Protocol of the Session on May 6, 2004

Meine Damen und Herren, ich denke, der 1. Januar ist nicht haltbar. Und so schlimm das Maut-Desaster ist, da gibt es Einnahmeausfälle, aber hier geht es um Millionen von Menschen. Hier geht es um Menschen, deren Existenzgrundlage am 1. Januar infrage gestellt wird und die, wie gesagt, keine Reserven haben, irgendwie die Zeit zu überbrücken. Ich denke, wir haben immer dazu gestanden: Wir wollen diese Zusammenlegung. Wir wollen versuchen, dass mehr Menschen in Arbeit kommen. Wir haben auf die Unterschiede zwischen den alten und den neuen Bundesländern hingewiesen, dass es bei uns viel mehr Arbeitslosenhilfebezieher gibt, dass wir einen Kaufkraftverlust haben. All das sollte berücksichtigt werden. Und wenn das nicht der Fall ist, dann kann das so nicht in Kraft treten. Was überhaupt nicht geht, dass man mehr oder weniger Millionen von Menschen zu Versuchskaninchen macht. Ich glaube nicht, dass das irgendeine Fraktion in diesem Haus will. Ich möchte daher an die SPD appellieren, das mal ihren Genossen in Berlin zu sagen: So kann man mit den Leuten nicht umgehen. Danke.

(Beifall bei der CDU)

Herr Abgeordneter Müller, bitte schön.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, wenn die Aktuelle Stunde von der PDS beantragt worden wäre, hätte ich das ja noch verstanden. Die PDS ist prinzipiell gegen die Hartz-Gesetze, aber dass ausgerechnet die CDU damit kommt, ist aus meiner Sicht Heuchelei.

(Zwischenruf Abg. Vopel, CDU: Nein, nein, ist es nicht.)

Der hessische Ministerpräsident Roland Koch hat doch den Großteil des Durcheinanders erst verursacht. Das ursprüngliche Gesetzesvorhaben von Rotgrün war ohne Option für die Kommunen vorgesehen.

(Zwischenruf Abg. Vopel, CDU: Na, das wäre ja noch schlimmer.)

