Protocol of the Session on February 28, 2019

Wir kommen nun zum ersten Teil, der Regierungsbefragung. Ich eröffne den ersten Teil der Fragestunde, die Befragung der Landesregierung, und blicke in die Reihen der Fraktionen DIE LINKE. Herr Abg. Gebhardt, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir alle durften heute früh in der „Mitteldeutschen Zeitung“ einen größeren Bericht über unseren Finanzminister und die derzeitige Situation der NordLB lesen. Wie die „Mitteldeutsche Zeitung“ in diesem Artikel heute berichtete, hat der Ministerpräsident von seiner Richtlinienkompetenz Gebrauch gemacht und den Finanzminister per E-Mail zum Handeln aufgefordert.

Das ist, mit Verlaub und vorsichtig ausgedrückt, aus der Sicht unserer Fraktion ein ungewöhnlicher Vorgang. Ich frage deshalb den Ministerpräsidenten, warum er als Ministerpräsident davon ausgegangen ist, dass der Finanzminister bis dato nicht ausreichend gehandelt hat. Oder anders gefragt: Was hat den Ministerpräsidenten dazu bewogen, per E-Mail von seiner Richtlinienkompetenz Gebrauch zu machen?

Vielen Dank. - Ich bitte jetzt erst einmal um die Antwort der Landesregierung. Herr Ministerpräsident Dr. Haseloff wird antworten. Bitte.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte die Frage wie folgt beantworten.

Es handelt sich bei diesem Thema um einen der schwierigsten Komplexe, mit denen sich die Landesregierung im Kontext vieler anderer Parteien zu beschäftigen hat. Mit dem Kollegen Weil stimme ich darin überein, dass die Verhandlungen zwischen den Beteiligten sowie mit den Aufsichtsgremien von den Finanzministern der beiden Trägerländer Niedersachsen und Sachsen-Anhalt, die zugleich Aufsichtsratsmitglieder der NordLB sind, zu führen sind.

Die nach Finanzmarktrecht vertraulichen Verhandlungen zwischen den Trägern und die Gespräche mit den Aufsichtsgremien sind hochkomplex, äußerst sensibel und ungewöhnlich schwierig. Die Szenarien verändern sich ständig. Es geht nicht nur um die Zukunft einer Landesbank, sondern um den Bestand unseres öffentlich-rechtlichen Bankenwesens, vor allem der Sparkassen, in der Bundesrepublik Deutschland insgesamt. Ich begrüße daher deren Bereitschaft, mit Billigung ihrer kommunalen Träger einen wesentlichen Beitrag zur Sicherung der Zukunft der NordLB zu leisten. Der Landesregierung, also auch dem Finanzminister, ist bewusst, dass dieser Landtag das letzte Wort hat.

Zur Beantwortung weiterer Fragen würde ich mein Wort jetzt gern an Herrn Kollegen Schröder weitergeben bzw. ich würde ihn bitten, die entsprechenden Standpunkte der Landesregierung bezüglich Ihrer Fragen selbst zu äußern. Ich denke, mit meinen Sätzen habe ich klargemacht, in welch einer sensiblen Situation wir uns derzeit befinden und dass ich nicht vorhabe, diese Diskussion hier Landtag zum jetzigen Zeitpunkt zu führen.

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, es gibt eine Reihe von Fragestellern, die sich zu Wort gemeldet haben. Sind Sie bereit, ihnen zu antworten?

(Stefan Gebhardt, DIE LINKE: Eine Nach- frage!)

- Das sind Nachfragen, ja. - Jetzt muss ich erst einmal etwas klären: Sie alle wollen jetzt direkt den Ministerpräsidenten fragen?

(Ministerpräsident Dr. Reiner Haseloff: Ich entscheide, wer für die Regierung spricht!)

- Sie sagen das jetzt oder später? - Okay. Der Ministerpräsident hat gesagt, er entscheidet, wann er spricht. Jetzt sollte zunächst Herr Schröder - -

(Ministerpräsident Dr. Reiner Haseloff: Ich entscheide, wer für die Regierung spricht!)

- Sie haben gerade eben Herrn Schröder dafür bestimmt. Das haben Sie angekündigt. - Okay, Herr Schröder.

(Stefan Gebhardt, DIE LINKE: Frau Präsi- dentin, ich gehe davon aus, dass die Ant- worten der Landesregierung immer die Ant- worten der Landesregierung sind und dass jeder Minister oder der Ministerpräsident im Namen der Landesregierung antwortet!)

- Ja. Aber es irritiert mich jetzt, dass Sie schon am Mikrofon stehen. Es gab eine ganze Reihe von Wortmeldungen.

