hier geht es ganz einfach in erster Linie um etwas, was ethisch einen gesellschaftlichen Wert verkörpert, was ich in solchen Dingen auch bedauere, eben nicht gleichsetzen kann. Sicherlich, was ist passiert? Der Ministerpräsident stellt sich hierhin und erwartet ganz einfach emotionslos, dass das alle miteinander schlucken. Argumente zählen nicht, es zählt kein Argument, dass sich Menschen dort ein Haus errichtet haben, es zählt kein Argument, dass Kinder das zweite oder dritte Mal ihren Schulstandort verändern, es zählt kein Argument, das man sachlich und fachlich vorbringt, was dann ganz einfach lautet: In ganz Deutschland hat ein Landgerichtsstandort ca. 500.000 Einwohner und wenn Thüringen ganz einfach dem demographischen Faktor unterliegt und wir kommen auf 1,8 Mio. Einwohner, dann haben wir immer noch Landgerichtsstandorte von 350.000 Einwohnern. Wir liegen immer noch in einem unwahrscheinlich hohem Schnitt in der Bundesrepublik. Also alles Dinge, die ganz einfach nicht zählen. Das sind zwei Dimensionen, die die ganze Geschichte hat. Bei der einen Dimension bin ich eben gewesen, die trifft natürlich zugegebenermaßen, wenn eine dementsprechende Kommission arbeitet und man egal zu was für einem Ergebnis kommt, die zählt für alle. Diese Dimension zählt für Gera, die zählt für Meiningen, die zählt für Erfurt. Aber das ist es nicht, um was es mir geht. Mir geht es um die zweite Dimension, für die stehe ich hier. Und auch wenn Mühlhausen nicht zur Debatte stehen würde, wenn es um Meiningen oder um Gera oder um Erfurt ginge, würde ich genauso hier stehen und würde die Dimension vertreten. Hier geht es um die Unantastbarkeit der Gerichte, hier geht es um die Unantastbarkeit der Judikative.
Einer, der sich dieses erlaubt von der Politik her gesehen, der vergeht sich ganz einfach an den Menschen, die zum heutigen Zeitpunkt nach 15 Jahren Wiedervereinigung etwas anderes feiern wollen. Das muss man doch mal festhalten dürfen, meine Damen und Herren. Ich will Ihnen aber an ein paar Beispielen beweisen, ich will Ihnen belegen Herr Kretschmer, Sie können mit dem Kopf schütteln, das müssen Sie tun, das ist alles Ihr Bier, ich vertrete hier meine Meinung und ich schüttele nicht mit dem Kopf. Ich schüttele ganz einfach über die Art und Weise, wie Sie alle hier gemeinsam diese Debatte hinnehmen, den Kopf, allein das ist schon eine Blamage. Das muss man mal sagen dürfen.
Kommen Sie wieder runter. Zum Beispiel der 02.03.2004 in Nordrhein-Westfalen, dort sind Sie selbstverständlich Opposition, verstehe ich. Aber in Nordrhein-Westfalen tritt man ganz einfach anders für die Stärkung und Unabhängigkeit der Justiz ein, in der Form, dass der Landtag in Nordrhein-Westfalen beschließen möchte, dass es auf Bundes- und Länderebene für eine Änderung des § 146/147 Gerichtsverfassungsgesetzes... der Landesverwaltung ein Riegel vorgeschoben wird, dass die Staatsanwaltschaft ganz andere Rechte bekommt. Dort geht man viel, viel weiter in der Forderung, und das, bitte schön, durch eine CDU-Fraktion in Nordrhein-Westfalen. Ein Beleg, den ich Ihnen ganz einfach mal vorhalten wollte.
