Kollege Gallert, auch ich habe noch eine Verständnisfrage. Sie haben dafür plädiert, dass es in einem Landkreis immer nur einen Krankenhausträger geben sollte. Das würde im Umkehrschluss ja bedeuten, dass wir in Magdeburg das Marienstift und die Pfeifferschen Stiftungen als freie gemeinnützige Einrichtungen plötzlich in die kommunale oder öffentliche Trägerschaft übernehmen, Krankenhäuser, die eine deutlich längere Tradition haben als das städtische Klinikum Magdeburg. Von daher habe ich mit dieser Aussage erhebliche Probleme. Ich würde insoweit um Aufklärung bitten. Das kann ich dann gleich am Montag beim Termin bei den Pfeifferschen Stiftungen kommunizieren, dass Sie eine andere Trägerlösung vorschlagen.
Ja, das könnten Sie gern tun, es wäre nur falsch; denn in unserem Antrag steht etwas anderes. Herr Grube hat mich ausdrücklich nach den Krankenhäusern gefragt, die jetzt noch in öffentlicher Hand sind. Sie sagen, Sie meinen damit alle.
Damit Sie das richtige Feindbild bei Pfeiffers aufbauen können, sage ich dazu jetzt: ja, unter einer Bedingung. Diese Bedingung ist im Antrag genannt. Um eine vernünftige, optimierte Krankenhauslandschaft aufbauen zu können - hierbei geht es um die Leute und nicht um die Interessen der Träger -, brauchen wir zwischen den Krankenhausträgern, die wir im Land haben, ordentliche, vernünftige Vereinbarungen, in denen nicht die Betriebswirtschaft die erste Qualität darstellt, sondern die Versorgung der Leute. Wenn es zwischen dem Marienstift, Pfeiffers, dem städtischem Klinikum und der Uniklinik eine optimierte, eine insgesamt für die Aufgabe optimierte Krankenhauslandschaft gibt, dann sollen sie ausdrücklich auch weiter Träger seien.
Nur: Wenn sie davon ausgehen, dass ihre betriebswirtschaftlichen Interessen einer optimalen Kooperation dieser Vier entgegenstehen, dann sind mir die Patienten wichtiger als die betriebswirtschaftlichen Interessen der Träger. Das ist der Unterschied.
Jetzt nenne ich Ihnen noch ein Beispiel, Herr Krull. Dann wird es wirklich markig. Ich muss es jetzt leider sehr anonymisieren, aber den Fall gibt es.
Mir erzählt jemand, der beim Rettungsdienst beschäftigt ist, dass es in der Stadt A einen Herzinfarkt gibt. Sein eigener Krankenhausträger, die Stadt B, ist 20 km weit weg. Er ruft dort an und fragt: Darf ich den dorthin bringen? - Dann sagen die: Wir haben hier gerade die Kapazitäten erfüllt. Es ist gerade schwierig. - Dann ruft er bei einem anderen Träger an, 20 km in die andere Richtung weit weg. Der sagt: Wir haben Betten frei. Es ist ja ein Herzinfarkt. Bring ihn sofort her. - Der macht das. Die Konsequenz war, er bekommt von seinem Träger eine Abmahnung. Daraufhin macht er geltend: Leute, hätte ich den Herzinfarkt zu euch bringen sollen? Ihr habt doch gesagt, ihr habt die Kapazität gar nicht. - Die sagen dann: Das hat dich nicht zu interessieren; wir hätten irgendetwas gemacht.
Das ist die Situation. Das ist die Konkurrenzsituation zwischen den Trägern. Es war nämlich ein teurer Fall. Das ist etwas, was gesetzlich motiviert
wird. Wir müssen mit diesen bundesgesetzlichen Rahmenbedingungen umgehen, die solche Fälle erzeugen.
Deswegen sagen wir, entweder bekommen wir eine vernünftige Aufgabenteilung zwischen den unterschiedlichen Trägern hin oder, ja, wir brauchen sie in einer Hand. Das verlangen wir aber nicht. Das steht in dem Auftrag auch ausdrücklich so drin.
Danke, Herr Präsident. - Ich wollte nur der Höflichkeit halber davor warnen, Herr Kollege Gallert, mögliche Einzelfälle, die Sie jetzt genannt haben, zu verallgemeinern und irgendeine Analogie herzustellen. Es gibt mit Sicherheit auch Fälle kommunaler Krankenhäuser, bei denen es genauso abläuft. Ich kenne sie nicht, aber Sie kennen sie auch nicht. Insofern bin ich ziemlich vorsichtig damit, jetzt solch einen Einzelfall herauszugreifen. Ich weiß es nur, weil meine beiden Töchter der Ärztezunft angehören und mir ähnliche Vorkommnisse nennen. Das ist in einem anderen Bundesland so. Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass Sachsen-Anhalt davor gefeit ist.
