Protocol of the Session on January 26, 2000

(Beifall bei der CDU)

Das sind ja doch recht andere Kommunikationsformen, die wir jetzt gewählt haben. Gibt es weitere Rednerin

nen oder Redner, die sich zu Wort melden? Für die Landesregierung, Herr Minister Köckert.

Ich habe mich nur deshalb zu Wort gemeldet, Frau Dr. Wildauer, weil Sie in einer etwas larmoyanten Art sich über Herrn Staatssekretär beschwerten und auch beklagten, wir wären nicht schnell genug. Das hat auch Herr Schemmel in seiner unnachahmlich langsamen Art und Weise uns vorgeworfen, wir wären nicht schnell genug.

(Unruhe bei der SPD)

Da will ich nur sagen, Herr Schemmel, auf Ihren Beitrag hin, es wäre eventuell zu spät begonnen worden, an dem Problem zu arbeiten oder wir hätten uns verspätet, wir würden verspätet darüber nachdenken, welche Auswirkungen das auf Thüringen hat. Ich will nur sagen, der Ressortinhaber in der vergangenen Legislatur ist Ihnen und mir bekannt. Ich kann nicht sehen, dass die jetzige Landesregierung sich diesen Vorwurf anziehen muss. Die jetzige Landesregierung hat sehr schnell diese Frage aufgegriffen. Wir haben eine öffentliche Anhörung durchgeführt als Innenministerium, um die Gemengelage kennen zu lernen. Davon profitieren Sie ja auch, Frau Dr. Wildauer, von den dort geäußerten Meinungen. Wir haben im Kabinett schon einen Referentenentwurf beraten und wir werden Anfang Februar im Kabinett einen entsprechenden Beschluss fassen. Wir werden uns in der nächsten Plenarsitzung hier in diesem Hause mit diesem Kabinettsbeschluss zu beschäftigen haben. Insofern weise ich zurück, dass sich Herr Staatssekretär Speck nicht ernsthaft mit der Materie beschäftigen würde. Das ist ein Vorwurf, der geht vollkommen ins Leere. Hier wird sehr genau geprüft und geschaut und ich kann auch Ihnen nur empfehlen, sehr genau zu prüfen und zu schauen, denn in Ihrer Betrachtungsweise fehlt eigentlich fast gänzlich die Seite der Wirtschaftsunternehmen. Und die darf eben nicht ohne Beachtung bleiben, wenn man wirklich ein ausgewogenes Ergebnis haben will. Ich warne allerdings vor einer zu hohen Erwartungshaltung. Ich glaube nicht, dass wir mit einer Novellierung der Kommunalordnung erreichen, dass alle 29 Thüringer Stadtwerke ohne Probleme weiter agieren können. Wir werden auch nicht ausschließen können, dass man sich auf Seiten der Stadtwerke andere Dinge einfallen lassen muss, wie z.B. das, was Jena und Pößneck schon getan haben. Es wäre sehr hilfreich in der Diskussion, wenn jeder, der einen Beitrag zu leisten hat und der einen Entwurf vorstellt, einmal deutlich macht, wie denn seine Vorstellung eines Stadtwerkes der Zukunft aussieht. Dann würde man nämlich sehr schnell dahinter kommen, ob das, was man erreichen will mit den Regelungen, sich nicht sehr weit von einer wünschenswerten Realität entfernt. Das nur als eine Frage, die man immer im Hinterkopf haben soll. Wie sieht Ihr Stadtwerk, Frau Dr. Wildauer, der Zukunft aus? Wie stellen Sie sich die Arbeit der Stadtwerke in Zukunft vor? Mit dieser Frage als Hintergrund kann man, glaube ich,

eine ganze Menge in der Debatte anfangen. Wir werden ganz ausführlich zu diskutieren haben. Ich vermute, dass auch der Landtag mindestens genauso viel Zeit braucht, wie die Landesregierung, um dann schließlich die Novelle der Kommunalordnung an dieser Stelle zu beschließen und, ich denke, da werden wir einen ganzen Teil Ihrer Vorschläge, die Sie heute hier vorgetragen haben, wieder zu hören bekommen. Die werden dann auch ganz sicher im Innenausschuss behandelt werden, daran habe ich gar keinen Zweifel. Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Es gibt eine weitere Wortmeldung. Der Abgeordnete Gerstenberger, PDS-Fraktion:

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, Herr Köckert, eine schnelle Zunge ist nicht immer die Garantie dafür, dass die Wahrheit gesagt wird.

