Die Entscheidung, die Zahl der Landgerichte bzw. der Staatsanwaltschaften von vier auf drei und die Zahl der Amtsgerichte von 30 auf 25 zu reduzieren, beruht auch auf der Überlegung, dass das Netz von Amts- und Landgerichten angesichts der Größe des Freistaats vergleichsweise dicht ist. Sie haben vorhin die Zahl von Nordrhein-Westfalen gehört. Und vor dem Hintergrund, dass die Unterhaltung von zwei kleineren Behörden und Gerichten einfach aufwendiger und teurer ist als der Betrieb an einem Standort, ist die Grundentscheidung, Standorte zusammenzuführen, richtig. Und die Auffassung selbst ernannter und tatsächlicher Experten, wie sie auch in der Presse gelegentlich zitiert wurden, kann diesen betriebswirtschaftlichen Grundsatz nicht außer Kraft setzen. Wenn insoweit Zweifel geäußert werden, dann zeigt dies gerade, dass eine solche Prüfung, wie wir sie im Moment machen, auch erforderlich ist. Die konkrete Höhe der Einsparung kann erst ermittelt werden, wenn feststeht, welche Justizbehörden von den Maßnahmen betroffen sein werden. Zum
Zwecke dieser Feststellung ist diese Arbeitsgruppe eingesetzt und sie hat die Aufgabe, die Kriterien zu ermitteln, die die Belange aller Beteiligten angemessen berücksichtigen, um aufgrund einer Abwägung dieser Kriterien zu einer Standortauswahl zu kommen. Selbstverständlich hat sie auch die Kostenfrage zu eruieren. Lassen wir doch zunächst mal diese Arbeitsgruppe ihre Arbeit tun und warten ab, wie es der entsprechende Vorschlag darlegt, bevor wir es weiter diskutieren. In der Tat wird dort sinnvoll gearbeitet. Wer sich daran beteiligt, kann sich auch einbringen. Wer sich aber selbst ausschließt wie der Staatsanwaltsrat, der muss sich nicht wundern, wenn er mit seinen Argumenten so nicht zu Gehör kommt. Der Richterrat und der Personalrat arbeiten weiter mit in dieser Arbeitsgruppe. Nur der Staatsanwaltsrat hat es nicht für nötig befunden, weiter mitzuarbeiten.
Wenn von der SPD-Fraktion in ihrem Antrag behauptet wird, dass die Auflösung eines Landgerichts und einer Staatsanwaltschaft zu einer bürgerunfreundlichen Rechtspflege führt, dann muss dem klar widersprochen werden, weil bürgerfreundliche Justiz sich durch etwas anderes auszeichnet. Die zeichnet sich dadurch aus, dass es gute und verständliche Entscheidungen in angemessener Zeit für den Bürger gibt. Eine bürgerfreundliche Justiz zeichnet sich dadurch aus, dass der Umgang des Richters und der anderen justiziellen Entscheidungsträger mit dem Bürger ein ordentlicher ist. Das ist für den Bürger das maßgebende Kriterium.
Die Entfernung eines Landgerichts, ich komme auch zur Entfernung, die Entfernung eines Landgerichts vom Wohnort des Bürgers ist auch angesichts der Tatsache, dass die meisten Menschen, das wurde vorhin schon gesagt, üblicherweise zum Glück nie oder fast nie mit einem Landgericht zu tun haben, nicht von erstrangiger Bedeutung. Deshalb wird die Arbeitsgruppe es aber trotzdem berücksichtigen und wird sich auch mit dieser Sache befassen.
Noch ein Wort zum baulichen Zustand, weil das vorhin auch so gebracht wurde, als ob damit die Entscheidung schon völlig klar wäre. Der bauliche Zustand der Staatsanwaltschaft in Mühlhausen ist mir bekannt. Aber es dürfte auch bekannt sein, auch wenn der Landrat Zanker das in der Presse etwas anders darstellt, dass wir im Moment mit dem Landrat in Verhandlungen stehen für die Anmietung eines eigenen Gebäudes für die Staatsanwaltschaft, weil ihre Unterbringung nicht ordentlich ist. Das dürfte auch bekannt sein, und zwar unabhängig von dem, was die Arbeitsgruppe im Moment erarbeitet.