Ich unterstelle jetzt einmal, dass auch gemeinnützige Träger das Wohl des Patienten im Auge haben. Den Eindruck, den Sie jetzt erweckt haben, halte ich ein Stück weit für schwierig, nämlich zu unterstellen, dass die Träger möglicherweise nur - nur! - ökonomische Interessen und nicht das Wohl der Patienten im Auge haben. Ich glaube, wir sind gut beraten, wenn wir solche verallgemeinernden Bemerkungen nicht machen. Das muss man dann konkret machen. Bei Ameos war es möglicherweise der Fall. Ich würde es aber nicht auf alle Träger, die nicht kommunal sind, ausweiten wollen.
Herr Gallert, Herr Bommersbach hat sich auch noch zu Wort gemeldet. Wollen Sie zusammen darauf reagieren?
Also, Herr Borgwardt, ich will es Ihnen sofort glauben. Aber das Beispiel, das ich Ihnen genannt habe, betraf nicht einen privaten Konzern.
Ich meine, es ist alles noch nicht so weit weg. Wir können auch die Zeitungen lesen. Wir haben die Debatte über einen gewissen OP-Schwerpunkt im Krankenhaus Gardelegen alle noch im Ohr. Das war ein kommunales Krankenhaus. Die Dinge sind nie aufgeklärt worden. Den Vorstellungen sind an dieser Stelle aber keine Grenzen gesetzt.
Was ich gesagt habe, das ist doch Folgendes: Das bisherige Krankenhaussystem zwingt die Leute doch massiv in ein solches betriebswirtschaftliches System, und dabei ist es fast egal, wer der Träger ist. Das ist für sie immer - das ist doch wahr, Herr Borgwardt - eine Abwägung: Mache ich das eine oder mache ich das andere?
Ich kenne auch Ärzte, die ihr Krankenhaus verlassen haben und zu einem anderen Träger gegangen sind, obwohl sie dort weniger verdienen, weil sie es nicht mehr aushalten, was mit den Leuten gemacht wird, nur um Geld zu verdienen. Dieses System haben wir. Dieses System verschärft sich dadurch, dass wir in der Fläche noch Standortkonkurrenzen zwischen den Trägern haben.
Bei den privaten Trägern kommt noch eines hinzu: Neben den allgemeinen Finanzproblemen, die diese haben, haben sie auch noch eine Renditeerwartung. Diese kommt noch hinzu und verschärft das Problem weiter. Das Problem der Krankenhausfinanzierung und der Konkurrenz untereinander, dass betriebswirtschaftliche Aspekte dem Wohl des Patienten entgegenstehen, haben aber alle. Deswegen brauchen wir eine einheitliche und gemeinsame Struktur, damit zumindest die Konkurrenz untereinander um die teuren Fälle ausgeschlossen wird. Das betrifft alle Träger.
Sobald die Träger unterschiedlich sind, stehen Sie in Konkurrenz zueinander, bei den privaten noch ein bisschen schärfer als bei den anderen. Deswegen brauchen wir eine Abstimmung unter diesen. Wenn die Abstimmung aus betriebswirtschaftlichen Gründen nicht funktioniert, müssen wir uns über die Trägerstruktur Gedanken machen. Das können Sie bei Pfeiffers sagen. So ist meine Position.
Von der CDU-Fraktion kamen schon mehrere Anfragen, habe ich gerade festgestellt. Deshalb möchte ich die Diskussion jetzt beenden und Herrn Gallert für die Einbringung des Antrags danken.
Bevor wir aber in der Debatte fortfahren, begrüße ich Damen und Herren der Steuergewerkschaft des Landes Sachsen-Anhalt in unserem Hohen Hause. Seien Sie herzlich willkommen!
In der Debatte ist eine Redezeit von drei Minuten je Fraktion vorgesehen. Für die Landesregierung spricht die Ministerin Frau Grimm-Benne. Frau Ministerin, Sie haben das Wort.
Herzlichen Dank. - Herr Vizepräsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Ziel der Gesundheitspolitik in Sachsen-Anhalt ist eine bedarfsgerechte, ganzheitliche Versorgung der Bevölkerung; das wissen Sie.
Krankenhausplanung ist dabei immer ein Spagat zwischen flächendeckender, gemeindenaher Versorgung und qualitätsbestimmter Zentralisierung; auch Herr Abg. Gallert hat das vorhin bereits ausgeführt. Die Vorteile der Zentralisierung werden in letzter Zeit in Studien wie der der Bertelsmann Stiftung hervorgehoben. Bei großen Einrichtungen ist die Arbeitsteilung besser, sie sind effizienter und ressourcensparender. Aber dies darf eben nicht zu weißen Flecken in der Krankenhauslandschaft führen, vor allem nicht im ländlichen Raum.