(Beifall bei der PDS)

Mitunter sind schnell unüberlegte Worte geäußert oder an bestimmten Stellen gar keine. Manchmal ist es gar nicht so negativ und so schlecht, erst zu überlegen, bevor man etwas sagt, und das zu kritisieren von Ihrer Seite, das halte ich schon für reichlich bedenklich.

Und noch eine zweite Bemerkung, Herr Fiedler, auch auf die letzten Tage bezogen. Nicht immer ist es ja so, dass der schwarze Weg nun der Richtige ist und mitunter stellen sich da Irrwege heraus und dann stellt sich auch heraus, dass plötzlich auf dem Weg nur noch einer ganz alleine lief und die anderen ganz woanders waren. Manchmal ist es auch gut, man hört, was andere sagen und manchmal ist es auch gut, man hört darauf, was die Opposition sagt. Wenn die Opposition schon einen Vorschlag anzubieten hat zu einem Problem, was dringlich gelöst werden muss, was unbedingt notwendig gelöst werden muss und was in seiner zeitlichen Lösung keinerlei Aufschub duldet, dann täte es auch gut, wenn sich diese große, zahlenmäßig weit größer als die Oppositionsfraktionen gemeinsam, darüber verständigen könnte, ein paar Hinweise der kleineren Oppositionsseite mit aufzunehmen. Herr Fiedler, warum nehmen Sie eigentlich so arrogant für sich in Anspruch, nur durch Ihre Anhörung und nur durch eigenständiges Arbeiten könnten Sie auf der Suche nach der Lösung einen Schritt weiterkommen? Warum sind Sie denn nicht bereit, einen sachlichen Diskurs im Ausschuss zu führen? Wovor haben Sie eigentlich Sorge? Haben Sie wirklich Sorge, dass dadurch Ihr Wissenszuwachs nicht gegeben sein könnte? Haben Sie Sorge, dass wir Sie dabei erwischen könnten, dass Sie etwas nicht wissen? Haben Sie Sorge, dass Sie uns dabei ertappen könnten, dass wir eventuell bestimmte Dinge in diesem Pro

zess nicht wissen können?

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU:... was Sie vorhin gesagt haben.)

Warum, Herr Fiedler, verweigern Sie sich einem Diskussionsprozess, der ja wohl zu demokratischen Gepflogenheiten in einem Land und hier in Thüringen unmittelbar dazugehört?

(Beifall bei der PDS)

Herr Fiedler, warum verweigert sich eigentlich Ihre Fraktion einem so dringlichen Problem? Da erklärt der Ministerpräsident und da erklären Vertreter Ihrer Fraktion im Wahlkampf:

(Zwischenruf Abg. Dr. Sklenar, CDU: Meine Herren!)

"Sofort, sofort nach Regierungsantritt wird man sich diesem Problem zuwenden." Nun sind die 100 Tage vorbei, nun erklären Sie immer noch "sofort". Vielleicht müssten wir mal in einer Mündlichen Anfrage klären, was in dieser Regierung unter "sofort" oder "schnellstmöglich" verstanden wird. Offensichtlich heißt es nicht "zeitnah und problemgerecht".

(Zwischenruf Abg. Dr. Zeh, CDU: Das Prob- lem ist bundesweit.)

Herr Dr. Zeh, Sie sind also der Auffassung, dass es kein dringliches Problem ist, was sofort gelöst werden sollte? Dann empfehle ich Ihnen, einfach mal darüber nachzudenken, was in solchen Unternehmen, in solchen Stadtwerken auf der Tagesordnung steht. Normalerweise steht dort auf der Tagesordnung, dass bis zum Jahresende ein Wirtschaftsplan für das Folgejahr verabschiedet wird, eine Bilanz aufgestellt wird, eine Ertragserwartung definiert wird aufgrund der vorhandenen vertraglichen Gestaltung. Sie, mit Ihrem fehlenden Veränderungswillen bei der Thüringer Kommunalordnung, unterbinden, dass in diesen Unternehmen die wirtschaftlichen Grundlagen für die Aufstellung eines realistischen Wirtschaftsplans gelegt werden können. Sie unterbinden, dass in diesen Unternehmen aufgrund vernünftiger Wirtschaftsplanung die Arbeit aufgenommen werden kann. Sollten Sie Zweifel haben, dass

