Protocol of the Session on September 27, 2018

Aber auch die Region hat einen Mehrgewinn, da Handwerksmeister in der Regel vor Ort sind, während Bauträger meist überregionale Firmen sind.

Anders als in den alten Bundesländern soll die Bauvorlageberechtigung nicht automatisch mit dem Erlangen des Meisterbriefes erteilt werden. Stattdessen soll ihnen die Möglichkeit eingeräumt werden, sich weiterzubilden und in einer Prüfung die Fachkenntnisse nachzuweisen.

Daraus ist abzuleiten, dass die Erstellung von Bauvorlagen durch einen Meister oder Techniker in einem noch festzulegenden Umfang ermöglicht werden muss. Das habe ich ja mehr oder weniger schon einmal angeschnitten.

Jetzt noch einmal kurz, warum es zu diesem Antrag der AfD-Fraktion kommt. Viele Handwerksmeister haben uns dieses Problem angetragen. Beim Handwerkerfrühstück - ich war leider nicht zugegen - wurde durch einen Handwerksmeister gefragt, warum er in seinem Bundesland danach arbeiten darf, ihm das 5 km weiter, in SachsenAnhalt, nicht mehr möglich ist. - Das ist sicherlich auch schwer nachvollziehbar.

So wie ich auch in dem Kontext - - Herr Minister Webel ist ja nicht so sehr begeistert von dieser Variante. Vielleicht wird Herr Meister dazu nachher noch etwas sagen. Die Stellungnahme der Regierung auf die Kleine Anfrage von Herrn Meister war ja aus meiner Sicht sehr, sehr traurig.

(Zuruf von Olaf Meister, GRÜNE)

Aber ich sage erst einmal nichts. Dazu werden Sie sich sicherlich äußern.

Herr Minister Webel, viele Kollegen von Ihnen sind ja der Auffassung, dass das wirklich notwendig ist in unserer Bauordnung. Ich hoffe auch, dass hier nachher die Zustimmung dazu gegeben wird.

Ich bin schon der Auffassung, dass das ein Weg nach vorn ist. Wir sollten uns auch darüber einig sein, dass wir dem Handwerksmeister mehr Bewegungsfreiheit, mehr Aktivitäten ermöglichen;

das ist unser Anliegen. Ich bitte darum, diesem Antrag von uns zuzustimmen. Wir werden sehen, wie die Debatte dazu aussieht. Ich habe nachher vielleicht noch einmal fünf oder drei Minuten Rederecht. - Ich danke erst einmal.

(Beifall bei der AfD - Zustimmung von Frank Scheurell, CDU)

Es gibt keine Nachfragen. Deswegen können wir nunmehr in die Dreiminutendebatte eintreten. Bei der Landesregierung ist noch offen gelassen worden, ob der Herr Webel sprechen möchte.

(Minister Thomas Webel: Ich verzichte!)

- Er verzichtet. - Deswegen kommen wir sofort zur SPD-Fraktion. Für die SPD-Fraktion spricht der Abg. Herr Grube.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben einen Antrag auf dem Tisch, der, wie Herr Mittelstädt es schon gesagt hat, aus dem Handwerkerfrühstück aus dem August resultiert und der ein Thema aufgreift, das auf den ersten Blick bestechend logisch klingt. Wir wollen das Handwerk stärken. Ich glaube, es gibt niemanden in diesem Parlament, der das anders sieht.

Die Qualifikation von Meisterinnen und Meistern in den Handwerksberufen ist dem Bachelor gleichgestellt, und jeder, der diese Qualifikation hat, und jeder, der solch eine lange Berufserfahrung hat, kann bei diesen vergleichsweise einfachen Planungen, wie sie in der kleinen Bauvorlageberechtigung in anderen Bundesländern erwartet werden, die Sachen, die zu planen sind, tatsächlich verlässlich planen.

Insofern gibt es bei uns eine sehr hohe Sympathie dafür, das auch in Sachsen-Anhalt einzuführen.

(Siegfried Borgwardt, CDU: So ist es!)

Jetzt komme ich aber zum Aber. - Ja, Frank Scheurell, jetzt komme ich zum Aber. - Wir haben eine Erfahrung in anderen Bundesländern, die positiv ist; das ist keine Frage. Und wir haben einen Großteil der Bundesländer, welche die kleine Bauvorlageberechtigung haben. Wir haben aber auch ein Bundesland Nordrhein-Westfalen, das diese wieder abgeschafft hat. Und wir haben ein Bundesland Mecklenburg-Vorpommern, wo erst kürzlich diese Diskussion geführt wurde, wo sie auch nicht eingeführt wurde.

