen, der Länder und den Registern der Bundesagentur für Arbeit gewonnen werden. Diese Registerdaten werden mit der modernen Informationstechnik ausgewertet. Ergänzend werden Gebäude- und Wohnungseigentümer postalisch befragt. Außerdem ist eine Hausbefragung hier nur auf Stichprobenbasis bis zu maximal 10 Prozent der Bevölkerung vorgesehen, um verlässliche Zensusergebnisse zu erzielen, die eine Feststellung des amtlichen Einwohnerergebnisses für Bund, Länder und Gemeinden erlauben.

Der Zensus, meine Damen und Herren, entspricht kurz gesagt einer Inventur. Es ist aber keine Totalerhebung, wie es beim letzten Mal der Fall war. Es wird nicht jeder Haushalt durch Zähler aufgesucht werden, sondern es werden Stichproben in Ergän

zung der Registerauswertung erhoben. Ich denke, diese Methode ist bürgerfreundlicher als bei früheren Zählungen. Dieses Verfahren einer registergestützten Volkszählung wird - und da bin ich überzeugt, das hat auch der durchgeführte Zensustest gezeigt - zu genauso belastbaren Ergebnissen führen wie früher die traditionellen Zählungen und es werden weniger Kosten anfallen. Eine Schätzung auf Bundesebene ergab, dass eine herkömmliche Zählung etwa 1,5 Mrd. € kosten wird. Diese Zählung ist trotz der hohen anfallenden Kosten dennoch wesentlich kostengünstiger. In Deutschland benötigten wir einen neuen Zensus, denn die aktuellen Wohnraum- und Bevölkerungszahlen basieren auf der Fortschreibung - und die sind nun wahrlich eine ganze Weile her - alter Volkszählungen. Ich hatte es schon gesagt, die Zeit ist immerhin von 1987 bzw. 1983 schon ein Stück fortgeschritten. Im Laufe der Jahre nahmen die Ungenauigkeiten in der Fortschreibung auf dieser Stichprobenbasis natürlich zu. Es gab auch eine Reihe von Veränderungen. Ich denke hier an die Frage der Wiedervereinigung, ich denke an die vielen Wanderungsbewegungen, wo Menschen verzogen sind, und es gibt noch eine Reihe anderer Maßnahmen und Entwicklungen, die großen Einfluss auf die Bevölkerungsentwicklung in den jeweiligen Regionen haben.

Meine Damen und Herren, ich selber halte diese Volkszählung für sehr wichtig und ich stehe auch dazu. Auch wenn es heute möglich ist, viele Daten mit moderner Rechentechnik zu ermitteln, ist es doch notwendig, nicht nur vom grünen Tisch aus zu zählen, sondern auch praktische Zählungen durchzuführen. Dazu müssen wir die Kommunen einbeziehen. Thüringen gehört zu den Ländern, die neben SachsenAnhalt, Mecklenburg-Vorpommern und auch Hessen schon frühzeitig ein Umsetzungsgesetz in Angriff genommen haben. Das vorliegende Umsetzungs- und Ausführungsgesetz - und so ist es nun einmal - beinhaltet meist nur technische Regelungen, organisatorische und datenschutzrechtliche Maßnahmen. Ausführungsgesetze sind in der Regel unspektakulär, denn es geht hierbei nicht um den Grundsatz dass, sondern wie wir es praktisch umsetzen. Es wurden schon eine Menge von praktischen Hinweisen von meinem Kollegen Hey hier eingebracht, deshalb erspare ich mir diesen Teil, denn wir werden uns im Innenausschuss sicherlich noch sehr umfangreich darüber unterhalten können. Ich bitte um Überweisung.

(Beifall CDU)

Mir liegen keine weiteren Redeanmeldungen vor. Sie wollen noch einmal für die Landesregierung? Entschuldigen Sie bitte, Herr Innenminister Prof. Huber.