Eine zweite Tatsache, die ich Ihnen ganz einfach empfehle, dieser Kommission, die Sie eingesetzt haben, mal mitzugeben, damit das wirklich umfassend auch alles beurteilt wird: Es gibt zum Beispiel vom 16. September 2004 eine Studie der Universität Kassel und der Universität Marburg unter der Überschrift "Unabhängige Justiz beflügelt die Wirtschaft". Hier wird ein Zusammenhang hergestellt, wie wertvoll eine unabhängige Justiz für einen Wirtschaftsstandort ist. Hier wird der Beweis angetreten, dass sich die Wachstumsrate eines Landes von 1,5 bis 2,1 Prozentpunkte erhöhen kann nur dadurch, dass Unternehmer Vertrauen haben, und eine Verdoppelung des Einkommens nach 33 bis 47 Jahren zur Folge haben kann. Diese ökonomischen Wirkungen sind in 80 Ländern durch die Universitäten in Marburg bzw. in Kassel untersucht worden. Und hier steht, nur wenn Gerichte so unabhängig sind, dass sie auch gegen die Regierung eines Landes entscheiden können und diese Entscheidungen auch umgesetzt werden, vertrauen Private den Politikversprechungen von Regierungen. Diese Erkenntnis der Professoren Feld und Vogt ist eine Voraussetzung für Investitionen und Wachstum. Geben Sie bitte Ihrer Kommission bzw. Ihrer Arbeitsgruppe auch einmal
Und hier habe ich mir aus dem Bildungsserver vom Internet das Primitivste rausgesucht, was sich jeder als Grundwissen so aneignen kann, was man jedem Bundesbürger an Grundwissen empfiehlt unter dem Wort "Demokratie". Dort stehen die Eckpunkte: Wahlen, Opposition, Parlament, Regierung und zum Schluss der Rechtsstaat. Vom Rechtsstaat sind dort 12 Abhandlungen und eine Abhandlung davon ist die Unabhängigkeit der Justiz. Dieses Thema möchte ich Ihnen wörtlich verlesen: "Unabhängigkeit der Justiz - Die rechtsstaatliche Verfassung eines Gemeinwesens beruht zunächst vor allem auf der institutionellen Unabhängigkeit der Rechtsprechung. In ihrem Verhältnis zu den anderen Gewalten muss die strikteste Gewaltenteilung herrschen. Exekutive wie Legislative muss es versagt sein, in die Tätigkeit der Richter einzugreifen oder sie gar unter Druck zu setzen. Persönliche Unabhängigkeit bedeutet für den Richter, dass er nicht gegen seinen Willen aus seinem Amt entfernt oder versetzt werden kann." - man höre - "Nur bei offensichtlicher Rechtsbeugung oder persönlicher Korruption kann er durch ein spezielles gerichtliches Verfahren seines Amtes enthoben werden. Die sachliche Unabhängigkeit garantiert dem Richter, dass er in seinem Wirken keinerlei Weisung unterworfen ist. Er hat einzig Recht und Gesetz zu dienen. Diese hat er auszulegen, ohne dass ihm der Staatsanwalt oder die Regierung oder ein höheres Gericht eine Entscheidung vorschreiben darf."
Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist ganz einfach das Wissen, was man jedem Durchschnittsbürger vermittelt, was es aber in diesem Thüringer Landtag nicht mehr gibt. Sie sind es, die durch Ihre Handlungen, durch Spekulationen jeglichem Sumpf Tür und Tor öffnen, indem Sie alle Vermutungen zulassen. Ich stelle die Frage, meine Damen und Herren: Was ist los in Thüringen? Lassen wir uns doch nicht in dieser Art und Weise zu Handlangern irgendwelcher Träume oder irgendwelcher Dinge machen, die ganz einfach so nicht umzusetzen sind. Und, meine sehr verehrten Damen und Herren von der CDU, ich befürchte, dass Sie so manche Sponsorenmark zurücktragen müssen, wenn Sie den Slogan nicht halten werden: "Es ist schön in Thüringen, uns gefällt es in Thüringen". Wenn wir das alle gemeinsam umsetzen, was hier angedacht ist, da wird es vielen in Thüringen nicht mehr gefallen. Danke schön.
Herr Kollege Ohl, ich wollte Sie nur fragen, ob Sie es richtig finden, hier in diesem hohen Haus Reden zu halten in einem Dialekt, den nur eine Minderheit verstehen kann in diesem Haus?
Herr Köckert, jeder mittelmäßig intelligente Mensch hat Thüringer Dialekt im Sprachenkurs gelernt. Ich verstehe den Eisenacher, ich verstehe den Nördlichen. Ich gebe Ihnen vielleicht Nachhilfeunterricht, vielleicht können Sie es gebrauchen.
