Protocol of the Session on March 30, 2006

Meine Damen und Herren, für die Landesregierung stehen bei der Novellierung des Polizeiaufgabengesetzes deutlich mehr Themen auf der Agenda, als sie der vorliegende Entwurf behandelt. Wir werden uns beispielsweise auch damit auseinander setzen müssen, welche Änderungen sinnvoll und notwendig sind, um die Handlungssicherheit der Polizei beim Umgang mit häuslicher Gewalt zu erhöhen. Daneben werden wir auch die Frage erörtern müssen, ob und in welchem Umfang wir die Befugnisse der Polizei erweitern müssen, damit diese ihre Aufgaben effektiver erfüllen kann.

Lassen Sie mich nur noch ganz kurz auf die vorgeschlagenen Änderungen des Thüringer Verfassungsschutzgesetzes eingehen. Zum Thüringer Verfassungsschutz enthält der Gesetzentwurf einige Regelungen, die zum Teil bereits mehrfach Gegenstand parlamentarischer Erörterungen waren. So fanden die Vorschläge schon in den Jahren 2002 und 2003 keine Unterstützung durch die zu Rate gezogenen Experten und wurden damals mit der Mehrheit des Landtags abgelehnt.

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Die waren damals schon richtig.)

Ich will Sie auch nicht darin hindern. Sehen Sie es mir nach, wenn ich diese Punkte daher nicht noch einmal erörtern möchte.

Die Landesregierung hat auch im Zusammenhang mit dem Thüringer Verfassungsschutzgesetz aufmerksam beobachtet, dass durch die Rechtspre

chung Novellierungsbedarf ausgelöst wurde. Dieser Verpflichtung wird die Landesregierung im Rahmen ihrer Zuständigkeit selbstverständlich nachkommen. Im Interesse einer durchdachten und umfassenden Regelung wird nach unserer Planung der Regierungsentwurf dem Kabinett bis zum 30.06.2006 vorgelegt werden. Wir werden dann zuvor auch noch eine doch Stimmungslage, ein Bild bei den Verbänden, die ich angesprochen habe, versuchen zu eruieren, damit auch deren Kenntnisse, Erfahrungen und Wünsche einbezogen werden können, insbesondere auch die der Vertreter der freien Berufe, der Seelsorger. Sie können da völlig unbesorgt sein. Aber ich sagte es am Anfang, das war nicht polemisch gemeint, sondern das war darauf bezogen, dass wir es eben sehr sorgfältig machen wollen. Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Für die SPD-Fraktion hat sich der Abgeordnete Gentzel noch einmal zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, zunächst freue ich mich über die doch überwiegende Sachbezogenheit der Debatte. Ich glaube, das ist dem Thema wirklich entsprechend gelaufen, wie es laufen sollte. Wir reden immerhin über die Grundrechte der Thüringer Bürger nach Verfassung und nach Grundgesetz. Ich freue mich auch, dass wir mit so großer Mehrheit zunächst erst einmal die Ausschussüberweisung hier beschließen werden. Auch ich will für die SPD-Landtagsfraktion hier ausdrücklich noch einmal formulieren: Wir werden all die Argumente und die Dinge, die hier angesprochen worden sind, sowohl von der PDS als auch insbesondere von der Landesregierung, einer Prüfung unterziehen und wir freuen uns auf die Debatte und auf den Austausch von Sachargumenten im Innenausschuss. Vielleicht wäre es nicht das Schlechteste, wenn wir in Vorbereitung auf diese Debatten uns schon einmal gegenseitig zumindest die Argumente, die wir aus Verfassungsgerichtsurteilen, aus Bundestagsdrucksachen und Ähnlichem haben, zur Kenntnis geben, denn es ist schon richtig, es ist eine hoch komplizierte, eine hoch komplexe Materie. In dieser Feststellung habe ich auch, das sage ich ganz selbstbewusst, ein kleines Lob für die SPD-Landtagsfraktion verstanden, dass wir uns dieser Materie angenommen haben. Es ist auch klar, dass es bestimmte Punkte gibt, worüber wir diskutieren, aber - ich will das an einem Beispiel klar und deutlich sagen - wo von Seiten unserer Fraktion ziemlich wenig Bewegungsspielraum ist. Ich halte es unter den von mir formulierten Voraussetzungen schon für richtig, dass auch Abgeordnete in den Focus nachrichtendienstli

