Protocol of the Session on February 27, 2020

Herr Abg. Güssau hat bereits angeregt, auch im Sozialausschuss darüber zu sprechen. Wir haben gesagt, dass der Rettungsdienst nicht in unserem Hause, sondern im Innenministerium organisiert ist. Man muss natürlich schauen: Wenn wir die Standorte der stationären Versorgung im ländlichen Raum nicht aufrechterhalten können, haben die Menschen trotzdem einen Anspruch darauf, im Notfall innerhalb der Notfristzeiten gerettet zu werden.

Sie wissen selbst, bei Schlaganfall und Herzinfarkt kommt es auf jede Minute an. Daher ist es überlegenswert, zu schauen, wie wir die Frage der Standorte von Rettungshubschraubern neu sortieren, damit wir die Menschen aus den kleinen Gemeinden im Notfall schnell herausbringen können. Dies befürworten wir. Wir haben das Rettungsdienstgesetz novelliert, damit dies schneller geht. Dabei nützt es nichts, in Havelberg einen Standort für die Notarztversorgung zu erhalten; vielmehr muss ein Notfallpatient sofort in ein Spezialkrankenhaus gebracht werden, wo ein Herzkathetermessplatz sowie rund um die Uhr Spezialisten und Pflegekräfte zur Verfügung stehen. Darum geht es aber, glaube ich, in Havelberg nicht.

Ich sage es noch einmal so: Güssaus Vorschlag ist überlegenswert. Wir haben signalisiert, dass wir in diese Richtung noch einmal weiterdenken wollen.

Herr Harms hat eine Nachfrage.

Ja. - Trotz aller Einigkeit möchte ich nachfragen: Aber einen Notarztstandort, an dem Notärzte in Havelberg 24 Stunden am Tag, sieben Tage in der Woche vor Ort sind, halten wir gemeinsam -

neben der stationären Betreuung, die dort auch stattfinden sollte - durchaus für zwingend erforderlich, unabhängig von einem Rettungshubschrauber?

Auch das muss man überprüfen. Meines Wissens sind im Augenblick dort nur ein RTW und eine Rettungswache stationiert. Wir haben schon mit Sorge verfolgt, dass dieses Fahrzeug im Augenblick auch für andere Fahrten eingesetzt wird. Wenn zwei Notfälle zur gleichen Zeit eintreten, wird die Notversorgung dort sehr schwierig. Ich müsste mir das noch einmal anschauen. Wie gesagt, Notarztversorgung und Rettungsdienst liegen nicht in meinem Ressort, sondern wir müssen in Absprache mit dem Innenminister schauen, wie wir das koordinieren.

Herr Gallert, nun haben Sie das Wort.

Frau Ministerin, ich möchte auf Ihre Aussage eingehen, dass Sie den Landkreis unterstützen. Ich weiß, auch er muss initiativ werden, aber gerade die Formulierung „wir unterstützen den Landkreis“ hätte ich gern etwas konkreter.

Ich bin der Auffassung, wir hätten auch das Burgenlandkreisklinikum in öffentlichem Besitz halten können, wenn unser Vorschlag angenommen worden und das Land in eine Gläubigerfunktion eingetreten wäre. Dies ist nicht passiert. Jetzt ist es weg. Wir haben darauf keinen Einfluss mehr.

Nun haben wir in Havelberg genau die gleiche Situation. Schaffen wir nicht innerhalb der nächsten vier Wochen eine Lösung, dann ist das tot. Unser Problem ist jetzt: Wie unterstützt das Land den Landkreis? Denn dieser sagt: Alles, was mit Defiziten, alles, was mit Geld zu tun hat, können wir uns nicht antun. Dann kommt sofort der Innenminister und wird uns das verbieten - aus kommunalaufsichtlichen Gründen. Wie unterstützt das Land den Landkreis bei der Sicherung dieses Standortes?

(Zustimmung bei der LINKEN)

Frau Ministerin, Sie haben das Wort.

Auch wenn jetzt die Fraktion DIE LINKE klatscht - die Vertragsbeziehungen sind in erster Linie Landkreis zu KMG; denn der Landkreis hat in

seiner Kreistagssitzung vor 20 Jahren das Krankenhaus verkauft und einen Kaufvertrag abgeschlossen. Dieser Kaufvertrag gilt.

(Kerstin Eisenreich, DIE LINKE: Das wissen wir!)

Jetzt hat KMG das Angebot gemacht - ich glaube, bis zum 1. April -, dass sie bei ihrem Wort bleibt, dass es für 1 € zurückgekauft werden kann. Dann hat zunächst der Landkreis die Aufgabe zu entscheiden: Nimmt er diese Option an oder nicht?

