Protocol of the Session on January 28, 2005

Aber, meine Damen und Herren, so leicht kann man es sich doch nicht machen.

(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Machen wir auch nicht!)

Es ist doch nicht gottgegeben und lässt sich nicht ändern, wenn man es will. Genau hier stellt sich doch die Frage nach einem wirksamen Gleichstellungsgesetz, mit dessen Hilfe Frauen besser gefördert werden können oder auch Männer, wenn sie unterrepräsentiert sind. Natürlich bewerben sich Frauen an manchen Stellen weniger, aber es gibt doch trotz allem diese Bewerbungen von Frauen und dann muss man auch den Mut haben, eine Frau zu bevorzugen.

An der Stelle möchte ich vielleicht einfach einmal auf die Kleine Anfrage zur Situation an Hochschulen hinweisen, die Sie auch alle als Drucksache nachlesen können. Nehmen wir das Beispiel der Uni Erfurt, einer geisteswissenschaftlich ausgelegten Universität: Der Anteil der Studentinnen liegt bei 74 Prozent, der Anteil der Professorinnen bei 13 Prozent, und das bei einer neu aufgebauten Universität, die sich vor allem im Zeitraum der Entwicklung und der Wirksamkeit des Gleichstellungsgesetzes gründete.

(Zwischenruf Dr. Zeh, Minister für Sozia- les, Familie und Gesundheit: Das ist die beste Chance, dass sich das ändert!)

Gut, dann hoffen wir weiter.

Ihre Argumentation hinsichtlich der aktuellen Situation finde ich merkwürdig. Ihre Analyse zielt nicht in die Richtung einer wirksamen Bekämpfung der Ungleichheit, sondern in eine Rechtfertigung dieser. Sie führen hier immer wieder die vorgefundenen Strukturen als Grund an, auch die große Zahl der männlichen Aufbauhelfer - Herr Zeh hat es vorhin wiederholt -, die nach der Wende kamen, müssen zur Entlastung herhalten. Natürlich sind die Frauen wieder selber schuld, weil sie sich zu wenig bewerben oder zu lange in Elternzeit bleiben. Darauf wird ausdrücklich im Bereich des Justizministeriums hingewiesen, was mich doch schon in

soweit zum Grübeln brachte, wie das denn nun sei mit familienfreundlichen Arbeitsstrukturen in den Ministerien, die hier immer wieder herbeigeredet werden. Vielleicht sollte man darüber neu nachdenken.

Hier sind wir dann auch bei einem weiteren Komplex. Der Bericht beschäftigt sich in einem recht ausführlichen Teil mit dem Thema "Beurlaubung und Wiedereinstiege". Nach dem, was ich lese, ist Thüringen in dieser Frage leider ein Entwicklungsland. Die genannten Beispiele sind eher Selbstverständlichkeit denn etwas Besonderes. Gesprächsangebote in der Erziehungszeit, Teilnahme an Behördenveranstaltungen und das Weiterleiten von Fortbildungsangeboten, gebe ich zu, sind in meinen Augen nichts wirklich Revolutionäres. Ich kann nicht erkennen, dass Sie geeignete Konzepte hätten, wie Sie mit speziellen Anforderungen an diese Zeit umgehen. Hier sind Herausforderungen aber deutlich größer, sonst werden wir immer wieder feststellen, dass gerade in dieser Zeit die Männer an den Frauen vorbeiziehen. Solange jedes Kind zu einem echten Karriereknick führt, werden wir junge Väter eben nicht dazu bringen, sich verstärkt in die Elternzeit einzubringen.

