Protocol of the Session on November 12, 2004

nachfrager wir in diesem Jahr auf dem Ausbildungsmarkt hatten und warum?

Die Zahl kann ich Ihnen leider nicht sagen, die wir hatten. Mich beunruhigt auch die hohe Zahl von Altnachfragern, mich beunruhigt in allererster Linie die hohe Zahl von Abbrechern. Wir haben in Thüringen 27 Prozent Lehrabbrecher. Das kann ich auch nicht auf die Schule schieben. Da sind wir wieder bei der Diskussion der Verantwortung der Eltern für ihre Kinder und für deren Ausbildung. An der Stelle müssen wir irgendwo auch mal der Sache ins Auge schauen.

(Beifall bei der CDU)

Noch eine Nachfrage? Bitte.

Es ist keine Nachfrage. Nach der Bundesagentur für Arbeit sind es 43 Prozent Altnachfragen in diesem Jahr gewesen.

Es gab keinen Kommentar zu Ihrer Nachfrage. Damit frage ich in die Runde: Hat noch jemand Gesprächsbedarf? Das ist offensichtlich nicht der Fall. Dann schließe ich die Diskussion ab. Ich stelle zum Abschluss fest, dass das Berichtsersuchen der Landesregierung gemäß § 106 Abs. 2 Geschäftsordnung erfüllt ist. Es gibt keinen Widerspruch. Damit können wir diesen Tagesordnungspunkt beenden.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 16 auf

Maßnahmen gegen Rechtsextremismus und für demokratische Bildung Antrag der Fraktion der SPD - Drucksache 4/302 - Neufassung

Wird eine Begründung gewünscht? Bitte schön.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, der vorliegende Antrag zielt ganz wesentlich auf die Stärkung des präventiven Bereichs und dort maßgeblich auf die Stärkung der politische Bildung für junge Menschen und Erwachsene. Nicht zuletzt der Thüringen-Monitor hat immer wieder auf den Zusammenhang zwischen mangelnder Bildung und der leichteren Verführbarkeit dieser Personengruppe

für rechtsextremistisches und undemokratisches Gedankengut hingewiesen.

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, die Landesregierung hat einen Sofortbericht angekündigt. Wir sollten es dabei aber nicht belassen. Die aktuellen Ergebnisse bei den Landtagswahlen in Sachsen und Brandenburg, die Entwicklung rund um den NPD-Bundesparteitag in Leinefelde und die langjährigen Ergebnisse des Thüringen-Monitors sollten für uns genug Anlass sein, um erfolgreiche Initiativen und Angebote in Thüringen abzusichern und zu stärken. Die aus meiner Sicht beängstigende Entwicklung im Bereich des Rechtsextremismus sollte aber auch Anlass sein, in dem entscheidenden Aufgabenfeld der politischen Bildung eine kritische Analyse vorzunehmen und dort ggf. neu zu konzipieren. Deshalb beinhaltet unser Antrag sowohl die Berichterstattung als auch die Absicherung und fundierte Prüfung bestehender Angebote.

(Beifall bei der SPD)

Ich danke dem Abgeordneten Bausewein für die Begründung. Die Landesregierung hat einen Sofortbericht angekündigt zu den Nummern 1, 2 a und 3 gemäß § 106 Abs. 2 der Geschäftsordnung. Bitte schön, Herr Minister Dr. Zeh, ich bitte Sie um Ihren Sofortbericht.

Sehr verehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, dem Hause liegt ein Antrag der Fraktion der SPD "Maßnahmen gegen Rechtsextremismus und für demokratische Bildung" in Drucksache 4/302 vor. Bevor ich zur Beantwortung der einzelnen Fragen komme, erlauben Sie mir einige Vorbemerkungen. Nach dem Einzug rechtsextremer Parteien in den Landtag Sachsen und Brandenburg sind wir als Demokraten in besonderem Maße aufgefordert, sich antidemokratischem Denken und Handeln mit allem Nachdruck entgegenzustellen. Wir müssen meines Erachtens die wehrhafte Demokratie stärken. Aber angesichts der Schlägereien und Randale, die Sie sicherlich alle auch in Bezug auf die Demonstration in Leipzig gesehen haben, die von der so genannten linksautonomen Szene provoziert worden sind - Sie können sich an Bilder von brennenden Mülltonnen erinnern und angeschlagenen Autos und zerschlagenen Scheiben -, möchte ich mit aller Deutlichkeit sagen, die wehrhafte Demokratie hat sich gegen alle Formen des politischen Extremismus zu richten.

