Protocol of the Session on June 20, 2019

Antrag Fraktion AfD - Drs. 7/4457

Einbringer ist der Abg. Herr Dr. Tillschneider. Herr Tillschneider, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Schon seit Monaten schwänzen Kinder und Jugendliche freitags die Schule, um für den CO2Ausstieg zu demonstrieren. Sie plappern unkritisch nach, was selbst ernannte Klimaaktivisten ihnen vorsagen, und ergeben sich widerstandslos der Propaganda der Mainstream-Medien. Das sagt alles über den geistigen Zustand der Jugend. Um ihren körperlichen Allgemeinzustand steht es leider nicht wesentlich besser.

Nach einer Studie des Robert-Koch-Instituts aus dem Jahr 2018 leidet jedes siebente Kind in Deutschland an Übergewicht oder gar an Fettleibigkeit. Solche Studien erscheinen seit den 1970er-Jahren regelmäßig mit tendenziell immer schlechteren Ergebnissen.

Erst im vergangenen Monat durfte in der „Volksstimme“ eine Magdeburger Kinderärztin für das Spezialgebiet „Fettleibigkeit“ schildern, welche Ausmaße das Problem mittlerweile angenommen

hat. Die Altparteien nehmen dies durchaus zur Kenntnis. Sattsam bekannt sind die Klagen über den Bewegungsmangel und die Verfettung der Jugend.

Vor wenigen Wochen hat Ernährungsministerin Klöckner wieder einmal zum Kampf gegen Übergewicht bei Kindern und Jugendlichen aufgerufen. Anders als beim konstant sinkenden Leistungsniveau der Schüler ignorieren die Altparteien das Problem also nicht. Sie reden schon darüber. Sie handeln jedoch nicht. Es muss aber gehandelt werden, denn die Auswirkungen von Übergewicht sind katastrophal.

Übergewichtige Kinder und Jugendliche werden häufiger krank und haben, auch wenn sie später normalgewichtig geworden sein sollten, im Erwachsenenalter immer noch eine höhere Wahrscheinlichkeit von Erkrankungen aller Art mit hohen Folgekosten für die Sozialsysteme. Übergewichtige Kinder und Jugendliche leiden unter Spott und Ausgrenzung und entwickeln infolgedessen nicht selten regelrechte Depressionen. Sie schwänzen überdurchschnittlich häufig die Schule und fallen durch eher unterdurchschnittliche Leistungen auf. Außerdem verdichten sich die Erkenntnisse, dass Übergewicht die kognitiven Fähigkeiten beeinträchtigt.

(Unruhe)

Natürlich kann nicht nur in einem gesunden Körper ein gesunder Geist sein. Es gibt genügend Einzelbeispiele, die das widerlegen. Das will aber auch niemand behaupten. So ist das bekannte „Mens sana in corpore sano“ auch gar nicht zu verstehen. Die Empirie jedoch lehrt, dass, statistisch gesehen, Übergewicht tatsächlich mit einer schwächeren schulischen Leistung einhergeht.

All das sind Gründe genug, nun endlich vom Reden zum Handeln überzugehen und etwas gegen die grassierende Fettsucht zu unternehmen. Als ersten Schritt fordert die AfD-Fraktion zwei zusätzliche Sportstunden für jeden Schüler in allen Schulformen und Jahrgangsstufen, in denen momentan nur zwei oder vier Sportstunden pro Woche im Lehrplan vorgesehen sind.

Unsere Kinder und Jugendlichen sollen um die Wette laufen, schwimmen, Fußballspielen und nicht stundenlang träge vor dem Rechner sitzen, was von Haltungsschäden, auch im übertragenen Sinne, bis zu Konzentrationsschwierigkeiten eine allumfassende körperliche und geistige Degeneration zur Folge hat. Je weiter fortgeschritten dieser Prozess ist, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, bei Eintritt der Volljährigkeit sogar GRÜNE zu wählen.

(Beifall bei der AfD)

Aus der Sicht der GRÜNEN ist es deshalb natürlich nachvollziehbar, dass Sie das Computerspielen zur Sportart erklären wollen,

(Zuruf von den GRÜNEN)

ein Versuch, symptomatisch für eine Politik, die glaubt, Probleme wegdefinieren und sich die Welt schönreden zu können.

Mit der AfD ist so etwas nicht zu machen. Wir haben den Mut zur Wahrheit. Wir sehen der Realität ins Auge und sagen klar und deutlich, wir dürfen nicht das Versacken vor Bildschirmen zur neuen Sportart erklären; wir müssen dafür sorgen, dass die Jugend wieder echten Sport treibt.

(Beifall bei der AfD)

Es geht dabei nicht nur um die Bekämpfung von medizinisch relevantem Übergewicht. Auch Kinder und Jugendliche, die nicht gerade übergewichtig sind, würden von mehr Sport profitieren.

Von unserem Antrag sollen mehrere Signale ausgehen. Erstens soll Sport höher bewertet werden. Zweitens sollen die Trainingseffekte des Sportunterrichts stärker betont werden. Drittens wollen wir den Wettbewerbscharakter sportlicher Leistungen herausstellen und damit verbunden die körperliche Anstrengung im Schulunterricht rehabilitieren.