(Beifall bei der PDS)

diese Aussagen nicht stimmen, meine Damen und Herren, dann verweise ich Sie darauf, dass es in diesen Unternehmen dank eines Stromvertrages von 1991 auch private Gesellschafter gibt. Fragen Sie mal bei den Bayernwerken, fragen Sie mal bei Contigas oder bei Wintershall oder wie die privaten Gesellschafter heißen, was sie von der gegenwärtigen Situation in den Stadtwerken halten. Und genau die Situation, die Herr Köckert hier be

schrieben hat, steht vor 29 Stadtwerken. Wir werden uns am Ende des Jahres wieder sprechen, ob noch fünf oder zehn von diesen Stadtwerken übrig sind. Dieses fehlende Entscheiden, dieses fehlende Reagieren von Ihrer Seite, trägt einen wesentlichen Teil dazu bei, dass diese Situation zum Jahresende 2000 eintreten wird. Sie nehmen das locker und gelassen mit der entsprechend arroganten Haltung - wenn wir kommen, kommen wir immer rechtzeitig, alle anderen kommen mit Sicherheit zu früh oder zu spät - hier hin, dass diese Situation eintritt. So kann es nicht funktionieren und so wird es in Zukunft nicht funktionieren können, meine Damen und Herren. Es kann nicht sein: das Sichvölligloslösen von wirtschaftlichen Notwendigkeiten und von objektiv notwendigen Prozessen, die in diesem Freistaat auf den Weg gebracht werden können, nur weil Sie der Auffassung sind, sie sind noch nicht so weit.

Meine Damen und Herren, die Situation hat schon einmal eine Partei geglaubt ausnutzen zu können, und das ist schief gegangen. Danke schön.

(Beifall bei der PDS)

(Heiterkeit und Unruhe bei der CDU)

Damit ist die Rednerliste abgeschlossen. Ich schließe die Aussprache und wir kommen zum Antrag auf Ausschussüberweisung. Es ist beantragt worden, die Drucksache an den Innenausschuss zu überweisen. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Danke schön. Gegenstimmen. Das ist die Mehrheit, damit ist der Antrag abgelehnt.

Ich komme zum Antrag auf Überweisung an den Justizausschuss. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Danke. Gegenstimmen? Danke schön. Das ist die Mehrheit und die Ausschussüberweisung ist abgelehnt.

Als Nächstes kommen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf der Fraktion der PDS. Herr Abgeordneter Buse.

Frau Präsidentin, bevor wir zur Abstimmung kommen, möchte ich nach Artikel 44 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Thüringer Landtags die namentliche Abstimmung namens unserer Fraktion beantragen.

Wir kommen also zur namentlichen Abstimmung über den Gesetzentwurf der Fraktion der PDS in der Drucksache 3/160 in zweiter Beratung. Ich bitte die Schriftführer, die Stimmkarten einzusammeln.

Ich nehme an, dass jeder die Möglichkeit genutzt hat, namentlich abzustimmen. Damit kann das Auszählen begonnen werden.

In der namentlichen Abstimmung über das Dritte Gesetz zur Änderung der Thüringer Kommunalordnung, Gesetzentwurf der Fraktion der PDS, in der Drucksache 3/160 wurden abgegeben: 69 Stimmen, Jastimmen 17, Neinstimmen 39, Enthaltungen 13 (namentliche Abstimmung siehe Anlage). Damit ist der Gesetzentwurf abgelehnt.

(Beifall bei der CDU)

Ich schließe den Tagesordnungspunkt 3 und komme zum Aufruf des Tagesordnungspunkts 4

Erstes Gesetz zur Änderung des Thüringer Berufsakademiegesetzes Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 3/136 dazu: Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wissenschaft, Forschung und Kunst - Drucksache 3/213 ZWEITE BERATUNG

Der Berichterstatter ist der Abgeordnete Carius. Wir kommen zur Berichterstattung, Herr Abgeordneter Carius, bitte.

Sehr verehrte Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, meine Worte richten sich auf den Beratungsgegenstand der 2. Sitzung des Ausschusses für Wissenschaft, Forschung und Kunst am 7. Januar 2000. In dieser Sitzung beschäftigte sich der Ausschuss mit dem Gesetzentwurf in Drucksache 3/136 der Landesregierung zur Änderung des Berufsakademiegesetzes und einem Änderungsantrag der CDU-Fraktion zu dieser Vorlage.

Gegenstand des Entwurfs ist die Aufhebung der so genannten Erprobungsklauseln in § 1 Abs. 1 des Berufsakademiegesetzes vom Juli 1998 und die Streichung der Absätze 2 bis 5. Gegenstand des Änderungsantrags der CDU-Fraktion ist die Beibehaltung der Berichtspflicht aus § 1 Abs. 3 und dessen Überführung in einen neuen Absatz 2.