(Beifall bei der CDU)

Dies gilt sowohl für Rechtsextremismus, ebenso wie für den Linksextremismus oder für islamistische Gewalttäter. Hier haben wir, meine Damen und Herren, eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die der Stärkung der Zivilgesellschaft dient. Hier muss sich dieses Haus weiterhin überparteilich stellen. Die Prävention gegen Gewalt und Extremismus wird von der Landesregierung als langfristiger und nachhaltiger Prozess verstanden. Die jährlichen Berichte zur inneren Sicherheit sowie die jährliche Regierungserklärung des Ministerpräsidenten zu Extremismus und Radikalismus in Thüringen verdeutlichen, dass die Landesregierung der Gewaltprävention einen hohen Stellenwert beimisst. So war es die Landesregierung, die im Jahr 2000 die Erstellung des Thüringen-Monitors in Auftrag gab. Der Thüringen-Monitor ist eine wichtige Grundlage für Maßnahmen gegen politischen Extremismus.

Sehr verehrte Damen und Herren von der SPD, Ihre Anfragen sind sehr umfangreich. Stellen Sie sich also auch auf eine umfangreiche Antwort ein.

Meine Damen und Herren, zur ersten Ziffer Ihrer Anfrage: Über die Arbeit der Koordinierungsstelle Gewaltprävention wurde kontinuierlich berichtet. Sie hätten in den Unterlagen nur nachlesen können. Aber Sie fordern umgehend erneut in diesem Antrag einen Bericht, also werde ich berichten. Bereits im Juli 2000 wurde von der Landesregierung zur Gesamtkoordination der Maßnahmen und Projekte im Bereich der Gewaltprävention die Koordinierungsstelle Gewaltprävention - kurz die KostG - im Thüringer Innenministerium eingerichtet, die seit Mai 2001 als ressortübergreifende Stelle geführt wird. Seit 1. August 2004 ist sie dem Sozialministerium zugeordnet. Gemäß Ihrem Auftrag unterstützt die KostG die Ressorts der Landesregierung und deren nachgeordnete Behörden bei der Umsetzung von Maßnahmen, die der Verhinderung von Gewalt dienen. Dabei werden die an staatlichen Institutionen tätigen Präventionsmitarbeiter unterstützt und sie werden beraten. Dieser Präventionsansatz zielt auf ein effizientes und nachhaltiges Wirken gegen Gewalt in vorhandenen Strukturen ab. Die aktuellen Schwerpunkte der Koodinierungsstelle Gewaltprävention sind die Folgenden. Es geht um Prävention gegen Gewalt, die durch politischen Extremismus, Antisemitismus oder Fremdenfeindlichkeit motiviert ist. Es geht weiterhin um Gewaltprävention an Schulen und hier in enger Zusammenarbeit mit dem Thüringer Kultusministerium. Und es geht um Gewaltprävention im häuslichen Umfeld und hier in enger Zusammenarbeit mit dem Büro der Beauftragten für die Gleichstellung von Frau und Mann. Es geht um Beratung und Unterstützung gewaltpräventiver Gremien in den Kommunen. Bereits die Aufzählung dieser Themenschwerpunkte beschreibt die Breite des Phänomens Gewalt in der Gesellschaft und sie beschreibt auch den um

fassenden Präventionsansatz, dem sich die Landesregierung verpflichtet fühlt. In diese Gesamtproblematik müssen auch Maßnahmen gegen politischen Extremismus eingeordnet werden. Projektinhalte, die sich allein auf die primäre Prävention gegen Rechtsextremismus beschränken, bleiben wirkungslos. Deshalb noch einmal: Wir brauchen Prävention gegen jede Art von Extremismus und Gewalt, sei es von rechts oder auch von links.

