Meine Damen und Herren, die Jugendhilfe ist von der Zuständigkeit her zweigeteilt. Das heißt, für den übergeordneten Bereich gelten die zu Beginn gemachten Ausführungen. Im örtlichen Bereich sind die Landkreise und kreisfreien Städte für ihren Jugendhilfeplan zuständig. Unter Berücksichtigung der
kommunalen Selbstverwaltung entscheiden die Gremien vor Ort über den Bedarf von Angeboten der Jugendarbeit bzw. Jugendverbandsarbeit. Und hier wird z.B. auch festgelegt, welchen Stellenwert außerschulische Jugendbildung auf kommunaler Ebene besitzt. Dass es hier ein gewisses Potenzial gibt, das es zu aktivieren gilt, ist aus meiner Sicht unstrittig. Strittig ist jedoch für mich Ihr unter Punkt 4 c geäußertes Verlangen oder Ihr Wunsch, die genannten Bereiche von Haushaltskürzungen auszunehmen. Natürlich ist es gerade für mich in meiner Funktion als jugendpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion wünschenswert, Kürzungen in diesem Bereich zu vermeiden. Aber wir befinden uns hier nicht in einer Haushaltsdiskussion, so dass diese Diskussion mit Sicherheit zu einem späteren Zeitpunkt an dieser Stelle geführt werden muss.
Im Übrigen möchte ich hier noch kurz meine persönlichen Erfahrungen zu dieser Thematik äußern, und zwar konkret auf meinen Wahlkreis bezogen. Als Beispiel möchte ich hier die Stadt Schleusingen nennen. In Schleusingen selbst gab es ja im Zeitraum des letzten halben Jahres rechtsextremistische Wahrnehmungen und Vorfälle. Es hat sich dort ein NPD-Kreisverband gegründet, dem auch Jugendliche angehören, der maßgeblich auch entsprechende Unterstützung aus der NPD-Zentrale in Berlin bekommt und dort durch verschiedene Aktionen auf sich aufmerksam macht. Konkret in diesem Fall hat sich eben der Bürgermeister an die KostG gewendet, die dann auch postwendend Unterstützung gegeben hat. Und als Ergebnis von Vor-Ort-Terminen wird sich in Schleusingen, nachdem man nun die entsprechenden Stadtratsbeschlüsse gefasst hat, ein Präventionsrat gründen. Gemeinsam zeigen dort seit Monaten, also seit diese Erscheinungen aufgetreten sind, die Evangelische Kirchgemeinde und das Bündnis gegen rechts, das sich über Parteigrenzen hinweg aus Menschen verschiedener Konfessionen und Generationen gebildet hat, Flagge. Dieses Bekenntnis zur Demokratie wurde erst wieder vergangenen Dienstag in Form eines ökumenischen Friedensgebets und einer Kundgebung auf dem Markt demonstriert, an dem sich übrigens über 500 Menschen beteiligt haben. Das sind für mich konkrete Maßnahmen gegen Rechtsextremismus, die dann auch entsprechend unterstützt und gefördert werden sollten,
weil das meines Erachtens ganz einfach besser ist, als das Land bzw. das Geld im Land mit der Gießkanne zu verteilen. Und so stelle ich mir die praktische Arbeit und die Auseinandersetzung mit der Thematik Rechtsextremismus vor, getreu dem Motto "Nicht nur Reden, sondern Tun". Danke sehr.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, den vorliegenden Antrag der SPD-Fraktion hat Minister Zeh für die Landesregierung zum Anlass genommen, um seinen ganzen Reigen gut gemeinter Projekte und Veranstaltungen der verschiedenen Landesbehörden und Programme vorzustellen. Dagegen ist im Prinzip nichts einzuwenden, auch nicht dagegen, dass einzelne Vorhaben durch Bundes- oder Europamittel finanziert werden. Jedoch greifen erstens der Antrag und auch der Bericht des Ministers zu kurz, wenn es um Maßnahmen gegen Rechtsextremismus und für demokratische Bildung geht. Grundlage jeder Maßnahme müsste eine sachgerechte und objektive Analyse sein. Ihre in den letzten Jahren stetig wiederholte These von der Schwäche und Zersplitterung des rechtsextremen Lagers bleibt falsch und hat den Blick auf die realen gefährlichen Entwicklungen des Neofaschismus in diesem Land verstellt. Bis heute gibt es kein Verständnis seitens der Landesregierung für die Ursachen, Wirkungsmechanismen und Verankerungen rechtsextremer Einstellungen in großen Teilen der Thüringer Bevölkerung. Zwar nehmen Sie ehrlich die Zahlen des Thüringen-Monitors entgegen, doch wirklich ernst genommen werden diese Ergebnisse nicht. Schnell wird dem, der ausspricht, was ist, nämlich dass jeder zweite Thüringer rassistisch und jeder vierte rechtsextrem eingestellt ist, vorgeworfen, er würde dramatisieren und die Landesregierung hätte doch auch schon die richtige Behandlungsweise für den Extremismusvirus parat.