cher Ermittlungen kommen können. Wir Abgeordnete leben nicht in einem rechtsfreien Raum. Was hat es in der Geschichte der Bundesrepublik, ob nun im Bundestag oder in den Landtagen, schon alles für Geschichten und Geschichtchen gegeben, die wir eigentlich für unglaublich gehalten haben. Deshalb ist es berechtigt, über den besonderen Schutz von Abgeordneten zu reden. Aber ganz herausnehmen aus dem Raum möchte ich sie nicht.

Ansonsten, das einzigste, wo ich ein bisschen Probleme gesehen habe, Herr Gasser, ich habe ja teilweise gesagt, aus welchen Jahren die entsprechende Rechtsprechung des Bundesverfassungsgericht kommt, und wenn da die Rechtsprechung teilweise zwei Jahre zurückliegt und man von einer übertriebenen Hast spricht, nachdem zwei Jahre vergangen sind, bekomme ich ein bisschen Angst, wenn ich daran denke, wie wir mit dieser Gesetzeslage zu Potte kommen, wenn wir nicht mit dieser übertriebenen Hast auch im Innenausschuss arbeiten. Also noch einmal zwei Jahre haben wir sicherlich nicht Zeit. Wir nehmen auch gern zur Kenntnis und registrieren, dass wir da jetzt einen kleinen Vorsprung vor Ihnen haben, Herr Innenminister, und dann warten wir halt, bis auch Sie Ihre Hausaufgaben machen. Aber ich bin mir ganz sicher, wenn wir wirklich im Sinne Grundgesetz und Landesverfassung und mit dem Ernst, wie wir das hier diskutiert haben, das auch im Innenausschuss durchsetzen, bekommen wir etwas hin, was in Thüringen sogar eine sehr große Mehrheit in diesem Parlament haben kann. Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der SPD)

Ich denke, ich kann die Aussprache schließen. Wir kommen zur Abstimmung. Es ist beantragt worden, den Gesetzentwurf an den Innenausschuss federführend und an den Ausschuss für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten zu überweisen.

Wir stimmen als Erstes darüber ab, wer der Überweisung an den Innenausschuss zustimmen möchte, der möge jetzt seine Hand erheben. Danke schön. Gibt es hier Gegenstimmen? Das ist nicht der Fall. Gibt es Stimmenthaltungen? Das ist auch nicht der Fall. Die Überweisung ist einstimmig erfolgt.

Wer der Überweisung an den Ausschuss für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Danke schön. Gibt es hier Gegenstimmen? Das ist nicht der Fall. Gibt es Stimmenthaltungen? Das ist auch nicht der Fall. Damit ist diese Überweisung auch einstimmig erfolgt.

Wir stimmen jetzt über die Federführung ab. Die Federführung ist beim Innenausschuss beantragt worden. Wer diesem zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Danke schön. Die Gegenstimmen bitte. Die gibt es nicht. Stimmenthaltungen? Gibt es auch nicht. Damit ist auch die Federführung einstimmig beschlossen worden, und zwar beim Innenausschuss.

Ich schließe den Tagesordnungspunkt 6 und komme zum Aufruf des Tagesordnungspunkts 7

Sicherung der Frauenhäuser Antrag der Fraktion der Links- partei.PDS - Drucksache 4/1713 -

Die Fraktion der Linkspartei.PDS hat nicht das Wort zur Begründung beantragt. Seitens der Landesregierung ist gebeten worden, den ersten Redebeitrag zu halten. Bitte, Herr Minister Dr. Zeh.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, das Thema „Frauenhäuser“ und „häusliche Gewalt“ hat uns sowohl hier im Plenum als auch in den Ausschüssen des Öfteren beschäftigt. Immer wieder hat mir die Opposition Verzögerung und Säumigkeit vorgeworfen.

