Protocol of the Session on June 3, 2016

Inzwischen hat sich das Blatt aber dramatisch gewendet. Die Branche leidet seit Jahren an einem Überangebot und an einem enormen Preiskampf. Hinzukommen offene Grenzen, die den deutschen Tiefkühlbackwarenherstellern enorme Konkurrenz auch aus Osteuropa bescheren.

Meine Damen und Herren! Das alles führt in der Summe zu Konzentrationsprozessen, zu Umstrukturierungen, zu Fusionen und nicht zuletzt auch zur Optimierung der Geschäftsmodelle. Das ist ein vollkommen normaler Prozess, wenn man im harten Wettbewerb bestehen will.

Die Auslastung eines Unternehmensteils sagt nichts über die Effizienz der Produktion aus. In der Backwarenindustrie zählt jeder Cent. Damit sind natürlich auch die Transportkosten ein Problem, zumal wenn die Anbindung an eine Region immer noch weit hinter den Notwendigkeiten einer zeitgemäßen Infrastruktur zurückliegt.

Trotzdem betone ich, dass die Förderung von Fricopan seinerzeit richtig war. Auch wenn wir jetzt einen sehr schmerzhaften Prozess erleben müssen: Ich kann die Sorgen und den Schmerz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Immekath verstehen, habe aber die Hoffnung, ein Nachfolgeunternehmen für den Weiterbetrieb zu finden.

Als Wirtschaftspolitiker der CDU-Fraktion kann ich das Agieren in der Öffentlichkeit nicht verstehen. Wenn wir es wirklich ernst meinen mit der Anwerbung neuer Investoren und der Schaffung von neuen Arbeitsplätzen, dann ist es vollkommen kontraproduktiv, dass man einem internationalen Konzern in aller Öffentlichkeit Fördermittelbetrug vorwirft. Das hilft wenig bei der aktuellen Suche nach einem neuen Investor; denn die Entwicklungen in der Altmark werden in vielen Unternehmen und Konzernzentralen aufmerksam beobachtet, so wie auch das Agieren der Politik.

(Swen Knöchel, DIE LINKE: Und da sollen wir ruhig sein? - Weitere Zurufe von der LINKEN)

Glauben Sie, dass das Land Sachsen-Anhalt nach einer derartigen öffentlichen Begleitmusik im Ranking der bevorzugten Wirtschaftsstandorte weiter nach oben rückt? Auch halte ich die Kritik an den Arbeitsplätzen in Eisleben für inakzeptabel. Hier werden Beschäftigte gegeneinander ausgespielt. Es ist richtig, dass damals - auch das sage ich mit aller Deutlichkeit - noch zwei unterschiedliche Hersteller durch das Land gefördert wurden; beide im Übrigen in zwei extrem strukturschwachen Regionen unseres Landes.

Die Arbeitslosigkeit im Arbeitsagenturbereich Sangerhausen zählt noch heute zu den höchsten, weil es in der Nähe keinen Wirtschaftsstandort Wolfsburg oder Uelzen gibt. Auch das gehört zur Wahrheit.

Dass Landesförderung an Vorgaben gebunden wird und dass bestimmte Steuerungsfunktionen politisch organisiert werden, ist ein normaler Prozess, den auch wir so wollen. Dennoch müssen wir die Realitäten im Blick haben. Investitionsförderung wird nur dann erfolgreich sein, wenn wir

sie so ausgestalten, dass sie attraktiv für die Unternehmen bleiben und unternehmerische Entscheidungen weiterhin ermöglichen.

Das Schicksal vieler Konzerne zeigt, dass die Internationalität und die Größe eines Unternehmens kein Garant für einen dauerhaften Verbleib am Markt sind. Das gilt für die Aryzta AG genauso wie für Nokia im Mobilfunkbereich.

Ich bin dem Wirtschaftsminister außerordentlich dankbar, dass er umgehend gehandelt hat, und ich hoffe, wie sicherlich alle hier im Plenum, dass für die Beschäftigten eine Lösung mit einem Nachfolger gefunden wird.