Ich würde noch gern auf zwei Punkte eingehen, weil sie in der Diskussion auch eine Rolle gespielt haben. Von einigen wird so getan, als beschreite man mit der Zusammenlegung von Gerichtsstandorten in Thüringen einen Sonderweg, als hätte es dies noch nicht gegeben. Vorhin war davon die Rede, der Ministerpräsident würde in die Geschichte damit eingehen. Das wird er sicher nicht, weil er nicht der Einzige ist, der so etwas angeregt und auf den Weg gebracht hat. Wir brauchen gar nicht weit zu schauen. Wir brauchen eigentlich nur nach Bayern zu schauen. Bayern ist im Moment dabei, seine sämtlichen Außenstellen der Amtsgerichte aufzulösen. Bayern hat sein Oberstes Landgericht aufgelöst.
Ja, trotzdem hat Bayern sein Oberstes Landgericht aufgelöst, ob es das bei uns gibt oder nicht. Hat das was mit Rechtspflege zu tun oder nicht, Herr Höhn? Und Bayern löst ein Landesarbeitsgericht auf und legt es mit einem anderen Landesarbeitsgericht zusammen. Es löst das Landesarbeitsgericht München auf und legt es nach Nürnberg. Also auch Bayern ist dabei, seine Strukturen zu überdenken, und es ist kein Spezifikum für Thüringen. Wenn man darüber nachdenkt, ob so etwas rechtswidrig ist, mit Rechtswidrigkeit oder mit Verfassungswidrigkeit hat so etwas wirklich überhaupt nichts zu tun. Verfassungswidrig, das ist ein Wort, damit sollte man vorsichtig sein, bevor man es in den Mund nimmt und hier von Verfassungswidrigkeit spricht. Das hat nicht das Geringste mit Verfassungswidrigkeit zu tun. Sogar die Verfassung sieht es ausdrücklich vor, ich habe sie Ihnen vorhin vorgelesen. Der Rechtsstaat in Thüringen wird dadurch nicht in Gefahr geraten. Kein Richter wird daran gehindert, seine Entscheidungen nach wie vor so zu treffen, wie er es für richtig hält.
Er kann nach wie vor mit denselben Arbeitsmitteln arbeiten. Das einzige, und das ist das, was zum Teil manche auf die Palme bringt, ist, dass Leute - ich sage es einfach mal so - mit gesichertem Einkommen, die sich keine Sorgen um ihren Arbeitsplatz machen müssen, gegebenenfalls, wenn ein Landgericht einem anderen einverleibt wird, 30 oder 40 Kilometer weiter zu fahren haben. Das ist so und das bringt viele auf die Palme.
Das sehe ich aber nicht als gerechtfertigt an, das ist kein Grund, hier von einem Eingriff in die Rechtspflege zu sprechen. Das ist sicher kein Grund, das zu tun.
Auch mit drei Landgerichten wird in vollem Umfang Recht gewährt. Das hängt nicht von der Anzahl der Landgerichte ab, sondern das hängt von der Qualität der Richter, die dort arbeiten, ab. Davon hängt es ab, ob Rechtspflege gewährt wird, nicht von der Anzahl der Landgerichte.
Herr Staatssekretär, haben Sie schon eine Übersicht, wie viel Prozent der Richter und Staatsanwälte in Thüringen ihren Wohnsitz auch in Thüringen haben?
Diese Übersicht habe ich nicht, aber es gibt einige Richter, die ihren Wohnsitz nicht in Thüringen haben. Das war nur eine Feststellung.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Arbeitsgruppe wird Mitte November ihren Vorschlag dem Justizminister vorlegen
und dieser prüft den Vorschlag und entscheidet dann, welche Standorte er der Finanzministerin vorlegen wird. Die Finanzministerin wird für das Kabinett eine Gesamtschau aller Strukturveränderungen in sämtlichen Ressorts vorbereiten. Es wird darauf geschaut werden, dass nicht an einer Stelle mehrere Strukturveränderungen zusammenkommen. Dabei werden sicherlich die Belange aller Regionen auch berücksichtigt werden. Erst im Anschluss daran wird die Landesregierung ein Änderungsgesetz zum Gerichtsstandortegesetz vorlegen. Aus all diesen Gründen sieht die Landesregierung keinen Anlass, dem Landtag zu empfehlen, dem Antrag der SPD-Fraktion zuzustimmen. Danke schön.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, zuerst einmal möchte ich mich für meinen Dialekt entschuldigen, bevor ich mit dem Beitrag anfange.
Ich habe auch erst überlegt nach den vorherigen Beiträgen, ob ich diese kurze Zusammenfassung überhaupt noch bringen soll, aber nach den Ablenkungen, die gerade von Herrn Staatssekretär gekommen sind, denke ich, versuche ich noch mal auf den zentralen Punkt der Auseinandersetzung einzugehen. Die Ankündigung von Herrn Ministerpräsident Althaus in seiner Regierungserklärung im September dieses Jahres, einen Landgerichtsstandort und damit eine Staatsanwaltschaft aufzulösen, hat sich, auch wenn der Herr Staatssekretär etwas anderes dazu meint, als Angriff auf ein zentrales Element unserer verfassungsmäßigen Ordnung herausgestellt.