Ich möchte hier noch mal zur Erinnerung wachrufen: Auch in den Landesbehörden sind die Zahlen nicht gewaltig anders, wir sind im Moment bei einem Schnitt von Männern in der Erziehungszeit von 1,4 Prozent. Dazu am Rande noch die Anmerkung: Die Landesregierung ist an dieser Stelle immer der Meinung, dass das eine ureigenste und ganz private Entscheidung der Familie ist. Das ist im Prinzip richtig, so wie das ganze Leben eigentlich Privatsache und ureigenste persönliche Entscheidung ist. Auch Kinder bekommen ist z.B. eine ganz persönliche Entscheidung, in die keiner reinreden sollte. Trotz allem ist es aber möglich, Rahmenbedingungen so zu gestalten und Entwicklungen so mitzubefördern, dass man einfach sieht, dass der Staat seiner Verantwortung an dieser Stelle auch gerecht wird. Ich denke, hier ist es einfach nicht redlich, sich aus der Verantwortung zu stehlen. Das wäre dann wirklich mal ein Beitrag zum Thema "Schwedisches Modell", denn in Schweden ist es völlig normal und selbstverständlich, dass es die so genannten Papamonate gibt. Das wäre doch auch mal ein Beispiel, mit dem sich Thüringen profilieren könnte.

Zu einem anderen Thema, meine Damen und Herren, zu den kommunalen Gleichstellungsbeauftragten. Diese sind nun überall berufen, und das ist auch gut so. Zu beneiden sind sie oftmals nicht. Das Gesetz sieht die hauptamtliche Arbeit ab 20.000 Einwohnern vor. In der Realität sieht das leider oft ganz anders aus. Wir wissen, es sind in ganz vielen Fällen 20 Stunden in der Woche oder weniger, die von den berufenen Frauen erfüllt werden können.

Oft sind sie gleichzeitig Behindertenbeauftragte, Seniorenbeauftragte, Leiterin des Bürgerbüros oder für das Ehrenamt zuständig, was in meinen Augen dann doch eine merkwürdige Aufzählung ist. Hier habe ich wenig Verständnis für eine einseitig juristische Ausführung und hier müssen wir gemeinsam eine Verbesserung erreichen. Hier muss eben auch der Gemeinde- und Städtebund verstärkt ins Boot geholt werden. Aber die Situation der Gleichstellungsbeauftragten ist auch aufgrund verschiedener anderer Faktoren noch nicht an der Stelle, wo sie in meinen Augen hingehört. Ich möchte verschiedene Punkte nennen, die die Gleichstellungsbeauftragten auch selber formuliert haben. So ist z.B. die Frage der Dienstberatungen im Gleichstellungsgesetz bisher unzureichend geklärt. Oftmals ist es den Gleichstellungsbeauftragten nicht möglich, an Dienstberatungen teilzunehmen und dementsprechend fehlen oftmals wichtige Informationen und Mitspracherechte. Es ist nicht ausreichend geklärt, wie die Fragen der Ausschuss-Sitzungen zu regeln sind, das heißt, ob es immer für eine Gleichstellungsbeauftragte möglich ist, auch an nicht öffentlichen Ausschuss-Sitzungen teilzunehmen. Hier haben wir eine Verantwortung, das noch zu klären. Die Frage, die sich stellt, ist die nach der gezielten Möglichkeit zur Fortbildung für Gleichstellungsbeauftragte und, ganz wichtig in meinen Augen, nach den personellen und sächlichen Ausstattungen, die zur Verfügung gestellt werden. Erst wenn wir an der Stelle weitergekommen sind, denke ich, können Gleichstellungsbeauftragte auch wirklich die Kraft und Energie, die sie aufbringen, in den Kommunen verstärkt umsetzen. Ich möchte die Gelegenheit natürlich heute trotzdem nutzen, wie auch schon Minister Dr. Zeh, den Frauen und Gleichstellungsbeauftragten meinen Dank auszusprechen, aber vor allem auch meine Hochachtung für ihre oftmals großartige Arbeit, die sie leisten.

(Beifall bei der PDS)

Sie kämpfen fortwährend gegen Widerstände, geben nicht auf und nehmen oftmals auch ihre unzureichenden Arbeitsbedingungen in Kauf.

