Protocol of the Session on August 30, 2019

(Zustimmung bei der AfD - Robert Farle, AfD, lacht)

Ich sehe keine Fragen. Dann danke ich Herrn Dr. Tillschneider für den Redebeitrag. - Für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - -

(Unruhe)

- Ich bitte um mehr Disziplin. - Ich erteile jetzt Herrn Striegel von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort. Herr Striegel, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der hier vorliegende Antrag der Fraktion DIE LINKE schwebt verfassungsrechtlich im luftleeren Raum. Das haben die Vorredner sehr deutlich gemacht. So einfach, wie Herr Gallert uns das hier glauben machen will, ist es nicht. Die Sache ist komplizierter. Dass Sie, Herr Gallert, damit der falsche Stichwortgeber sind, ist mit der Rede von Herrn Tillschneider sehr deutlich geworden. Das, was Sie hier tun, ist unverantwortlich, und zwar in einer Situation, in der wir auf die stabilisierende Wirkung der Kirchen für unsere Gesellschaft mehr als angewiesen sind.

(Zustimmung bei den GRÜNEN, bei der CDU und bei der SPD)

Ich sage es sehr deutlich: Ja, das Thema braucht Dialog. Aber wenn Sie den Dialog wirklich gewollt hätten, dann hätten Sie ihn zum Anfang einer Legislaturperiode begonnen. Dann hätten Sie zum Beispiel eine sehr sinnhafte Enquete-Kommission zu diesem Thema beantragen können.

Dann hätten wir uns hier verständigen können über die wirklich diffizile verfassungsrechtliche Lage, über die Möglichkeiten und auch über die Unmöglichkeiten, in denen Sachsen-Anhalt sich hier befindet, über die spezifische Lage der ostdeutschen Kirchen, die ja eben auch innerhalb des Kirchengefüge der Bundesrepublik Deutschland nicht im luftleeren Raum unterwegs sind.

Machen wir uns doch nichts vor. Es ist doch eine Hybris, wenn wir glauben, dass wir in SachsenAnhalt an der Stelle die Taktgeber für eine bundesweite Entwicklung sein können. Wir können das schon deshalb nicht sein, weil die Kirchen hier in hohem Maße auf Transferleistungen aus den altwestdeutschen Bistümern - ich sage das mit Blick auf die katholische Seite und auf der evangelischen Seite mit Blick auf die EKD - angewiesen sind. Sie können doch nicht ernsthaft erwarten, dass die hier den ersten Schritt zur Ablösung machen, von der verfassungsrechtlichen Lage einmal ganz abgesehen.

Eine Debatte über das Thema lohnt. Verfassungsrechtlich ist das alles hoch spannend. Aber ich glaube, sie sind hier zu stark in einer sehr kritischen Haltung gegenüber den Kirchen gefangen. Das hat Ihr Redebeitrag zum Thema Personal deutlich gemacht. Sie wissen, glaube ich, genauso gut wie ich, dass das Thema Personal - anders als zum Beispiel in Bayern - in den Staatskirchenverträgen, die hier abgeschlossen worden sind, überhaupt keine Rolle spielt. Da finanziert man nicht direkt das Personal. Es gibt eine entsprechende Zuweisung an die Kirchen, und die beruht auf den alten Rechtstiteln, die dadurch sozusagen obsolet geworden sind.

Wir müssen an das Thema ran, keine Frage. Unser Vorschlag wäre, wir gehen mit den Kirchen in den Dialog. Wir als Fraktion haben auch schon entsprechende Termine gemacht. Ich glaube, es ist eine kluge Idee für alle hier im Haus, zu überlegen, ob wir zu Beginn der nächsten Legislaturperiode nicht zu dem Thema einmal eine Enquete-Kommission auf den Weg bringen, um zu einer wirklich tragfähigen und dauerhaften Lösung zu kommen. Ich glaube, damit sind wir besser aufgestellt. - Vielen herzlichen Dank.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Herr Striegel, Herr Dr. Tillschneider hat sich zu Wort gemeldet.

Nein, von Herrn Tillschneider werde ich hier heute keine Fragen mehr beantworten. Wer glaubt, mit Deus Vult in den Wahlkampf ziehen zu können, der muss mir bei diesem Thema nicht mit Fragen kommen. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Herr Dr. Tillschneider, dann haben Sie die Möglichkeit, eine Intervention vorzutragen.

Na ja, Gott will es. Wie dem auch sei. Ich will mich hier dagegen verwahren, dass Herr Wulf Gallert Stichwortgeber für mich ist, und will klarstellen, dass wir mit der vulgärmarxistischen und neomarxistischen Kirchenkritik der LINKEN gar nichts am Hut haben.

(Zustimmung bei der AfD - Dr. Katja Pähle, SPD: Sie klingen aber so!)

Wir kritisieren die Kirchen dafür, dass sie zu sehr dem linken Ungeist verfallen sind. Die LINKEN kritisieren die Kirchen dafür, dass sie noch nicht genug dem linken Ungeist verfallen sind.

(Beifall bei der AfD)

Ich sehe keine Fragen oder weiteren Interventionen. Damit danke ich Herrn Striegel für den Redebeitrag. - Für die CDU spricht jetzt der Abg. Herr Schumann.

(Alexander Raue, AfD: Jetzt geht es los! - Andreas Schumann, CDU: Mal schauen!)