(Stefan Gebhardt, DIE LINKE: Ich hatte mich gemeldet und Sie haben genickt, als ich sagte, ich habe eine direkte Nachfrage! Ich habe Ihr Nicken als Zustimmung ge- deutet, Frau Präsidentin!)

- Herr Gebhardt! Ich habe genickt, weil ich das notiert habe. Denn es gab in der Zwischenzeit viele Wortmeldungen. Ich würde diese jetzt gern abarbeiten. Sie wären dann ganz am Ende an der Reihe. Es gibt viele Fragesteller aus Ihrer Fraktion. Ich werde mit Herrn Gallert anfangen; Sie sind dann später an der Reihe.

(Stefan Gebhardt, DIE LINKE: Eine direkte Nachfrage!)

- Ich gehe davon aus, dass alle Wortmeldungen, die es gab, direkte Nachfragen sind.

(Stefan Gebhardt, DIE LINKE: Nein, sind es nicht!)

Herr Gallert, bitte.

Ich habe keine direkte Nachfrage, sondern es ist ein Stück weit ein anderes Thema. - Herr Schröder, als Sie beim letzten Mal hier versucht haben, Rede und Antwort zu stehen, spielten die Sparkassen bei Ihren Überlegungen noch überhaupt keine Rolle. Im Finanzausschuss haben Sie in einem Nebensatz geäußert, dass deren Interessenlage in gewisser Weise vielleicht auch durch uns zu berücksichtigen wäre. Der Ministerpräsident hat eben eine ähnliche Andeutung gemacht. Das ist nicht weiter verwunderlich. Es ist eher die Frage, warum das damals noch keine Rolle gespielt hat.

Ich habe aber eine konkrete Frage. Eigentlich ist es doch so, Herr Schröder, dass die Anteile der Sparkassen in Sachsen-Anhalt und die des Landes annähernd gleich groß sind. Jetzt konnten wir den verschiedenen Ausführungen von Ihnen im Finanzausschuss und vor der Presse entnehmen, dass für das Land Sachsen-Anhalt eine Beteiligung an der Kapitalerhöhung in Höhe von

200 Millionen € zur Debatte stehe - ich formuliere es einmal ganz vorsichtig.

Von den Sparkassen gibt es einen Beschluss - so ist es der Zeitung zu entnehmen -, dass sie sich mit 60 Millionen € an dieser Kapitalerhöhung beteiligen. Falls das nicht stimmen sollte, können Sie mir sagen, dass es nicht stimmt.

Ich möchte jetzt gern von Ihnen wissen: Woher kommt die unterschiedliche Belastung? Warum stehen bei uns bei gleichen Anteilen an der NordLB 200 Millionen € zu Buche und bei den Sparkassen 60 Millionen €?

Herr Minister Schröder.

Vielen Dank. - Ich beantworte die Anfrage im Namen der Landesregierung wie folgt.

Die Aussage, die Sparkassen hätten für das Land bei der Definition des Landesinteresses nie eine Rolle gespielt oder täten dies erst jetzt, ist falsch. Ich habe sehr wohl ausgeführt, dass wir uns frühzeitig an den Verhandlungen beteiligt haben. Allerdings haben wir anders als das Nachbarland Niedersachsen keine frühen Zusagen gegeben. Ich denke, die Situation in Sachsen-Anhalt ist gegenüber der in Niedersachsen an dieser Stelle eine andere.

Ich habe ausgeführt, dass wir für eine vernünftige, haushaltsschonende Lösung zur Verfügung stehen. Das entsprechende Mandat hat mir die Landesregierung per Kabinettsbeschluss bereits am 29. Januar 2019 gegeben.

Zu der Definition der Landesinteressen gehört natürlich die Fokussierung auf die Investitionsbank, wie ich das auch im Finanzausschuss ausgeführt habe. Es ist nicht so, dass ich nur versucht hätte, es auszuführen, sondern ich habe das sehr deutlich gesagt. Die Stabilisierung der Sparkassen im Land Sachsen-Anhalt ist auch im Landesinteresse und gehört zumindest in den Abwägungsprozess hinein.

Bei einem Verhandlungsstand ist es naturgemäß so, dass man sich mit den entsprechenden Partnern auf den aktiven Beitrag des jeweiligen Trägers zu verständigen hat. Hierzu hat es zahlreiche Gespräche gegeben. Das Kabinett hat bekanntlich in seiner Sitzung am 26. Februar 2019 beschlossen, das Finanzministerium zu ermächtigen, gemäß diesem Verhandlungsstand weitere Gespräche zu führen.

Der Betrag von 60 Millionen €, den die Sparkassen in Sachsen-Anhalt als Betrag ihrer aktiven Beteiligung beschlossen haben, ist nicht die Gesamtleistung der Sparkassenfamilie. Zu dem Ka

pitalisierungsbedarf in Höhe von 3,5 Milliarden € - das habe ich im Finanzausschuss bereits ausgeführt - ist von der Sparkassenfamilie insgesamt ein Betrag von 1,135 Milliarden € an Cash-Zuführung geplant.

