Protocol of the Session on January 25, 2018

und dass der Anschein entsteht, dass statt des Wohls aller Menschen in unserem Land privatwirtschaftliche Interessen oder eigene Interessen im Vordergrund stehen.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, die von uns vorgeschlagenen Regelungen in § 8a bis § 8g des Ministergesetzes bedeuten eine Einschränkung der Berufsfreiheit. Sie führen aber nicht zu einem Berufsverbot. Die Regelungen sind mit den Anzeigepflichten und Untersagungsmöglichkeiten so ausgestaltet, dass die allgemeine Handlungsfreiheit aus Artikel 2 des Grundgesetzes gewährleistet ist, genauso wie Artikel 12 des Grundgesetzes, der sich auf die Berufsfreiheit bezieht. Außerdem wird größtmögliche Transparenz hergestellt.

(Beifall bei der LINKEN)

Mit der Änderung des Ministergesetzes wird es also kein Berufsverbot geben, wie es Ministerpräsident Haseloff in der Dezembersitzung befürchtete. Das wäre nämlich gar nicht durchsetzbar, siehe Berufsfreiheit. Es soll auch weiterhin eine Durchlässigkeit zwischen Wirtschaft und Politik in beide Richtungen geben, nur eben mit konkreten Regelungen.

Ministerinnen und Minister sollen natürlich nicht ewig Ministerinnen und Minister bleiben; sie sollen auch nach ihrem Wahlamt eine berufliche Tätigkeit ergreifen können, gerade wenn die Wahlen

alle fünf Jahre dafür sorgen, dass die Regierung zumindest zum Teil neu besetzt wird. Dieses Wechselspiel zwischen Politik und Wirtschaft soll mit einfachen und verständlichen Regeln ausgestattet sein, um Transparenz zu schaffen und den Betroffenen Handlungssicherheit zu geben.

Wir schlagen mit unserem Gesetzentwurf vor, dass ein Gremium geschaffen wird, das eine begründete Empfehlung zum Umgang mit dem jeweiligen Fall geben soll. Das Gremium soll für eine Dauer von fünf Jahren vom Präsidenten bzw. von der Präsidentin des Landtages berufen werden. Andere Bundesländer und der Bund haben ebenfalls ein Gremium für diese Aufgaben geschaffen.

Worin wir uns jedoch im Vergleich zu den anderen Regelungen unterscheiden, ist das Vorschlagsrecht für dessen Mitglieder. In anderen Ländern und im Bund liegt das Vorschlagsrecht bei der Regierung. Wir halten es jedoch für transparenter, wenn das Gremium unabhängig von den Präferenzen der Landesregierung besetzt wird.

Wir möchten, dass die im Landtag vertretenen Fraktionen Vorschläge für die Besetzung des Gremiums unterbreiten. Jede Fraktion soll ein Vorschlagsrecht erhalten. Im Falle einer geraden Anzahl von Mitgliedern schlägt die größte Fraktion ein weiteres Mitglied vor. Dies stärkt zum einen das Parlament und erhöht zum anderen die Akzeptanz der Empfehlungen des Gremiums.

Seit dem Jahr 2015 besteht nun im Bund eine Regelung für Karenzzeiten. Ehrlich gesagt, beim ersten Lesen des Gesetzestextes hätte ich nicht gedacht, dass die CDU selbst ein solches Gesetz schreiben würde. Immerhin hat sie die meisten Wechsler in ihren Reihen. Seit 2000 waren es laut Lobbycontrol 42 namhafte Wechsler in Landes- und Bundespolitik, die auf die Lobbyseite gewechselt sind. Umso überraschter war ich, als ich die Ausführungen des Bundesinnenministers Thomas de Maizière, CDU, zum Gesetzentwurf des Bundes las. Ich lasse Sie gerne an meiner Lieblingsstelle teilhaben - ich zitiere -:

„Der Betroffene muss […] über die angestrebte Tätigkeit informieren, damit das Verfahren beginnen kann. Das können selbstständige Tätigkeiten sein, freiberufliche Tätigkeiten, nicht selbstständige Tätigkeiten. Das können sogar […] unentgeltliche und sonstige Beschäftigungen sein; denn auch unentgeltliche Beschäftigungen, zum Beispiel […] Ehrenämter, können massive Interessenkonflikte beispielsweise mit dem vorherigen Ministeramt auslösen, etwa wenn der Verband Fördermittel von der Bundesregierung bekommt, und zwar aus dem Ressort, aus dem der Minister stammt. Wir haben uns also für einen sehr weiten An

wendungsbereich entschieden, der nicht nur erwerbsorientierte Tätigkeiten nach Ausscheiden aus dem Amt umfasst.“

Sogar ehrenamtliche Tätigkeiten, potz Blitz!, und das von der CDU! Oder vielleicht hat es auch die SPD eingebracht? - Sie hat immerhin seit 2000 selber rund 35 Seitenwechsler aus ihren Reihen.