Das In-Kraft-Treten war für den 01.07. zwar schon geplant, aber es sollte 18 Monate Übergang zur Sortierung des Klientels Sozialgeld/Arbeitslosengeld II geben. Die Kommunen sollten durch Bundesfinanzzuweisungen entsprechend entlastet werden. In der Landeshauptstadt waren ja sogar schon 3,6 Mio.  fenden Haushalt als Einnahmen eingestellt, weil es diese Informationen gab. Dann kam Kochs Existenzgrundlagengesetz und damit der Optionsvorbehalt. Das Gesetz soll nun am 01.01.2005 in Kraft treten. Dabei soll die Zuordnung Arbeitslosengeld II und Sozialgeld bereits realisiert sein. Natürlich gibt es auch, und das ist auch durch das Vermittlungsergebnis bedingt, massive Probleme. Die EDVProgramme für das Arbeitslosengeld II sind noch nicht getestet. Das PROSOZ der Kommunen passt nicht, die Arbeitslosenhilfe kennt nicht die Bedarfsgemeinschaften wie die Sozialhilfe. Auch ohne Inanspruchnahme der Option müssen die Kommunen wegen ihrer Verantwortung für Unterkunft und Heizung die Daten fast aller Arbeitslosengeld-II-Empfänger erfassen. Deshalb kann es nur einen vernünftigen Weg geben, nämlich die Arbeitsgemeinschaften. Nur so werden die Daten nicht doppelt erfasst. Die Übernahme der Arbeitslosengeld-II-Empfänger durch die Kommune ist nicht finanzierbar. Um die geforderten Zahlen - 1:75 Betreuung und Vermittlung sowie 1:140 Leistungsabrechnung - zu erreichen, müsste erhebliches Personal zum Tarif BAT-Kommunal eingestellt werden. Daran würden die Kommunen in den neuen Ländern kollabieren. Was also sollte die ganze Optionsgeschichte für den Osten? Der Test von Programmen mit Massendatenverarbeitung ist aufwändig. Meist entstehen die Schwierigkeiten erst bei der konkreten Bearbeitung, da es trotz Pauschalierung sehr viele verschiedene Fälle geben wird, die im Test nicht alle vorhersehbar sind. Die Datenerfassung ist ebenfalls sehr zeitaufwändig. Für die Arbeitsgemeinschaften sind die verwaltungsmäßigen Rahmenbedingungen noch nicht klar. Es fehlen Widerspruchsstellen und Einigungsstellen. Es wird erhebliche Widerspruchszahlen geben, da es zu Leistungskürzungen in Größenordnungen kommen wird. Ich habe dies bei unserer Sprecherkonferenz am 22.04. in Potsdam bereits moniert. Die kommunale Be- und Entlastung kann erst im konkreten Fall nach der Datenerfassung ermittelt werden, da sich die Anspruchszahlen für Unterkunft und Heizung erheblich ändern werden. Die Hochrechnungen durch CDU, SPD, Landkreistag und Städtetag im Vermittlungsverfahren sind als höchst unsicher anzusehen. Der Städtetag kommt ja jetzt auch plötzlich mit ganz anderen Zahlen, statt Entlastung flächendeckend Belastung. Aber auch diese Berechnungen wurden aus dem Kaffeesatz gelesen. Im Grundsatz werden die Kommunen mit wenigen Sozialhilfeempfängern, aber vielen Arbeitslosenhilfeempfängern belastet, was für den gesamten Osten zutrifft. Kommunen mit vielen Sozialhilfeempfängern und wenig Arbeitslosenhilfeempfängern werden entlastet. Der Ost-West-Ausgleich in Hartz IV,

bis 2009 jährlich 800 Mio. +/  

(Beifall bei der SPD)

(Zwischenruf Abg. Bergemann, CDU: Wer regiert denn in Berlin?)

Herr Abgeordneter Gerstenberger, Sie haben wieder das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, wir waren stehen geblieben bei den Problemen der Einzelnen und der Betroffenen. Es ist bedauerlich, dass keiner der Redner den Mut dazu gefunden hat, diese Probleme hier zu benennen, denn es gibt weitere neben den aufgezählten der Reduzierung der Leistungsempfänger, des Nachfrageverlustes und der Verschlechterung der Situation für die Träger.

Eine vierte Bemerkung: Die Schaffung von Arbeitsangeboten für arbeitslose Jugendliche unter 25 Jahren, für die es eine gesetzliche Pflicht gibt ab dem 01.01.2005, ist also in Thüringen genauso nachrangig wie die Schaffung neuer Ausbildungsverhältnisse. Das heißt, das Problem von 25.000 jungen Leuten unter 25 Jahren, die zum gegenwärtigen Zeitpunkt ohne Arbeit sind, wird in der ganzen Diskussion weitestgehend ausgeblendet. Es ist richtig, dass es ungeklärte Finanzfragen in den Kommunen gibt. Nach Aussagen der Stadt Erfurt bewegt sich die Mehrbelastung in der Größenordnung von 3,5 bis 6 Mio.  für die Stadt Erfurt. Rechnet man das hoch auf Thüringen, heißt das eine Mehrbelastung in den Kommunen zwischen 35 und 60 Mio.    Jahr. Eine fünfte Be