Wie sieht es in Sachsen-Anhalt aus? Wie begründet sind die Forderungen, die die Fraktion DIE LINKE in ihrem Antrag aufmacht? - Meine Damen und Herren Abgeordneten! Wir haben eine flächendeckende Versorgung und wir setzen auch auf Schwerpunktbildung. Dabei müssen wir nichts ausrichten; wir müssen aber das, was wir haben, weiterentwickeln. Das tun wir auch, zum Beispiel gemeinsam mit den Krankenkassen über die Qualitäts- und Leistungsvereinbarungen sowie die Rahmenvorgaben.
Krankenhausgesetz, Rahmenplan und Krankenhausplan haben genau dieses Ziel. Dabei versuchen wir, eine Verzahnung der unterschiedlichen Sektoren von stationären und ambulanten Angeboten zu unterstützen. Ein Beleg dafür ist die Tatsache, dass wir nach dem novellierten Krankenhausgesetz sowohl die Kassenärztliche Vereinigung als auch die Ärztekammer im Krankenhausplanungsausschuss mitwirken lassen.
stellung ableiten, dass die Schließung des Krankenhauses Havelberg keinen signifikanten Einfluss auf die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung in unserem Land haben wird.
Dennoch bemühen wir uns redlich unter Federführung des Landkreises um eine Lösung, um eine gewisse stationäre Einrichtung an diesem Standort zu erhalten. Es war mit Blick auf den Krankenhausplan immer Konsens im Kabinett, aufgrund der besonderen regionalen Lage in Havelberg eine gewisse stationäre Einrichtung vorzusehen. Wir wollen ihnen dort wirklich ermöglichen, ein Gesundheitszentrum zu bleiben und diesen Standort zu erhalten.
Heute sitzt auch der Betriebsrat des Krankenhauses Havelberg im Publikum; deshalb ist meine Rede sehr stark auf Havelberg fokussiert. Ich möchte sagen: Ja, wir suchen gemeinsam mit dem Landkreis eine Lösung, der nach wie vor den Sicherstellungsauftrag hat. Er hat die große Aufgabe abzuwägen: Traut er sich zu, mit der Kommunalaufsicht und allen, die etwas zu entscheiden haben, für dieses Krankenhaus einen neuen Träger zu finden oder möglicherweise zu schauen, wie man es kommunal betreiben kann?
Wir stehen bereit, um Hilfestellung zu geben. Aber wir können immer nur das tun, was möglich ist; denn es ist im Augenblick die Aufgabe des Landkreises, diesen Auftrag zu erfüllen.
Sie haben viele Aussagen zur Krankenhausfinanzierung getroffen, die ich nicht wiederholen muss. Ich glaube, wir führen schon die dritte Debatte zu diesem Thema.
Ja, die Krankenhausfinanzierung führt, so wie sie jetzt ist, zu einer Konkurrenz der bestehenden Standorte. Es ist noch immer nicht so, dass man zusammenarbeitet und kooperiert; vielmehr versucht man, selbst der Leuchtturm und der härteste Konkurrent zu sein.
Wir wissen - das habe ich hier bereits mehrfach gesagt -, dass die Investitionsförderung der Krankenhäuser das eine ist. Wir können aber die Investitionsförderung auch nutzen, um lenkend einzugreifen und das, was die Krankenhäuser eigentlich freiwillig tun müssten, finanziell zu unterstützen. Das wissen Sie alle. Ich denke, Havelberg wird ein Beispiel dafür sein, wie redlich das Land mit dem Thema umgeht, um die Krankenhäuser gerade im ländlichen Raum aufrechtzuerhalten. - Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Ministerin, es gibt zwei Fragen, zunächst eine von Herrn Harms. - Herr Harms, Sie haben das Wort.
Frau Ministerin, im Antrag wird von einer wichtigen Stütze des Notfall- bzw. Rettungsdienstes gesprochen. Nun ist uns allen klar, dass wir im ländlichen Raum insbesondere sehr verantwortungsvoll und klug Notarztstandorte definieren und entsprechend stärken müssen und dabei unter anderem Krankenhäuser eine sehr wichtige Rolle spielen, um dies 24 Stunden lang abzusichern. Wie bewerten Sie in diesem Zusammenhang den Vorschlag des Abg. Güssau zur Notwendigkeit eines in Stendal stationierten Rettungshubschraubers?
Herr Abg. Güssau hat bereits angeregt, auch im Sozialausschuss darüber zu sprechen. Wir haben gesagt, dass der Rettungsdienst nicht in unserem Hause, sondern im Innenministerium organisiert ist. Man muss natürlich schauen: Wenn wir die Standorte der stationären Versorgung im ländlichen Raum nicht aufrechterhalten können, haben die Menschen trotzdem einen Anspruch darauf, im Notfall innerhalb der Notfristzeiten gerettet zu werden.