Die Aussagen aus Ihrer Fraktion, liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU, wir sollen doch erst einmal die Ergebnisse der vom Justizminister eingesetzten Arbeitsgruppe abwarten, zeigen, dass Sie die Dimension dieses Vorhabens überhaupt nicht erkannt haben.
Wenn es um die Schließung oder Struktur einer Behörde, um die Veränderung im Aufbau oder der Arbeitsweise von Verwaltungsstrukturen ginge, würden wir uns über Ob und Wie oder aus lokaler Sicht über das Wo trefflich streiten und die getroffenen Entscheidungen zu akzeptieren haben. Aber hier geht es um mehr. Es geht schlicht und einfach um unseren Rechtsstaat. Zu den tragenden Elementen unseres Verfassungsstaates gehört die Gewaltenteilung. Die Unabhängigkeit der Richter darf nicht angetastet werden. Selbst wenn die Landesregierung die Unabhängigkeit der Richter erhalten will - der Anschein, dass hier auf unliebsame Richter Druck ausgeübt werden könnte, hat unserem Rechtsstaat bereits geschadet.
Auch das verfassungsrechtlich geschützte Recht einer jeden Bürgerin und eines jeden Bürgers auf ungehinderten Zugang zur Justiz würde durch die Umsetzung der Ankündigung aus der Regierungserklärung unzulässig eingeschränkt. Ich habe gestern mit Menschen in einer Gesprächsrunde zusammengesessen, die maßgeblich an der Wende im Herbst 1989 beteiligt waren, Menschen, die persönliche Risiken eingegangen sind, um die Grund- und Menschenrechte für sich zugänglich zu machen. Auch in Ihren Reihen, meine sehr geehrten Damen und Herren von der CDU, soll es nach eigenem Bekunden Helden dieser friedlichen Revolution geben. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass Sie dann einen solchen Plan der Landesregierung gutheißen können.
Auch wenn wir Abgeordneten anders als die Mitglieder der Regierung keinen Eid auf die Verfassung abgelegt haben, ist es unsere Aufgabe, das Grundgesetz und die Landesverfassung zu verteidigen. So weit können doch wohl die Ansprüche aus den Reden zum 3. Oktober und zum 9. November und das reale Verhalten von uns Politikern nicht auseinander fallen.
Ich habe die Hoffnung, dass die Bereitschaft zur Verteidigung des Rechtsstaats nicht vom Parteibuch und von Fraktionsdisziplin abhängt, und ich habe das Vertrauen, dass die Mitglieder dieses hohen Hauses gemeinsam die Bestrebung der Landesregierung zu Beginn des Prozesses stoppen, um weiteren Schaden für die Gewaltenteilung abzuwenden.
Mir liegen keine weiteren Redeanmeldungen mehr vor. Damit kann ich die Aussprache schließen. Wir kommen als Erstes zum Antrag auf Ausschussüberweisung an den Justizausschuss. Wer dem folgt, dass der Antrag an den Justizausschuss überwiesen wird, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Ich möchte darauf verweisen, dass Leute, die nicht zur Abstimmung da sein sollten, auch nicht dort sein sollten. Es sind Leute im Haus, die nicht mit abstimmen dürfen, und ich möchte jetzt zählen. Und zwar lasse ich jetzt diese Zustimmung zur Überweisung zählen, bitte die beiden Schriftführer mit. Wir haben unterschiedliche Zahlen. Bitte noch einmal.
Jetzt haben wir alle die gleichen Zahlen. Danke schön. Und die Gegenstimmen jetzt, die lassen wir natürlich auch zählen. Gibt es Stimmenenthaltungen? Die gibt es nicht. Mit einem Stimmenverhältnis von 43 zu 39 ist dieser Antrag auf Ausschussüberweisung angenommen. Zu den Hinweisen darauf, dieses Zählen zu kommentieren: Sie wissen alle, dass wir knappe Mehrheitsverhältnisse haben, und ich werde bei einer optischen Wahrnahme von unklaren Mehrheiten immer durchzählen lassen, so dass wir dann wissen, wie die Mehrheitsverhältnisse auch darzustellen sind.
Die einreichende Fraktion hat Begründung durch Frau Abgeordnete Reimann beantragt und danach kommt die Berichterstattung durch den Kultusminister.