(Stefan Gebhardt, DIE LINKE: Ja!)

Die 1-€-Option ist nicht das Problem. Das Problem ist - das müssen wir lösen; denn sonst hängt das Personal in der Luft -: Man muss auch bereit sein, das Personal wieder zurückzunehmen. Das ist sozusagen die Rückabwicklung des Vertrages. Erst dann kann das Land das Konstrukt in einer anderen Trägerschaft unterstützen.

Es wird nicht funktionieren - das ist das, was Sie möglicherweise vorhaben; das bekommt man überall mit -, dass die Salus als Gesellschafter - weil sie dort oben schon vertreten ist - von dem einen Träger, KMG, in eine andere Trägerschaft geht. Dazu braucht man Kreistagsbeschlüsse.

Ich will einfach noch einmal sagen: Man kann das alles politisch wollen; es muss aber juristisch und rechtlich so laufen, dass es funktioniert und man hinterher nicht vor einem Scherbenhaufen steht und auf einmal alle sagen: Alle haben es gewollt - wie Sie es vorhin sagten - und trotzdem schließt man den Standort. Ich möchte das nicht.

Wir haben den jetzigen Landrat beraten und werden auch den neuen so beraten und haben ihm anwaltliche Unterstützung angeboten, um mit KMG so zu verhandeln, dass es funktioniert.

Herr Gallert hat eine Nachfrage.

Ja. - Aber damit sind wir jetzt genau an dem Punkt, den ich vorhin nannte: Wir schieben die Verantwortung von einem zum anderen. Der Landkreis sagt natürlich: Ich kann das nur übernehmen, wenn ich vom Land eine eindeutige Unterstützung erhalte, und zwar entweder im Rahmen der Integration einer gemeinsamen Gesellschaft mit der Salus gGmbH oder zum Beispiel durch Liquiditätshilfen, über die das Land mit Blick auf die Dinge, die dann auflaufen werden, nachdenkt.

Aber einfach zu sagen „Landkreis, übernimm das einmal und komm dann zu uns und frag uns, was wir wollen“ funktioniert nicht; das wissen wir doch. Der Landkreis kann es nur übernehmen - ansons

ten verbietet es der Innenminister sofort -, wenn das Land dort mit Geld hineingeht. Das ist jetzt die Frage: Können wir uns das vorstellen? Oder sagen Sie: Vergessen Sie es, das gibt es nicht?

Frau Ministerin, Sie haben das Wort.

Herr Gallert, wenn Sie Steuergelder zu verwalten hätten und schauen müssten, wie Sie gute Entscheidungen treffen, dann brauchten Sie erst einmal eine Konzeption dahin gehend, wohin das Geld überhaupt fließen soll. Sie können im Augenblick nicht erwarten, dass wir in das Bestehende eintreten, ohne zu wissen, was dort tatsächlich zukünftig passieren soll.

KMG - das haben Sie selbst ausgeführt - hat den Standort ausbluten lassen. Dort ist nichts drin. Deshalb muss man auch erst einmal schauen, wie man zukünftig eine gute ambulante und stationäre Versorgung bereitstellt, meinetwegen auch ein Gesundheitszentrum eröffnet. Dazu muss es aber nicht nur eine Idee, sondern eine tragfähige Konzeption geben, in die man investieren kann. Die Aussage, dass wir im Sinne einer Blaupause jetzt einfach in die Fußstapfen des Landkreises treten, werden Sie heute von mir nicht bekommen.

Weitere Fragen sehe ich nicht. Dann danke ich Frau Ministerin für die Stellungnahme der Landesregierung. - Bevor wir in die Debatte der Fraktionen eintreten, begrüße ich Mitglieder des Betriebsrates des KMG-Krankenhauses Havelberg in unserem Hohen Hause. Seien auch Sie herzlich willkommen!

(Beifall im ganzen Hause)

Für die CDU-Fraktion spricht nun der Abg. Herr Krull. Sie haben das Wort.

Danke. - Sehr geehrter Herr Landtagspräsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren des Hohen Hauses! Das Thema Krankenhausfinanzierung und Krankenhausstruktur wird zurzeit in Sachsen-Anhalt sehr intensiv diskutiert. Auch im Landtag beschäftigen wir uns praktisch im Monatsrhythmus mit entsprechenden Anträgen. Deshalb werden wir heute vermutlich wenig neue Argumente hören. Aber wenn es die Absicht der Antragsteller ist, das Thema auf der Agenda zu halten, dann sage ich: Seien Sie versichert, das ist es sowieso.