Eine große Mehrheit der Mitglieder des Ausschusses war der Ansicht, dass sich die Berufsakademien bewährt hätten. Daher sei es nun notwendig, die Akademien auf eine sichere Grundlage zu stellen und vor allem die Personalgewinnung durch die Beseitigung der auflösenden Bedingungen aus den Arbeitsverträgen zu vereinfachen. Eine Minderheit im Ausschuss vertrat die Meinung, die Bewährung der Berufsakademien sei so lange noch nicht geklärt, als die tatsächliche Gleichstellung der BA-Abschlüsse, mit denen der Fachhochschulen noch nicht geklärt seien. Aufgrund dieser Beratung empfiehlt eine große

Mehrheit des Ausschusses dem Landtag, der Beschlussempfehlung in der Drucksache 3/213 zuzustimmen.

(Beifall bei der CDU)

Wir eröffnen die Aussprache. Zu Wort gemeldet hat sich die Abgeordnete Dr. Kaschuba, PDS-Fraktion.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, mit dem vorgelegten Gesetz zur Änderung des Thüringer Berufsakademiegesetzes wird die Erprobungsphase im Zuge der Errichtung der Berufsakademie Thüringen für beendet erklärt und die Überführung der Berufsakademie aus der Erprobungsphase in eine ständige Einrichtung vorbereitet. Die Fraktion der PDS hat in ihren bisherigen Ausführungen zu diesem Gesetzentwurf bereits auf offene Fragen aufmerksam gemacht. Sie betrafen Fragen nach einem Bericht zur Bedarfsentwicklung und der Ausweisung von Ausbildungsplätzen durch die Wirtschaft, die qualifizierte Bewertung des Ausbildungsniveaus und der Erfüllung der Anforderungskriterien der Ausbildung sowie die Realisierung des § 2 Abs. 2 des geltenden Gesetzes bezüglich der Gewährung einer Ausbildungsvergütung und die Besetzung der Stellen an der Einrichtung selbst.

Wie Sie wissen, engagiert sich die PDS immer recht stark für die Schaffung und Bereitstellung von Ausbildungsplätzen. Unsere Bedenken und Einwendungen richten sich im Zusammenhang des vorgelegten Änderungsgesetzes nicht gegen die Etablierung einer weiteren qualifizierten Einrichtung im tertiären Bereich, sondern wir wollen gerade bei einer so wirtschaftsnahen Ausbildungsform die Rahmenbedingungen genau und qualifiziert bestimmt wissen.

(Beifall Abg. Nitzpon, PDS)

Die Begründung für die Beendung der Erprobungsphase lag in der Argumentation der Landesregierung vor allem in folgenden Aussagen: Die Studienform hat sich bewährt - das ist also eine sehr fundierte Aussage - und ein weiterer wesentlicher Grund die Schwierigkeiten der Personalgewinnung aufgrund der in den Arbeitsverträgen enthaltenen auflösenden Wirkung.

Zur Bewährung der Studienform konnte von Seiten der Landesregierung bisher nur die Entwicklung der Studienanfängerzahlen und die Zahl von Unternehmen, die Ausbildungsplätze bereitstellen, genannt werden. In der Sitzung des Ausschusses für Wissenschaft, Forschung und Kunst am 07.01. wurde ausgeführt, die prognostische Entwicklung dieser Zahlen für die Jahre 2000 bis 2001 leite sich aus den bisherigen Zahlen ab. Und jetzt zitiere ich: "Die Prognosen, die für die Vergangenheit aufgestellt

wurden, haben sich in der Praxis bewahrheitet. Deshalb wird davon ausgegangen, dass sich künftige Prognosen ebenfalls erfüllen werden." Diese Aussage hat natürlich ein wenig, ein ganz klein wenig den Charakter eines Orakels, das nach allen Seiten offen ist. Das möchte ich hier an dieser Stelle nur bemerken. Ebenfalls bisher offen erwies sich die Gleichstellung der Wertigkeit von Berufsakademien und Fachhochschulen. Will man eine solche Gleichstellung für die Berufsakademie Thüringen, bedarf es einer Bestätigung von Kriterien durch den Wissenschaftsrat. Von den Kriterien ist bis jetzt erreicht die Zahl der Studienanfänger von 400. Das Fächerspektrum ist fast erreicht; es fehlt aber noch eine Ausbildungsrichtung, und der Lehrbetrieb muss durch 40 Prozent hauptberufliche Lehrkräfte abgedeckt werden. Zurzeit sind es 30 Prozent. Die Kultusministerkonferenz hat diese Kriterien ebenfalls noch nicht bestätigt, da die Erfahrungen des 3. Studienjahres fehlen. Darüber muss der hier erklärte Wille der Landesregierung, die Thüringer Berufsakademie in eine ständige Einrichtung zu überführen, in Bezug auf Standortfragen sowohl in Eisenach als auch in Gera noch abgeklärt werden. Für die PDS-Fraktion bleiben diese Fragen offen.