Ich mache es ganz kurz, Frau Präsidentin. In der Tat, Frau Renner, das Volkszählungsurteil von 1983 war ein zivilisatorischer Quantensprung, hat uns ein neues Grundrecht beschert und ist, glaube ich, Ausweis der Leistungsfähigkeit unserer Verfassungsordnung, die sich auf diese Weise modernisiert hat, wie sie es Tag für Tag tut. Alle Gesetze, die wir machen, sind letzten Endes Gesetze, die das Gemeinwohl konkretisieren und in die Rechte der Bürger eingreifen, jedenfalls fast alle. Insofern kann man auch fast kein vernünftiges Gesetz im Bereich der Statistik und der Datenerhebung machen, ohne in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung einzugreifen. Die Frage ist nur, wie intensiv ist dieser Eingriff. Hier hat sich seit 1983 doch einiges verändert. Zum Beispiel hat das Bundesverfassungsgericht damals den Datenschutzbeauftragten als organisatorische Vorkehrung gefordert. Diesen Datenschutzbeauftragten haben wir heute. Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung im 65. Band, Seite 1 ff. auch die Trennung der Erhebungsstellen von der normalen Verwaltung gefordert. Dass unser Ausführungsgesetz das vorsieht, ist eine datenschutzrechtliche, verfassungsrechtlich im Sinne des Übermaßverbotes geforderte Vorkehrung, die eigentlich ihrem Anliegen gerecht wird und insofern keine Kritik verdient oder - um es platter zu sagen - you can’t have the cake and eat it. Wenn Sie den Datenschutz wollen, müssen Sie die notwendigen Implikationen auch hinnehmen.

Ich möchte als dritten und letzten Punkt vielleicht auch deutlich machen: Die Erhebungsstellen wurden reduziert, wie Herr Hey gesagt hat, und die Stichproben auf 10 Prozent - es war ursprünglich eine viele höhere Erhebung vorgesehen. Es ist eine registergestützte Erhebung. All das minimiert den Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht.

Zum Schluss, meine Damen und Herren von der Opposition: Wir haben eine Verordnung der EU, die uns dazu verpflichtet. Wir haben ein Bundesgesetz, das uns dazu verpflichtet. Laufen Ihre Anträge wirklich darauf hinaus, gegen Europarecht und Bundesrecht sehenden Auges zu verstoßen? Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Sie wollten eine Frage stellen, Herr Abgeordneter Kuschel? Herr Minister, gestatten Sie das? Dann bitte, Herr Abgeordneter Kuschel. Ich dachte, es wird eine Redemeldung.

Nein. Danke, Frau Präsidentin. Herr Minister, Sie haben vorhin ausgeführt, dass statistisch in Thüringen so alles auf gutem Wege ist. Das Landesamt für Statistik gehört ja auch zu Ihrem Verantwortungsbereich. Ihnen ist sicherlich der Fall aus Nordthüringen bekannt, also aus der Gemeinde Blankenburg. Da gab es einen Wechsel eines Wohnobjektes in eine Nachbargemeinde und die Einwohner sind „verloren“ gegangen, weil das Landesamt für Statistik eine pauschale Korrektur gemacht hat. Können Sie in Kenntnis dieses Beispiels noch einmal eine Bewertung der Qualität der Daten des Landesamts für Statistik vornehmen.

Herr Abgeordneter Kuschel, mir ist der Fall nicht bekannt. Ich kann auch sagen, ich habe nicht über die Qualität der Daten des Landesamts für Statistik gesprochen. Falls der Fall sich so ereignet haben soll, wie Sie ihn schildern, zeigt es nur, wie notwendig ein Zensus ist. Danke.

(Beifall CDU)

Ach, es gibt noch eine weitere Redeanmeldung. Ich muss es ja immer fast ahnen. Frau Abgeordnete Renner für die Fraktion DIE LINKE.

Vielen Dank. Da Herr Innenminister Prof. Huber jetzt ein weiteres Argument in die Debatte eingefügt hat, möchte ich doch noch einmal kurz erwidern, zuerst aber zu den Vorpunkten, die Sie angesprochen haben. Sie haben auf die besondere Rolle des Datenschutzbeauftragten in diesem Kontext hingewiesen. Ich habe gerade vorhin aufgezeigt, dass Datenschutzbeauftragte in der Behandlung dieser Thematik im Innenausschuss explizit ihre Kritikpunkte vorgebracht haben. Die gehen in die Richtung, zu sagen, die Zulässigkeit und die Begründetheit des Eingriffs muss deutlich herausgearbeitet werden und bei diesem Gesetz ist es auf jeden Fall bei den weitreichenden Fragen zu Religion und Weltanschauung nicht gegeben.