Man tut ja mittlerweile so, als seien ordentliche Drillübungen, ohne die kein Training auskommt, eine Art Körperverletzung. Körperliche Anstrengung ist völlig zu Unrecht gesellschaftlich in Misskredit geraten, worin die falsche Grundeinstellung einer leistungsfeindlichen Gesellschaft Ausdruck findet.

(Zustimmung von Lydia Funke, AfD)

Viel zu oft sieht Sportunterricht so aus, dass man in einer Schlange stehend darauf wartet, endlich an der Reihe zu sein, und dann in zwei Stunden vier Übungen verrichtet. Viel zu selten kommen die Schüler richtig ins Schwitzen oder werden gar an die Grenzen ihrer körperlichen Leistungsfähigkeit geführt. Genau das aber wäre aber die Voraussetzung, damit sich die allseits positiven Auswirkungen von Sport entfalten können.

Richtiger Sport verleiht ein gutes Körpergefühl, das gerade für Heranwachsende von enormer Bedeutung ist. Er erhöht auch die geistige Leistungsfähigkeit. Sport lehrt Disziplin und Selbstbeherrschung, schafft Erfolgserlebnisse und steigert letztlich das Selbstbewusstsein. Sport trägt viel dazu bei, dass Jugendliche nicht scheitern, sondern ihr Leben meistern. Deshalb sage ich: Mehr Sport und effizienterer Sport ist die bessere Schulsozialarbeit.

(Beifall bei der AfD)

Wenn Sie meinen, jeder Schule ihren Schulsozialarbeiter verpassen zu müssen, dann sollten Sie jedenfalls auch in der Lage sein, dafür zu sorgen, dass unsere Kinder zwei zusätzliche Sportstunden pro Woche absolvieren. Wir wissen natürlich, dass Lehrermangel herrscht, und haben das Ganze deshalb so konzipiert, dass keine bzw. so gut wie keine Lehrerstunden beansprucht werden. Die zwei zusätzlichen Sportstunden sollen keine eigentlichen Unterrichtsstunden, sondern Trainingsstunden sein, in denen das im Unterricht Gelernte nur wiederholt und geübt wird. Diese zwei Stunden können deshalb auch unter der Aufsicht pädagogischer Mitarbeiter oder im Rahmen von AGs abgeleistet werden.

Wer außerhalb der Schule schon in Sportvereinen aktiv ist, kann sich dies natürlich anrechnen lassen und muss keine zwei extra Sportstunden mehr ableisten. Wir folgen damit dem Prinzip Bildungspflicht statt Schulzwang - seit jeher ein Grundprinzip unserer Bildungspolitik, das etwa zum Tragen kommt, wenn wir Hausunterricht erlauben wollen.

Angewendet auf den Sportunterricht folgt daraus: Wichtig ist nicht so sehr, wo die Schüler Sport treiben; wichtig ist, dass sie Sport treiben. Das kann an der Schule, kann ersatzweise aber auch im Verein geschehen. Absehbar ist, dass viele Schüler, die nicht unbedingt zwei Extrastunden in der Schule verbringen wollen, sich zur Ableistung des Trainingspensums einen Verein suchen würden. Das wiederum würde die Vereine stärken, würde die Zusammenarbeit zwischen Schulen und Vereinen intensivieren und so die Schule in ihr lokales Umfeld einbinden. Es wäre Ausdruck einer neuen kommunalen Dimension von Bildungspolitik.

Genau das wiederum, also eine bessere Vernetzung der Schulen mit ihrem kommunalen Umfeld, wird in Studien von der Bertelsmann-Stiftung bis hin zur Konrad-Adenauer-Stiftung unisono als Leitlinie ausgegeben. Ich will jetzt nicht die Bertelsmann-Stiftung loben - alles, was von dort kommt, ist in den meisten Fällen sehr mit Vorsicht zu genießen. Aber wenn sogar die Denkfabriken des Establishments etwas fordern, dann haben Sie doch eigentlich gar keinen Grund mehr, es abzulehnen.

In diesem Sinne werbe ich ausdrücklich um Zustimmung zu unserem Antrag, liebe Kollegen. Das Thema ist zu wichtig, um wieder einmal nur deshalb nicht zuzustimmen, weil die Idee von der AfD stammt.

(Beifall bei der AfD)

Lassen Sie uns gemeinsam ein Zeichen für bessere Gesundheit und mehr körperliche und geistige Fitness setzen. Tun wir etwas für die gedeih

liche Entwicklung unserer Kinder. Tun wir ihnen etwas Gutes. - Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Ich sehe keine Fragen. Dann danke ich Herrn Dr. Tillschneider für die Einbringung des Antrages. In der Debatte ist eine Redezeit von drei Minuten je Fraktion vorgesehen. Für die Landesregierung spricht Minister Herr Tullner. Er ist schon unterwegs. - Herr Minister, Sie haben das Wort.