Meine Damen und Herren, einiges Grundsätzliches möchte ich noch ergänzen. Sie führen im Vorwort auf: "Wir wollen erreichen, dass es zur Normalität gehört, wenn sich Frauen und Männer gut ergänzen, auf gleicher Augenhöhe miteinander arbeiten und Entscheidungen treffen." Das heißt, wenn Sie es erreichen wollen, dass es im Moment noch nicht Normalität ist. Das ist leider richtig. Nein, Frauen und Männer sollen sich nicht nur gut ergänzen, unser gesellschaftliches Leitbild stellt die Frage nach den Gerechtigkeiten in den Mittelpunkt. Denn selbst wenn Männer nicht das Gefühl haben, dass Frauen sie gut ergänzen würden oder wenn die gleichen Frauen

diesen Männern vielleicht sogar den Chefsessel streitig machen, darf es nicht zur Benachteiligung eines Geschlechts kommen.

(Beifall bei der PDS)

Und, meine Damen und Herren, hier führen wir nicht nur eine Debatte um Gerechtigkeit, wir reden auch über Zukunftsfähigkeit unseres Landes. Hier könnte ein wirksamer Schritt gegen die Abwanderung gerade junger Frauen getan werden, denen es viel lieber wäre, in Thüringen eine Perspektive zu haben und hier ihre Kinder bekommen zu können. Es sind in ganz vielen Fällen gerade die hervorragend ausgebildeten jungen Frauen, die gehen.

Meine Damen und Herren, haben Sie den Mut zur Veränderung. Sehen Sie ein, dass dieses Gesetz nicht wirklich wirksam und nicht wirklich gut ist. Es geht nicht um irgendetwas Unbedeutendes, es geht um einen Grundpfeiler in der Gesellschaft. Geschlechtergerechtigkeit ist Verfassungsziel. Wir brauchen ein Gesetz, welches klare Zielvorgaben benennt und für eine konsequente Umsetzung sorgt. Wir brauchen ein Gesetz, welches alle Instrumente auf dem Weg zu mehr Geschlechtergerechtigkeit nutzt und dabei denke ich ausdrücklich auch an eine Vergaberichtlinie, die in § 22 verankert ist, aber nie mit Leben erfüllt wurde. Die PDS will ein Gleichstellungsgesetz, welches aus dem vielen Soll, Kann und Sollte ein Muss macht, mit dessen Hilfe die Vorgaben fortlaufend überwacht werden und das bei offensichtlicher Nichteinhaltung auch entsprechende Sanktionsmöglichkeiten bietet.

Meine Damen und Herren, springen Sie über Ihren Schatten und zeigen Sie den notwendigen Mut zur Veränderung. Wir sind dabei gern hilfreich, werden konstruktiv mitarbeiten und unsere Ideen einbringen, nicht nur für eine gerechte Entwicklung zwischen Frauen und Männern, sondern auch für die Zukunftsfähigkeit unseres Landes. Danke.

(Beifall bei der PDS)

Für die CDU-Fraktion hat sich Frau Abgeordnete Walsmann zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, mit der Drucksache 4/354 liegt uns der Bericht der Landesregierung über die Anwendung des Thüringer Gleichstellungsgesetzes vor. Ich sage es noch einmal, um die Daten zu verdeutlichen, das Thüringer Gleichstellungsgesetz wurde 1998 verabschiedet und es ist somit der erste Bericht, der nach § 13