(Beifall bei der SPD)

Nun will ich im Jahr 2006 das neue Gewaltschutzkonzept umsetzen. Das ist Ihnen offenbar nun wiederum etwas zu schnell. Sie fordern, dass dies nun erst am 01.01.2007 geschehen solle. Ich sage Ihnen eindeutig, das ist mir zu spät. So lange will ich vor allem im Interesse der von häuslicher Gewalt betroffenen Frauen nicht warten. Wir brauchen ein modernes Gewaltschutzkonzept in Fällen von häuslicher Gewalt. Wir sollten die einzelnen Bausteine dieses Konzepts so schnell wie möglich umsetzen. Deswegen sage ich, Ihr Antrag weist nach rückwärts. Vom Grundsatz her muss es letztlich darum gehen, dass nicht die Opfer fliehen müssen; die Täter müssen gehen. Dazu brauchen wir ein ganzes Netzwerk, und zwar ein Netzwerk aus Interventionsstellen, Gewaltkonfliktberatung, Frauenhäuser, Frauenzentren und eine konsequente Handhabung des Wegweisungsrechts. Wir sind uns sicher im Ziel einig. Für alle Opfer häuslicher Gewalt muss ein nach Möglichkeit individuelles passendes Angebot an Hilfe und Beratung und an Schutz und Sicherheit zu gewährleisten sein. Im Übrigen, gerade mit Artikel 2 des Familienfördergesetzes - dem Chancengleichheitsfördergesetz - hat sich die Landesregierung dazu in einer Art und Weise bekannt, die bundesweit einmalig ist.

Die Landesregierung hat gleichzeitig dafür Sorge getragen, dass unter anderem Frauenhäuser und Frauenzentren auch in Zeiten knapper Kassen Zukunft haben und weiter gefördert werden. Deshalb widerspreche ich mit allem Nachdruck dem Vorwurf in Ihrem Antrag, dass Strukturen zerschlagen würden. Es geht vielmehr gerade darum, das Hilfenetz bedarfsgerecht und langfristig zu stabilisieren und damit den neuen Erfordernissen auch anzupassen.

Deshalb appelliere ich auch an Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, diesen Weg konstruktiv mit zu begleiten, denn bei allen Veränderungen kann und wird es auch künftig für alle von häuslicher Gewalt betroffenen Frauen und Kindern qualifizierte und professionelle Hilfsmöglichkeiten geben. Wir wollen ein innovatives Gewaltschutzkonzept. Wir wollen Beratung und Hilfe in Fällen häuslicher Gewalt sichern. Wir beachten dabei zugleich die finanzielle Situation des Landes. Das kann man nicht außer Acht lassen. Das macht strukturelle Veränderungen unabdingbar. Deshalb hat das Thüringer Ministerium für Soziales, Familie und Gesundheit unter Federführung der Gleichstellungsbeauftragten ein Konzept entwickelt, das in seinen Eckpunkten bereits im Gleichstellungsausschuss vorgestellt worden ist. Wiederholt ist es mit den Sprecherinnen der Landesarbeitsgemeinschaften Frauenhäuser, Frauenzentren und den kommunalen Gleichstellungsbeauftragten in seinen wesentlichen Eckpunkten auch diskutiert worden. Dieses Konzept sieht eine Leitinterventionsstelle mit sozialarbeiterischer, psychologischer und juristischer Kompetenz vor, drei Außenstellen in den anderen Planungsregionen. Die Verknüpfung mit Polizei, Justiz, Gewaltkonfliktberatung und anderen Fachdiensten vor Ort wird in diesem Zusammenhang an Bedeutung gewinnen. Ferner werden die Frauenzentren künftig als niederschwellige Anlaufstellen stärker in Erscheinung treten. Dieser Zuschnitt sichert ein ausgewogenes Verhältnis von spezialisierter Fachlichkeit auf der einen Seite und möglichst wohnortnahen Angeboten auf der anderen Seite.