Dass wir kein abgestimmtes Meinungsbild innerhalb der Regierung dazu haben, wie es mit unseren Krankenhäusern in der Finanzierung der Investitionen weitergehen soll, ist auch bekannt. Ich denke aber, dass es notwendig ist, dass wir gemeinsam nach Lösungsansätzen suchen, auch wenn wir momentan unterschiedliche präferieren. Aber es nützt niemandem in CDU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, wenn wir dabei nicht zielorientiert zusammenarbeiten. Ich bin der Ansicht, dass uns das als Koalition auch gelingen wird.

Als CDU-Landtagsfraktion bekennen wir uns ausdrücklich dazu, dass die Krankenhäuser mit einer Inneren Abteilung, einer allgemeinen Chirurgie, möglichst auch einer Geburts- und Frauenheilkundeabteilung sowie einer Notaufnahme für jede Bürgerin und jeden Bürger in erreichbarer Distanz zur Verfügung stehen.

Alle 47 bisherigen Krankenhausstandorte inklusive Havelberg haben in diesem Sinne eine Zukunft als Orte, an denen medizinische Leistungen angeboten werden. Die Ausbildung vor Ort muss sich dabei aber den Bedarfen anpassen. Dabei spielen die Qualität und damit das Patientenwohl die wichtigsten Rollen.

Dazu bedarf es neben dem bestehenden Krankenhausplan auch einer besseren Abstimmung der Krankenhäuser untereinander und einer weiteren Spezialisierung der Häuser. Darüber hinaus ist auch die Erstellung eines Masterplans, wie es eine große Krankenkasse in ihrer Pressemitteilung beschrieb, notwendig, um auf dieser Basis über den bestehenden Investitionsbedarf zu sprechen und nach Finanzierungsmöglichkeiten zu suchen.

Mit der Ausreichung von Fördermitteln an das Harzklinikum und das AWO-Krankenhaus in Halle wurden bereits Maßnahmen kurzfristig initiiert. Neben den aktuellen finanziellen Hilfen, um negative Folgen wie potenzielle weitere Insolvenzen zu vermeiden, geht es auch darum, die richtige Mischung aus Pauschal- und Einzelprojektförderung zu finden, um die Krankenhäuser bei ihrer Profilierung zu unterstützen. Ja, wir müssen den Begriff der sektorenübergreifenden Versorgung auch mit Leben erfüllen.

Über die Gründe der finanziellen Schwierigkeiten in den Krankenhäusern haben wir uns hier schon mehrfach verständigt. Es ist keine Situation, die wir nur in Sachsen-Anhalt haben. Mittlerweile sind rund 70 Krankenhäuser im Bundesgebiet von einer solchen Insolvenz betroffen. Wir haben in Sachsen-Anhalt die Krankenhauslandschaft in den vergangenen drei Jahrzehnten effektiver und effizienter gestaltet; andere Bundesländer sind dabei noch deutlich im Hintertreffen.

Auch wenn nicht alle Mitglieder des Hohen Hauses diese Auffassung vertreten, bekennt sich meine Fraktion zur Trägervielfalt. Eine Rekommunalisierung ist nicht das Allheilmittel. Denn ein solcher Trägerwechsel bedeutet nicht automatisch, dass die bestehenden Defizite tatsächlich abgestellt werden.

Bezüglich der Zukunft der Klinik in Havelberg gibt es zurzeit sehr intensive Gespräche unter Beteiligung der kommunalen Verantwortungsträger, des aktuellen Klinikbetreibers und des Landes. Auch wenn eine Vertraulichkeit der Gespräche vereinbart worden ist, wäre es doch gut, die Öffentlichkeit zumindest über die weiteren Fortschritte zu informieren; weil sich ansonsten die öffentliche Meinung häufig nur aus Gerüchten und Mutmaßungen bildet.

(Zustimmung von Siegfried Borgwardt, CDU, und von Chris Schulenburg, CDU)

Vor allem für die Mitarbeiter wäre es wichtig, zu wissen, wie ihre Zukunft aussieht.

Herr Krull, kommen Sie zum Ende Ihrer Rede.

Ich bitte um die Überweisung des Antrags in den Ausschuss für Arbeit, Soziales und Integration, um das Thema dort weiter erläutern zu können. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Herr Krull, ich sehe gerade, Herr Raue hat sich zu Wort gemeldet. - Herr Raue, dann haben Sie jetzt das Wort.

Ich habe nur eine Frage, Herr Krull. Nachdem die CDU in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten die Krankenhauslandschaft in Sachsen-Anhalt nahezu zerstört hat,

(Oh! bei der CDU)

frage ich Sie: Sind Sie der Auffassung, dass die 1 000 Millionen €, die wir in den letzten fünf Jahren für Zuwanderung im Land ausgegeben haben, richtig investiert gewesen sind?

(Zuruf von Cornelia Lüddemann, GRÜNE)