Deswegen, meine Damen und Herren, plädieren wir als CDU und als Koalitionsfraktion für eine Überweisung des Antrages in den Wirtschaftsausschuss. Wir möchten anregen und hoffen dabei auf eine breite Unterstützung, darüber bereits in einem Tagesordnungspunkt am kommenden Donnerstag in der 1. Sitzung des Wirtschaftsausschusses zu beraten.

Wir sollten dann sicherlich auch über die Frage diskutieren - dafür reicht heute die Zeit nicht aus -, wie es beispielsweise sein kann, dass diese Entscheidung - wir haben es bereits gehört - sehr überraschend kam. Ferner wird die Frage zu stellen sein, wie der seinerzeitige Betriebsrat mit der Geschäftsleitung zusammen agiert hat, dass es diesbezüglich keine Vorinformationen, keine Vorwarnungen gab, sondern dass selbst der Betriebsrat dort vollkommen überrascht wurde.

(Swen Knöchel, DIE LINKE: Das stand in der Zeitung!)

Ich würde mich über Ihre Zustimmung zur Überweisung des Antrages in den Wirtschaftsausschuss freuen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Einen kleinen Augenblick, Herr Abg. Thomas. Es gibt eine Nachfrage der Abg. Hohmann. Möchten Sie diese beantworten?

Sehr gern.

Frau Hohmann, bitte. Treten Sie an das Mikrofon.

Herr Thomas, nur eine kurze Nachfrage bzw. eine Verständnisfrage. Sie haben in Ihrem Beitrag auf der einen Seite ausgeführt, dass wir uns in der Politik bei der Ansiedlung von Unternehmen mehr oder weniger heraushalten sollten. Man sollte es

den Unternehmen überlassen, darüber zu entscheiden, wo sie sich etablieren wollen. Auf der anderen Seite sprachen Sie davon, dass kleine Gewerke, zum Beispiel Bäckereien, geschlossen haben und dass das Ihnen - so habe ich es herausgehört - auch ein wenig leid tut. Das ist für mich ein Widerspruch. Vielleicht können Sie helfen, diesen aufzuklären.

Herr Thomas, bitte.

Das will ich gern versuchen. Ich habe versucht, auch Ihnen zu erklären, Kollegin Hohmann, dass wir insbesondere in diesem Wirtschaftszweig eine sehr starke Wettbewerbssituation haben, die sich von Jahrzehnt zu Jahrzehnt verändert hat und die wir als Konsumenten gern in Kauf genommen haben. Es ist auch so, dass wir genau deswegen, weil sich die Wettbewerbs- und die Marktsituation in vielen Branchen fortwährend ändert, permanent an der GRW-Richtlinie nachjustieren müssen, damit wirklich diejenigen, die die Förderung brauchen, auch die Förderung erhalten können.

Dabei können wir heute noch nicht sagen, welche Branchen das in fünf oder in zehn Jahren sein werden, die dann von uns entsprechend gefördert werden müssen bzw. welche Branchen dies nicht nötig haben. Deshalb habe ich darauf noch einmal hingewiesen.

Es gibt eine weitere Nachfrage der Kollegin Frederking.

Sehr gern.

Bitte, Frau Frederking, gehen Sie ans Saalmikrofon.

Herr Felgner hat ausgeführt, dass es sich bei den Unternehmen Fricopan und Klemme zwar um getrennte Unternehmen handelt, die aber einem Mutterkonzern angehören. Üblicherweise führen die Tochterunternehmen an den Mutterkonzern Mittel ab. Wie bewerten Sie diese Verquickung? Ist es seriös zu sagen, dass es getrennte Unternehmen sind, die nichts miteinander zu tun haben und demzufolge auch in der Förderpolitik und in den Bedingungen, die man stellt, getrennt zu betrachten sind?

Herr Thomas, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Nun muss man festhalten: Als die Förderung der einzelnen Unternehmen seinerzeit erfolgte, waren diese noch nicht unter einem Dach. Das hat sich erst im Verlauf der Jahre ergeben. Es ist natürlich schwierig, von vornherein auszuschließen, dass das Unternehmen A, das ich heute fördere, eventuell in drei, vier, fünf Jahren zu einem Unternehmen B geht, das auch schon gefördert wurde.

