Protocol of the Session on September 11, 2003

Daher frage ich die Landesregierung:

1. Welche Thüringer Firmen nehmen an dieser Vereinbarung zwischen Wirtschaft und Regierung als Modellprojekte teil?

2. Welche Thüringer Firmen arbeiten mit dem Verein "TOTAL E-QUALITY Deutschland e.V." zusammen?

3. Welche Thüringer Firmen haben inzwischen das Audit Beruf und Familie erhalten?

4. Wie beurteilt die Landesregierung den derzeitigen Umsetzungsstand der Vereinbarung in Thüringen?

Für die Landesregierung antwortet Minister Reinholz.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Wolf zur Gleichstellung in der Thüringer Privatwirtschaft beantworte ich für die Landesregierung wie folgt:

Bevor ich auf die einzelnen konkreten Fragen eingehe, möchte ich zum besseren Verständnis zunächst kurz über den Hintergrund informieren. Die Chancengleichheit für Frauen und Männer ist ein Thema von wirtschaftspolitischer Bedeutung. Obwohl sich in den letzten Jahren auf dem Gebiet der Gleichstellung sehr viel getan hat, ist die berufliche Situation von Frauen nach wie vor schlechter. Trotz überwiegend guter Qualifikation haben Frauen gegenüber ihren männlichen Kollegen Nachteile, beispielsweise beim Zugang zu hoch qualifizierten Berufen oder

beim Aufstieg in Führungspositionen.

Zu der Frage, ob ein Unternehmen frauen- oder familienfreundlich ist, haben sich auf Bundesebene zwei Zertifikate durchgesetzt, das "TOTAL E-QUALITY"-Prädikat und das Audit Beruf und Familie. Der Verein "TOTAL E-QUALITY" Deutschland e.V. geht auf eine Konferenz der Europäischen Kommission im Mai 1994 zurück. Die gemeinnützige "Herti-Stiftung" zeichnet jährlich Unternehmen und Institutionen mit dem Zertifikat Audit Beruf und Familie aus, die sich um eine familienbewusste Personalpolitik verdient gemacht haben.

Zu Frage 1: Die angesprochenen Modellprojekte im Zusammenhang mit der genannten Vereinbarung sind nicht bekannt. Die Frage kann deshalb auch nicht beantwortet werden. Auch dem Verband der Wirtschaft Thüringen e.V. waren solche Modellprojekte nicht bekannt.

Zu Frage 2: Informationen über eine Zusammenarbeit Thüringer Unternehmen mit dem Verein "TOTAL E-QUALITY" Deutschland e.V. liegen der Landesregierung nicht vor. Bekannt ist lediglich, dass in Thüringen das Bildungswerk der Thüringer Wirtschaft e.V. und die Bürogemeinschaft der Arbeitgeber und Wirtschaftsverbände Erfurt Träger des "TOTAL E-QUALITY"-Prädikats sind.

Zu Frage 3: In Thüringen wurden bislang das Ministerium für Soziales, Familie und Gesundheit im Jahr 2001 sowie die Landesversicherungsanstalt Thüringen im Jahr 2003 auditiert.

Zu Frage 4: Zur Begleitung der Umsetzung der Vereinbarung ist eine Arbeitsgruppe aus Vertretern der Bundesregierung, der Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft eingerichtet worden. Diese erstellt zurzeit eine erste Bilanz über die Umsetzung der Vereinbarung. Mit einer Veröffentlichung ist zur Jahreswende 2003/2004 zu rechnen. Obwohl insbesondere der Verband der Wirtschaft Thüringen e.V. seinen Mitgliedern empfiehlt, sich der Vereinbarung bzw. einer entsprechenden Zertifizierung zu stellen, beteiligte sich nur eine geringe Anzahl Thüringer Unternehmen daran. In lediglich 11 Prozent der Betriebe gibt es konkrete Aktivitäten, um die Chancengleichheit von Frauen und Männern zu erhöhen. Das Gros der Aktivitäten sind jedoch Einzelmaßnahmen, mit denen zielgerichtet bestimmten Defiziten am betrieblichen Arbeitsplatz entgegengewirkt wird. Vielen Dank.