Aber zurück nach Sachsen-Anhalt: Wir haben mit dem ehemaligen Wirtschaftsminister Möllring nun einen Fall, der bereits für Schlagzeilen gesorgt hat. Für ihn werden die vorgeschlagenen Regelungen für ehrenamtliche Tätigkeiten nicht mehr gelten können; er genießt Vertrauensschutz. Für alle aktuellen Ministerinnen und Minister dieser Legislaturperiode wird diese Änderung, sollte sie vom Parlament verabschiedet werden, jedoch gelten.

Nach meinem Empfinden müssen wir jetzt nicht Fälle der Vergangenheit aus der Mottenkiste holen, um uns gegenseitig zu bekunden, wie notwendig oder überflüssig diese Regelung für Sachsen-Anhalt ist.

Wir müssen als Parlament auch nicht warten, bis ein weiterer Fall kommt, der nicht nur ein Geschmäckle hat, sondern uns ernsthafte Glaubwürdigkeitsprobleme beschert;

(Beifall bei der LINKEN)

denn dann fängt vielleicht sogar die Landesregierung selbst an, hektisch eine Regelung zu schaffen, um zu zeigen, wie transparent und vertrauensvoll sie künftig sein will. Dem können wir jetzt schon vorgreifen, indem wir uns jetzt eine Regelung geben.

Erwähnen möchte ich am Ende noch, dass bei den schon verabschiedeten Gesetzestexten in den Ländern und im Bund fast alle anwesenden Parteien beteiligt waren und zugestimmt haben. Die Gesetzesänderung im Bund kommt von der SPD und der CDU. In Hamburg gab es einen gemeinsamen Antrag von der SPD, der CDU den GRÜNEN und der LINKEN. Der Gesetzentwurf in Thüringen wurde von der dortigen Landesregierung, bestehend aus der SPD, den GRÜNEN und der LINKEN, eingebracht.

Mir ist klar, dass Sie unseren Antrag heute nicht verabschieden, sondern maximal in die zuständigen Ausschüsse überweisen werden. Damit sind wir einverstanden. Wir können dort gern länger und gründlich diskutieren.

Wir jedenfalls beantragen eine Überweisung in den Finanzausschuss und in den Ausschuss für Recht, Verfassung und Gleichstellung.

Weil ich heute in der „Volksstimme“ las, dass es Bedenken wegen unserer Forderung gibt, eine zweijährige Karenzzeit einzuführen, möchte ich

gern noch auf die beamtenrechtlichen Regelungen hinweisen, die in diesem Land gelten. Diese gelten für Staatssekretäre genauso wie für Abteilungsleiter, also für die beiden unteren Ebenen, die direkt nach den Ministern und Ministerinnen kommen. Dort steht, dass für Beamte fünf Jahre lang die Pflicht gilt, sich zu melden, wenn sie einer anderen Arbeit nachgehen. Es gibt also Anzeigepflichten, wobei diese Tätigkeiten genauso untersagt werden können. Ich finde, wenn man da jetzt fünf Jahre mit zwei Jahren vergleicht, die wir fordern, ist das mehr als gerecht. - Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Frau Heiß. Ich sehe keine Anfragen. - Für die Landesregierung wird heute Minister Herr Tullner in Vertretung des Staats- und Kulturministers Herrn Robra das Wort ergreifen. Richten Sie sich erst einmal ein und dann geht es los.

Frau Präsidentin, die Abg. Heiß hat überraschenderweise sehr kurz geredet. Deswegen war ich etwas überrascht und bitte um Nachsicht.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Ministerpräsident! Karenzregelungen gibt es seit wenigen Jahren im Bund und in einem Teil der Länder. Es fehlen aber für alle diese erlassenen Gesetze dezidiert evaluierte Erfahrungen.

(Thomas Lippmann, DIE LINKE, und Se- bastian Striegel, GRÜNE, lachen)

Daher ist die Zurückhaltung vieler Länder meines Erachtens durchaus nachvollziehbar.

Der Gesetzentwurf wirft eine Reihe klärungsbedürftiger Fragen auf, die bereits bei der letzten Novellierung des Ministergesetzes in den Ausschüssen des Landtages erörtert worden sind. Ist die vorgeschlagene Regelung überhaupt geeignet, um für die angestrebten Ergebnisse zu sorgen? - Ein Gesetz sollte der Landtag nur erlassen, wenn das von den Abgeordneten Gewollte durch die Regelung auch tatsächlich erreicht werden kann.

