Im Übrigen haben wir in der Kommunalverfassung, die dem Parlament zugeleitet worden ist, die Quoren dementsprechend gesenkt haben. Sie haben in Ihrer Pressemitteilung das abgeschrieben, was wir gerade in das Kabinett eingebracht hatten; aber auch das gehört zum Geschäft. - Herzlichen Dank.
Ich sehe keine Fragen und danke Minister Herrn Stahlknecht für die Ausführungen. - Für die SPD spricht die Abg. Frau Schindler. Frau Schindler, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte nicht verhehlen, dass ich teilweise Sympathien für den vorgelegten Gesetzentwurf hege. Wir, die SPD, haben in unserem Wahlprogramm die Verbesserung der direkten Demokratie als Mittel der politischen Beteiligung und des Erfahrens der Möglichkeit der politischen Einflussnahme durch aktive Teilnahme an der Demokratie vorgesehen und deutlich gemacht, dass wir dieses auch unterstützen.
Wir wollen mit diesen Elementen die repräsentative Demokratie bereichern. Daher teile ich auch die Aussage in der Begründung zu Ihrem Gesetzentwurf, dass Volksbegehren, Volksentscheide sowie Volksreferenden den parlamentarischen Weg der Gesetzgebung sinnvoll ergänzen können.
Aber es bleibt die Frage, ob die repräsentative Demokratie nicht auch gerade von der Verantwortung für die Bevölkerung legitimiert wird. Sie als unbeeinflussbare Entscheidungsinstanz muss abseits von Mainstream, Beliebigkeit, Trends und Tagesaktualität Entscheidungen vorbereiten und treffen. Sie darf und muss bisweilen in ihren Entscheidungen unbeliebt sein, um aber fest orientiert an den Verfassungsgrundsätzen richtige Lösungen und Entscheidungen für die Zukunft zu treffen.
Um - das sage ich als Sozialdemokratin - Solidarität, Chancengleichheit und soziale Gerechtigkeit zu schaffen, ist dieser Verfassungsgrundsatz der grundsätzliche Bestandteil unserer Verfassung, auf dessen Grundlage Entscheidungen getroffen werden müssen.
Diese Spannung, zwischen aktuellen Bedürfnissen und Anforderungen der Bevölkerung eine weitsichtige und zukunftsgehende, aber hier und da gelegentlich unbequeme Politik zu machen, ist bei der Bemessung der Quoren zu berücksichtigen.
Herr Lippmann, Sie haben genau an dieser Stelle sehr ausführlich ausgeführt, warum sie zu bestimmten Quoren und Quorenhöhen gekommen sind. Genau an dieser Stelle hinterfrage ich aber auch den Gesetzentwurf. Ich sehe, dass die von Ihnen gewählten Quoren dem nicht gerecht werden. Sie fordern Einwohnerinitiativen mit 1 000 Unterstützungsunterschriften. Sie fordern, dass die Quoren für Volksinitiativen von 30 000 auf 10 000 Unterschriften herabgesetzt und für Volksbegehren von 9 %, also derzeit etwa 160 000 Wahlberechtigte, auf 100 000 Wahlberechtigte festgeschrieben werden sollen. Diese Quoren erscheinen insgesamt zu niedrig und verändern die Balance von repräsentativer und direkter Demokratie.
Wir, die Koalitionsfraktionen, werden den Prozess der Erarbeitung eines eigenen Gesetzentwurfes zur direkten Demokratie auch auf Landesebene, wie wir es uns im Koalitionsvertrag vorgenommen haben, voranbringen. Die Diskussion dazu ist unter den Koalitionsfraktionen derzeit noch im Gange. Ich bitte Sie, die Fraktion DIE LINKE, daher, die Vorschläge, die Sie mit diesem Gesetzentwurf eingebracht haben, in die Beratung des Gesetzentwurfes, den wir vorlegen werden, einzubringen. - Vielen Dank.
Ich sehe auch hierzu keine Fragen. Ich bedanke mich bei Frau Schindler für die Ausführungen. - Für die AfD spricht der Abg. Herr Lehmann. Herr Lehmann, Sie haben das Wort.
Vielen Dank. - Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Damen und Herren! Rückblick: Die AfD-Fraktion brachte im Dezember 2017 an diesem Pult den Gesetzentwurf zur Änderung der Landesverfassung und für mehr direkte Demokratie ein. Richtig? - Daran kann ich mich erinnern. Genau an diesem Pult, genau an diesem Mikrofon haben wir gestanden und unseren Gesetzentwurf eingebracht.
DIE LINKE, damals in Person von Herr Gebhardt, machte in der Bütt nicht viel Brühe mit mehr Demokratie fürs Volk und lehnte den Gesetzentwurf der AfD ab. Seltsam, es fällt immer wieder auf: Wenn die AfD vorstößt und Vorschläge macht, dann ist das populistisch und abzulehnen - ein
Riesengetöse hier im Haus. Dann werden die Themen aufgegriffen, übernommen, abgeschrieben und wieder eingereicht.
Das merkt mittlerweile jeder Bürger da draußen. Heute stellt sich dieselbe LINKE nach gut vier Wochen hin und der rote Herold verkündet: DIE LINKE war schon immer für mehr Demokratie. - Ha, ha.