Das heißt, die Sparkassen sind, was die Trägersparkassen in Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Sachsen-Anhalt betrifft, aber auch was den Deutschen Sparkassen- und Giroverband betrifft, als Sparkassenfamilie in ihrer Gesamtheit mit einem deutlich höheren Betrag mit an Bord. Als Trägerland der Norddeutschen Landesbank haben wir einen vergleichsweise geringeren Betrag.

Ich sage aber auch ganz deutlich: Er ist für Sachsen-Anhalt wesentlich, auch in dieser Größenordnung. Deswegen werden wir uns diese Entscheidung auch nicht leicht machen und sehr gut abwägen. Wir werden im Sinne und im Interesse des Landes das Gesamtpaket beachten und unsere Hilfe mit den entsprechenden Maßgaben versehen. Dazu hat mich die Landesregierung beauftragt und das gedenke ich zu tun.

Vielen Dank. - Ich habe noch eine lange Liste mit Fragestellern. Ich nenne jeweils die drei nächsten. Zunächst sind das Herr Abg. Knöchel, Frau Abg. Eisenreich und Herr Abg. Henke. Herr Abg. Knöchel, Sie haben als Erster das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Ein Teil des faulen Schiffsportfolios wurde im Januar 2019 an die Firma Cerberus verkauft. Dabei entstanden der Bank erhebliche Verluste. Laut einer Pressemitteilung der NordLB wurde über Konditionen und Nebenabsprachen Stillschweigen vereinbart.

Wann und in welcher Form beabsichtigt die Landesregierung, den Landtag über die Nebenabreden sowie über mögliche weitere Risiken für die Bank und für die beteiligten Träger zu unterrichten?

Herr Minister, bitte.

Vielen Dank. - Herr Knöchel, diese Frage ist auch Bestandteil Ihres Aktenvorlageverlangens, das Sie am 4. Februar 2019 offiziell - verbunden mit einem Anschreiben der Landtagspräsidentin - zum Thema Kapitalbedarf der NordLB an uns gerichtet haben. Ich bin sehr daran interessiert, dass auch während der laufenden Verhandlungen über eine Auffanglösung für die NordLB so viel Transparenz und parlamentarische Kontrolle wie

möglich hergestellt werden kann. Die Verhandlungen sind, wie Sie wissen, noch nicht abgeschlossen und befinden sich an einem sehr kritischen Punkt.

Deswegen muss man auch sicherstellen, dass sich die Wettbewerbsposition der NordLB durch das Bekanntwerden entsprechender Zahlen und Hintergründe nicht weiter verschlechtert. Daher gilt es, eine Abwägung zu treffen.

Die Gesichtspunkte wurden in Artikel 53 Abs. 4 der Landesverfassung in rechtliche Kategorien gefasst. Die Landesregierung muss einem Vorlageverlangen deswegen nicht in jedem Fall entsprechen. Es muss immer der Einzelfall im Wege eines schonenden Ausgleichs und der angelegten Abwägung ermittelt werden.

Ich darf mitteilen, dass wir das in einer Arbeitsgruppe im Finanzministerium mit Hochdruck tun. Wir haben die Norddeutsche Landesbank zu dem Thema inzwischen angehört. Wir haben mit einer ablehnenden Stellungnahme der NordLB umzugehen gehabt.

Wir haben unter Beteiligung des Justizministeriums - herzlichen Dank dafür - jetzt vor, die entsprechenden Unterlagen zusammenzustellen und Ihnen, wie ich hoffe - das kann ich hiermit in Aussicht stellen -, am 6. März 2019 alle Unterlagen zuzuleiten. Weil wir uns in einem laufenden Verfahren befinden, werde ich den Finanzausschuss bitten, die Unterlagen gemäß § 88 der Geschäftsordnung des Landtages für vertraulich zu erklären.

Bei allem Verständnis für die Ungeduld - ich bitte um Verständnis dafür, dass weder eine pauschale Ablehnung des Verlangens noch eine pauschale Vorlage von Unterlagen rechtlich zulässig wäre. Ohne Prüfung ging es leider nicht; das habe ich Ihnen im Übrigen auch schon in der Finanzausschusssitzung am 31. Juli 2019 angekündigt.

Herr Knöchel, Sie haben eine direkte Nachfrage? - Bitte.

Weil Sie gerade unser Aktenvorlageverlangen ansprechen, das wir Ihnen am 31. Januar 2019 in die Hand gedrückt, also übergeben haben, nur so viel: Ja, die Verfassung kennt die Hinderungsgründe.