Ich möchte einen Ausschnitt der Präventionsarbeit gegen Gewalt darstellen, die durch politischen Extremismus, Antisemitismus oder Fremdenfeindlichkeit motiviert ist. Seit 2002 vermittelt die KostG kontinuierlich neue Erkenntnisse der Extremismusforschung sowie der Antisemitismusforschung. Es werden u.a. der Bericht des Landesamts für Verfassungsschutz ausgewertet. Es werden themenrelevante Statistiken ausgewertet und dasselbe gilt für den Thüringen-Monitor 2004. Die Ergebnisse werden wieder in die Regierungserklärung zu diesem Thema einfließen. Die Beratung und Begleitung von Kommunen bei der Gründung gewaltpräventiver Gremien gehört seit Jahren auch zur Arbeit der KostG. Als Beispiel nenne ich die Gründung von Präventionsräten in Ohrdruf und in Schleusingen. Im Rahmen der Präventionen gegen Antisemitismus arbeitet die KostG an der Sicherstellung dauerhafter fachlicher Beratung und Begleitung der in Thüringen agierenden Projektinitiativen. Dabei wird zunehmend die fachliche Kompetenz der KostG zu Themen des modernen Antisemitismus angefragt. So konnte zum Beispiel ein Netzwerk Thüringer Projekte geschaffen werden. Der Umgang mit rechtsorientierten Jugendlichen an Gedenkstätten verlangt auch in Thüringen angemessene Strategien. So werden in Zusammenarbeit mit der Gedenkstätte Buchenwald seit Jahren spezifische Fortbildungstagungen durchgeführt und die Arbeitsergebnisse dokumentiert. Ein Schwerpunkt der Prävention gegen Gewalt und politischen Extremismus ist die Mitarbeit an der Planung und Umsetzung thüringenweiter Präventionskonzepte und themenspezifischer Fachveranstaltungen. Dabei werden auch Träger beraten, die solche Vorhaben ohne die Unterstützung der KostG nicht hätten durchführen können.

Die Vorgaben der KostG für das Jahr 2005: Die Vorhaben werden in erster Linie die begonnene Arbeit fortsetzen und das Augenmerk wird sich zunehmend auf die Beratung und Begleitung von Maßnahmen richten, die sich der Gewaltprävention bei Kindern und der Arbeit mit rechtsextremen Jugendlichen widmen. Die KostG versteht Prävention gegen Gewalt und politischen Extremismus als ganzheitliche und interdisziplinäre Aufgabe. So sind auch Prävention gegen Gewalt an Schulen oder im häuslichen Umfeld Beiträge zur Minimierung des antidemokratischen Gefahrenpotenzials.

Zu Ziffer 2 des vorgelegten Antrags: Es würde zu weit führen, alle Kooperationen zwischen den seit 2001 geförderten 179 Projekten einerseits und der Landesregierung bzw. den Kommunen andererseits aufzuzählen. Festzustellen ist, dass sich die Zusammenarbeit mit den Projektträgern versachlicht hat und zunehmend eine fachorientierte Diskussion geführt wird. Einige Beispiele möchte ich benennen: Die KostG arbeitet mit den vom Bund geförderten Projektinitiativen der Programmteile CIVITAS und ENTIMON zusammen. So existiert seit 2002 eine Kooperation mit dem durch ENTIMON geförderten Projekts Pegischat und Nechadim - Treffen der Enkel ehemaliger jüdischer Mitbürger des Elisabeth-Gymnasiums in Eisenach. Bei der Umsetzung der CIVITAS-Projekte "Mobile Beratung in Thüringen", des Vereins MOBIT e.V. und der Opferberatungsprojekte THO des Vereins Trudel-Elf e.V. finden seit 2004 kontinuierliche Beratungen statt. Die KostG ist Mitglied des Sprecherrats des Arbeitskreises "Prävention gegen Rechtsextremismus". Dort ist neben einem Vertreter der katholischen Jugendsozialarbeit auch ein Vertreter des Vorstands von MOBIT e.V. als gleichberechtigter Partner vertreten. KostG und das Thüringer Institut für Lehrerfortbildung sind an der Umsetzung von Fachtagungen des Programms CIVITAS beteiligt. Zwischen den Projektträgern und nachgeordneten Behörden gibt es nach meinem Kenntnisstand durchaus Zusammenarbeit. Die Projektträger sind gegenüber der Landesregierung aber nicht verpflichtet, diese Kooperation zu benennen. Es ist ein Erfolg der KostG und damit der Landesregierung, wenn sich die Zusammenarbeit mit den Trägern und der in Thüringen tätigen Bundesprojekte versachlicht hat. Eine gute Basis wurde geschaffen und trotz unterschiedlicher Präventionskonzeptionen wird Präventionsarbeit gegen Gewalt und politischen Extremismus in vielfältiger Weise umgesetzt.