Ich will wenigstens zwei Aspekte nennen, die dort dafür gesprochen haben, es nicht zu machen. Wir haben in Sachsen-Anhalt - ich glaube, 2006 - das Bauordnungsrecht ein bisschen entbürokratisiert. Bei dieser Entbürokratisierung ist herausgekom

men, dass die Bauordnungsämter die Einhaltung der Bauordnung nicht mehr nach dem Vieraugenprinzip prüfen.

Es gibt ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das die Gefahrenabwehr bei Bauleistungen sehr weit nach oben rankt. Danach ist es in SachsenAnhalt notwendig, dass zertifizierte Stellen, also eben nicht Handwerksmeister, sondern Architekten und Bauingenieure, die das in ihrer Ausbildung hatten, die ganzen Fragen wie Standsicherheit usw. abprüfen und die Bauunterlagen einreichen. Dann wird das bei den Bauordnungsämtern nicht mehr geprüft.

Das Zweite, was tatsächlich ein Problem ist, wenn wir das jetzt sofort so beschließen würden, wie das die Handwerkskammern auch wollen, ist die Frage Bauplanung und Bauausführung aus einer Hand. Das klingt erst einmal nicht problematisch, ist es aber spätestens dann, und zwar für Verbraucherinnen und Verbraucher, wenn Handwerker das nicht versichern können. Das ist natürlich ein Problem.

Weil wir auf der einen Seite die Probleme sehen, auf der anderen Seite das eigentlich für SachsenAnhalt gern hätten, möchten wir, dass dieser Antrag in den Ausschuss überwiesen wird. Wir kündigen hier schon an, dass wir dazu eine Anhörung mit den entsprechenden Verbänden, mit den Handwerkskammern, mit der Ingenieurkammer und wer ansonsten dazu anzuhören ist, machen. Wir würden dann als Koalition im Ergebnis dieser Anhörung entscheiden, inwieweit das tatsächlich etwas für die Bauordnung in Sachsen-Anhalt ist.

Den Wunsch - das kann ich, glaube ich, für die Gesamtkoalition sagen - haben wir. Das, was ich eben als Aber hier angeführt habe, muss dennoch geklärt sein, damit für alle Seiten, sowohl für die Handwerkerinnen und Handwerker als auch für die Verbraucherinnen und Verbraucher, am Ende eines steht: ein gutes Produkt made in Germany.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung bei der CDU)

Jetzt gibt es eine Frage aus der AfD-Fraktion. - Sie haben das Wort.

Es klang gerade bei Ihnen so, als ob die Meister nicht in der Lage sind, ein Fenster in den Dachstuhl zu setzen, weil das sozusagen eine Sache der Haftung und der Versicherung ist, dass dafür, wenn das schief geht, keiner haftet. Also, die Handwerker sind schon in der Lage, das, was sie

bauen, ordentlich zu planen und zu projektieren. Sie sind die Praktiker, die das jeden Tag machen. Ich stelle mir die Frage, wie Sie auf die Meinung kommen, dass ein qualifizierter Meister kein Fenster in ein Dach einbauen kann. Und eine Versicherung gibt es für diese Fälle übrigens.

Ich glaube, Sie haben mir nicht richtig zugehört. Ich habe am Anfang gesagt, dass das den Handwerksmeisterinnen und Handwerksmeistern selbstverständlich ohne Weiteres zuzutrauen ist. Sie können das gern im Protokoll lesen. Ich habe genau das, was Sie mir unterstellt haben, nicht gesagt, sondern genau das Gegenteil. Selbstverständlich sind sie dafür qualifiziert.

Trotzdem müssen im Fall von Haftungen - auch ein Fenstereinbau kann mal schief gehen, und wenn der im Dach schief geht, schimmelt Ihnen die Bude weg - Vorkehrungen getroffen werden. Dazu gehören Fragen der Gewährleistung, die bitte zu klären sind, bevor wir das in ein Gesetz schreiben. Diese Klärung wollen wir in einer Anhörung im Ausschuss herbeiführen, damit die qualifizierte Arbeit von Handwerkerinnen und Handwerkern am Ende nicht auch vor Gericht schief geht für den Fall, dass die 0,01 % Wahrscheinlichkeit einer Fehlleistung, die im normalen Leben passieren kann, eintritt.