merkung, Frau Vopel, und da muss ich Ihnen ganz deutlich widersprechen: Um das Problem Schaffung von Arbeitsplätzen geht es in Hartz IV nicht. Das Wort Schaffung von Arbeitsplätzen und Maßnahmen zur Schaffung von Arbeitsplätzen, Frau Vopel, finden Sie in dem gesamten Gesetz, was am 29. Dezember 2003 veröffentlicht und am 24. Dezember ausgefertigt wurde, nicht. Der Punkt kommt nicht vor. Den haben sie in der Diskussion am 19. Dezember offensichtlich im Bundesrat völlig vergessen. Heute den Menschen glauben zu machen, dass das der Hintergrund dieses Gesetzes gewesen wäre, das ist nicht redlich. Denn diese Forderung war niemals eine Ihrerseits und diese Forderung ist auch niemals im Gesetz eingesetzt worden, jedenfalls nicht in Hartz IV. Das haben Sie und das hat die SPD so beschlossen. Diesen Vorwurf müssen Sie sich von unserer Seite schon gefallen lassen.

Diese Frage, meine Damen und Herren, interessiert offensichtlich auch die Landesregierung nicht. Die ist völlig aus ihrem Blickfeld. Es gibt einen Vorschlag für die Bundesratssitzung am 14. Mai, das ist nächste Woche, den müssten Sie eigentlich schon kennen. Dass uns das Kabinett dazu nicht informiert, kann ich mir schon vorstellen, aber wenigstens die CDU-Fraktion könnte ja dazu informiert sein. In dieser Initiative geht es darum, das Finanzproblem der Kommunen aufzugreifen und die Sicherung des Auszahlungstermins 01.01.2005 in die Reihe zu bekommen. Ihre angemahnte Forderung, Frau Vopel, dass es um die Schaffung von Arbeitsplätzen geht, um konstruktive Elemente in dieser Richtung, die ich ja teile, die fehlt bisher in dieser Initiative, die im Bundesrat am 14. Mai offensichtlich von den CDU-regierten Ländern aufgegriffen werden soll. Wenn es Ihnen gelingen sollte, diese Forderung ernst zu nehmen und tatsächlich aufs Papier zu bringen und dann am 14. Mai auch noch in den Bundesrat einzubringen mit konkreten Vorschlägen, wie denn Instrumente geschaffen werden zu zusätzlicher Beschäftigung, wäre das ja eine Diskussionsbasis für uns. Aber ich befürchte, das wird ähnlich funktionieren wie heute Morgen die Diskussion mit dem Abwasser. Wir mahnen es an, wir weisen aber darauf hin, haben Sie da gesagt, das wird Zeit brauchen, um es zu überarbeiten, lassen Sie die Wahlen vorbeigehen, lassen Sie erstmal die Bürger uns wählen, und was wir danach versprechen, wird einer neuen Überlegung wert sein. Meine Damen und Herren, mit solchen populistischen Vorstellungen und Vorschlägen eine Aktuelle Stunde einzuberufen, gehört eigentlich in Geschichte und nicht in das Aktuelle, was Sie hier verzapfen, denn das hilft den Menschen, den über 100.000 von diesem Hartz-IV-Gesetz Betroffenen, überhaupt nichts und bringt uns in Thüringen nicht voran. Danke schön.

(Beifall bei der PDS)