Herr Schumann, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Sehr geehrte Damen und Herren! Bereits im Jahr 2012 hat die Fraktion DIE LINKE den Antrag auf Evaluation der Verträge mit den christlichen Kirchen und der jüdischen Gemeinschaft gestellt. Nun kommt in dieser Legislaturperiode der Antrag mit dem Titel „Verfassungsauftrag wahrnehmen - Staatskirchenleistungen ablösen“.

In diesem Antrag wird eine sofortige Aufnahme von Verhandlungen über die Ablösung der Staatskirchenleistungen gefordert. Aus meiner Sicht ist dies nicht eindeutig eine Sache des Landes Sachsen-Anhalt, sondern es wäre auf der Bundesebene einheitlich lösbar, wie es vorhin schon erläutert wurde.

Der Verhandlungspartner für die Katholische Kirche wäre zum Beispiel der Heilige Stuhl im Vatikan. Ich kann mit schwer vorstellen, den Nuntius in den Landtag von Sachsen-Anhalt einzuladen, um Verhandlungen über Staatskirchenleistungen aufzunehmen.

(Heiterkeit bei der AfD)

Allenfalls wäre ein Gespräch über die Prolongationsvereinbarung des Landes mit den Kirchen unseres Landes anzuregen.

Die beiden Kirchen haben eindeutig ihre Bereitschaft zu vorbehaltlosen Gesprächen über diese Frage signalisiert. Aus diesem Grunde bitten wir

lediglich darum, den Antrag in den Ausschuss für Bildung und Kultur zu überweisen, um dort über mögliche Schritte und Maßnahmen, insbesondere über das geeignete Gesprächsformat, zu beraten. Die Einrichtung einer Kommission halten wir zunächst für nicht notwendig.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Deutschland ist in seiner demokratischen und kulturellen Entwicklung eindeutig ein christlichjüdisch geprägtes Land. Insofern wundert es mich, dass die AfD jetzt die Kirchenleistungen komplett abschaffen will, obwohl sie sich ansonsten immer auf die christlich-jüdische Geschichte beruft, zum Beispiel bei ihren merkwürdigen Demonstrationen in Dresden.

(Oliver Kirchner, AfD: Vielleicht hat das eine mit dem anderen nichts zu tun!)

Dies soll auch bei der zukünftigen Entwicklung unseres Landes so bleiben, dass wir unsere christlich-jüdische Prägung nicht infrage stellen. Das werden wir als CDU niemals tun.

Leider ist die Zahl der Christen in der Diaspora, zu der auch Sachsen-Anhalt zählt, weiter abnehmend.

(Oliver Kirchner, AfD: Wahrlich!)

Aber wir wenden uns klar gegen eine grundsätzliche Infragestellung der Staatskirchenverträge.

(Zustimmung von Lars-Jörn Zimmer, CDU)

Lassen Sie uns im Ausschuss darüber beraten und danach die entsprechenden Konsequenzen ziehen. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der CDU)

Herr Schumann, Herr Dr. Tillschneider hat sich zu Wort gemeldet.

Ich handhabe es wie mein Vorredner.

Also, Herr Dr. Tillschneider, Sie haben es wahrgenommen. Sie können eine intervenieren, aber keine Frage stellen.

Zur abendländisch-christlichen Leitkultur bekennen wir uns ohne Abstriche. Aber das Problem ist ja leider, dass die Kirchen diese Leitkultur nicht mehr selbstbewusst verteidigen.

(Beifall bei der AfD - Oliver Kirchner, AfD: Genauso ist es!)

Kirchen, die sich für islamische Gottesdienste zur Verfügung stellen, Kirchen, in denen der islamische Gebetsruf ertönt, Kirchen, die dafür kämpfen, dass Moscheen gebaut werden dürfen - ja, solche Kirchen verdienen keine Unterstützung mehr.

(Lebhafter Beifall bei der AfD)

Herr Gallert, einen Moment, es kommt noch jemand dazwischen. - Ich sehe keine weiteren Fragen. - Jetzt erteile ich dem fraktionslosen Abg. Herrn Backhaus das Wort. Herr Backhaus, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Ich möchte vorwegschicken, dass ich Mitglied der SELK bin. Die Selbstständige Evangelisch-Lutherische Kirche ist eine Freikirche und erhält keine finanziellen Staatsleistungen. Sie arbeitet trotzdem.

Zu den finanziellen Staatsleistungen, die die beiden großen Kirchen erhalten, möchte ich sagen, dass ich diese Zahlungen für anachronistisch halte. Die Evangelische und die Katholische Kirche erhalten im Jahr 2019 35 270 000 €. Zum Vergleich: Im Jahr 1991 waren es noch umgerechnet 11,6 Millionen €; eine rasante Steigerung. Übrigens - das wurde auch schon gesagt - wird in Sachsen-Anhalt die höchste Pro-Kopf-Zahlung Deutschlands geleistet, 15,87 € pro Einwohner und Jahr.

Seit dem Jahr 1803 gelten die Vereinbarungen zwischen den Landesherren und den Kirchen, nach denen Staatsleistungen zu erbringen sind, um - es folgt die Begründung - das unzureichende Einkommen der Geistlichen aufzustocken. In der damaligen Zeit waren nahezu alle Menschen Kirchenmitglieder. Die Kirchen übernahmen vor 200 Jahren eine enorme kulturelle Aufgabe innerhalb der Gesellschaft, zum Beispiel das Führen der Personenstandsregister. Heute übernehmen das die Standesämter. Darüber hinaus leisteten die Kirchen Seelsorge und beantworteten Sinnfragen, führten Schulen, Armenhäuser und vieles mehr.

(Siegfried Borgwardt, CDU: Machen sie heute noch!)