Vielen Dank. - Liebe Kolleginnen und Kollegen! Gestatten Sie mir zunächst, einen Schluck zu nehmen.

(Minister Marco Tullner trinkt aus dem am Rednerpult stehenden Wasserglas. - Dr. Hans-Thomas Tillschneider, AfD: Da- raus habe ich getrunken! - Robert Farle, AfD: Herr Tillschneider ist kerngesund! - Zuruf von der AfD: Jetzt ist er ein Blauer!)

So, ich mache einen Neustart. - Lieber Herr Tillschneider, keine Sorge - Sie waren unaufmerksam -; ich habe ein neues Glas Wasser bekommen. Das Thema ist somit durch.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Lebens- und künftige Berufswelt der Schüler ist von erhöhten Anforderungen an ihre Leistungsbereitschaft und Leistungsfähigkeit geprägt. Diesem steht eine durch zunehmende Bewegungsdefizite beeinträchtigte und stärker medienorientierte Lebensführung gegenüber.

Aufgabe des Schulsportes ist es deshalb, Belastungs- und Entwicklungsreize zu setzen, um eine funktionale Anpassung des Körpers und die Bewegungssicherheit im Alltag zu erreichen. Der Kern des Sportunterrichts ist das Sporttreiben selbst. Die Schüler erwerben motorische Fähigkeiten und Bewegungsfertigkeiten und sollen das Sporttreiben erleben. Darüber hinaus erfahren sie eine an ihrem jeweiligen Entwicklungsstand ausgerichtete Sozial- und Werteerziehung sowie eine nachhaltige Gesundheitserziehung.

Die Stundentafel der Grundschule in Sachsen-Anhalt enthält in allen Jahrgangsstufen zwei bis drei Wochenstunden Sport und hält damit einen vergleichbaren Umfang vor, der auch in den anderen Bundesländern in den Stundentafeln verankert ist. Darüber hinaus gibt es im Rahmen der verlässlichen Öffnungszeit an vielen Standorten Bewegungsangebote in Verantwortung der Grundschulen, die für einen sinnvollen Wechsel von Be- und Entlastung der Schulkinder im Tagesrhythmus geplant werden.

Auch Sportförderunterricht wird in zahlreichen Grundschulen vorgehalten. Ebenso ist es möglich, über die Richtlinie „Sport und Verein“ ein sportliches Angebot durch andere Träger zu beantragen. Damit haben die Grundschulkinder ein umfangreiches Sport- und Bewegungsangebot.

Eine Erweiterung der Pflichtstundentafel ist auch mit Blick auf die Gesamtbelastung für die Schüler nicht angezeigt. Sie würde auch den Rahmen der verlässlichen Öffnungszeit der Grundschule überschreiten. Angebote zur Ergänzung durch andere Träger im Sinne von sportlichen Arbeitsgemeinschaften sind bereits gelebte Praxis.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Gemäß der Vereinbarung der Kultusministerkonferenz zählt das Fach Sport neben den Fächern Musik und Kunst an den weiterführenden Schulen zum Bereich der weiteren Fächer, die mindestens als Pflicht- oder Wahlpflichtfächer gefordert werden. Sie können auch in Form von Fächerverbünden unterrichtet werden. Insofern liegt die Stundentafel der weiterführenden Schulen für das Fach Sport in Sachsen-Anhalt bereits über den Vorgaben der Kultusministerkonferenz.

Zu berücksichtigen ist zudem, dass sich aus der Erhöhung der Pflichtstunden eine Mehrbelastung für die Schüler ergibt. Die Forderung der AfD berücksichtigend, würde die wöchentliche Belastung im Härtefall 38 Pflichtstunden betragen, also nahezu acht Unterrichtsstunden täglich.

Im Antrag der AfD wird darauf hingewiesen, dass die zusätzlichen Sportstunden ersatzweise durch den Nachweis außerschulischer Aktivitäten erbracht werden können. Hierzu Folgendes: Die Gestaltung des Freizeitbereiches nach persönlichen Interessen und Neigungen muss den Schülern selbst überlassen bleiben. Unsere Schüler nutzen diese Angebote in vielfältiger Weise. Es gibt allein in den Schulen unseres Landes mehr als 1 000 Sportarbeitsgemeinschaften. Sehr viele

Schüler nutzen zudem regelmäßig die Angebote im Bereich des Breiten- und Leistungssports. Ich verweise zudem auf die zahlreichen Wettbewerbe, wie zum Beispiel „Jugend trainiert für Olympia“, „Jugend trainiert für Paralympics“, die Sachsen-Anhalt-Spiele, den Sportabzeichenwettbe

werb. Auch hier sind die Schüler mit viel Freude und Ehrgeiz dabei.

(Zustimmung bei der CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Forderungen, bestimmte Fächer auszuweiten, wurden in der Vergangenheit von unterschiedlichen gesell

schaftlichen Interessenvertretungen an die Bildungsadministration herangetragen. Kämen wir allen Forderungen nach, würden wir unseren Schülern eine überdimensionierte Stundentafel zumuten, die keinen Raum für Familie sowie Er