Ich möchte darauf hinweisen, dass man die Aussprache der Mitglieder des hohen Hauses nun nicht unbedingt einer Bewertung unterziehen sollte und dann noch durch Anfragen.
Ich sehe keine Redemeldungen mehr aus den Reihen der Abgeordneten. Herr Staatssekretär Scherer, bitte.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Herr Ohl, wenn man Sie so hört und die Erregung sieht...
Wenn man Sie so hört, Herr Ohl, und Ihre Erregung sieht, dann könnte man wirklich meinen, die Gerichtsbarkeit in Thüringen würde vollkommen abgeschafft. Dem ist nicht so. Das müssen Sie einfach zur Kenntnis nehmen, dass dem nicht so ist.
Und wenn Sie schon vorlesen aus Artikeln - dieser Artikel ist mir sehr bekannt vorgekommen, der steht
nämlich im Grundgesetz, was Sie da vorgelesen haben über die Unabhängigkeit der Richter -, dann sollten Sie es vollständig zitieren.
Darin steht nämlich auch: "Bei Veränderung der Einrichtung der Gerichte oder ihrer Bezirke können Richter an ein anderes Gericht versetzt oder aus dem Amte entfernt werden,..."
Und noch ein Satz zu Nordrhein-Westfalen: Wenn Sie schon Nordrhein-Westfalen als Beispiel anführen, dann müssten Sie auch wissen, dass in Nordrhein-Westfalen die Landgerichtsbezirke um einiges größer sind als hier, nämlich über 1 Mio. Gerichtseingesessene. Das ist so. Da können Sie mit der Hand winken, es ist so, das kann man nicht wegdiskutieren.
Und, Herr Höhn, bevor ich eigentlich anfange: Ich wollte zu der Begründung unter 3. des Antrags der SPD eigentlich gar nichts sagen, weil es ein ungeheuerlicher Vorwurf ist. Aber nachdem Sie dieses Thema auf dem Niveau des Sketches, den Sie vorhin erwähnt haben, ausgewalzt haben, will ich dazu einen einzigen Satz sagen. Es ist nämlich sonst nichts, was Sie damit vorbringen als der untaugliche Versuch, eine sachliche Diskussion von vornherein zum Scheitern zu bringen. Mehr steckt hinter dieser Nummer 3 und dem Vorwurf nicht.
Das können Sie mir schon glauben, dass die Tragweite auch von mir erkannt worden ist. Ich war lange genug Landgerichtspräsident, um diese Tragweite auch zu erkennen. Das können Sie mir glauben, Herr Höhn.
Und ich trage das auch mit, ja. Nein, nicht weil ich muss, sondern weil es eine sinnvolle Entscheidung sein kann.
Das Gericht liegt noch nicht fest, deshalb habe ich "sein kann" gesagt. Sie haben es schon richtig gehört.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, nach der friedlichen Revolution der Bürgerinnen und Bürger der DDR und der Wiedergründung Thüringens war es Aufgabe der Justizverwaltung, die Gerichtsstrukturen der DDR, die nur Kreis- und Bezirksgerichte kannte, nach dem Gerichtsverfassungsgesetz neu zu gestalten und Fachgerichtsbarkeit zu bilden. Abgeschlossen wurde der Neuaufbau der Justiz im August 1993 mit dem Thüringer Gerichtsstandortegesetz und dieses hat letztlich die Strukturen der ordentlichen Gerichtsbarkeit festgelegt, über die wir heute diskutieren. Diese Strukturen sind in den vergangenen Jahren nur zweimal geändert worden.
Im Jahr 1998 erfolgte durch das Thüringer Gerichtsbezirkeänderungsgesetz eine teilweise Anpassung der Gerichtsbezirke an bestehende Verwaltungsstrukturen und zudem wurde eine Außenkammer der Arbeitsgerichtsbarkeit aufgelöst. Zwei Jahre später wurde durch das Thüringer Haushaltsbegleitgesetz das Arbeitsgericht Gotha sowie eine weitere Außenkammer in der Arbeitsgerichtsbarkeit aufgelöst und das Sozialgericht Suhl nach Meiningen verlegt. Auch das sind Änderungen in der Gerichtsstruktur. Die heutige Struktur der Gerichtsbarkeit in Thüringen entspricht damit im Wesentlichen immer noch derjenigen, die nach der Wende in den Jahren 1992 und 1993 geschaffen wurde.