Die Landesregierung geht nicht nur von einer falschen Analyse des Rechtsextremismus in Thüringen aus, nein, Sie verkennen auch dessen wahre Ursachen. Und es steht zu befürchten, dass auf Grundlage dieser falschen Analyse auch falsche Schlussfolgerungen gezogen und untaugliche Konzepte entwickelt werden.
Zur falschen Situationsbeschreibung: Die Umstrukturierungen und die veränderten Strategien der rechtsextremen Szene haben Sie fälschlich als dauerhafte Schwäche der Neonazis interpretiert. Der Fokus staatlicher Aufmerksamkeit richtete sich viel zu lange allein auf rechtsextreme Parteien. Dort wurden Mitglieder abgezählt und Protokolle von Parteiversammlungen studiert. Die in den 90er-Jahren ent
standene Bewegung der so genannten freien Kameradschaften wurde leichtfertig übersehen und nicht ernst genommen, und dies, obwohl sich in diesem Bereich das überwiegende Gros der Neonazis organisierte und sämtliche öffentlichen Aktivitäten der rechtsextremen Szene maßgeblich von diesen vernetzten braunen Zellen initiiert wurden. Durch Schulungen und die Einbeziehung des Lebensumfeldes der Nazis entwickelte sich hier eine ideologisch eng am Nationalsozialismus orientierte und gleichzeitig im Alltag verankerte selbständige, mobilisierungsstarke und gewalttätige Struktur. Ich höre schon das Gegenargument und das klang auch in der Fragestunde bei der Frage des Abgeordneten Matschie und der gegebenen Antwort zum Fan-Projekt Jena an: Das sind doch nur ein paar Hundert und meist sind es Jugendliche mit Hang zur Gewalt, denen mit Sozialarbeit beizukommen sei. Das stimmt schon lange nicht mehr und vielleicht stimmte es noch nie. Die braune Kameradschaftsszene mobilisiert inzwischen Tausende, wie im Juli und August in Mücka und Wunsiedel eindeutig bewiesen. Ganze Familien sind inzwischen in Kameradschaften organisiert. So viel zu ihrer These, die Familie sei ein Bollwerk gegen Rechtsextremismus.
Männer und immer mehr Frauen jedes Alters finden sich in den Reihen der Kameradschaften. Hier werden Ehen geschlossen, Arbeitsverträge unterzeichnet, es gibt einen eigenen Lifestyle, eine eigene Kultur wird gepflegt, es gibt rechtsextreme Partnervermittlungen, Internetauktionshäuser, Wohnprojekte, akademische Zirkel etc. Diese braune Kameradschaftsszene dominiert den Rechtsextremismus in Thüringen. Keine Region und keine Stadt, meine Damen und Herren, in der es nicht inzwischen eine, zwei oder drei Kameradschaften gibt. Vom Eichsfeld bis Zella-Mehlis, von Eisenach bis Gera, Herr Fiedler.
Die taktische Zurückhaltung in der offenen Zusammenarbeit mit der NPD, eine nichtoffene gab es schon die ganze Zeit, wird nun nach dem Scheitern des NPD-Verbotsverfahrens fallen gelassen.
Das sei noch keine neue Qualität, heißt es oft. Dem muss ich widersprechen. Der ideologische wie organisatorische Schulterschluss der nationalsozialistisch orientierten Kameradschaft mit der NPD und die gemeinsame Absichtserklärung, Gruppenegoismen nun beiseite zu schieben und gemeinsam Demokratie und Freiheit beseitigen zu wollen, birgt die
reale Gefahr einer Volksfront von rechts, eines Flächenbrandes der sächsischen Strategie, einer neofaschistischen Einheit bei Kampf um die Straße, die Köpfe und die Parlamente.