Das Netz an Beratung und Hilfe soll künftig durch einen einheitlichen, rund um die Uhr erreichbaren Frauennotruf und eine Datei mit den verfügbaren Frauenhausplätzen vervollständigt werden. Vorgesehen ist auch eine enge Zusammenarbeit mit der Opferschutzorganisation „Weißer Ring“. Dieses Konzept, zu dem die Landesregierung steht, ist in seinen Eckpunkten verbindlich. Insgesamt handelt es sich jedoch um einen Prozess, der gemeinsam mit Fachleuten gestaltet und weiterentwickelt wird. Ich komme nicht umhin, auf eine stimmige Finanzierung der verschiedenen Projekte im Bereich Frauenhäuser, Frauenzentren, Interventionsstelle, Gewaltkonfliktberatung durch die einzelnen Partner auch hinzuweisen. Zu diesem Zweck erfolgte eine grundle

gende und umfassende rechtliche Prüfung der Zuständigkeiten. Im Grunde war Ausgangspunkt auch folgende Überlegung: Wenn es in einigen Kreisen in Zukunft keine Frauenhäuser mehr gibt, dann wären die aus der finanziellen Pflicht ja durch die bisherigen Regelungen entlassen. Dies kann natürlich so nicht bleiben. Die Kreise, die kein Frauenhaus zur Verfügung stellen und somit keine Mitfinanzierung leisten, müssen dennoch an der Finanzierung der Frauenhäuser mit beteiligt werden. Dazu gibt es auch eine rechtliche Grundlage; diese rechtliche Grundlage muss nur umgesetzt werden.

Wir haben eine Prüfung eingeleitet und diese Prüfung hat ergeben, dass die Kommunen in erster Linie für die Unterkunfts- und Beratungsleistungen im Rahmen ihrer Pflichtaufgaben originär zuständig sind. Unsere Rechtsauffassung wird durch ein offizielles Merkblatt der Bundesagentur für Arbeit vom 26.01.2006 - also ganz neuen Datums - auch so bestätigt, welches den Abgeordneten - das sagte ich bereits -, die Mitglieder des Gleichstellungsausschusses sind, auch zur Verfügung gestellt wurde. In diesem Merkblatt werden u.a. die Pflichtaufgaben erläutert, die sich aus den bundesgesetzlichen Vorgaben und hier insbesondere dem Sozialgesetzbuch I und dem Sozialgesetzbuch XII so ergeben. Die entsprechenden Bestimmungen haben die Abkehr von der bis zu 90-prozentigen Personalkostenfinanzierung bei den Frauenhäusern zur Folge und können meines Erachtens auch so nicht von der Opposition außer Kraft gesetzt werden, denn das sind bundesrechtliche Regelungen und Normen.

Um eine gesicherte Finanzierung der Frauenhäuser zu erreichen, streben wir einen Rahmenvertrag mit den kommunalen Spitzenverbänden an. Er soll die Zusammenarbeit von Land und Kommunen auf der einen Seite regeln und auf der anderen Seite Empfehlungen für die Zusammenarbeit von Kommune zu Kommune geben. Schon allein die Rechtslage u.a. nach Sozialgesetzbuch II und Sozialgesetzbuch XII fordert im Sinne der betroffenen Frauen die kommunalen Gebietskörperschaften auch auf zu dieser Zusammenarbeit, und zwar verbindlich werden sie aufgefordert. Dieser Hintergrund veranlasst Thüringen, einen ähnlichen Weg zu gehen, wie er anderswo, z.B. in Bayern, bereits gegangen worden ist. Auch dort wurde gemeinsam mit den Kommunen ein abgestimmtes Gesamtkonzept entwickelt. Thüringen gehört damit zu jenen Ländern, in denen es eine einheitliche finanzielle Basis auf Landesebene und eine gesicherte Gesamtfinanzierung der Arbeit der Frauenhäuser gibt. Ich will nur darauf hinweisen: In der Mehrzahl der Länder müssen sich die Träger der Frauenhäuser selbst mit den Kommunen auseinander setzen, um an ihr Geld heranzukommen - eine völlig andere Situation. Wir wollen das mit einem Rahmenvertrag regeln und damit eine