Es gibt offensichtlich eine Nachfrage, Herr Minister.

Die Nachfrage bezieht sich auf Frage 4, die Frage ist bis jetzt nicht beantwortet: Wie beurteilt es die Landesregierung?

Frau Wolf, ich hatte darauf geantwortet. Ich hatte daraufhin geantwortet, dass wir wissen, dass sich lediglich 11 Prozent der Betriebe an konkreten Aktivitäten beteiligen. Bezüglich der Beurteilung können wir nur sagen, das ist sehr wenig. Aber wir haben auch wenig Einfluss darauf.

Es gibt eine weitere Nachfrage.

Herr Minister, wie denken Sie, dass der Einfluss der Landesregierung auf diesen Zustand irgendwie erweitert werden könnte bzw. wie wollen Sie mehr Einfluss darauf nehmen?

Sehr verehrte Frau Abgeordnete, es ist natürlich sehr schwer, aus der Landesregierung heraus Einfluss auf die private Wirtschaft zu nehmen. Wir werden aber in Gesprächen mit dem Verband der Wirtschaft Thüringens und auch in den regelmäßigen Gesprächen, die bei mir im Haus stattfinden, mit den Kammern, sowohl mit der IHK als auch mit den Handwerkskammern, darauf gern noch einmal verweisen und diese bitten und anregen, doch in ihren einzelnen Mitgliedsunternehmen Anregungen rüberzubringen.

Es gibt keine weiteren Nachfragen und ich rufe als nächste Frage auf die Anfrage der Frau Abgeordneten Bechthum in Drucksache 3/3500.

Teilnahme von Thüringer Betrieben an der Zertifizierung Audit Beruf und Familie

Die Landesversicherungsanstalt Thüringen hat als einziges Thüringer Unternehmen das Grundzertifikat Audit Beruf und Familie 2003 in Düsseldorf bekommen.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie viele Thüringer Betriebe haben sich 2002 bzw. 2003 um eine Zertifizierung beworben?

2. Haben andere Thüringer Ministerien, die laut Antwort auf meine Nachfrage zur Mündlichen Anfrage in Drucksache 3/1866 Interesse bekundeten, teilgenommen?

Für die Landesregierung antwortet Staatssekretär Maaßen.

Sehr verehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, die Mündliche Anfrage der Frau Abgeordneten Bechthum beantworte ich namens der Landesregierung wie folgt:

Zu Frage 1: Auf Initiative der gemeinnützigen "HertiStiftung" wurde das Audit Beruf und Familie entwickelt und die Beruf und Familie gGmbH gegründet. Die Beruf und Familie gGmbH ist Inhaberin der europaweit geschützten Markenrechte und verantwortlich für eine einheitliche Durchführung des Audits. Zu ihren Aufgaben gehört es u.a., das Instrumentarium zu optimieren und das Audit auf breiter Ebene zu institutionalisieren. Seit 1998 haben 69 Firmen und Institutionen, die an der Auditierung teilgenommen haben, ein Zertifikat erhalten. Davon kommen zwei Institutionen aus Thüringen, nämlich das Ministerium für Soziales, Familie und Gesundheit und die Landesversicherungsanstalt. Nach Auskunft der Beruf und Familie gGmbH kann die Frage nach den Bewerbungen 2002 und 2003 nicht beantwortet werden, weil in der Regel die Unternehmen sich direkt an die Mitglieder des Auditrates wenden. Der Gesellschaft selbst liegen derzeit vier Anfragen bzw. Interessensbekundungen aus Thüringen vor, die jedoch zunächst als Informationsersuchen zu werten sind.

Zu Frage 2: Ich kann Ihnen mitteilen, dass die Thüringer Staatskanzlei Interesse bekundet hat, an der Zertifizierung Audit Beruf und Familie teilzunehmen.

Es gibt eine Nachfrage. Bitte, Frau Abgeordnete Bechthum.