Die Fraktion der SPD fordert in der Ziffer 2 b ihres Antrags die Landesregierung auf, in Abstimmung mit den Kommunen die degressive Förderung der Bundesprogramme ENTIMON und CIVITAS durch steigende Förderung aus dem Landeshaushalt aufzufangen. Laut Fördervoraussetzungen wäre dies in Höhe von 35 Prozent ab dem Jahr 2005 notwendig. Dazu einige Bemerkungen:

Erstens: Die Landesregierung hat bereits im Jahr 2001 darauf aufmerksam gemacht, dass zusätzliche Finanzmittel für die Präventionsarbeit des Bundes nicht bereitstehen. Übernimmt der Bund die inhaltliche Verantwortung für die Umsetzung seiner Programme, so ist er für deren kontinuierliche Fortführung auch in finanzieller Hinsicht verantwortlich.

Zweitens: Angesichts der derzeitigen Haushaltslage kann die Landesregierung nicht alle in Thüringen agierenden oder geplanten Projekte finanziell unter

stützen.

Drittens: Die Kommunen sind zum Teil bereits in die Komplementärfinanzierung einjähriger Projekte eingebunden. Diese Entscheidung fällen die Kommunen auf der Grundlage ihrer überlegenen Kenntnis der örtlichen Bedürfnisse und in eigener Verantwortung.

Viertens: Der Landesregierung ist bekannt, dass der Bund die Aufstockung der Finanzmittel beider Programme um insgesamt 5 Mio. :     tragsverfahren sind nur im Programmteil ENTIMON abgeschlossen, die Bewilligungsbescheide nicht erteilt. Für den Programmteil CIVITAS ist mit dem Abschluss der Bewilligungsverfahren frühestens im Frühjahr 2005 zu rechnen. Ob und in welchem Umfang die Mittelzuwendung erfolgt, bleibt abzuwarten. Mittel zu einer Kofinanzierung bereitzustellen, deren Volumen noch nicht absehbar ist, wäre mit einer seriösen Finanzwirtschaft nicht vereinbar. Der SPD-Fraktion muss die Frage gestellt werden, warum sie dieses Anliegen der finanziellen Absicherung nicht dem Bund vorträgt; das dürfte meines Erachtens parteiintern wohl kaum ein Problem sein.

Zu Ziffer 3: In die Beratungen zum Doppelhaushalt 2001/2002 wurde auf Antrag der CDU-Fraktion ein Haushaltsansatz zur Durchführung eines Landesprogramms für Demokratie und Tolerlanz eingebracht. Von 2001 bis 2004 umfasste der Titel immerhin 451.000   =>0   !  angesichts der oft recht populistisch geführten Diskussion über Extremismus und Gewalt ganz praktische Arbeitshilfen etablieren, die denjenigen Personengruppen zugute kommen, die sich tagtäglich mit Kindern und Jugendlichen auseinander setzen und Gewaltprävention umsetzen. Das Landesprogramm wurde, um eine gleich bleibend hohe Qualität zu gewährleisten, öffentlich ausgeschrieben. Dabei wurde großer Wert auf die Fortbildung und Qualifikation der Mitarbeiter aus der Jugendhilfe gelegt. Nach Auswertung der Ausschreibung wurden das Landesbüro Thüringen/Sachsen-Anhalt des Instituts für Sozialarbeit und Sozialpädagogik e.V. und die OttoBennecke-Stiftung e.V. mit der Durchführung des Landesprogramms beauftragt. Weitere Informationen hierzu können Sie der Beantwortung der Kleinen Anfrage 3/598 des Abgeordneten Panse entnehmen.