des Gesetzes vorzulegen war. Der Berichtszeitraum bezieht sich auf die Jahre 1999 bis 2002. Da ich selbst einmal als Frauenbeauftragte tätig war, weiß ich, dass der erste Bericht schwierig zu erstellen war, da es am Anfang zu den Erhebungsgrundlagen viele Rückfragen gab, die zunächst der Klärung bedurften. So konnte z.B. der Musterfrauenförderplan nicht den ausreichenden Rahmen für die einheitliche Erfassung der Daten bei der Erstellung der einzelnen Frauenförderpläne bieten. Im Fazit zum Bericht ist dieses Problem von der Landesregierung aufgegriffen und die Überprüfung des Musterfrauenförderplans zugesagt worden. Das begrüße ich sehr, denn die Verbesserung der Erhebungsgrundlagen ist Voraussetzung für die Vergleichbarkeit der gewonnenen Daten. Unabhängig von den Schwierigkeiten, die eine so umfassende Datenerhebung zur Personalsituation im öffentlichen Dienst, der Erstellung von Frauenförderplänen und der Situation der kommunalen Gleichstellungsbeauftragten mit sich bringt, liegt nunmehr ein Bericht vor, der eine statistische Datenbasis zur Verfügung stellt, die Ausgangspunkt für die Fortentwicklung der Gleichstellungspolitik in Thüringen sein wird und sein kann. Verlässliche Aussagen, das muss man aber auch deutlich dazu sagen, zur Entwicklungslinie und zu Trends werden wir allerdings erst mit der Vorlage eines weiteren Berichts gewinnen können. Die Erfahrungen bei der Umsetzung des Thüringer Gleichstellungsgesetzes lassen erkennen, dass im Berichtszeitraum messbare Fortschritte erzielt wurden. Sie belegen aber auch, dass es nicht einfach ist, mit einem Gesetz innerhalb kurzer Zeiträume bestehende Strukturen grundlegend zu ändern. Sie zeigen zudem, dass frauenfördernde Maßnahmen auch weiterhin notwendig sind. Mittel und Wege hierzu liegen unter anderem in der Gestaltung des Arbeitsumfeldes, in der Arbeitsplatz- und Arbeitszeitgestaltung sowie nicht zuletzt in der gesellschaftlichen Akzeptanz von Gleichstellung als gesellschaftlicher Norm und nicht als Randfrage. Der öffentliche Dienst muss Vorbild und Vorreiter für das Verständnis dafür sein, dass sich Leistungsfähigkeit einer organisatorischen Einheit und sozialverträgliche betriebliche Bedingungen, zu denen auch die Chancengleichheit von Frauen und Männern gehört, nicht ausschließen. Ich teile die Schlussfolgerungen des Berichts, die aus der nüchternen Bestandsaufnahme zum Einfluss der seit 1990 historisch gewachsenen Verwaltungsstrukturen, insbesondere im Hinblick auf Abordnungen und die Besetzung von Führungspositionen, die vorhandene Altersstruktur, die demographische Entwicklung sowie veränderte Rahmenbedingungen gewonnen wurden. Das sind einfach Fakten, die man wichten muss. Nach den vorliegenden Daten beträgt der Frauenanteil im öffentlichen Dienst Thüringens ca. 61 Prozent. Diese zunächst positive Zahl zeigt, dass Frauen im öffentlichen Dienst Chancen wahrneh

men können. Die Zahlen im Detail können allerdings noch nicht zufrieden stellen, da die Mehrzahl der weiblichen Bediensteten im mittleren und gehobenen Dienst in den unteren Vergütungsgruppen und schon abnehmender im höheren Dienst, wesentlich seltener in führenden Leitungsfunktionen zu finden sind. Die Verteilung der Frauen und Männer auf die Laufbahngruppen findet eine Entsprechung in der Verteilung in den Besoldungsund Vergütungsgruppen. Innerhalb der jeweiligen Laufbahngruppen sinkt der Frauenanteil mit steigender Besoldungs- bzw. Vergütungsgruppe. Frauen sind in den höheren Besoldungs- und Vergütungsgruppen weniger repräsentiert als im gesamten Personalbestand. Für 2002 zeigt sich für den Landesdienst eine Entwicklung, dass der Anteil der weiblichen Bediensteten im Eingangsamt der Laufbahn des höheren Dienstes ansteigt und fast 50 Prozent beträgt. Hier gilt es anzusetzen. Insofern ist es konsequent, dass die Landesregierung hier ein Umlenken angeht. Eine Möglichkeit dazu besteht schon deshalb, weil in den nächsten Jahren verstärkt Männer im höheren Dienst bzw. den zuordenbaren Vergütungsgruppen in den obersten Landesbehörden altersbedingt ausscheiden. Hier müssen Chancen genutzt werden, nach Maßgabe des Leistungsprinzips vor allem Frauen gezielt zur Bewerbung für diese Stellen aufzufordern. Hier lohnt sich auch der Blick über die Landesgrenzen. In Sachsen und Brandenburg wird recht erfolgreich mit Mentorenprogrammen - Herr Minister Zeh nannte das bereits - gearbeitet, die Frauen Mut und Selbstvertrauen durch fachliche Anfangsbegleitung im neuen Amt geben sollen. Diesen neuen Ansatz sollte man verstärkt auch in Thüringen ausprobieren. An der TU Ilmenau wird Ähnliches bereits praktiziert und das mit gutem Erfolg.