Als Nächster hat das Wort Herr Minister Reinholz. Bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, das Vierte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt, das so genannte Hartz-IV-Gesetz, ist nach schwierigen Verhandlungen im Vermittlungsausschuss Ende vergangenen Jahres von Bundestag und Bundesrat beschlossen worden. Das eigentliche Leistungsrecht, also das Arbeitslosengeld II, wird zum 1. Januar 2005 wirksam. Verschiedene Regelungen zu organisatorischen Voraussetzungen, so zur Bildung von Arbeitsgemeinschaften, zur Zuständigkeit und auch zum Erfordernis eines Ausführungsgesetzes des Bundes sind bereits zum 1. Januar 2004 in Kraft getreten. Im Vermittlungsausschuss und danach im Bundestag und im Bundesrat wurde dazu eine gemeinsame Entschließung gefasst. Sie sieht vor, dass ein Bundesgesetz den Kommunen Handlungsspielraum gibt, sofern sie die im Gesetz vorgesehene Option für die Zuständigkeit für das Arbeitslosengeld II und die Betreuung und Vermittlung der Langzeitarbeitslosen ergreifen. Darum heißt das Ding auch Optionsgesetz. Ferner geht das Finanztableau des Bundes davon aus, dass mit Hartz IV eine Entlastung der Kommunen in Höhe von insgesamt 2,5 Mrd.  den sei. Die Umsetzung von Hartz IV ist also zunächst durch den Bund zu regeln. Gemäß § 6 a des neuen SGB II ist das Optionsgesetz erforderlich, das den Kommunen eine eigene Zuständigkeit gibt und sie nicht zu Erfüllungsgehilfen der Agenturen für Arbeit macht. Gemäß den politischen Zusagen ist aber auch die finanzielle Entlastung und nicht eine zusätzliche Belastung der Kommunen notwendig. Das am 29. April mit Mehrheit der Regierungsfraktionen im Bundestag beschlossene Optionsgesetz erfüllt diesen Anspruch aber nun mal nicht. Das vom Bund vorgelegte Gesetz stellt auf die Organleihe ab. Das heißt, dass die optierenden Kommunen als Organ der Bundesagentur für Arbeit das Arbeitslosengeld II umsetzen sollen. Für diese Form der Aufgabenwahrnehmung ist natürlich keine Grundgesetzänderung erforderlich, jedoch entspricht, meine Damen und Herren, der Weg der Organleihe nicht der getroffenen Vereinbarung. Bei den getroffenen Vereinbarungen wurde von einer eigenständigen und selbstverantwortlichen Trägerschaft der Kommunen und einer direkten Kostenerstattung des Bundes an die optierenden Kommunen ausgegangen. Die Befassung im Bundesrat soll mit verkürzter Frist am 14.05.2004 erfolgen, denn das Gesetz ist zustimmungsbedürftig. Die Verhandlungen im Vorfeld des Gesetzgebungsverfahrens sind gescheitert. Die Bundesregierung war nicht bereit, eine eigenständige Aufgabenwahrnehmung der Kommunen im Rahmen ihrer Selbstverwaltung zuzulassen und hat eine entsprechende Änderung des Grundgesetzes abgelehnt. Daher gehe ich davon aus, dass der Bundesrat dem Gesetzentwurf nicht zustimmt, sondern den Vermittlungsausschuss anrufen wird.

Überhaupt ist fraglich, ob angesichts der fortgeschrittenen Zeit noch eine Optionslösung erreichbar ist, mit der

eine Trägerschaft zum 1. Januar des Jahres 2005 ermöglicht würde. Die kurze Entscheidungsfrist für die Kommunen bis zum 31. August dieses Jahres wird auf den Widerstand insbesondere der kommunalen Seite treffen und kann zu Problemen bei der Umsetzung führen. Für das In-Kraft-Treten des Optionsgesetzes, wenn nicht sogar des eigentlichen Arbeitslosengeldes II, muss daher eine Verschiebung in Betracht gezogen werden, man kann nämlich nicht alles übers Knie brechen.

Thüringen wäre gesprächsbereit, sofern sich das zuständige Bundesministerium konkret mit den Ländern ins Benehmen setzen würde. Ich erwarte, dass auch diese grundsätzliche Frage im voraussichtlich stattfindenden Vermittlungsausschuss zum Optionsgesetz angesprochen wird. Dies umso mehr, als in den letzten Tagen mehrfach Äußerungen des Vorstandsvorsitzenden der Bundesagentur für Arbeit über erhebliche Probleme zu lesen waren. Unabhängig davon ist nach wie vor die Finanzierung der arbeitsmarktpolitischen Leistung für ArbeitslosengeldII-Empfänger strittig, ebenso etliche Punkte, wie z.B. die Aufsichten über die Arbeitsgemeinschaften bzw. optierenden Kommunen, die Inhalte der Zielvereinbarungen usw. Auch hier verlässt die Bundesregierung den Weg, der im Vermittlungsausschuss abgesprochen wurde. Die kommunalen Spitzenverbände gehen auf Bundesebene davon aus, dass Hartz IV keine Entlastung bringt. Sie befürchten im Gegenteil eine zusätzliche Belastung der Kommunen, da die zukünftige Zuständigkeit für die Unterkunftskosten für Arbeitslosengeld-II-Empfänger unabhängig von der Option ab dem kommenden Jahr bei den Landkreisen und kreisfreien Städten liegt. Nach Aussagen des Deutschen Städte- und Gemeindebundes und auch der Landkreise ist eine Mehrbelastung von ca. 5 Mrd.  zu erwarten. Damit haben wieder mal die kommunalen Gebietskörperschaften den schwarzen Peter.