Zum Ende des Jahres 2004 wurden in 22 Landkreisen und kreisfreien Städten Fortbildungsreihen durchgeführt. Daran haben insgesamt 300 Fachkräfte teilgenommen. Die Reaktion aller Beteiligten war ausgesprochen positiv. Einige Details zu diesen Ergebnissen: In der Regel haben pro Fortbildungsreihe zwischen 15 und 20 Teilnehmer an den Modulen teilgenommen. Überwiegend waren es weibliche Teilnehmer in der Altersgruppe zwischen 22

und 55 Jahren. Die Ausgangsqualifikation war sehr unterschiedlich. Das Berufsbild des Sozialpädagogen ist weiterhin unterrepräsentiert. Der Erfahrungsaustausch der Teilnehmer und die daraus resultierende kollegiale Kooperation wurden als sehr nützlich empfunden. Die Teilnehmer waren an weiterer Fortbildung interessiert. Dies zeigt, dass die Zielstellung des Programms umfassend aufgegriffen wurde und eine offensive Fortführung der Arbeit an der Thematik gewünscht ist. Es war einhellige Meinung, dass auch zukünftig Instrumente und Methoden zu entwickeln sind, die es ermöglichen, Konfliktsituationen mit Kindern und Jugendlichen zu bestehen. Klare Botschaft des Landesprogramms "Demokratie und Toleranz" ist also ein nachhaltiger Bedarf an Fort- und Weiterbildungsprogrammen für hauptamtliche Mitarbeiter der Jugendhilfe. Der Freistaat Thüringen wird im Rahmen seiner Zuständigkeiten seinen Beitrag dazu leisten. Genauso gefordert sind die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe und die freien Träger selbst. Auch sie müssen ihren Mitarbeitern adäquates theoretisches Rüstzeug an die Hand geben, damit sie in der Praxis bestehen können. Über die künftige Finanzierung einer möglichen Fortführung des Landesprogramms für "Demokratie und Toleranz" wird in den demnächst stattfindenden Beratungen zum Haushalt 2005 zu befinden sein.

Zu Ziffer 4: An diesem Punkt muss ich leider feststellen, dass es der Antrag stellenden Fraktion bisher nicht gelungen ist, sich in den Themenbereich der Jugendhilfe fach- und sachgerecht einzuarbeiten. Das Verständnis von Zuständigkeiten, Strukturen und aktuellen Beschlüssen fehlt Ihnen offenbar weiterhin. Die SPD-Fraktion versucht mit diesem Antrag einen Rundumschlag. Sie thematisiert alle Bereiche der §§ 11 bis 14 SGB VIII und bringt sie in direkten Zusammenhang mit politischer Jugendbildung. Sofern Sie von der SPD-Fraktion mit der Ziffer beabsichtigen zum Ausdruck zu bringen, dass die gesamte Angebotspalette politisch ist, denke ich, so liegen Sie richtig. Dass jedoch alle Einrichtungen, Maßnahmen und Dienste der Jugendhilfe vorrangig politische Jugendbildung betreiben müssten, ist nicht korrekt. Die politische Jugendbildung gehört zum Bereich der außerschulischen Jugendbildung, der sich in § 11 des SGB VIII - Jugendarbeit - befindet. Politische Jugendbildung findet in der Regel in Jugendbildungsstätten, bei Jugendverbänden oder einzelnen Trägern mit diesem Arbeitsschwerpunkt statt. Das Land ist gemäß § 85 Abs. 2 Nr. 3 im SGB VIII für die Einrichtungen, Dienste und Veranstaltungen zuständig, die den örtlichen Bedarf übersteigen - ich betone, den örtlichen Bedarf übersteigen. In § 18 Abs. 1 des Thüringer Kinder- und Jugendhilfe-Ausführungsgesetzes wird das Land verpflichtet, gemeinsam mit den Akteuren einen Landesjugendförderplan für den überörtlichen Bereich aufzustellen. Genau dieses Planungs- und Förderinstrument ist bei Ihrem

