schaftlichen Interessenvertretungen an die Bildungsadministration herangetragen. Kämen wir allen Forderungen nach, würden wir unseren Schülern eine überdimensionierte Stundentafel zumuten, die keinen Raum für Familie sowie Er
holung und somit für eine selbstbestimmte Freizeitgestaltung bietet. Dieser Verantwortung kann sich keiner entziehen. - Vielen Dank.
Herr Minister Tullner, Herr Dr. Tillschneider hat sich zu Wort gemeldet. - Herr Dr. Tillschneider, Sie haben das Wort.
Zur Mehrbelastung der Schüler. Erkennen Sie an, dass Sportunterricht nicht nur ein Fach ist wie jedes andere Fach, sondern einen Ausgleich darstellt? Die Schüler sitzen nicht zwei Stunden länger in der Klasse und müssen irgendetwas lesen oder geistig aktiv sein, sondern sie haben ihren Ausgleich, also dadurch eine Entlastung. Mithin ist es keine Mehrbelastung. Erkennen Sie das an oder sehen Sie das anders?
Lieber Herr Tillschneider, ich habe, glaube ich, sehr ausführlich dargelegt, wie wir den Sportunterricht in seiner allgemeinen Einordnung betrachten. Was Sie zu den Einschätzungen von Be- und Entlastung sagen, obliegt letztlich Ihrer eigenen Einschätzung. Mit geht es vor allem darum, dass wir Schule so organisieren, dass wir unsere Schülerinnen und Schüler nicht überbelasten. Ich meine ausgeführt zu haben, dass ich das deutlich gemacht habe. - Vielen Dank.
Ich sehe keine weiteren Fragen. Dann danke ich dem Herrn Minister für den Redebeitrag im Rahmen der Stellungnahme der Landesregierung. - Für die SPD spricht jetzt der Abg. Herr Dr. Grube. Herr Dr. Grube, Sie haben das Wort.
Vielen Dank, Herr Präsident. Sehr geehrte Damen und Herren! Der Anteil übergewichtiger Mädchen und Jungen in den entwickelten Industrieländern, auch in Deutschland, ist hoch, zu hoch. Der Anteil übergewichtiger Erwachsener ist es im Übrigen auch. Gründe dafür sind falsche Ernährung, Stress und natürlich zu wenig Bewegung. Dagegen etwas tun zu wollen ist ein löbliches Vorha
ben. Vereine dabei stärken zu wollen ist ein löbliches Vorhaben. Allein das Wollen muss auch mit Können gepaart sein, und an dieser Stelle legt der Antrag eine Bruchlandung hin.
Sie wollen regelhaft bis zu sechs Pflichtstunden Sport einführen, obwohl Sie zugeben, dass dafür gar nicht genügend Lehrerinnen und Lehrer vorhanden sind. Begründungen zu Anträgen sollten eigentlich dafür da sein, die Inhalte des Antrages zu unterstützen; Sie liefern die Ablehnungsgründe gleich mit. Sie können die Durchsetzung der Schulpflicht auch nicht an Vereine auslagern. Wenn Sie eine gesetzliche Plicht schaffen, müssen Sie dafür sorgen, dass sie auch eingehalten werden kann.
Sie können auch niemanden verpflichten, in einen Verein einzutreten. Was machen Sie eigentlich mit der Tatsache, dass es in vielen Vereinen einen Mangel und Übungsleiterinnen und Übungsleitern gibt? Das, was Sie vorschlagen, ist nicht realistisch. Deshalb ist der Antrag abzulehnen.
Der Antrag ist auch aus einem anderen Grund abzulehnen. „Ein gesunder Geist in einem gesunden Körper“. - Die Überschrift des Antrages - da er von Ihnen kommt, ist das wahrscheinlich beabsichtigt - hat mit einem Blick in die deutsche Geschichte mehr als einen bitteren Beigeschmack. Sie war Teil nationalsozialistischer Programmatik
In einer Zeit, in der einige darüber schwadronieren, das Soziale mit dem Nationalen zu versöhnen, ist es leider nötig, daran zu erinnern, was Nationalsozialisten den Menschen dieser Welt angetan haben.