Zu Ihrem letzten Argument, dass wir hier europarechtliche Vorgaben umsetzen und dass es zwingend ist für uns, dies zu tun: Das entsprechende Bundesgesetz geht - ich habe es eben angedeutet bei diesen Fragen zu Religion und Weltanschauung - weit über das hinaus, was europarechtlich geregelt ist. Das sind Erhebungsfragen, die uns nicht durch das Europarecht zwingend aufgegeben sind, und verfassungs

rechtliche Bedenken können bei Gesetzen auch dann zum Tragen kommen, wenn Europarecht umgesetzt wird. Wir haben es bei der Vorratsdatenspeicherung gesehen; es war ja auch eine europarechtliche Vorgabe, die hier angeblich umgesetzt wurde, und trotzdem hat das Bundesverfassungsgericht die Vorratsdatenspeicherung zu Fall gebracht.

(Beifall DIE LINKE)

Ich denke, wir müssen diese Problematik auch noch einmal - zwingende Umsetzung Europarecht und Verfassungskonformität - im Innenausschuss behandeln. Ich denke, dann werden wir in der zweiten Beratung auch noch einmal dazu Ausführungen hören. Danke.

(Beifall DIE LINKE)

Wünscht noch jemand das Wort zu ergreifen? Nein. Dann kann ich jetzt die Aussprache schließen. Es ist beantragt worden, diesen Gesetzentwurf an den Innenausschuss zu überweisen. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Danke schön. Ich frage nach den Gegenstimmen? Es gibt etliche Gegenstimmen. Ich frage nach den Stimmenthaltungen? Stimmenthaltungen gibt es nicht. Mehrheitlich ist dieser Gesetzentwurf an den Innenausschuss überwiesen worden.

Ich schließe den Tagesordnungspunkt 4.

Ich rufe nun auf den Tagesordnungspunkt 5

a) Entlastung der Landesregierung für das Haushaltsjahr 2006 Antrag der Landesregierung - Drucksache 4/3673 - dazu: - Haushaltsrechnung des Frei- staats Thüringen für das Haus- haltsjahr 2006 Unterrichtung durch die Lan- desregierung - Drucksache 4/3672 - - Jahresbericht 2008 mit Bemer- kungen zur Haushalts- und Wirt- schaftsführung und zur Haus- haltsrechnung 2006 gemäß Arti- kel 103 Abs. 3 Satz 3 der Verfas- sung des Freistaats Thüringen Unterrichtung durch den Thürin- ger Rechnungshof - Drucksache 4/4721 -

- Stellungnahme der Landesregie- rung gemäß § 97 Abs. 1 Satz 3 der Thüringer Landeshaushalts- ordnung (ThürLHO) zu dem Jah- resbericht 2008 des Thüringer Rechnungshofs mit Bemerkun- gen zur Haushalts- und Wirt- schaftsführung und zur Haus- haltsrechnung 2006 Unterrichtung durch die Lan- desregierung - Drucksache 4/5100 - dazu: Beschlussempfehlung des Haushalts- und Finanzausschusses - Drucksache 5/501 - dazu: Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE - Drucksache 5/671 -

b) Entlastung des Thüringer Rech- nungshofs für das Haushaltsjahr 2006 Antrag des Thüringer Rechnungshofs - Drucksache 4/3674 - dazu: Beschlussempfehlung des Haus- halts- und Finanzausschusses - Drucksache 5/502 -

Der Abgeordnete Huster erhält zunächst das Wort zur Berichterstattung aus dem Haushalts- und Finanzausschuss zu den beiden Tagesordnungspunkten.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, gemäß § 67 Abs. 3 der Geschäftsordnung sind die Haushaltsrechnungen für das Haushaltsjahr 2006 in Drucksache 4/3672, der Antrag der Landesregierung in Drucksache 4/3673, der Jahresbericht 2008 mit Bemerkungen zur Haushalts- und Wirtschaftsführung und zur Haushaltsrechnung 2006 in der Drucksache 4/4721 sowie die Stellungnahme der Landesregierung zum Jahresbericht 2008 des Thüringer Rechnungshofs mit Bemerkungen zur Haushalts- und Wirtschaftsführung und zur Haushaltsrechnung 2006 in der Drucksache 4/5100 vorab an den Haushalts- und Finanzausschuss überwiesen worden. Des Weiteren ist gemäß § 67 Abs. 3 der Geschäftsordnung der Antrag des Thüringer Rechnungshofs in der Drucksache 4/3674 sowie die Rechnung über den Haushalt des Thüringer Rechnungshofs für das Haushaltsjahr 2006 in der Vorlage 4/1876 vorab an den Haushalts- und Finanzausschuss überwiesen worden. Der Haushalts- und Finanzausschuss hat die benannten Drucksachen und Vorlagen beraten, und zwar am 14.05.2009, am 11.11.2009, am 21.01.2010 und abschließend mit der Abstimmung der Anträge am 18.02.2010.