Antrag zu berücksichtigen. Der derzeitig gültige Landesjugendförderplan wurde am 9. September 2002 durch den Landesjugendhilfeausschuss nach eineinhalbjähriger Erarbeitungsphase für die Laufzeit von 2003 bis 2006 verabschiedet. Im Zuge der Erarbeitung wurden genau die Planungsverfahren angewandt, die Sie jetzt einfordern. Damit kommen Sie, sehr geehrte Damen und Herren der SPD-Fraktion, zu spät.

Und zu Ihrer Information sei erwähnt: Durch ein externes Institut erfolgte eine Befragung der landesweit tätigen Träger der Jugendbildungsstätten und Jugendämter und des Landesjugendamtes, um den Bedarf an außerschulischen Jugendbildungs- und Multiplikatorenfortbildungsangeboten im Land einschätzen zu können. Gleichfalls wurde eine qualitative Untersuchung der überörtlichen Anbieter außerschulischer Bildungsmaßnahmen durchgeführt. 26 Träger von Jugendbildungsstätten, 27 Jugendverbände und 8 sonstige Anbieter wurden evaluiert. Im Frühjahr 2002 wurde der Förderbedarf bei allen relevanten Trägern im Bereich der außerschulischen Jugendbildung abgefragt. Von Januar bis April 2002 wurde eine schriftliche Befragung von Nutzern außerschulischer Jugendbildungsmaßnahmen durchgeführt. Es gab insgesamt 3.100 Rückläufe. Die Befragung wurde von März bis November 2004 nochmals durchgeführt. Sie soll Auskunft darüber geben, wie Jugendliche die besuchten Veranstaltungen qualitativ bewerten.

All diese Punkte sind bei der Erstellung des Landesjugendförderplans gewürdigt worden und in die Maßnahmeplanung eingeflossen. Aus Sicht der Landesregierung und - ich kann das an dieser Stelle auch sagen - aus Sicht des zuständigen Planungsgremiums des Landesjugendhilfeausschusses haben ausreichende Evaluationen stattgefunden. Ich sehe deshalb keine Veranlassung, erneut umfangreiche Evaluationsanträge auszulösen.

In Ihrem Antrag wurde unter Punkt 4 außerdem eine Evaluation bezüglich der Schuljugendarbeit eingefordert. Die Evaluation des Landesprogramms Schuljugendarbeit erfolgte jedoch bereits. Im Dezember 2003 wurde das ThILLM mit einer statistischen Evaluation dieses Programms beauftragt. Festgestellt wurde, dass sich alle Einzelangebote auch auf alle Module verteilen, die den Schulen und Maßnahmeträgern durch die Handreichung des Kultusministeriums zur Schuljugendarbeit vorgeschlagen wurden. Den größten Anteil nimmt mit 34 Prozent der Bereich der unterrichtsbezogenen Ergänzungen ein. Der Bereich Förderung fällt mit 11 Prozent am geringsten aus. Themenbezogene Vorhaben und Projekte und Freizeitangebote halten sich mit jeweils etwa 27 Prozent die Waage. Das Programm hat in kurzer Zeit eine hohe Akzeptanz bei den Schulen erreicht.

Es unterstützt und fördert die Öffnung der Schule zum regionalen Umfeld und zur Kooperation mit externen Partnern.

