Protocol of the Session on October 24, 2018

(Zuruf von André Poggenburg, AfD)

„Die Meinungs- und Kunstfreiheit, auf die die Band sich gern beruft, kann bei so viel angestautem Hass auf friedliebende Bürger in ostdeutschen Provinzen kein Argument mehr sein, die nur unzulänglich verdeckte Gewaltverherrlichung zu dulden. Da hilft es auch nicht, dass die Gruppe zur Tarnung mit ‚Warten auf das Meer‘ eine grönemeyeristische Ballade mit viel Herz einstreut.“

So die „taz“. Das muss man nicht weiter vertiefen. Das spricht für sich.

Ich frage einmal: Wollen wir als Nächstes beispielsweise Bushido einladen? - Ich darf einmal Bushido zitieren. Wonach hat das ZDF entschieden? - Sie können entscheiden, aber sie müssen die Rückfragen dazu natürlich auch erdulden. Geht es nach veröffentlichten Platten? Geht es

nach Zuspruch? Wonach geht es? - Die Frage kann man ruhig einmal beantworten. Man kann frei entscheiden, aber man muss sich der Nachfrage stellen.

Herr Gebhardt, Sie haben ja beispielsweise den „Echo“ für die Verteidigung dieser Punkband aus Mecklenburg-Vorpommern gebracht. Bushido und der „Echo“ haben ja auch Geschichte geschrieben.

Bushido O-Ton:

„[…]Ich verkloppe blonde Opfer, so wie Oli Pocher. Ich mach‘ Schlagzeilen, fick deine Partei, und ich will, dass Serkan Tören jetzt ins Gras beißt. Yeah, Yeah. […] Ich schieß‘ auf Claudia Roth und sie kriegt Löcher wie ein Golfplatz …“

Wollen wir das alles verteidigen? Wollen wir das promoten mit öffentlich-rechtlichen Sendern, und das noch in Weltkulturerbestätten? - Ich sage Nein. Vielen Dank, Frau Perren, dass Sie gründlicher nachdenken als so manche Redakteure beim ZDF.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung bei der AfD)

Kunstfreiheit bedeutet nicht das Verbot jeglicher Kritik. Kunstfreiheit beschreibt ein demokratisches Grundrecht auf künstlerische Betätigung an sich sowie auf die Darbietung und Verbreitung von Kunstwerken - ein hohes Gut, das zu verteidigen ist.

Kunstfreiheit muss verteidigt werden. Freiheitsrechte zu verteidigen heißt aber nicht, auch den Feinden freiheitlicher Grundrechte gelähmt zuzusehen, und schon gar nicht, sie zu unterstützen.

Ich sage das auch bei so manchem Applaus, der da hier und dort einmal kommt. Ich will einmal Marc Jongen von der AfD erwähnen, der selber davon spricht, dass die Entsiffung des Kulturbetriebs in Angriff genommen werden muss, und es werde ihm persönlich eine Freude und eine Ehre sein.

Das Thema Entsiffung haben leider auch Herr Tillschneider und viele andere hier schon erwähnt. Mir dreht sich dabei der Magen um. So fing es im Jahr 1933 auch an. Gerade weil wir einer solchen Verrohung glaubhaft entgegentreten wollen, müssen wir bei Linksextremen wie bei Rechtsextremen gleichermaßen wachsam sein.

(Beifall bei der CDU und bei der AfD)

Am Ende solcher Hetze sterben immer Menschen.

(Beifall bei der CDU und bei der AfD)

In der Debatte wurde die großartige Chance verpasst, sich für etwas anderes als für einen

Werbeblock für eine linksextreme Punkband auszusprechen.

An dieser Stelle noch einmal etwas zur Geschichte des Bauhauses. Hierzu wurde zitiert. Ich persönlich bin ein großer Fan des Bauhauses, befasse mich seit Jahren damit, und ich bin wirklich stolz darauf, dass das Bauhaus bei uns im Lande ansässig ist und wir dieses kulturelle Erbe haben. Aber offensichtlich hat sich kaum jemand, der über die Geschichte und die Bedeutung des Bauhauses spricht, mit derselben wirklich befasst.

Das Bauhaus war nie eine Hochschule für Politikwissenschaften. Angefangen von von 1919, als es die Großherzoglich-Sächsische Hochschule gab, die dann mit der inzwischen aufgelösten Kunstschule vereinigt wurde, bis hin zu den letzten Tagen gab es einen einzigen Bauhaus-Direktor, der wirklich parteipolitisch im wahrsten Sinne war. Das war Hannes Meyer, der bekennende Marxist, der seine Studenten auch zum kommunistischen Engagement aufrief. Das war der Einzige.

Aber wenn Sie die Schriften derer lesen, die dort tätig waren, wenn Sie die Geschichte nachlesen, wenn Sie sich das, was alles verfügbar ist, ansehen, dann stellen Sie fest, dies war keine parteipolitische Auseinandersetzung. Es war neues Denken in Städteplanung. Es war neues Denken in Architektur. Es war das Verschmelzen von Handwerk, Architektur, Ingenieurkunst und vielem anderen mehr bis hin zum Tanztheater.