Basis schaffen, die für die Frauenhäuser ein auskömmliches und eine auseinandersetzungsfreie Finanzierung mit den Kommunen sichert.

Ich komme an dieser Stelle nicht umhin, auch noch einmal darauf hinzuweisen, wie ich an verschiedenen anderen Stellen bereits auch gesagt habe, dass es eine ganz unterschiedliche Inanspruchnahme der Frauenhäuser bei Unterkunft und Beratung auch im Jahr 2005 wiederum gegeben hat. Wir hatten bisher nur die Statistiken der Vorgängerjahre 2004 und vorherige. Auch im Jahr 2005 reichte das Spektrum von 3,9 Prozent Auslastung bis 81 Prozent bei der Unterkunft. Bei der Anzahl von Beratungen reichte es von 34 Beratungen bis 2.204 Beratungen. Also auch ein ungeheures Spektrum, was sehr weit auseinander klafft. Betrachtet man die Zahlen der Frauen, die eine Unterkunft in einem Frauenhaus nahmen, so ist diese seit 2002, also seit dem Jahr des In-Kraft-Tretens des Gewaltschutzgesetzes für Thüringen, insgesamt rückläufig. Gleiches gilt in der Tendenz auch für die durchschnittliche Verweildauer bei Frauenhaus-Aufenthalten. Angesichts solcher Fakten war und ist eine Überprüfung und Veränderung der Struktur dringend angezeigt. Deswegen haben wir die Zahl der Plätze entsprechend der Bevölkerung auf 1 : 10.000 ausgelegt, so wie es der Durchschnitt aller Länder eigentlich insgesamt in Deutschland bereits realisiert.

Vielleicht noch zu einer Bemerkung von Frau EhrlichStrathausen: Sie waren vor kurzem zu vernehmen in der Presse, man würde ja nicht, nur weil es nicht brennt, auch die Feuerwehren abschaffen, aber die Frage steht natürlich, ob ich eine 3.000er-Gemeinde mit zehn Feuerwehren ausrüsten muss oder ob vielleicht auch zwei Freuerwehren diese Aufgabe bewältigen können.

(Zwischenruf Abg. Becker, SPD: Ich glaube nicht, dass eine Gemeinde mit 3.000 Einwohnern zehn Feuerwehren hat.)

So nehme ich Ihr Beispiel gern auf und will das nur fortsetzen, nämlich dahin gehend, dass dort auch gilt, dass Steuermittel natürlich nur endlich sind und eine zu große Anzahl von Kapazität eigentlich nicht notwendig ist. Ich denke, als Treuhänder auch des Steuerzahlers sind wir dazu sogar verpflichtet.

Alle Beteiligten erkennen mittlerweile grundsätzlich diese Mischfinanzierung an und wenn ich „Beteiligten“ sage, dann meine ich die Kommunen selbst, aber auch die Frauenhäuser und Frauenzentren. So wird sich diese Mischfinanzierung in Zukunft zusammensetzen aus einem Festbetrag für die Frauenhäuser durch das Land und aus Tages- und Kostensätzen durch die Kommunen. Auf diesem Weg wird

