Wir haben noch eine zweite Nachfrage. Der Abg. Herr Tullner hat noch eine Nachfrage - wenn es möglich ist, kurz. Wenn ich unsere Zeitverzögerung anschaue, stelle ich fest, dass wir schon fast im nächsten Tagesordnungspunkt sind. - Bitte.
Okay, Frau Präsidentin. - Einmal abgesehen davon, dass die Kategorien hier merkwürdig sind: nach Ihrer Kategorisierung habe ich mich als Mecklenburger wiedergefunden und Thomas Webel als „Wessi“, weil er in Bad Pyrmont geboren ist. Daran sehen Sie die Willkürlichkeit der Definitionen.
Aber vielleicht könnte der Schmerz oder die Problemsicht, die Sie in Ihrer Kleinen Anfrage und in Ihrer Rede deutlich gemacht haben, dadurch ein bisschen gelindert werden. - Es ist doch eine Intervention und keine Frage.
Wissen Sie, was passiert ist, als 1866, glaube ich, das Königreich Hannover von Preußen annektiert wurde? - Da haben die Preußen aus Magdeburg die Beamten nach Hannover geschickt, um denen einmal eine richtige Verwaltung beizubringen. Sehen Sie das in diesem Kontext vielleicht als ausgleichende Gerechtigkeit.
Vielen Dank. Herr Dr. Grube hat sich noch gemeldet. - Vielleicht noch eine Bemerkung. Herr Daldrup hat sich auch noch gemeldet. Aber in Anbetracht dessen, dass wir unsere Zeitvorgabe schon so weit überschritten haben, lasse ich allerhöchstens zwei Fragen pro Fraktion zu. Die Fraktion der SPD hatte noch gar keinen Fragesteller. - Bitte, Herr Dr. Grube.
Frau Kollegin Heiß, ich habe eine Verständnisfrage. Ab wann ist Mann oder Frau ostdeutsche Führungskraft?
Qua Geburt? Also muss es der Bioossi sein oder die weibliche Form davon? Oder würde es zum Beispiel ausreichen, wenn jemand direkt nach der Wende hergezogen ist und seit fast 30 Jahren hier wohnt? Ab wann ist Mann oder Frau ostdeutsche Führungskraft?
Führungskraft kann ich Ihnen ganz einfach beantworten. Klar, aus meiner Sicht - so haben wir es auch in der Anfrage wissen wollen -, was die Verwaltung angeht, aus meiner Sicht ab Referatsleiter aufwärts. Ganz einfach.
Die andere Frage, die schwieriger zu beantworten ist, lautet: Ab wann oder - besser gesagt - seit wann ist man ostdeutsch? Da gibt es ja unterschiedliche Definitionen. Die Studie der Universität Leipzig hat gesagt, dass man in den 70ern geboren sein muss, sodass man seine Kindheit, seine Jugend noch in der DDR verbracht hat, das noch mitbekommen hat. Es gibt andere, die sagen, egal wann man in der DDR geboren ist, auch die, die hier nach der DDR geboren sind, sind auch ostdeutsch sozialisiert.
Meine persönliche Definition ist: Für mich ist jemand Ossi, der hier aufgewachsen ist und der hier Familie hat, der miterlebt hat, was nach der Wende passiert ist, die Umbrüche, wenn die Eltern oder die Großeltern die Arbeit verloren haben, wenn Leute weggegangen sind, Familien zerrissen wurden, weil Leute in den Westen gegangen sind, wenn man mitbekommen hat, wie
das System hier funktioniert hat und dadurch geprägt wurde. Dann ist jemand für mich Ossi. Darum zähle ich zum Beispiel auch Herrn Webel, der im Westen geboren ist, aber hier aufgewachsen ist, auch zu den Ostdeutschen und habe gesagt: „Vier von zehn sind Ostdeutsche.“
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es macht es nicht einfacher, wenn der Geräuschpegel dermaßen ansteigt, dass im Prinzip niemand mehr etwas versteht. Dann wird eventuell noch einmal nachgefragt. Ich denke, wir sollten auch den Geräuschpegel noch etwas hinunterschrauben. - Aber ich glaube, Herr Dr. Grube hat noch eine Nachfrage.