Überdies konnte man in den letzten Tagen den Medien entnehmen, dass die Bundesagentur für Arbeit erhebliche technische Anlaufprobleme beim Arbeitslosengeld II befürchtet. Das EDV-System, das wurde hier schon angesprochen, für die Neuberechnung der Leistungen für das kommende Jahr steht eben noch nicht. Es muss aber auf jeden Fall sichergestellt werden, dass alle Empfänger des Arbeitslosengeldes II zeitgerecht ihre Bescheide und vor allem ihr Geld erhalten; die Reform darf letztlich nicht zulasten der Betroffenen gehen. Es wird viel zu wenig über das arbeitsmarktpolitische Ziel der Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe gesprochen, sondern überwiegend über die verwaltungsseitige Abwicklung.

Meine Damen und Herren, Menschen dürfen aber nicht zu Akten werden.

(Beifall bei der CDU)

Die bessere Integration Hilfebedürftiger in Beschäftigung muss das eigentliche Thema sein. Dazu gehört z.B.

auch das im SGB II vorgesehene Einstiegsgeld für Hilfebedürftige als Zuschuss zum Arbeitslosengeld II.

Meine Damen und Herren, man sieht, dass der Bund, auch Hartz IV, wie so viele Dinge, mit heißer Nadel gestrickt hat und aufgrund der vielen Umsetzungsprobleme keine inhaltliche Diskussion mehr führt. Auch unabhängig vom Optionsgesetz hat Bundesminister Clement Ende April in der Presse ein weiteres Gesetz angekündigt, das Probleme und Fehler in Hartz IV ausbessern wird. In Thüringen gehen derzeit alle Verantwortlichen davon aus, dass die kommunale Option zunächst kaum zum Tragen kommen wird, lediglich ein Landkreis in Thüringen hat bisher konkretes Interesse geäußert. Deshalb wird sich überwiegend das Arbeitsgemeinschaftsmodell von Arbeitsagentur und betreffender Kommune, also Landkreis oder kreisfreier Stadt, etablieren. Die Regionaldirektion Sachsen-Anhalt/Thüringen hat Anfang April 2004 drei Workshops mit den Kommunen durchgeführt, die eine gute Resonanz fanden. Man ist mit allen Beteiligten im Gespräch. Das TMWAI hat bereits im letzten Jahr eine interministerielle Arbeitsgruppe mit TFM und Thüringer Innenministerium und TMFSG eingerichtet, an der auch die Thüringer kommunalen Spitzenverbände beteiligt sind. Wir stehen von Anfang an in regelmäßiger Abstimmung, um zumindest auf Landesebene das Erforderliche zeitgerecht zu veranlassen, allerdings, meine Damen und Herren, fehlt auf Bundesebene das eigentliche Ausführungsgesetz. Erst nach dessen Vorliegen kann nämlich definitiv über den Weg und die zu ergreifenden Schritte beschlossen werden. Auch ist erst dann möglich, in einem Landesgesetz Fragen der rechtlichen und fachlichen Aufsicht zu regeln. Das gilt auch für die Verteilung der Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisung, die Thüringen wie auch die anderen neuen Länder zum Ausgleich von arbeitsmarktpolitischen Nachteilen im Zuge von Hartz IV erhält. Ich will darauf hinweisen, dass dies kein zusätzliches Bundesgeld ist, sondern dass alle Länder aus ihrem Umsatzsteueranteil in einen Topf einzahlen, aus dem die Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisungen finanziert werden. Thüringen erhält ab 2005 für fünf Jahre jährlich 176 Mio. -    auch jährlich 28 Mio.       mit nur bei 148 Mio. 