dann zum einen die kommunale Pflichtleistung erbracht und zum anderen können die fallübergreifenden und sozialhilferechtlichen nicht zu erstattenden Leistungen auch abgedeckt werden. Um den Übergang zu sichern, wird mit Abschlagszahlungen auf ein halbes Jahr gearbeitet. Die Endbescheide werden nach Abschluss der Verhandlungen über die Kostensätze voraussichtlich in der zweiten Jahreshälfte erlassen werden. Das Arbeiten mit Abschlagszahlungen an Zuwendungsempfänger ist im Übrigen ein beanstandungsfreies haushalterisches Verfahren; das wird in dieser Form in vielen Bereichen oft so angewendet und ist insofern auch ein gängiges Instrument. Erste Abschlagszahlungen erfolgten Ende Februar. Damit meine ich eindeutig auch, hier an dieser Stelle mal die Gleichstellungsbeauftragte erwähnen zu müssen, die nämlich mit ihren Bemühungen, diese Kofinanzierung auch sicherzustellen, sich unermüdlich eingesetzt hat. Jeder weiß, dass so ein Zuwendungsbescheid bestimmter Voraussetzungen bedarf, nämlich die Mitfinanzierungserklärung. Wir haben hier ganz persönlich Telefonate mit den Kommunen geführt, um diese Mitfinanzierungsaufforderung auch abzusichern. Mittlerweile ist das überall geschehen. Ich denke, wir haben, wenn ich das richtig weiß - ich schau mal nach hinten - alle Abschlagszahlungen realisiert. Da gibt es jetzt, glaube ich, keine Probleme mehr. Wenn es nicht so ist, ich bin jetzt nicht ganz..., aber die letzten Botschaften waren zumindest...

(Zwischenruf Abg. Thierbach, Die Links- partei.PDS: Also das hätte ich gern ge- nauer.)

An der Stelle gibt es täglich neue Meldungen, die sozusagen immer wieder einen neuen Stand ergeben.

Meine Damen und Herren, ich denke, wer guten Willens ist, konnte erfahren, wir sind bei der Neustrukturierung des Thüringer Netzes der Beratung und Hilfe innerhalb kurzer Zeit weit vorangekommen. Ich begrüße es, wenn kritisch und konstruktiv über die Dinge diskutiert und gestritten wird, aber am Ende muss es uns um ein Ziel gehen, nämlich, dass die betroffenen Frauen ein modernes Gewaltpräventionsgesetz in Thüringen erwarten können. Wir haben die Aufgabe, dies auch umzusetzen. Ich lehne es ab, wenn auf Kosten der Betroffenen und deren Kinder sowie der Mitarbeiterinnen der Frauenschutzwohnungen, denen ich übrigens von dieser Stelle meinen ganz herzlichen Dank ausspreche für ihre Arbeit, unnötig Angst und Panik gemacht wird, das entspricht nicht der Realität. Ich bitte deshalb die Abgeordneten, diesen Antrag abzulehnen, denn dieser Antrag ist, wie ich bereits sagte, nach rückwärts gewandt. Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Für die SPD-Fraktion hat sich Frau Abgeordnete Ehrlich-Strathausen zu Wort gemeldet.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrter Herr Minister Zeh, Frau Arenhövel, sehr geehrte Damen und Herren, über das Familienfördergesetz haben wir uns ja heute in der Aktuellen Stunde schon ausführlich noch einmal unterhalten, aber das Familienfördergesetz - ja, Herr Panse, es ist Ihr Problem, wenn Sie das in der Aktuellen Stunde machen, ist das natürlich zeitlich eingeschränkt - hat weitaus mehr Artikel, z.B. den Artikel 2, der ist wie folgt überschrieben: „Thüringer Gesetz zur Förderung der Chancengleichheit von Frauen und Männern und zur Förderung von Frauenhäusern“. Weiterhin wird im Gesetz betont, dass unter anderem ein tragfähiges Netz zur Beratung und Hilfe zu fördern ist und dass die Frauenhäuser und Frauenschutzwohnungen vom Land gefördert werden; dies alles natürlich wie üblich unter Maßgabe des Landeshaushalts. Warum erwähne ich das alles? Weil mit diesem erst kürzlich verabschiedeten Gesetz erneut der Eindruck erweckt wird, dass es der Landesregierung und der Regierungsfraktion darum geht, bestehende Hilfsangebote zu erhalten und zu verbessern.