Aber ich denke schon - darauf hat der Minister zu Recht hingewiesen -, dass wir uns darüber abstimmen müssen, dass es keine Verlagerungen innerhalb der Bundesländer gibt und diese Unternehmen dann eine neue Förderung genießen. Es ist wichtig, dass wir nicht in einen Fördermittelwettbewerb mit anderen Bundesländern kommen. Ich denke, das gilt es zu vermeiden. Dazu wird auch die Diskussion im Wirtschaftsausschuss beitragen.

Es gibt jetzt durch Ihre Beantwortung, Herr Abg. Thomas, weitere Nachfragen.

Herr Präsident, ich würde anregen: Ich habe einen Antrag auf Überweisung in den Wirtschaftsausschuss gestellt und glaube, dass dort der richtige Platz ist, um über diese Dinge zu beraten. Ich möchte das jetzt nicht in die Länge ziehen, sondern würde dem Kollegen gern anbieten, darüber mit ihm im Ausschuss zu diskutieren. Ich bitte um Verständnis, dass ich jetzt keine weiteren Fragen beantworten möchte.

(Beifall bei der CDU)

So ist es dann. Vielen Dank, Herr Abg. Thomas.

(Swen Knöchel, DIE LINKE: Es kommt eine Intervention!)

- Bitte? - Eine Intervention. Bitte.

Ich habe eine Korrektur dazu. Die Klemme AG oder jetzt die Klemme GmbH gehört seit dem Jahr 2013 zum Aryzta-Konzern. Erst im Jahr 2014 wurde gebaut und wurden die Fördermittel ausgereicht. Es besteht schon ein enger Zusammenhang zwischen Fricopan und Klemme.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank für den Hinweis aus Ihrer Sicht. - Für die Fraktion der AfD spricht der Abg. Herr Lieschke. Bitte, Sie haben das Wort.

Werter Präsident! Werte Abgeordnete! Wir als AfD-Fraktion sehen die Notwendigkeit zu einer grundlegenden Neuausrichtung der Wirtschaftsförderung des Landes Sachsen-Anhalt ebenso wie die antragstellende Fraktion.

Die Causa Fricopan Back GmbH ist ein erneuter Beleg für die fehlgeleitete Wirtschaftspolitik der abgewählten schwarz-roten Landesregierung.

Überhaupt haben es die Landesregierungen der Altparteien in den vergangenen 25 Jahren nicht vermocht, eine kohärente Wirtschaftspolitik für das Land Sachsen-Anhalt zu entwerfen und zu implementieren.

Das Ergebnis von 25 Jahren fehlgeleiteter Wirtschafts- und Wirtschaftsförderungspolitik lässt sich unter anderem dem sogenannten Prognos Zukunftsatlas 2016 entnehmen.

Drei der insgesamt zehn Regionen mit dem schlechtesten Ranking in einem ökonomischen Kontext finden sich in Sachsen-Anhalt. Unter Einbeziehung der zweitschlechtesten Kategorien handelt es sich dabei sogar um zehn von 14 Landkreisen und kreisfreien Städten aus Sachsen-Anhalt.

Das, meine Damen und Herren, ist ein Armutszeugnis für die Altparteien, insbesondere für die CDU und die SPD.

(Beifall bei der AfD)

Stellvertretend für das Versagen der genannten Parteien in Fragen der Wirtschafts- und Wirtschaftsförderungspolitik sind nicht nur die von den Antragstellern aufgeführten Beispiele der Aryzta AG bzw. der Fricopan Back GmbH und der Klemme AG, sondern auch die Machenschaften rund um die IBG und GoodVent zu nennen, die - das sei nur nebenbei bemerkt - in unseren Augen noch immer nicht zufriedenstellend geklärt sind.

(Zustimmung bei der AfD)

Bei dem Geistergewerbegebiet vor Bitterfeld und den Ruinen gescheiterter Regionalflughafenprojekte handelt es sich zudem um Mahnmale wirtschaftspolitischer Inkompetenz.