Das Arbeitslosengeld II wird nach dem neuen SGB II gewährt. Dies ist ein Bundesgesetz und keineswegs Ländersache. Es sieht auch keine Länderzuständigkeit vor, sondern lediglich kommunale Optionen.

Fazit: Meine Damen und Herren, die Bundesregierung ist gefordert, wie bei den Reformvorhaben in letzter Zeit oft, endlich ihre Hausaufgaben zu machen und endlich die Ausführung von Hartz IV so zu regeln, wie es im Vermittlungsausschuss vereinbart worden ist. Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht, damit können wir die Aktuelle Stunde schließen und wir kommen zurück zur laufenden Tagesordnung.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 2

Thüringer Gesetz über die Errichtung der Kulturstiftung des Freistaats Thüringen Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 3/4030 dazu: Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wissenschaft, Forschung und Kunst - Drucksache 3/4202 dazu: Änderungsantrag der Fraktion der SPD - Drucksache 3/4215 Änderungsantrag der Fraktion der PDS - Drucksache 3/4216 ZWEITE BERATUNG

Zunächst hören wir die Berichterstattung aus dem Ausschuss, die wird Herr Abgeordneter Seidel für uns vornehmen.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, am 4. März dieses Jahres wurde in erster Lesung der Gesetzentwurf der Landesregierung "Thüringer Gesetz über die Errichtung der Kulturstiftung des Freistaats Thüringen" in den Landtag eingebracht und beraten. Die Stiftung soll, wie unter Lösung im Gesetzestext formuliert, ich zitiere -: "... für die Förderung von Kunst und Kultur zuständig sein." Ich zitiere weiter -: "Die Fortsetzung des bisherigen Stiftungszwecks der Stiftung Kulturfonds, aus der anteilig die Thüringer Stiftung hervorgeht, nämlich die Förderung zeitgenössischer Kunst und Kultur, ist den Thüringer Kulturverbänden ein besonderes Anliegen. Weitere Gesichtspunkte sind die Förderung von..."

Es gibt einen Antrag zur Geschäftsordnung. Mitten in die Rede?

Frau Präsidentin ich beantrage entsprechend der Geschäftsordnung des Thüringer Landtags zu dem Punkt, den wir gerade behandeln, die Herbeirufung der Ministerin bzw. des Staatssekretärs.

Das ist ein Geschäftsordnungsantrag, darüber müsste dann vom hohen Haus abgestimmt werden. Wer diesem Antrag die Zustimmung gibt, den bitte ich um das Handzeichen. Gut. Gegenstimmen? Enthaltungen? Keine Enthaltungen, doch mit Mehrheit beschlossen. Dann müsste ich einen Moment unterbrechen, damit die Ministerin oder der Herr Staatssekretär herbeigeholt werden können. Ich unterbreche die Sitzung bis zur Herbeiholung.

Dann bitte ich die Damen und Herren Abgeordneten ihre Plätze einzunehmen, die Sitzung wird wieder aufgenommen und wir fahren jetzt in Anwesenheit der zuständigen Ressortministerin mit dem Punkt fort. Herr Abgeordneter Seidel, Sie waren bei der Berichterstattung.

Ja, noch enthalte ich mich jeder Wertung, Frau Präsidentin. Weitere Stifungszwecke sind die "Förderung von Dokumentations- und Präsentationsvorhaben sowie die Unterstützung des Erwerbs besonders wertvoller Kulturgüter und Kunstgegenstände." Dies soll wesentlich mittels Zustiftungen erreicht werden, soweit ganz kurz zum Inhalt des Textes.