Frau Kollegin Heiß, wenn ich Sie richtig verstanden habe und das mal adaptiere, was Sie persönlich als Definition sehen, dann würden Sie auch sagen, dass die Thüringische LINKE keine ostdeutsche Führungskraft zum Ministerpräsidenten gemacht hat; das ist Herr Ramelow.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Es bringt überhaupt nichts, wenn wir jetzt kreuz und quer unsere Definitionen von dem einen oder anderen bringen. Wir haben jetzt noch einen Fragesteller. Ich bin schon bemüht, dass wir doch versuchen, zumindest jeden Tagesordnungspunkt vernünftig zu Ende zu bringen.
An dieser Stelle hat aber erstmal Herr Steppuhn das Wort. Dann darf Frau Heiß antworten. Dann gehen wir weiter in der Debatte. - Bitte.
ich selbst bin im alten „Wilden Westen“ geboren, bin 56 Jahre alt und genau 28 Jahre in SachsenAnhalt, habe meine Frau hier kennengelernt, meine Kinder sind hier geboren. Wie würden Sie mich denn einordnen?
Wie fühlen Sie sich denn? Wie empfinden Sie sich denn selbst? - Ich würde sagen: Sie sind ein Wossi. Sie sind eine Mischung. Davon gibt es ganz viele.
Aber ich finde es übrigens interessant, wenn ich das kurz sagen darf. Vorhin wurde gesagt, das Thema sei längst vorbei, darum müsse man gar nicht mehr drüber reden. Aber ich sehe an den vielen Wortmeldungen, wie dann doch die Gefühle in Wallung geraten, wie viel da noch zu sagen ist.
Darum bin ich sehr froh, dass wir diese Kleine Anfrage und den Antrag gestellt haben; denn da scheint offensichtlich noch ein großer Bedarf zu sein. Deswegen werbe ich ausdrücklich dafür, dass Sie dem Antrag zustimmen oder den zumindest in die Ausschüsse überweisen.
Herr Kohl, ich muss bloß noch mal dafür werben, dass wirklich hier mehr Ruhe einkehrt, ansonsten kommt auch die Frage nicht bei der Kollegin Heiß an. Dann werden wir bestimmt noch eine Stunde diskutieren, damit wir überhaupt irgendwas verstehen.
Ich denke, wir haben jetzt einen Punkt erreicht: Entweder nehmen die parlamentarischen Geschäftsführer jetzt ihre Dinge in die Hand und sagen: „Wir würden gern die Tagesordnung heute verlassen“, oder reißen Sie sich bitte zusammen, damit wir heute noch vernünftig tagen können.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Meine Frage schließt an die Aussage von Herrn Scheurell an, dass jedes öffentliche Amt nach Leistung, Eignung, Befähigung vergeben wird und dazu jeder Deutsche Zugang hat. Da würde mich interessieren, wie Ihr Lösungsansatz aussehen sollte, ein öffentliches Amt zu besetzen, ohne das Leistungsprinzip zu beachten. Oder wollen Sie den Geburtsort irgendwie zum Qualifikationsmerkmal erheben?
Danke für die Frage, Herr Kohl. - Nein, das Leistungsprinzip muss natürlich für alle gleichermaßen gelten. Aber es gibt aus meiner Sicht oder aus unserer Sicht schon verschiedene Möglichkeiten, wie man dafür sorgen kann, dass, ich sage einmal, Menschen, die hier geboren wurden, in Sachsen-Anhalt, besser berücksichtigt werden können.
Ich schaue mir zum Beispiel ein Ministerium wie das Innenministerium an - das passt bei Ihnen auch thematisch -, wo 80 % der Führungspositionen von Menschen besetzt sind, die nicht hier geboren sind. Dann kann man doch sagen, wir machen so eine Art Diversitätsquote, indem man sagt, die Leute, die anders sind als ein Großteil der Leute, die wir beschäftigt haben. Es kann sein, dass jemand ostdeutsch ist oder, wenn da eine hohe Männerquote ist, dass man sagt, wir stellen dann eher Frauen ein. Man kann zum Beispiel auf Diversität setzen. Oder wenn es eine hohe Männerquote gibt, sagt man, wir stellen eher Frauen ein. Man kann sagen, wir setzen auf Diversität. Wir möchten gern, dass unsere Ministerien, unsere Landesverwaltung möglichst durch unterschiedliche Menschen aus ganz unterschiedlichen Bereichen besetzt werden. Das hängt damit zusammen, woher Sie kommen.
Sehr geehrte Kollegin Heiß, ich muss noch einmal unterbrechen. - Ich kann Ihnen sagen, ich sitze heute auch bis Mitternacht hier. Mir macht das
nichts aus. Aber es gibt immer noch Abgeordnete, die gern diesen Ausführungen ihr Gehör schenken wollen.