Es ist eine so großartige Geschichte und deswegen appelliere ich an uns - zwei Dinge zum Abschluss -: Lassen Sie uns wirklich wahrhafte Demokraten sein, die weder auf dem rechten noch auf dem linken Auge blind sind. Lassen Sie uns die einzigartige Geschichte dieses Bauhauses verteidigen und nicht zum Spielball parteipolitischer Schlachten machen.

Hiervon glauben andere zu profitieren, nicht nur die linksextreme Band aus Mecklenburg-Vorpommern, diese Tanzcombo der Antifa. Wenn man liest, was gestern erschienen ist, dann glaubt man auch in Weimar und Berlin, von dieser Debatte zu profitieren. Nicht Weimar und nicht Berlin, sondern Dessau steht für die schöpferisch aufbrechende und einzigartige Geschichte des Bauhauses.

Deswegen verteidigen wir, Frau Perren, das Bauhaus und unser kulturhistorisches Erbe. Dazu rufe ich uns auf.

(Beifall bei der CDU, bei der AfD und von der Regierungsbank)

Vielen Dank, Herr Abg. Gürth. Es gibt mehrere Fragen. Die erste Frage richtet sich von

Herrn Gallert an Ihre Person. Dann haben wir noch Herrn Dr. Tillschneider und Frau Frederking vorgemerkt.

Herr Gürth, das ist eine Intervention. Ich will nur auf einen einzigen Umstand hinweisen. - Herr Gürth, Sie haben Frau Perren für ihre Entscheidung ausdrücklich inhaltlich gelobt. Heute ist - darüber will ich Sie nur informieren - ein langes Interview mit ihr in der „Zeit“ zu lesen, in dem sie sich ausdrücklich davon distanziert, dass die Untersagung dieses Konzertes irgendetwas mit der inhaltlichen Ausrichtung dieser Band zu tun hat. Sie hat gesagt, dass es dafür nur einen einzigen Grund gegeben hat, und zwar die Androhung rechtsextremistischer Aufmärsche, die dazu geführt hätten, dass das Bauhaus in seiner Substanz in Gefahr geraten wäre.

(Zurufe von der CDU)

Die Polizei hat dem ausdrücklich widersprochen.

Frau Perren hat ausdrücklich gesagt, sie distanziert sich von einer inhaltlichen Distanzierung von dieser Band. Es gab nur einen Grund, und zwar die Gefahr für die Bausubstanz wegen rechtsextremistischer Aufmärsche. Deswegen ist es nicht ganz fair - ich glaube, zumindest ab dem heutigen Tag -, sie für eine solche Argumentation in Anspruch zu nehmen.

(Zurufe von der CDU)

Herr Gürth, Sie können darauf erwidern.

Es steht Frau Perren natürlich frei, sich entsprechend zu distanzieren. Ich distanziere mich nicht von dieser Band. Ich habe das nur als zusätzlichen Grund empfunden, auch diese Entscheidung zu treffen, die sie getroffen hat.

(Eva von Angern, DIE LINKE: Wir sind über- rascht! - Sebastian Striegel, GRÜNE: Wir sind überrascht!)

- Ich bin nicht überrascht.

Ich denke, Herr Gürth wird das erst im Nachhinein mitbekommen, dass er sich jetzt versprochen hat. Oder er hat das tatsächlich so gemeint, als er sagte:

(Zuruf von Siegfried Borgwardt, CDU)

Ich distanziere mich nicht.

Nein, ich distanziere mich nicht von dem, was dieser Combo aus Mecklenburg-Vorpommern vorgeworfen wird. Es ist eine linksradikale Band.

(André Poggenburg, AfD: Oh!)

Und nicht weil sie links oder linksradikal ist, sondern weil sie in ihren Texten rechtsstaatliche Institutionen, die unsere freiheitlichen Grundrechte, die wir heute garantieren, ablehnt. Weil sie aufruft, dagegen einzutreten.

(Zuruf von André Poggenburg, AfD)

Weil sie Gewalt verherrlicht. Ich sage denen, die das gerade hier machen, nämlich sich zum Prätorianer gewaltverherrlichender Kunst - in Anführungsstrichen - auftun. Wie glaubwürdig wollen Sie künftig gegen Gewalt als Mittel zur Politik eintreten? - Die Glaubwürdigkeit schmilzt dahin wie Butter in der Sonne.

Wenn man gegen Gewalt ist, muss man gegen Gewalt sein als politisches Mittel von rechts, von links oder aus anderer Ecke kommend. Immer oder gar nicht, ansonsten hat man in diesem Punkt keine Glaubwürdigkeit.

(Beifall bei der CDU und bei der AfD - Zu- stimmung von Ministerpräsident Dr. Reiner Haseloff und von Minister Holger Stahl- knecht)

Herr Abg. Gürth, es gibt noch zwei weitere Fragesteller. Herrn Dr. Tillschneider habe ich schon genannt und Frau Frederking. - Bitte, Herr Dr. Tillschneider.

Zunächst eine Nachfrage: Habe ich es richtig verstanden, dass Sie die AfD in Verbindung mit den Nazis gebracht haben, mit 1933, weil Kollege Jongen erklärt hat, er arbeite an der Entsiffung des Kulturbetriebs? Habe ich das richtig verstanden?

Herr Gürth.

Genau so habe ich es gemeint.