Noch ein Beitrag zur literarischen Bildung: Die Wendung „Mens sana in corpore sano - ein gesunder Geist in einem gesunden Körper“ - geht auf den römischen Satirendichter Juvenal zurück.
Der Kollege Juvenal kritisierte damit seine Zeitgenossen, die für törichte Dinge bei den Göttern beteten und das Körperliche überhöhten. Auf Neudeutsch würde man wohl sagen: Sie müssen es nicht nur hier haben,
Dann danke ich für den Redebeitrag. - Jetzt erteile ich Herrn Lippmann für die Fraktion DIE LINKE das Wort.
Herr Präsident! Wir werden zu solchen Anträgen, die, wie man feststellt, wenn man sich die Überschrift anschaut - Herr Grube hat es ausgeführt -, ganz gezielt versuchen, Nazisprech in diesem Parlament salonfähig zu machen, grundsätzlich nicht reden.
Wir werden solchen Anträgen keine Bühne bieten. Sie wissen natürlich viel genauer, dass das zur Ideologie der Nazis gehörte, zu ihren „Kraft-durchFreude“-Geschichten usw. Den Antrag sieht man und man weiß, dass Herr Tillschneider sprechen wird, und man weiß, welches die Intention ist.
nicht nur keine Ahnung hat, sondern dass er nicht einmal die Erlasse lesen kann; sonst hätte er diesen Unsinn in Punkt 1 des Antrages von vier oder gar sechs Sportstunden gar nicht aufschreiben können. Wir haben durchgängig schon immer zwei Sportstunden in allen Jahrgängen. In den Grundschulen, wenn die Zuweisungen und die Planungen der Schule dies zulassen, können es gegebenenfalls bis zu drei Stunden sein. Lediglich in den fünften und sechsten Klassen haben wir drei Sportstunden. Es ist also alles Quatsch, was hier steht.
Zweitens. Ja, die Forderung der Sportverbände durchgängig nach einer dritten Sportstunde in allen Jahrgängen gibt es; die gibt es auch schon lange und die ist auch begründet. Diese Forderung ist genauso begründet wie die Forderung der Deutschlehrerinnen nach mehr Deutschunterricht, die Forderung der Mathematik- und Naturwissenschaftslehrerinnen nach mehr Mathematik- und Naturwissenschaftsunterricht und der Politiklehrerinnen nach mehr Sozialkundeunterricht.
Diese Forderungen stehen alle in Konkurrenz zueinander. Wenn wir hier in der Lage wären, über ein Ganztagsschulsystem zu sprechen, in dem man tatsächlich überhaupt erst einmal die Räume schaffen könnte, um dieses Stundenangebot auch realisieren zu können, und wenn wir dann auch noch die Lehrkräfteressourcen ausgebildet und eingestellt hätten, dann würde aus der ganzen Geschichte etwas werden.
Man kann sich aber nicht einen Sachverhalt herausgreifen, genauso wie wir nicht einfach mal so mehr Sozialkundeunterricht oder einfach mal so Musik- oder Mathematikunterricht beschließen können.
Schließlich zu diesem mit der Überschrift intendierten Zusammenhang, der pseudowissenschaftlich ist: Wenn es ihn denn gäbe, dass in einem gesunden Körper auch ein gesunder Geist steckt - - Es gibt auch eine umgekehrte Implikation dazu, nämlich dass in einem kranken Körper ein kranker Geist steckt - wenn das also so wäre, Herr Dr. Tillschneider, dann können wir alle nur hoffen, dass Sie viel Sport machen. Dann würden uns einige dieser Anträge vielleicht in Zukunft erspart bleiben.