Ob für Thüringen diese Entwicklung zu erwarten sei, das weiß das Landesamt für Verfassungsschutz noch nicht. Vielleicht sollten die Mitarbeiter dort mal die UNZ oder das Neue Deutschland aus der Hand legen und sich der rechtsextremen Szene in Thüringen zuwenden. Einschlägig vorbestrafte Kameradschaftsführer wie Torsten Heise und Michael Burkhard bekleiden inzwischen NPD-Ämter. Republikaner sind ausgetreten oder zur NPD übergetreten. Zunehmend suchen Kameradschaften eine lokale Verankerung und thematisieren vermeintliche Missstände in Stadtteilen und Ortschaften. Ein offizieller Zusammenschluss, sozusagen der NPD-Bundesparteitag auf Landesebene in Thüringen, ist bereits angekündigt.
Und damit, sehr geehrte Damen und Herren, ist auch die Frage beantwortet, ob in Thüringen sächsische Verhältnisse drohen. Die Antwort kann unter den jetzigen Vorzeichen, und wenn wir nicht jetzt mit einer objektiven Analyse und nachhaltigen zivilgesellschaftlichen Konzepten gegensteuern, nur ja lauten. Dass die Rechtsextremen in diesem Jahr nicht in dieses hohe Haus im Thüringer Landtag eingezogen sind, war eben nicht Verdienst einer Regierungspolitik, die das Thema Rechtsextremismus ernst nimmt und uneingeschränkt engagierte Bürger und Initiativen und Projekte unterstützte. Der Nichteinzug war allein Ergebnis der nun revidierten Strategie der Thüringer Neonazis, allein auf Aktionismus und nicht auf Parlamente zu setzen. Wenn die Neonazis wie in Sachsen auf der Klaviatur der Tagespolitik spielen und ihr Auftreten wie ein Chamäleon wechseln können, also samstags mit Baseballschläger und Sturmhaube eine Antifa-Demo angreifen und montags mit weißem Hemd und Krawatte im Stadtrat auftauchen, dann reagiert offizielle Politik absolut hilflos. Einen bitteren Vorgeschmack durften wir in Thüringen schon erleben, als Ordnungshüter geschniegelte Neonazis in antirassistische Montagsdemonstrationen mit Gewalt integrierten, da diese ja schließlich auch gegen Harz IV seien und sich die Polizisten sowieso nur als Vollstrecker einer landauf, landab von SPD und CDU geäußerten These von dem linken und rechten Scharlatan fühlen konnten. Diese unerträgliche, diese unsachliche und heute auch wieder mehrfach wiederholte Gleichsetzung zu beenden und öffentlich zu widerrufen wäre ein erstes Signal der Regierungsbänke in Berlin und in Erfurt,
genommen wird, und zwar so ernst, wie viele Menschen den Neofaschismus in Thüringen nehmen, die sich in Bündnissen organisieren, die Aufklärungs- und Bildungsarbeit zu diesem Thema leisten, die kreative Widerstandsformen entwickeln und sich weder durch fehlende Unterstützung noch durch Drohungen der Neonazis beirren und entmutigen lassen. Ohne diese Bündnisse und Projekte hätten wir überall Leinefelder Verhältnisse, wüssten wir genauso wenig über den Rechtsextremismus wie der Verfassungsschutz und könnten die Neonazis ihre informelle Macht, die drohende Hegemonie in den Köpfen, auf der Straße und in der Kultur weiter ausbauen. Würden die staatlichen Stellen den Rechtsextremismus ernst nehmen, dann hätten die kommunalen Verantwortlichen in Pößneck nicht aus der Zeitung entnehmen müssen, dass der bekannte Rechtsextremist Jürgen Rieger das örtliche Schützenhaus erworben hat. Dann könnte eine Stadtverwaltung wie in Leinefelde nicht derartig dilettantisch und politisch fatal gegen den NPD-Bundesparteitag agieren. Dann müssten Polizeibeamte in Gera nicht von Journalisten erfahren, dass sich gerade in ihrem Südbahnhof ein Skinhead-Konzert ereignet. Dann gäbe es, meine Damen und Herren, dann gäbe es tatsächlich ein Frühwarnsystem mit Antennen und einem öffentlichen Lautsprecher. Dann hätten wir keinen Verfassungsschutz mehr, sondern ein Informations- und Dokumentationszentrum zum Rechtsextremismus.