Mit besonderer Aufmerksamkeit sollte verfolgt werden, wie das Personalentwicklungskonzept "Permanent" die Umsetzung des Thüringer Gleichstellungsgesetzes unterstützen kann. Der Ansatz, dass den Handlungsfeldern Personalplanung, Personalentwicklung sowie Personaleinsatz und -betreuung die Geschlechterstellung als Querschnittsaufgabe vorangestellt wird, ist richtig und sinnvoll. Wie bei vielen anderen richtigen Ansätzen heißt das, die praktische Anwendung des Personalentwicklungskonzepts "Permanent" muss durch die handelnden Führungskräfte mit Leben erfüllt werden. Für die Überwindung mancher gedanklicher Hürden wäre es sicher auch von Vorteil, wenn sich in der Runde der Zentralabteilungsleiter bei den obersten Landesbehörden auch einmal Frauen finden würden. Auf den nachfolgenden Ebenen hat das ja schon vereinzelt geklappt, also warum soll das auch nicht so weitergehen.

Gleichstellung und Gender Mainstreaming sind Begriffe, die, wenn sie vor dem Berg scheinbar wichtigerer Probleme überhaupt wahrgenommen werden, häufig noch immer in die Frauenecke abgeschoben werden. Dabei sind sie einer der gesellschaftlichen Schlüssel zu dem, was vielen von uns, Männern und Frauen, wichtig ist, nämlich Lebensqualität, die sich an mehr als an materiellen Dingen orientiert. Gleichberechtigung für Frauen und Männer ist ein Auftrag, der im Grundgesetz in unserer Landesverfassung verankert ist. Diesen Verfassungsauftrag mit Leben erfüllen, heißt, in vielen Bereichen nach wie vor mit Beharrlichkeit dicke Bretter zu bohren. Es reicht nicht aus, im Rahmen der klassischen Frauenförderpolitik die Chancengleichheit zu fördern. Das ist Therapie. Im Gender Mainstreaming liegt die Chance, präventiv Ungleichbehandlungen vorzubeugen. Die Umsetzung des "Schwedischen Modells", das die Gleichstellungspolitik zur Chefsache macht, ist ein richtiger Weg.

Ich schließe mit einem Zitat, wenn Sie gestatten, aus der Entschließung des Europarats und der im Rat vereinigten Minister für Beschäftigung und Sozialpolitik vom 29. Juni 2000. Ich zitiere: "Der Beginn des 21. Jahrhunderts ist ein symbolischer Zeitpunkt für die Formulierung eines neuen Gesellschaftsvertrags zwischen den Geschlechtern, in dem die faktische Gleichstellung von Frauen und Männern im öffentlichen und privaten Leben von der Gesellschaft als Bedingung für Demokratie, Staatsbürgertum sowie individuelle Autonomie und Freiheit anerkannt wird und dem in allen Politiken der EU Rechnung zu tragen ist." Die Herausforderung liegt dementsprechend gerade darin, in der angesprochenen Finanzsituation des Landes konsequent daran zu bleiben, dass Menschen mit Familienpflichten in die Lage versetzt werden, Familie und Beruf noch besser zu vereinbaren und den Korridor für eine nachhaltige Gleichstellungspolitik offen zu halten. Danke.

(Beifall bei der CDU)

Für die SPD-Fraktion hat sich Frau Abgeordnete Ehrlich-Strathausen zu Wort gemeldet.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, auch ich hatte genau wie meine Kollegin Frau Wolf von der PDS große Erwartungen in den Bericht der Landesregierung über die Anwendung des Thüringer Gleichstellungsgesetzes gesetzt und wollte erfahren, gerade als junge Abgeordnete, wie die Umsetzung denn erfolgt ist.