Damit gehen wir weiter in der Debatte. Für die Fraktion DIE LINKE spricht der Abg. Herr Henke. Herr Henke, Sie kommen nach vorn und haben das Wort.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Forderung nach Aufnahme der kleinen Bauvorlageberechtigung in die Landesbauordnung ist so alt wie die Bauordnung von Sachsen-Anhalt selbst.

Als Vertreter des Baugewerbeverbandes hatte ich auch vor 25 Jahren die Aufgabe, diese Forderung gegenüber der Politik zu vertreten, und damit war ich erfolglos.

(Minister Marco Tullner: Aber so alt sind Sie doch eigentlich noch gar nicht!)

Nun, nach Jahrzehnten, haben auch die Handwerkskammern dieses Thema für sich entdeckt. Damals ließen sie mich mit meiner Forderung alleine. Das von ihnen formulierte Vorbringen findet sich nun ziemlich präzise im Antrag der AfD-Fraktion. Das ist wohl auch ein Grund für

seine sprachliche und sachliche Ausgewogenheit, der uns dieses Mal die sonst bekannte Deutschtümelei erspart.

(Heiterkeit bei der LINKEN und bei der SPD)

Aus der von mir erwähnten eigenen Berufserfahrung heraus kenne ich aber auch die Gegenargumente und die Bedenken, die es hierbei gibt. Die Anforderungen sind für einen Handwerksmeister hierbei erheblich; denn er hat sich mit vielen Dingen zu beschäftigen. Er muss als Bauvorlageberechtigter zum Beispiel einen Übersichtsplan, einen Lageplan, die Bauzeichnungen, die Baubeschreibung, die Standsicherheitsnachweise, die Ausführungszeichnungen, die anderen bautechnischen Nachweise und gegebenenfalls noch die Grundstücksentwässerung darstellen.

(Zuruf von Frank Scheurell, CDU)

Das sind für einen Betonbauer, für einen Maurermeister und einen Zimmermann meistens fachfremde Gewerke, für die er dann aber zu zeichnen hat. Das muss man hierbei berücksichtigen.

Hier ist schon darauf hingewiesen worden, dass es da es eben zunehmende fachliche Anforderungen, ein größeres Haftungsrisiko und gegebenenfalls auch Versicherungsprobleme gibt.

Diskussionswürdig ist auch die vermeintlich verbraucherfreundliche Argumentation, die sich im Begründungstext wiederfindet: Leistungen aus einer Hand als Alternative zum Bauträger. Aber, sehr geehrte Damen und Herren, wenn die Entwurfsplanung, die Ausführungsplanung, die Bauvorlage an die Bauämter, die Bauausführung und die Bauüberwachung in einer Hand liegen, hat das erfahrungsgemäß nicht immer nur Vorzüge für die Bauherrschaft - nicht wahr, Kollege Scheurell?

(Frank Scheurell, CDU: Richtig!)

Denn wer überwacht sich schon selbst?

Diese Dinge müssen wir erörtern. Insoweit stimme ich dem Vorschlag von Dr. Grube zu, dass wir hierzu im Fachausschuss eine große Anhörung vornehmen, das Für und Wider miteinander abwägen und dann zu einer Entscheidung kommen. Dazu sollten tatsächlich alle angehört werden, die Architektenkammer, die Ingenieurkammer, die beratenden Ingenieure, der Baugewerbeverband, die Handwerkskammern natürlich auch. Dann wird dazu zu beraten sein. - Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der LINKEN - Zustimmung von Frank Scheurell, CDU)

Herr Henke, Herr Lieschke hat noch eine Frage, nur so einmal als Info. - Herr Lieschke, Sie haben das Wort.

Eine Kurzintervention. - Der Redner sagte gerade, dass der Meister dann eine Planung machen muss, Zeichnungen stattzufinden haben, Konstruktionszeichnungen zu erstellen und diese Sachen einzureichen sind. Genau dies gehört zu der Ausbildung eines Meisters im Zimmereiberuf. Vielleicht sollten Sie einmal in die Ausbildungsordnung schauen. Es ist immer schlecht, wenn man mit gefährlichen Halbwahrheiten kämpft. Das gehört einfach zur Ausbildung dazu, solche Sachen zu können - nur dass er es am Ende dann nicht durchführen darf, weil eben die Bauordnung das verhindert.

Sie können, wenn Sie wollen, reagieren, Herr Henke.

Ich habe jetzt Anlass, den Kollegen darauf hinzuweisen, dass ich selbst angehende Zimmerermeister unterrichtet habe.