Die Beschlussempfehlung in der Drucksache 5/501 zur Entlastung der Landesregierung in den drei Punkten erging mehrheitlich, während die Beschlussempfehlung in der Drucksache 5/502 zur Entlastung des Rechnungshofs einstimmig durch die Abstimmung im Haushalts- und Finanzausschuss erging. Danke schön.

Ich eröffne die Aussprache und rufe als Ersten für die SPD-Fraktion den Abgeordneten Dr. Pidde auf.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Das dachte sicher auch der preußische König Friedrich Wilhelm I., als er 1714 die Preußische Generalrechenkammer installierte, eine Zentralbehörde mit Sitz in Berlin. Man kann mit Fug und Recht diesen Akt als Geburtsstunde der Rechnungsprüfung in Deutschland ansehen. Von unabhängiger staatlicher Finanzkontrolle war das natürlich weit entfernt, denn diese Kammer war direkt dem König unterstellt und sie diente ihm und auch den nachfolgenden Herrschern jeweils dazu, einerseits seine Beamten zu kontrollieren, andererseits die Staatsfinanzen zu überwachen, die ordnungsgemäße Verausgabung der Gelder zu prüfen, aber auch Dinge, die heute wichtig sind, nämlich Korruption in Grenzen zu halten und unsachgemäße Mittelverwendung zu verhindern. So konnte mancher Wildwuchs auch damals schon zurückgeschnitten werden.

134 Jahre lang lief das so, bis 1848 das Preußische Abgeordnetenhaus gegründet wurde. Damit kam die Finanzkontrolle in den Dienst des Parlaments und gewann eine neue Qualität.

Meine Damen und Herren, wir haben heute in allen Bundesländern - auch der Bund - gut ausgestattete Rechnungshöfe, und die brauchen wir auch mit guten Rahmenbedingungen. Sie dienen uns, der Legislative, als parlamentarische Finanzkontrolle. Für die politische Kontrolle der jeweiligen Landesregierung sind die jährlichen Rechnungshofberichte eine wichtige Grundlage für unsere Entscheidung, sollen wir die Exekutive für das jeweilige Haushaltsjahr entlasten oder nicht.

In diesem Tagesordnungspunkt geht es genau darum, um den Rechnungshofbericht 2008, der sich mit dem Haushaltsjahr 2006 befasst. Wir haben diesen, wie es Herr Kollege Huster hier schon darlegte, im Haushalts- und Finanzausschuss ausführlich beraten. Beide Seiten, Rechnungshof und Landesregierung, wurden zu den aufgeführten Sachverhalten gehört und danach die vorliegende Beschlussvorlage im

Ausschuss angefertigt.

Prinzipiell kann man der Verwaltung, den Ministerien, den nachgeordneten Behörden und auch dem Thüringer Rechnungshof selbst einen angemessenen und richtigen Umgang mit den zur Verfügung gestellten Geldern bescheinigen. Deshalb empfehlen wir, meine Fraktion, die Entlastung der Landesregierung einerseits genauso wie andererseits des Rechnungshofs.