Zu Beginn möchte ich aus den in § 2 aufgeführten Zielen des Gesetzes zwei herausgreifen. Ich zitiere:

"1. die Schaffung von Arbeitsbedingungen, die für beide Geschlechter die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ermöglichen;

2. der Ausgleich von Nachteilen, die als Folge einer geschlechterspezifischen Arbeitsteilung entstehen."

Zu beiden Zielen findet man in diesem Bericht aber leider so gut wie keine Aussagen. Anscheinend hat man sich bei der Berichterstattung nur auf die Erhebung von statistischen Daten beschränkt. Doch diese Statistik ist zudem nicht korrekt, denn das Zahlenmaterial zeigt nur die Daten bis zum 30. Juni 2002 auf. Es fehlen also zwei Jahre, auch wenn Frau Walsmann eben die Schwierigkeiten schon einmal angesprochen hat. Aber es ist deshalb so unverständlich, weil das Gesetz die Terminsetzung genau in § 5 geregelt hat, nämlich bis zum 30. Juni des laufenden Jahres ist die Zahl der Beschäftigten statistisch zu erfassen und zu melden. Deshalb ist es nur logisch zu fragen: Warum fehlen sie im Bericht, welchen Grund gibt es dafür? Denn durch die fehlende Aktualität ist dieser Bericht weniger aussagekräftig.

(Beifall bei der CDU, SPD)

Meine Damen und Herren, zum Thema "Frauenförderpläne" möchte ich drei Punkte ansprechen.

Zum ersten Punkt: Frauenförderpläne im kommunalen Bereich sind verpflichtend und in Punkt 4.2 des Berichts aufgeführt. Es ist allerdings festzustellen, dass zwei Landratsämter fehlen. Warum sind diese ihrer gesetzlichen Verpflichtung nicht nachgekommen und was wurde unternommen von der damaligen Landesbeauftragten zur Durchsetzung dieses Gesetzes?

Zum zweiten Punkt: Die Aktualisierung der Frauenförderpläne ist alle zwei Jahre im Gesetz vorgeschrieben. Nach den Ausführungen im Bericht scheinen nur wenige Dienststellen diesem Gesetzesauftrag nachgekommen zu sein, zumindest nicht in der vorgeschriebenen Frist. Welche Ursachen für dieses Verhalten sieht hier die Gleichstellungsbeauftragte und welche Schlussfolgerungen leitet sie daraus für ihre weitere Arbeit ab? Gibt es hier gesetzgeberischen Handlungsbedarf? Diese Fragen hätten im Bericht deutlicher und ausführlicher dargestellt werden müssen.

Zum dritten Punkt: Für die Erstellung der Frauenförderpläne gab es zudem ein Musterpapier, wie es Frau Walsmann auch schon angesprochen hat, mit dem Raster zur Chancengleichheit, wo Auswahl

verfahren, Stellenausschreibung, Flexibilisierung der Arbeitszeit, also die Zielvorgaben und Maßnahmen der Frauenförderpläne aufgelistet waren. Auch die berufliche Förderung bis zur gleichberechtigten Teilhabe, die Aufstiegs- und Entwicklungsmöglichkeiten der Frauen waren darin eingeschlossen. Aber was nützt dieses Instrument Frauenförderplan, wenn er nicht gelebt wird von der Verwaltungsspitze, denn dann verkommt er zum Papiertiger.

(Beifall bei der SPD)

Damit komme ich zu einem Knackpunkt im Gesetz, was auch schon die PDS angesprochen hat. Es gibt nämlich keinerlei Sanktionsmöglichkeiten. Ich kann nur hoffen, dass es mit der Umsetzung des "Schwedischen Modells" zukünftig in Thüringen dafür auch Fortschritte gibt.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, die öffentlichen Auftragsvergaberichtlinien sind in § 22 festgeschrieben. Ich zitiere: "Das Nähere regelt eine Verwaltungsvorschrift der Landesregierung." Warum gibt es diese Verwaltungsvorschrift noch immer nicht? Da muss ich die Landesregierung fragen: Wie ernst meint Sie es mit der Durchsetzung des Gleichstellungsgesetzes?