Die Forderungen der PDS-Fraktion sind bekannt, auch die Anliegen der zivilgesellschaftlichen Projekte von Bürgerinnen und Bürgern, die sich aktiv gegen rechts engagieren. Sie verdienen Anerkennung durch Politik und keine fragwürdigen Hinweise, wie sie eine Schülerin kürzlich erhalten hat, die sich an einer Straßenblockade in Weimar gegen einen Naziaufmarsch engagierte und dabei an Haaren und Ohren von Polizisten von der Strasse gezerrt wurde. "Straße frei, hier kommt der nationale Widerstand." konnten die Neonazis brüllen und diese junge Frau bekommt gesagt, sie müsse die ordnenden Eingriffe der Polizei und damit die freie Bahn für die Neonazis hinnehmen. Nein, die Bürger müssen sie nicht hinnehmen! Sie dürfen nicht aufgefordert werden, wegzusehen oder gar zu verreisen, wenn Neonazis Straßen bevölkern.
Sie müssen zu zivilgesellschaftlichem Engagement ermuntert und dabei unterstützt werden. Es muss eine offene Debatte in der Gesellschaft darüber geben, dass Neofaschismus auch dort ist, wo im Alltag rassistische und antisemitische Äußerungen getätigt werden, wo Neonazis diktieren können, wer abends eine Kneipe aufsuchen oder eine Kreuzung passieren kann, wer ein Sportangebot nutzen kann oder welche Kleidung auf dem Schulhof zu tragen
ist. Der Kulturkampf von rechts hat gerade erst begonnen. Neofaschismus wirkt dort, wo ausgegrenzte oder gar tätlich angegriffene Menschen sich nicht trauen, über ihre Situation zu sprechen. Neofaschismus ist dort, wo über Arme und Leistungsbezieher gesprochen wird, als wären sie Schmarotzer an der Gesellschaft, wo das neofaschistische Bild des Parasiten am Volkskörper wiederbelebt wird. Neofaschismus ist dort, wo jüdische Grabsteine umgeworfen und Gedenkstätten geschändet werden. Neofaschismus ist nicht nur in der Mitte der Gesellschaft, er kommt aus den unsäglichen Traditionen des deutschen Nationalismus, dem Autoritarismus, der ewigen Suche nach den Schuldigen für gesellschaftliche Miseren, und zwar unter denen, die ganz unten sind, und niemals unter denen, die über Macht verfügen.
Thüringen will ein Land der Innovationen und der Toleranz sein. Das wünschen wir uns auch. Dafür reichen aber keine Hochschulen mit internationalen Kontakten oder Multikulturalismus auf Bestellung zu Festen und besonderen Anlässen. Was Thüringen braucht, ist gelebte Toleranz.
Ausländerfeindlichkeit ist auch für Unternehmen ein negativer Standortfaktor, wie eine Untersuchung der Universität Halle eindrücklich belegt hat. Und angesichts der demographischen Entwicklung in Ostdeutschland und auch Thüringen müssen wir nicht nur um jeden Bürger werben, der abwandern möchte, nein, wir müssen Thüringen zuwanderungsfit machen. Auch deshalb brauchen wir eine ernsthafte und auch eine ernst gemeinte Auseinandersetzung mit den Erscheinungen des Rechtsextremismus und keine parlamentarischen Anträge, die allein der Beweihräucherung von Regierungen in Bund oder Land dienen sollen. Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrte Frau Hennig, Sie müssen das ertragen, was wir hier reden. Sie müssen das, was Sie gerade vorhin hier eingefordert haben, natürlich auch in Ihrem jungen Parlamentarierleben selber ein Stückchen vorleben und insofern kann ich Sie nur herzlich ermutigen, halten Sie das aus, hören Sie zu, versuchen Sie, was mitzubekommen hier.