(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Ja, zu verbessern.)

Wohl gemerkt, der Eindruck erweckt wird, und das nicht das erste Mal, denn man muss diese Gesetzgebung im Zusammenhang sehen mit dem, was sonst von der Landesregierung und der Gleichstellungsbeauftragten behauptet wird. Ich verweise deshalb nochmals auf den „Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen“ im November 2004. Damals betonte Frau Arenhövel ausdrücklich, wie wichtig es sei, die bestehenden Schutzeinrichtungen trotz des Gewaltschutzgesetzes aufrechtzuerhalten. Dann kam das Familienfördergesetz und wieder wurde so getan, als ob es um den Schutz der Frauenhäuser und Frauenschutzwohnungen gehen würde. Aber spätestens mit dem Haushaltsplanentwurf für den Doppelhaushalt 2006/2007 war klar, dass alle Absichtserklärungen samt der Gesetzesformulierung bestenfalls Lyrik sind, denn es ahnt noch niemand, dass selbst die drastischen und überdurchschnittlichen Kürzungen nicht das Ende der Fahnenstange sind. Entgegen aller schönen Worte mussten bis Ende 2005 zehn Frauenhäuser bzw. Frauenschutzwohnungen schließen.

(Zwischenruf Abg. Becker, SPD: Skan- dal!)

Die Träger der verbleibenden 15 Einrichtungen stellten sich darauf ein, dass die verbliebene knappe Million an Haushaltsmitteln des Landes angesichts der Gesetzeslage, der Absichtserklärung und der Signale der Landesregierung nun wenigstens die Grundlage für die weitere Arbeit bilden.

(Beifall bei der SPD)

Das hat ein Doppelhaushalt auch so an sich, normalerweise. Auch der Landtag, wir, wurden zum Zeitpunkt der Verabschiedung des Familienfördergesetzes und des Haushalts im Glauben gelassen, dass die Art und Weise der Förderung beibehalten wird. Alle verbliebenen Frauenhäuser samt dem Thüringer Landtag konnten also annehmen, dass für zwei Jahre die Finanzierung wie bisher erfolgt. Aber weit gefehlt, Frau Arenhövel benötigt trotz sinkender Haushaltsmittel neue Spielräume und für diese Selbstprofilierung müssen irgendwoher Finanzmittel kommen - koste es, was es wolle.

(Beifall bei der SPD)

Also wird dem erstaunten Publikum im Gleichstellungsausschuss am 12. Januar 2006 - nur wenige Wochen nach der Verabschiedung des Familienfördergesetzes und drei Wochen nach der Verabschiedung des Haushalts - mitgeteilt, dass man die kommunale Zuständigkeit entsprechend den gesetzlichen Regelungen SGB II und SGB XII festgestellt habe. Ach, sieh mal an, welch eine Überraschung! Entweder hat zwischen dem 22. Dezember und dem 12. Januar ein unbekanntes Gesetzgebungsverfahren stattgefunden oder es hat eine Erleuchtung im TMSFG gegeben. Überraschend erfahren wir im Gleichstellungsausschuss, dass man oder Frau einen Tag zuvor der LAG Frauenhäuser und Frauenschutzwohnungen ein neues Finanzierungsmodell vorgestellt hatte, ein Finanzierungsmodell, in dessen Folge die Landesförderung erneut um ca. ein weiteres Drittel sinken wird. Und mit diesem freigesetzten Geld wolle man dann eine moderne Interventionsstelle finanzieren. Das Modell sei sehr konstruktiv aufgenommen worden und man bitte doch darum, nicht in die Öffentlichkeit zu gehen, noch seien die Beratungen nicht abgeschlossen,

(Zwischenruf Abg. Becker, SPD: Wie bei der Verbraucherzentrale.)

das kann man alles dem Protokoll des Gleichstellungsausschusses entnehmen und nicht nur mir blieb vor so viel Unverfrorenheit fast die Luft weg.