Ein wichtiger Aspekt der Frauenförderung, nämlich die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, wurde im Bericht unter 4.8 "Beurlaubung und Wiedereinstieg" angesprochen. Die freiwillige Zertifizierung des Thüringer Ministeriums für Familie, Soziales und Gesundheit liegt nun schon knapp drei Jahre zurück. Es war damals das Familienaudit. Bisher gibt es aber außer dem TMSFG nur noch die Ankündigung vom Justizministerium, die Einführung neuer familienfreundlicher Arbeitszeiten und Arbeitsplatzmodelle zu prüfen. Wenn man die Rede des damaligen Sozialministers Dr. Pietzsch in der 60. Plenarsitzung liest und mit dem vorliegenden Bericht vergleicht, kommt man zu dem Schluss, dass man hier leider keinen Schritt weitergekommen ist. Ich hoffe, dass Sie in den anderen Ministerien ebenfalls den Weg gehen, um eine Zertifizierung vorzunehmen und bei der Umstrukturierung der in der Regierungserklärung im September angekündigten Verwaltungsreform auf Familienfreundlichkeit zu achten. Was nun folgen muss, das sind neue Akzente und Arbeitsschwerpunkte in der Förderpolitik, die Fortschreibung des Gleichstellungsgesetzes, wo auch die Themen Gender Mainstreaming, Arbeitsmarktpolitik und Frauengesundheit mit einfließen. Der Ministerpräsident äußerte sich kürzlich: Die Gleichstellungspolitik ist auch als Standortvorteil für Thüringen zu sehen. Vorhin äußerte er sich zum Monitor, Thüringens Einsatz für Familie, Wissenschaft und Forschung zeigt auch den Weg in die Zukunft. Gehen wir also an die Umsetzung. Ingesamt gese

hen hatte der Gesetzgeber 1998 bei der Formulierung des § 13 zur Berichterstattung mindestens die Vorstellung, dass über den gesamten Zeitraum von sechs Jahren und nicht nur über dreieinhalb oder vier Jahre berichtet wird. Damit sind die Erwartungen der SPD-Fraktion zum Bericht der Landesregierung über die Anwendung des Thüringer Gleichstellungsgesetzes nicht erfüllt worden. In der Hoffnung auf ergänzende Erklärungen

(Beifall bei der SPD)

werden wir einer Ausschussüberweisung zustimmen. Vielen Dank.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Für die CDU-Fraktion hat sich Frau Abgeordnete Tasch zu Wort gemeldet. Da die Fortsetzung der Aussprache im Gleichstellungsausschuss davon abhängig ist, wie sich die CDU-Fraktion als Antragstellerin des Berichtsersuchens dazu verhält, bitte ich Frau Tasch, das gleich mit zu beantworten.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, „Viele Wege führen nach Rom“, sagt uns ein altes Sprichwort. Viele Wege müssen aber auch gegangen werden, um die Chancengerechtigkeit von Frauen und Männern zu verbessern. Einen Weg beschreiten wir seit Oktober 1998 mit dem Thüringer Gleichstellungsgesetz, dessen Umsetzung wir heute mit dem ersten Bericht beraten. Wir haben somit heute zum ersten Mal eine fundierte Grundlage, auf der aufgebaut werden kann. Analysiert werden muss nun, welche Wege weiter beschritten werden. Mit dem Thüringer Gleichstellungsgesetz wollten wir unter anderem auch eine stärkere Sensibilisierung für dieses gesellschaftspolitisch wichtige Thema erreichen, besonders in den Führungsetagen der öffentlichen Verwaltung. Denn im Bereich der Gleichstellungspolitik sind gesetzliche Vorgaben die eine Seite der Medaille, aber die weitaus wichtigere ist für mich das partnerschaftliche Miteinander und die Unterstützung der Männer, die wir brauchen und die es ja in großer Zahl auch schon gibt, für die es selbstverständlich ist, Belange von Frauen und Männern gleichberechtigt zu berücksichtigen.