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, wir haben jetzt eine relativ späte Uhrzeit. Dem ist wohl wahrscheinlich einmal wieder das einigermaßen eingeschränkte Interesse geschuldet. Ich finde das schade, denn das Thema hat es natürlich durchaus verdient. Dass wir hier darüber reden, wird ja dann wenigstens vielleicht den Effekt zeigen, dass man das in Protokollen wiederfindet, in Protokollen, in denen man das ein Stück weit auch nachlesen kann, was wir hier miteinander beraten werden. Ich sage es gleich, es wird wahrscheinlich auch insbesondere der Antrag stellenden Fraktion ganz gut tun, wenn man in Protokollen das eine oder andere nachlesen kann, denn so neu ist das alles nicht, was wir heute hier miteinander diskutieren. Für mich ist, das sage ich gleich zu Beginn, sehr erschreckend die tatsächliche oder vorgetäuschte Ahnungslosigkeit der SPDFraktion zu diesem Thema. Ich kann Ihnen da nur zugute halten, sicherlich haben noch nicht alle neuen Kolleginnen und Kollegen der SPD-Fraktion einschließlich ihres Vorsitzenden, Herrn Matschie, die Zeit gefunden, sich mit den Protokollen und mit dem zu beschäftigen, was wir in der Vergangenheit hier im Thüringer Landtag getan haben. Wenn Sie das nämlich getan hätten, hätten Sie festgestellt, dass wir uns mit diesem Thema in einer erstaunlichen Intensität in den letzten Jahren beschäftigt haben. Ich kann Ihnen angesichts dessen, dass Sie trotzdem einen solchen Antrag in dieser Form hier stellen, nur ein Stückchen unterstellen, dann haben Sie vielleicht beim Aufräumen oder Abstauben von Akten Ihrer Vorgänger festgestellt, dass man dieses Thema, das wir vor wenigen Monaten erst hier diskutiert haben, erneut fast mit den gleichen Inhalten wieder aufrufen könnte. Ich finde das ein bisschen schade, weil da natürlich eine ganze Menge an eigenen Anregungen, Innovationen und neuen Ideen verloren geht. Die vermisse ich bei Ihrem Antrag. Vielleicht können Sie sie nachher in der Antragsbegründung vortragen. Ich bin sehr gespannt darauf.
Frau Kollegin Berninger, es ist eben nicht so, auch wenn Sie das hier herbeireden und offensichtlich wohl die Nachfolge vom Kollegen Dittes in dieser Frage hier antreten wollen,
die braune Szene ist in Thüringen nicht dominierend. Ich weiß nicht, ob Sie sich das ein Stückchen selbst herbeireden wollen oder ob Sie das tatsächlich so wahrnehmen. Es ist definitiv nicht so. Zum Glück haben wir in Thüringen im Übermaß eine vernünftig funktionierende Jugendarbeit und im Übermaß Jugendliche, die vernünftig mit ihrer Freizeit und mit ihrer Lebensgestaltung umgehen können. Das ist eben mitnichten so,
dass überall - und das, wie Sie es uns gerade hier als Krisenszenario an die Wand gemalt haben - überall ausschließlich die braune Soße dominiert. Ich will da gar nichts schönreden. Aber es nützt eben auch nichts, wenn man den braunen Teufel nur an die Wand malt.
Sehr geehrte Damen und Herren, der vorliegende Antrag der SPD-Fraktion, das hatte ich gesagt, negiert die bisherige intensive Auseinandersetzung mit dem Extremismus im Freistaat ebenso wie die intensive parlamentarische Beratung zu diesem Thema hier im hohen Haus. Ich möchte Ihnen gern ein paar Beispiele sagen, wo Sie das auch nachlesen können bzw. vielleicht auch nachvollziehen können. Wir haben uns regelmäßig mit Berichten über die Arbeit der Koordinierungsstelle Gewaltprävention auseinander gesetzt, wir haben den jährlichen Extremismusbericht, zuletzt im November 2003, den 4. Bericht der Landesregierung zu Extremismus und Radikalismus in Thüringen, und wir haben die einschließliche Beratung des Thüringen-Monitors hier regelmäßig gehabt. Wir haben darüber hinaus im vergangenen Jahr insbesondere eine Anfrage der SPD-Fraktion zur CIVITAS gehabt, speziell zu MOBIT und ABAD und wir haben uns im September und in den darauf folgenden Wochen und Monaten sehr intensiv im Ausschuss damit auseinander gesetzt und ebenso im Landesjugendhilfeausschuss und in seinen Unterausschüssen.
Im Dezember 2003 - vor weniger als einem Jahr haben wir uns hier auf Antrag der SPD-Fraktion mit der Koordination und Qualifizierung der überregionalen Aktivitäten gegen Rechtsextremismus beschäftigt und auch damals ging es um die KostG, ging es um CIVITAS, ging es um ENTIMON und ging es um den Bezug zum Thüringen-Monitor. Das ist das, was ich Ihnen sage, wo Sie offensichtlich in alten Anträgen gestöbert haben, wo aber eben nichts Neues hinzugekommen ist.