Zu Ziffer 5, der geforderten Evaluierung des Stellenwerts und der Qualität politischer Bildung innerhalb der durch das Erwachsenenbildungsgesetz geförderten Träger und Maßnahmen, kann ich nur sagen, dass ihr aus rechtlichen Gründen nicht entsprochen werden kann. Die Evaluierung der Arbeit der Einrichtungen der Erwachsenenbildung ist nach § 9 Erwachsenenbildungsgesetz für die geleistete Bildungsarbeit insgesamt vorzunehmen. Derartige Evaluierungen finden bereits statt. Insofern kann ich diese Aufforderung an die Landesregierung nur zurückweisen. Nicht im Gesetz vorgesehen ist die Evaluierung einzelner Bildungsveranstaltungen im Hinblick auf Stellenwert und Qualität. Solche Evaluierungen sind daher unzulässig, zumal, wenn sie als aufsichtsrechtliche Maßnahme zu werten sind.

Zu Ziffer 6 Ihres Antrags gibt es hinsichtlich der Qualität politischer Jugendbildung im Bereich der allgemein bildenden Schulen Evaluationen einzelner Maßnahmen. So wurde das Förderprogramm "Demokratisch handeln" aus Bundesmitteln von 1995 bis 1997 evaluiert. Dieses Programm ist in Kooperation von Baden-Württemberg, Brandenburg, Hamburg, Sachsen und Thüringen durchgeführt worden. Beim Projekt "Unsere Schule, soziale Schulqualität, schulinterne Evaluationen und Fortbildung" erfolgt eine begleitende Evaluation durch das Institut für angewandte Familien-, Kindheits- und Jugendforschung der Universität Potsdam und das Institut für berufliche Bildung und Weiterbildung e.V. Göttingen. Das Modellprogramm der Bund-Länder-Kommission "Demokratie lernen und leben" wird in Thüringen durch Prof. Fauser, Lehrstuhl für Schulpädagogik und Schulentwicklung an der Friedrich-Schiller-Universität Jena, sowie insgesamt durch das Deutsche Institut für Internationale Pädagogische Forschung Frankfurt am Main begleitend evaluiert. Zum Projekt "Mediation, Streitschlichtung von Schülern, Konfliktlotsen" hat das Thüringer Kultusministerium mit der Forschungs- und Praxisstelle Mediation an der Fachhochschule Erfurt eine Evaluationsstudie vertraglich vereinbart. Sie soll Standards der Qualitätssicherung hinsichtlich der Praxis von Schulmediationen entwickeln. Um den Stellenwert der politischen Bildung zu unterstreichen, wird das Kultusministerium künftig neue Akzente setzen und dies durch ein eigenes Referat begleiten. Dabei soll politische Bildung nicht nur als Institutionenkunde und loses Lernfach verstanden werden, sondern muss als Angebot zur Demokratieerziehung und Grundwerteorientierung ein lebenslanger Lernprozess sein.

Festzustellen bleibt damit: Prävention gegen Extremismus und damit auch gegen Rechtsextremismus

ist ein ressortübergreifendes Arbeitsfeld. Die Landesregierung ist sich ihrer Verantwortung bewusst und leistet bereits seit langem durch vielfältige Maßnahmen ihren Beitrag. Wie im Bereich der Gesundheitsprävention lässt sich auch im Bereich der Gewaltprävention die Wirkung dieser Maßnahmen nur schwer abschätzen. Klar ist jedoch, das möchte ich hier ausdrücklich betonen, dass jeder Bürger darüber hinaus durch sein eigenes Auftreten und Verhalten ebenfalls einen wesentlichen Beitrag gegen Extremismus und für demokratische Bildung leisten kann. Neben den genannten Maßnahmen gibt es weitere Aktivitäten, die zur Gewaltprävention beitragen, z.B. die Förderung des Sports, des Ehrenamts und der Jugendkulturarbeit. Neben der Prävention wird in Thüringen alles erdenklich Mögliche zur Bekämpfung der Gewalt, insbesondere auch politisch motivierter Gewalt, getan. Justiz, Polizei, Landeskriminalamt, der Thüringer Verfassungsschutz und auch die Landeszentrale für politische Bildung leisten hier eine unverzichtbare Arbeit. Trotz aller geschilderter Maßnahmen kann man politischen Extremismus und Gewalt nie völlig ausschließen. Auch gibt es keine absolute Sicherheit. Ich gehe jedoch davon aus, dass die Erfolge rechtsextremer Parteien bei Wahlen in anderen Ländern auch weiterhin, bis auf Brandenburg, das haben wir erlebt, auf eine Wahlperiode beschränkt bleiben. Dies haben ähnliche Ereignisse in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland schon häufig gezeigt. Und außerdem, die 5-Prozent-Klausel bei Wahlen ist ein weiterer Schutz gegen extremistische Parteien in demokratischen Volksvertretungen.