Daran kann bei den bekannt gewordenen Gesetzen gezweifelt werden.

Einige Beispiele: Der Bund hat eine Karenzregel. Das Gesetz hindert nicht daran, dass sich der Altbundeskanzler von Rosneft engagieren lässt. Es hindert auch nicht einen ehemaligen Bundesfinanzminister an einer Beratertätigkeit für die ING-DiBa oder einen ehemaligen Kanzleramtsminister an der Wahrnehmung einer Leitungsfunktion bei der Deutschen Bahn AG.

Auch Nordrhein-Westfalen hat eine Karenzregel. Das Gesetz hindert nicht daran, dass eine ehemalige Ministerpräsidentin ein Mandat im Aufsichtsrat eines Steinkohlekonzerns wahrnimmt.

Das Gesetz greift in die verfassungsrechtlich garantierte Berufsfreiheit ein. Dies bedarf sorgfältiger Abwägungen auch hinsichtlich der Karenzentschädigung, bei der die bisherigen Erfahrungen mit solchen Regelungen ausgewertet werden sollten.

Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es werden viele Fragen intensiv und mit großer Sorgfalt im Ausschuss zu beraten sein. - Vielen Dank.

Vielen Dank, Herr Tullner. Es gibt keine Anfragen. - Somit steigen wir in die Dreiminutendebatte der Fraktionen ein. Zu Beginn wird der Abg. Herr Erben für die SPD-Fraktion sprechen. Sie haben das Wort, Herr Erben.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Karenzzeiten werden immer dann in Bezug auf die Minister ein Thema, wenn es wieder einmal einen spektakulären Wechsel vom Ministeramt in die Wirtschaft gibt. Einige Beispiele sind hier genannt worden. Ich will sie durchaus erweitern. Ein Staatsminister, der Vorstand bei Daimler wird, ein Entwicklungshilfeminister, der in die Rüstungsindustrie wechselt, oder auch der bereits angesprochene Bundeskanzler, der zur russischen Gasindustrie gewechselt ist.

Auf der Bundesebene haben wir eine solche Regelung. Herr Minister Tullner hat eben bereits darauf hingewiesen. Ich will das erweitern und sagen, dass wir mittlerweile in den Bundesländern einen bunten Strauß von Regelungen und von Absichtserklärungen haben, die beinhalten, was man an dieser Stelle zu tun gedenkt. Es ist richtigerweise darauf hingewiesen worden, dass es durchaus schwierige juristische Fragen, gerade was die Einschränkung des Grundrechts der Berufsfreiheit betrifft, dabei zu erörtern gilt.

Frau Kollegin Heiß, Sie haben den Vergleich zu den Beamten, zu den Abteilungsleitern oder auch Staatssekretären gezogen. Aber an der Stelle muss man natürlich auch einschränken, dass Selbige, nämlich die Letzteren, im Beamtenrecht auch ganz andere Versorgungsregelungen haben als ein Minister, der unter Umständen nur für kurze Zeit Minister ist.

Doch das, was DIE LINKE vorgetragen hat, ist kein völlig unberechtigtes Anliegen. Deswegen ist es, glaube ich, auch in Anbetracht der schwierigen und komplizierten Rechtsfragen, die es zu

erörtern gilt, im Ausschuss und in der intensiven Beratung dort gut aufgehoben.

Deswegen beantragen wir die Überweisung des Gesetzentwurfs der Fraktion DIE LINKE zur federführenden Beratung in den Finanzausschuss und zur Mitberatung in den Ausschuss für Recht, Verfassung und Gleichstellung. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Abg. Erben. - Der nächste Debattenredner ist der Abg. Herr Raue für die AfDFraktion. Sie haben das Wort, Herr Raue.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Abgeordnete! Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf hat sich DIE LINKE recht wenig Arbeit gemacht. Er entspricht zu 95 % dem Wortlaut des Bundesministergesetzes aus dem Jahr 2015. Aber besonders kreativlos zeigten sich die LINKEN bei Begründung und Erklärung. Diese haben sie ebenfalls fast wortgleich übernommen. Es ist nämlich genau die Begründung aus dem Referentenentwurf

(Zuruf)

- doch! - des Bundesinnenministeriums vom 20. Januar 2015. Es ist genau wortgleich.

(Stefan Gebhardt, DIE LINKE: Ja! - Thomas Lippmann, DIE LINKE: Beim Abschreiben!)

Und ich dachte, mit Plagiaten würde nur in Regierungsparteien Karriere gemacht.

(Kristin Heiß, DIE LINKE: Das haben Sie auch schon gemacht!)