Frau Kollegin Pelke hat vor einem Jahr damals bei der Aussprache hier im Plenum erklärt, ich zitiere: "Es ist offenkundig, dass sich bereits einiges verändert hat." Und sie wollte, dass gemeinsam darüber nachgedacht wird, was noch besser gestaltet werden kann. Das kann man beides bekräftigen. Aber, Frau Pelke, Sie wollten damals mit der SPD gemeinsam eine Strategie für die Zukunft erarbeiten. Diese Strategie für die Zukunft entnehme ich weder dem vorliegenden Antrag der SPD-Fraktion noch Ihren sonstigen Aktivitäten.
dung, wie in der Überschrift des Antrags benannt, das ist eben mehr als nur der Ruf nach mehr Geld und die fortlaufende Evaluierung bestehender Projekte. Zahlreiche regionale Projekte, die in Thüringen nämlich stattfinden, finden in Ihrem Antrag keinerlei Erwähnung und es wird zugleich der Eindruck suggeriert, die Landesregierung sei indirekt verantwortlich für ein zunehmendes Extremismus- und Gewaltpotenzial. Das ist nicht nur einfach falsch, das ist schlichtweg gefährlich, sage ich Ihnen. Und ich kann Ihnen nur sagen, es soll letztendlich ein Stück weit die Inaktivität der SPD-Fraktion an dieser Stelle kaschieren. Die Antragsbegründung unterstellt, das hat ein klein wenig der Kollege Bausewein auch deutlich gemacht, tendenziell zunehmende Akzeptanz rechtsextremistischen Gedankenguts, insbesondere bei jungen Menschen auch in Thüringen.
Angesichts der Wahlergebnisse der NPD in Sachsen in Augenhöhe der SPD-Ergebnisse und des Wiedereinzugs der DVU in den Brandenburger Landtag und des NPD-Bundesparteitags in Thüringen ist natürlich die Versuchung groß, zu verallgemeinern und zu pauschalieren. Allerdings muss man dann konkretisieren und das muss man dann an Thüringer Fakten belegen. Thüringer Jugendlichen pauschal, so wie Sie es tun, oder wie es auch Frau Berninger getan hat, vorzuwerfen, unter ihnen gebe es eine zunehmende Akzeptanz rechtsextremistischen Gedankenguts, das wird dem nicht gerecht und lässt sich im Übrigen auch keinesfalls durch den Thüringen-Monitor belegen.
Die Auseinandersetzung mit Extremismus und demokratiefeindlichen Tendenzen muss differenziert erfolgen. Überzogener Aktionismus ist hier ebenso fehl am Platz wie das Ignorieren solcher Tendenzen. Ersteres dient oft nur der Beruhigung der Öffentlichkeit und soll demonstrieren, dass die Politik handele. Dies ist trügerisch, da millionenschwere Programme - wie wir sie schon erlebt haben - das AGAG-Programm zu Beginn der 90er-Jahre und auch einige der CIVITAS-Projekte, bei näherer Betrachtung eben nur relativ wenig Effektivität entfaltet hat. Zu diesem Schluss ist im Übrigen auch die SPD-nahe FriedrichEbert-Stiftung gekommen. Sie wissen das, wir haben das im vergangenen Jahr hier schon einmal diskutiert.
Ebenso falsch ist, das hatte ich gesagt, natürlich das Ignorieren von Entwicklungen in diesem Bereich und das Wegsehen, wenn sich Extremisten zusammenrotten. Drei Tage nach dem 9. November, dem 66. Jahrestag der Reichspogromnacht, darf und muss daran erinnert werden, wohin Wegsehen in Deutschland schon einmal geführt hat. Aber, das sage ich deutlich, in Thüringen wird nicht weggesehen. Wir haben bürgerschaftliches Engagement, auch wenn Sie das, werte Kolleginnen und Kolle
gen von der PDS, bestreiten. Wir haben dieses bürgerschaftliche Engagement. Insbesondere in Weimar haben wir das erlebt
und da müssen wir dankbar dafür sein. Wir haben dieses bürgerschaftliche Engagement auch in Leinefelde erlebt. Auch wenn Sie etwas anderes behaupten. Es gab dort Auseinandersetzungen. Die Landesregierung hat sich dort engagiert, hat ganz klar die Position deutlich gemacht. Insofern diffamieren Sie bitte schön nicht diejenigen, die sich in dieser Frage engagieren und verpauschalieren und verallgemeinern hier.