Als Anfang der 90er-Jahre die Entscheidung für die Errichtung von vier Landgerichten und demzufolge auch von vier Staatsanwaltschaften in Thüringen getroffen wurde, standen die Verantwortlichen unter dem seinerzeit berechtigten Eindruck von wirtschaftlichem und demographischem Wachstum. Diese Erwartungen, das wissen Sie auch, haben sich in diesem Maße so nicht erfüllt. Seit 1990 hat Thüringen rund 238.000 Einwohner verloren und die Tendenz geht leider ungebrochen so weiter. Wir müssen auch in Zukunft pro Jahr mit 15.000 bis 20.000 Einwohnern weniger rechnen. Wenn Sie das mal auf zehn Jahre hochrechnen, ist das eine Stadt wie Erfurt, die dann plötzlich nicht mehr da oder menschenleer ist. Das ist der eine Punkt. Über die Demographie
wurde vorhin schon gesprochen, aber auch die prekäre Haushaltssituation muss ich eigentlich nicht im Einzelnen ausführen. Heute Mittag ist darüber diskutiert worden.
Lassen Sie mich nur mit einem Satz in Erinnerung rufen: Mehr als die Hälfte aller Ausgaben, die wir hier machen, wird in Thüringen nicht erwirtschaftet. Deshalb gilt umso mehr: Wer die Zukunft unseres Landes nicht über die Maßen belasten will, wer auch weiterhin Zukunft gestalten können will, der muss jetzt etwas tun und der muss auch in der Struktur etwas tun. Die nach der Wende getroffenen Entscheidungen sind neu zu überdenken und die damals geschaffenen Strukturen den gegenwärtigen und insbesondere auch den zukünftigen Bedingungen anzupassen. Das soll kein Vorwurf sein gegen die, die damals die Gerichtsentscheidungen zu verantworten hatten. Weder gab es zu diesem Zeitpunkt valide Geschäftsanfallstatistiken noch Erfahrungswerte über den tatsächlichen Personalbedarf. Darüber hinaus war die Unterbringung der Gerichte häufig nur ein Provisorium und der Ausbau der Infrastruktur steckte in der Planungsphase. Auch kann festgestellt werden, dass die Verteilung der Behördenstandorte in der Aufbausituation in hohem Maße von strukturpolitischen Überlegungen gekennzeichnet war. Denkund Handlungsverbote darf es bei der jetzigen Überlegung auch innerhalb der Justiz nicht geben, wenn wir über Strukturveränderungen insgesamt nachdenken. Es ist höchste Zeit, diese auf den Prüfstand zu stellen. Und das, weil vorhin davon die Rede war, genau das waren die Gründe, die der Ministerpräsident auch in seiner Regierungserklärung angekündigt hat. Die Gründe, die dafür sprechen, auch die Justiz zu überprüfen und es nicht bei anderen Ressorts und bei anderen Behörden zu belassen.
Die Entscheidung, die Zahl der Landgerichte bzw. der Staatsanwaltschaften von vier auf drei und die Zahl der Amtsgerichte von 30 auf 25 zu reduzieren, beruht auch auf der Überlegung, dass das Netz von Amts- und Landgerichten angesichts der Größe des Freistaats vergleichsweise dicht ist. Sie haben vorhin die Zahl von Nordrhein-Westfalen gehört. Und vor dem Hintergrund, dass die Unterhaltung von zwei kleineren Behörden und Gerichten einfach aufwendiger und teurer ist als der Betrieb an einem Standort, ist die Grundentscheidung, Standorte zusammenzuführen, richtig. Und die Auffassung selbst ernannter und tatsächlicher Experten, wie sie auch in der Presse gelegentlich zitiert wurden, kann diesen betriebswirtschaftlichen Grundsatz nicht außer Kraft setzen. Wenn insoweit Zweifel geäußert werden, dann zeigt dies gerade, dass eine solche Prüfung, wie wir sie im Moment machen, auch erforderlich ist. Die konkrete Höhe der Einsparung kann erst ermittelt werden, wenn feststeht, welche Justizbehörden von den Maßnahmen betroffen sein werden. Zum