Meine Damen und Herren, natürlich ist nicht alles perfekt. Wo gearbeitet wird, werden auch Fehler gemacht. Genau darauf weist auch der vorliegende Rechnungshofbericht hin. In 18 konkreten Bemerkungen legt der Thüringer Rechnungshof den Finger in die Wunde und weist auf Mängel bei der Verwendung von Steuergeldern hin. Ich will nur drei von diesen Sachverhalten hier aufgreifen:

Erstens: Bestätigt sah sich die SPD-Fraktion im Hinblick auf die Kritik an Vergabepraktiken im Rahmen der Förderung der Gemeinschaftsaufgabe. So war es einem Antragsteller gelungen, GA-Fördermittel weitgehend ohne die Einbringung von Eigenkapital zu erhalten, da seitens der Thüringer Aufbaubank andere öffentliche Mittel als Eigenkapital angesehen worden sind. Schon im Rahmen des Untersuchungsausschusses zur Hotelförderung in der 4. Legislaturperiode hatte meine Fraktion offenkundige Mängel bei den Bewilligungsverfahren der Gemeinschaftsaufgabe aufgedeckt. Der vorliegende Fall bestätigt die Mängel im Prüfverfahren vor einer Förderung. Die Landesregierung wird im Rahmen der Beschlussempfehlung des Haushalts- und Finanzausschusses aufgefordert, die in der Vergangenheit angewandte Art und Weise der Berechnung des Eigenkapitals sowie der Besicherung von Ersatzansprüchen einer kritischen Prüfung zu unterziehen.

Zweiter Sachverhalt: Mit der Kritik an fehlenden Erfolgskontrollen alternativ finanzierter Baumaßnahmen hat der Thüringer Rechnungshof eine Forderung geäußert, die vonseiten meiner Fraktion seit Langem geteilt wird. Bisher hat sich die Landesregierung um eine Erfolgskontrolle der in der Vergangenheit doch recht umfangreich durchgeführten alternativen Finanzierung herumgedrückt. Auf Antrag der Koalitionsfraktionen wird die Landesregierung nun aufgefordert, die erforderlichen Erfolgskontrollen für die bereits realisierten alternativ finanzierten Maßnahmen durchzuführen, um Rückschlüsse auch für die Zukunft zu ziehen. Gerade im Hinblick auf die heute von vielen favorisierten ÖPP-Maßnahmen tut an dieser Stelle eine kritische Rückschau not.

Lassen sie mich zum dritten Sachverhalt kommen: Der Rechnungshof fordert von der Landesregierung eine Konsolidierung der IuK-Dienstleister. Damit ist

eine Zusammenführung von Thüringer Landesrechenzentrum, Zentrum für Informationsverarbeitung und der Programmiergruppe der Landesfinanzdirektion gemeint. Eine Forderung, die auch meine Fraktion in die Koalitionsverhandlungen eingebracht hat und die schrittweise umgesetzt wird.

Meine Damen und Herren, ich habe nur drei Bemerkungen hier herausgegriffen. Grundsätzlich ist seitens der SPD-Fraktion den Bemerkungen des Rechnungshofs zuzustimmen. Positiv ist zu bemerken, dass die Landesregierung in einer Reihe von Kritikpunkten inzwischen bereits reagiert und für Konsequenzen gesorgt hat. Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU, SPD)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN rufe ich den Abgeordneten Meyer auf.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, wir werden als BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu einer Jahresrechnung, zu der wir nun wirklich kaum beitragen konnten, keine großen Ausführungen machen und uns dann auch bei der Abstimmung der Stimme enthalten.

Vielleicht nur zwei Anmerkungen zu zwei Bemerkungen des Rechnungshofs: Es ist schon überraschend, wenn dann bei der Nachschau über den Erfolg von Maßnahmen, wie zum Beispiel im Bereich Tourismus, schlicht und ergreifend Ruinen vorgefunden werden. So muss man es, glaube ich, nennen, was wir auch auf Fotodokumentationen sehen konnten bei einer touristischen Maßnahme im Thüringer Wald. Da hat man dann so das Gefühl: Oh, wenn noch genauer nachgeschaut worden wäre in allen Bereichen, was wäre dann noch zum Vorschein gekommen?

Zum Zweiten, darauf ist schon gerade rekurriert worden: Bei der Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur sich auf Formalkriterien zurückzuziehen bei der Tatsache, dass man zum Schluss 100-prozentige Förderung gibt, weil man auch das Eigenkapital zu 100 Prozent fördert, ist eine schiere Unglaublichkeit. Das kann unmöglich so gewollt gewesen sein durch den Gesetzgeber, dass man nur, weil man sich nicht gegenseitig fragt und informiert, dafür sorgt, dass man schlicht und ergreifend Millionen öffentliche Gelder bekommt und dann das Ding auch noch in den Sand setzt.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Kriminell!)