Nun könnte man meinen, die LINKEN halten den deutschen Wähler draußen für demenzkrank. Aber egal, wir schauen mal auf den Gesetzentwurf.
Interessant ist, dass der Gesetzentwurf der LINKEN das Quorum der Volksinitiative von derzeit 30 000 Unterschriften auf 10 000 Unterschriften senken will. Das kommt der AfD auch ziemlich bekannt vor. Findet sich das nicht auch im Positionspapier der AfD zur Enquete-Kommission „Stärkung der Demokratie“ wieder? Findet sich das nicht auch in unserem Gesetzentwurf aus dem Plenum vom letzten Dezember wieder? - Schauen wir in die Mediathek des Landtages, in die damalige Rede, die ich im Dezember gehalten habe - genau da finden wir das auch wieder.
Unser Gesetzentwurf wurde abgelehnt. Dann wurde plump abgeschrieben und heute neu eingereicht. Bei einer Klassenarbeit würde auch der Lehrer eine dicke fette Sechs darunterschreiben und sagen: Setzen!
Schauen wir also weiter. Bei der Senkung des Quorums für den Antrag auf Durchführung eines Volksbegehrens sind die LINKEN dann aber nicht mehr so mutig. Derzeit werden 6 000 Unterschriften gebraucht, die Linken fordern 2 000 Unterschriften und wir forderten nur 300 Unterschriften.
Zur Täuschung des Wählers verteilen Sie wieder Placebos und haben eigentlich etwas ganz anderes, etwas Heimtückisches vor, auf das ich hier eingehen werde. Die AfD wird jetzt offenlegen und enttarnen, was Sie unter dem Deckmäntelchen der direkten Demokratie dem deutschen Wähler antun und zumuten wollen.
Sie erwähnen in Ihrem Antrag den Begriff „Einwohnerinitiative“. Das klingt erst einmal total top. Nach Ihrem Motto, wir führen diejenigen, die hier schon länger sind und das alles geduldig ertragen und finanzieren, mal wieder schön an der Nase herum, nämlich den deutschen Steuerzahler.
Was wollen Sie damit erreichen? - Ich werde das einmal deutlich erklären: Sie wollen mit Ihrem scheinheiligen Antrag eines erreichen, nämlich die in Sachsen-Anhalt immer noch bestehende Leitkultur aufweichen und infrage stellen.
Genau das steckt hinter Ihrer Einwohnerinitiative. An Ihrer Einwohnerinitiative dürfen sich nach Ihrem linken Willen alle beteiligen, die hier lediglich drei Monate leben. Ich wiederhole: die hier drei Monate leben.
Ob illegal oder legal, spielt wahrscheinlich auch wieder keine Rolle. Die Deutsche hassende Ideologie von Ihnen ist dabei haupttragend. Das macht Ihren perfiden Plan absolut deutlich. Das wird die AfD auch in Verantwortung für unsere Familien, Kinder und Enkel nicht zulassen; das können Sie sich merken.
- Ja, ja. - Ich habe schon einmal zurückliegend in deutlicher Sprache erklärt, dass wir es nicht dulden werden,
dass Sie dahergelaufenen und hereingeholten - jetzt hören Sie es noch einmal - Ficki-FickiFachkräften deutsche Bürgerrechte übertragen,
mit der Gießkanne verteilen und unsere Heimat zum linken Narrenschiff machen; das würde nämlich Strauß sagen: linkes Narrenschiff. Ich gebe die Hoffnung deshalb auch nicht auf, dass die Kollegen von der CDU das ähnlich sehen und wir in Verantwortung für unsere Heimat stehen. Das, was die LINKEN hier vorhaben, ist die Entmachtung des eigenen Volkes zugunsten Kulturfremder und aus aller Welt in unser Sozialsystem Zugereister.
Eine demokratische Verfassung geht davon aus, dass alle Macht vom Volke ausgeht und nicht von sogenannten Einwohnern; das müssen Sie sich einmal merken. Ihr Gesetzentwurf ist deshalb abzulehnen.
Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht die Abg. Frau Lüddemann. Frau Lüddemann, Sie haben das Wort.
Vielen Dank, Herr Präsident. - Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordneten! DIE LINKE hat sich sichtlich sehr intensiv mit dem Thema auseinandergesetzt, hat auch sehr intensiv die Ergebnisse der Enquete-Kommission „Stärkung der Demokratie“ ausgewertet. Das ist aus den Unterlagen und den Schreiben, die uns zugegangen sind, und all den Dingen ersichtlich.
Wir GRÜNE finden uns ähnlich wie die SPD tatsächlich an einigen Punkten auch inhaltlich wieder. Schon in unserem Landtagswahlprogramm haben wir darüber reflektiert, wie man direktdemokratische Elemente in diesem Land stärken kann, wie man künstlich-technokratische Hürden beseitigen kann. Auch wir haben uns für eine Aufhebung oder eine geringere Trennung zwischen Bürgerinnen und Bürgern auf der einen Seite und Einwohnerinnen und Einwohnern auf der anderen Seite eingesetzt. Wir haben immer gesagt: Wer hier lebt, wer sich hier engagiert, wer hier vielleicht auch noch Steuern zahlt, soll hier auch verbindlich mitbestimmen können. Er soll nicht nur besser fragen dürfen, sondern sich eben auch verbindlich engagieren und einbringen dürfen.