Meine Damen und Herren, der Gesetzentwurf wurde in der Folge nach erster Lesung am 4. März an den Ausschuss für Wissenschaft, Forschung und Kunst überwiesen. Selbiger Ausschuss hat diesen Gesetzentwurf in seiner 39. Sitzung am 5. März beraten und dazu eine schriftliche Anhörung wesentlicher Kultur- und Kunstverbände Thüringens beschlossen und durchgeführt. In seiner 42. Sitzung am 30. April 2004 wurde die schriftliche Anhörung zum Text im Ausschuss für Wissenschaft, Forschung und Kunst ausgewertet und der Gesetzentwurf nebst einigen Änderungsvorschlägen aus den Fraktionen erneut beraten. Die Textvorlage der Landesregierung wurde mit folgender Änderung mehrheitlich angenommen. In § 6 Abs. 2 Satz 1 werden nach dem Wort "Landesregierung" die Worte "im Benehmen mit dem für Kunst zuständigen Ausschuss des Thüringer Landtags" eingefügt. Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, der Ausschuss für Wissenschaft, Forschung und Kunst empfiehlt dem Thüringer Landtag die Zustimmung zur Beschlussempfehlung und zum Gesetzentwurf.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank für die Berichterstattung aus dem Ausschuss. Damit kommen wir jetzt zur Aussprache. Als Erste hat das Wort Frau Abgeordnete Klaubert, PDS-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, ich weiß jetzt nicht ganz, welchen Sinn die Dramaturgie hatte. Man könnte es ja so verstehen, dass mit einer solchen Pause der Herbeirufung der Ministerin die Aufmerksamkeit erhöht wird für die Angelegenheiten der Kultur im Freistaat. Man könnte aber auch sagen, wenn wir über Wasser und Abwasser sprechen, interessiert das sehr viele Leute und wenn wir über Kultur sprechen, interessiert das entsprechend weniger. Aber es mag sich jeder sein eigenes Bild machen. Ich möchte anschließend an die Berichterstattung durch den Abgeordneten Seidel eine kleine Korrektur vornehmen. Die Beschlussempfehlung zur Annahme des vorliegenden Gesetzes ist mehrheitlich geschehen, das heißt, es gab Gegenstimmen gegen diese Beschlussempfehlung

(Zwischenruf Abg. Seidel, SPD: Richtig.)

und auf diese Gegenpositionen werde ich mich natürlich im Folgenden beziehen. Ich möchte auch dazu sagen, dass der vorliegende Gesetzentwurf in eine richtige Richtung geht, dass die Errichtung einer Kulturstiftung in Thüringen etwas ist, was man begrüßen kann. Aber so, wie er uns jetzt vorliegt, können wir ihn, jedenfalls wir als PDS-Fraktion, nicht annehmen. Auch ich möchte noch einmal daran erinnern, dass wir in erster Lesung am 4. März 2004 von der Ministerin damals in einer Art Regierungserklärung, in der der Gesetzentwurf eingepackt war, vom Anliegen erfuhren, dass eine Kulturstiftung in Thüringen aufgebaut ist. Meine Fraktion machte damals auf drei grundlegende Fragen zur Errichtung der Kulturstiftung aufmerksam.

Das war erstens die ungenaue Formulierung des Stiftungszwecks.

Das Zweite war die mangelnde Staatsferne und die fehlende Fachkompetenz im Stiftungsrat.

Das Dritte war die ungewisse Zukunft der beiden Künstlerhäuser in Ahrenshoop und Wiepersdorf.

Die PDS-Fraktion befürwortete im März-Plenum, dass wenigstens eine schriftliche Anhörung der betroffenen Fachverbände erfolgen konnte. Eine mündliche Anhörung wäre übrigens besser gewesen, denn in dieser mündlichen Anhörung hätten die Argumente vorgetragen werden können, die wir im Folgenden auch noch einmal erläutern wollen.