Herr Staatssekretär, werden Sie die Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaft zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie, die eine hohe Zufriedenheit der berufstätigen Mütter praktisch gebracht hat, mit in die Arbeit der Landesregierung einfließen lassen? Dann interessiert mich noch: Wie wird die Landesregierung die Wirtschaft, gerade Betriebe in dieses Ziel, familienfreundliche Bedingungen in Betrieben zu schaffen, auch in dieses Bündnis für Familie mit einbeziehen?

Frau Abgeordnete Bechthum, es ist so, dass die Landesregierung, wie Sie es eben ausgeführt haben, ja daran arbeitet, ein Bündnis für Familie landesweit zusammen zu bekommen und das auch auf die lokale Ebene zu übertragen. Dabei ist durchaus vorgesehen, dass auch mit Ver

tretern der Wirtschaft gesprochen wird und dass wir auf die Möglichkeit der Auditierung hier hinweisen und damit wohl neue Teilnehmer für die Zertifizierung gewinnen werden.

Ich sehe keine weiteren Nachfragen. Danke schön.

Wir kommen zur Drucksache 3/3522. Bitte, Frau Abgeordnete Klaubert.

"Restitution Fürstenhaus Reuss Gera"

Der Streit um Rückgabeforderungen der Adelsfamilie Reuss gegenüber der Stadt Gera geht offenbar vor Gericht. Dies meldete am 21. August 2003 ADN unter Berufung auf Informationen von MDR 1 Radio Thüringen. Das Fürstenhaus Reuss fordert in und um Gera mehrere Immobilien zurück.

Ich frage die Landesregierung:

1. Welches ist der Informationsstand der Landesregierung zu den Verhandlungen zwischen der Stadt Gera und dem Fürstenhaus Reuss?

2. Was ist der Landesregierung bekannt hinsichtlich der Bereiche, über die sich der angestrebte Prozess erstrecken wird?

3. Welche Folgen hat eine Klage des Fürstenhauses Reuss mit voraussichtlichem Verhandlungsbeginn im November für die grundlegende Sanierung des Geraer Theatergebäudes und die Bereitstellung der dafür notwendigen finanziellen Mittel?

Herr Staatssekretär Illert, bitte schön.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, namens der Landesregierung beantworte ich die Mündliche Anfrage wie folgt:

Zu Frage 1: Der Landesregierung liegen keine Informationen zum Stand der Verhandlungen zwischen der Stadt Gera und dem Fürstenhaus Reuss vor.

Zu Frage 2: Die Vertreter des Fürstenhauses Reuss haben beim Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen eine Vielzahl von beweglichen und unbeweglichen Vermögenswerten zur Rückübertragung beantragt. Darunter befindet sich auch, wie aus den Medien bekannt, das Theatergebäude in Gera. Gegen den ablehnenden Be

scheid des Landesamts zur Regelung offener Vermögensfragen wurde Klage vor dem Verwaltungsgericht Gera erhoben, über die aber noch nicht entschieden ist. Genaue Angaben zum Gegenstand und Umfang der vom Haus Reuss beanspruchten Vermögenswerte sind mir nicht möglich, da dem sowohl die Vorschriften des Thüringer Verwaltungsverfahrensgesetzes als auch der Anspruch der Antragsteller auf Schutz ihrer persönlichen Daten entgegenstehen. Ich verweise dazu auf Artikel 67 Abs. 3 Nummer 1 der Thüringer Verfassung.

Zu Frage 3: Die umfassende Sanierung des Theaters in Gera ist in mehreren Bauabschnitten in den nächsten Jahren geplant. Diese Maßnahme wird auf der Grundlage eines bestandskräftigen Investitionsvorrangbescheids durchgeführt. Die Klage des Hauses Reuss hat somit keine Auswirkungen auf die Realisierung der Sanierungsmaßnahmen.

Es gibt eine Nachfrage. Bitte, Frau Abgeordnete Dr. Klaubert.

Wenn die Mittel für die Sanierung des Theaterhauses in Gera bereitgestellt werden und das Theaterhaus saniert ist und man dem Fürstenhaus Reuss dort Ansprüche zugestehen würde, hätte das auf den Streitwert des Verfahrens Einfluss?

Über den Streitwert entscheidet dann das Gericht.