(Beifall bei der CDU)

Von dieser 5-Prozent-Klausel haben auch wir hier in Thüringen profitiert. Sie muss auf jeden Fall beibehalten werden.

Abschließend betone ich ausdrücklich, alle demokratischen Parteien und Fraktionen sind in ihrer täglichen politischen Arbeit gefordert, bei den Bürgern ein Höchstmaß an Vertrauen und Glaubwürdigkeit zu erwerben, so dass extreme Gruppierungen eine Minderheit bleiben und auch bei uns in Thüringen in Zukunft keine Chance haben. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)

Möchten die Fraktionen die Aussprache zu diesem Bericht? Die SPD-Fraktion zeigt das an. Dann rufe ich als Erstes in dieser Aussprache auf für die CDUFraktion den Abgeordneten Worm.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, werte Kolleginnen und Kollegen von der SPD, gestatten Sie, dass ich mich an dieser Stelle in Bezug auf Ihren Antrag noch einmal grundsätzlich den einführenden Worten des Ministers anschließe, der sinngemäß zum Ausdruck brachte, dass alle Formen von Extremismus, ob links oder rechts, zu verurteilen sind und dass gerade unter der Beachtung der Tatsache, dass nach der aktuellen Analyse des Innenministeriums sich die politisch motivierten linksextremistischen Straftaten im Vergleichszeitraum 2002 auf 2003 fast verdoppelt haben, das Ganze sicherlich auf recht niedrigem Niveau, aber die Entwicklung ist eindeutig. Ich denke, wir sollten hier die ganze Sache im Auge behalten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte noch mal ganz kurz auf den Punkt 4 Ihres Antrags und hier schwerpunktmäßig auf die Thematik des Landesjugendförderplans eingehen. Auf das Verfahren zur Erstellung des Landesjugendförderplans ist der Minister in seinen Ausführungen konkret eingegangen. Weiter Gehendes hierzu werde ich mir deshalb sparen. Der Landesjugendförderplan selbst ist Ende 2002 beschlossen worden und besitzt somit Aktualität. Die oberste Landesjugendbehörde wie auch alle Träger der Jugendhilfe im überörtlichen Bereich arbeiten mit diesem Planungsinstrument und mit der Verabschiedung des Landesjugendförderplans wurden in den Maßnahmeplanungen Entscheidungen zur Umsetzungskontrolle und Evaluation der Maßnahmen getroffen. Ihr besonderes Interesse möchte ich deshalb auf die Seiten 140 bis 142 dieses Plans lenken, aus denen die Aufträge und Verantwortlichkeiten klar hervorgehen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir wissen alle, dass das zuständige Gremium für die überörtliche Jugendhilfeplanung der Landesjugendhilfeausschuss ist. Bis jetzt ist dieses Gremium laut Landesgesetz auch mit Abgeordneten des Landtags und somit auch mit Mitgliedern der SPD-Fraktion besetzt und ich erachte es als fachlich außerordentlich zielführend, wenn dieses Mandat durch die Vertreter der einzelnen Fraktionen auch mit der gebührenden Aufmerksamkeit dann wahrgenommen wird. Des Weiteren beginnt die Fortschreibung des jetzt gültigen Landesjugendförderplans bereits im nächsten Jahr, so dass Sie Ihrem Antrag dann auch Taten folgen lassen können.

Meine Damen und Herren, die Jugendhilfe ist von der Zuständigkeit her zweigeteilt. Das heißt, für den übergeordneten Bereich gelten die zu Beginn gemachten Ausführungen. Im örtlichen Bereich sind die Landkreise und kreisfreien Städte für ihren Jugendhilfeplan zuständig. Unter Berücksichtigung der