Protocol of the Session on October 26, 2017

Und die gute Nachricht ist: Der Strompreis ist in den vergangenen Jahren stabil geblieben. Von einer Kostenexplosion, wie es im Antrag heißt, kann überhaupt keine Rede sein. Ich weiß nicht, welche Zahlen die AfD hat. Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft veröffentlicht jedes Jahr den Durchschnittsbruttostrompreis eines Dreipersonenhaushaltes mit 3 500 kWh im Jahr.

(Zuruf)

- Herr Poggenburg, Sie müssen nicht schreien. Ich habe die Zahlen hier. Ich kann Ihnen die Zahlenreihen gleich noch liefern. Ich sage nur: Im Jahr 2013 waren es 28,84 Cent pro Kilowattstunde und im Jahr 2017 29,16 Cent pro Kilowattstunde. In den vergangenen fünf Jahren haben wir gerade mal eine Steigerung um 1,1 %. Das liegt im Bereich der üblichen Inflationsrate. Also: Wieso Kostenexplosion? - Völliger Blödsinn.

Der Strompreis ist gerade wegen der erneuerbaren Energien stabil geblieben. Der Börsenstrompreis sinkt - das ist bekannt -, weil in Zeiten hoher Nachfrage die Sonnenenergie da ist und teure Spitzenlastkraftwerke nicht mehr angeschaltet werden müssen. Das Ziel muss sein: Strom muss auch in Zukunft bezahlbar bleiben.

Agora Energiewende rechnet bereits für das Jahr 2018 mit einer leicht sinkenden EEG-Umlage und ab dem Jahr 2023, wenn viele Anlagen aus der EEG-Vergütung gehen, mit einer großen Senkung.

Die erneuerbaren Energien werden immer kostengünstiger. Die mittleren Zuschlagswerte für die beiden Windenergieausschreibungsrunden lagen bei 5,71 und 4,28 Cent pro Kilowattstunde.

Gleichzeitig hat im letzten Jahr das neu zu bauende Atomkraftwerk Hinkley Point C in Großbritannien eine Einspeisevergütung von 12 Cent pro Kilowattstunde über 35 Jahre genehmigt bekommen, das Ganze auch noch mit einem Inflationsausgleich. Dieses Zahlenpaar zeigt die Verhältnisse. Wer die erneuerbaren Energien als Preistreiber geißelt, der liegt komplett falsch.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Das Erneuerbare-Energien-Gesetz, maßgeblich durch GRÜNE in der damaligen rot-grünen Regierung eingebracht, ist ein großer Erfolg und wurde von mindestens 69 Staaten kopiert. Dadurch konnten die erneuerbaren Energien weltweit den Siegeszug antreten. Mit der Einspeisevergütung wurden Solar-, Wind- und Biomasseanlagen in den Markt eingeführt. So wurden Innovationen vorangetrieben, und die Anlagen wurden durch den technischen Fortschritt immer preisgünstiger. Für meine erste Fotovoltaikanlage im Jahr 2002 habe ich noch 5 000 € pro Kilowatt Peak bezahlt. Heute sind es nur noch 500 €.

Erneuerbare Energien haben inzwischen deutschlandweit einen Anteil von 15 % am Bruttoendenergieverbrauch. Unter der Annahme, dass wir rund 50 % des heutigen Energieverbrauchs senken müssen, hätten wir bilanziell schon einen Anteil von 30 %. Hierin liegt ein weiterer wichtiger Schlüssel für die gelingende Energiewende und für eine Entlastung des Geldbeutels: Einfach einmal Energie sparen. Gerade bei Heizenergie gibt es sehr große Potenziale. Das ist auch sehr einfach.

Nichtsdestotrotz stehen uns die größten Schritte bei der Energiewende bei einer hundertprozentigen Versorgung mit erneuerbaren Energien noch bevor. Die erneuerbaren Energien müssen den Markt durchdringen. Sie sind Garant für langfristige Bezahlbarkeit, weil sie uns von den immer teurer werdenden fossilen Energien unabhängig machen. Allein im Jahr 2015 haben wir für die fossilen Brennstoffe 8,8 Milliarden € an Importen bezahlt.

Danke schön. Frau Frederking, Herr Borgwardt hat eine Frage. - Herr Borgwardt, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Frederking, ich will mich jetzt nicht in den ideologischen Streit, was woran liegt,

einmischen. Aber ich wollte gern die Zahlen hinterfragen, die ich von Ihnen gehört habe.

Ja, gern, wenn Sie das hinterfragen wollen.

Man lebt ja auch von der veröffentlichten Meinung. Und in der „MZ“ von gestern steht - ich will das mal zitieren -: Das Verbraucherportal Verivox hat einen neuen Rekord ermittelt. 18,18 Cent je Kilowattstunde zahlt ein Dreipersonenhaushalt im Durchschnitt, 38 % mehr als vor vier Jahren. Ich will das sagen. Das ist eine völlig andere Richtung als die, die Sie genannt haben.

Nun ist das gelegentlich mit Zahlen so eine Sache. Aber ich will ganz einfach, bevor man jetzt etwas postuliert, noch mal sagen, dass andere hier andere Zahlen haben, die ich auch nicht per se bezweifle. Jeder, der privat nicht seine Anzahl an Kilowattstunden Strom senkt - - Ich zahle im Schnitt in jedem Jahr 49 € weniger; das hängt aber möglicherweise damit zusammen, dass wir nur noch ein Zweipersonenhaushalt sind und meine Töchter raus sind. Ich will damit nur sagen: Es stimmt in der Grundrichtung nicht, dass es billiger geworden ist. Es ist teurer geworden.

(Eva Feußner, CDU: Immer teurer!)

Frau Frederking, Sie haben das Wort zum Antworten.

Vielen Dank, dass Sie nachgefragt haben. Man muss immer ganz genau hingucken, um welche Preise es sich handelt. Die Energieversorger haben ja einen Grundtarif. Die haben auch verschiedene Tarife. Der Grundtarif ist zum Beispiel der höchste. Ich weiß jetzt nicht, was die verglichen haben. Die Zahlen, die ich habe - ich musste eben so schnell sprechen, weil ich so wenig Zeit hatte; deshalb bin ich dankbar für die Frage -, das sind Durchschnittsbruttostrompreise über ganz Deutschland gemittelt und über alle Tarife. Das ist angenommen worden, weil das der seriöseste Durchschnittspreis ist. Da haben wir, wenn ich nur mal die Zahlen nennen kann, den Verlauf von 2013 bis heute 2017. Jeder von uns hier im Raum kann das bei der eigenen Stromrechnung sehen und weiß auch, dass die Strompreise stabil geblieben sind.

(Eva Feußner, CDU: Sie sind gestiegen!)

- Ja, um 1 - -

(Zuruf von Eva Feußner, CDU)

- Meine nicht. Ich möchte Ihre Stromrechnung sehen, Frau Feußner.

(Zustimmung bei den GRÜNEN - Unruhe bei der CDU)

Die können wir dann mit meiner vergleichen. Es sind - ich habe die Zahlen hier -: Im Jahr 2013 waren es 28,84 Cent, im Jahr 2014 29,14 Cent, im Jahr 2015 28,68 Cent, im Jahr 2016 28,69 Cent und im Jahr 2017 29,16 Cent pro Kilowattstunde. Das sind gemittelte, deutschlandweite Preise.

Frau Frederking, Herr Borgwardt hat noch eine Nachfrage.

Mit welchen Argumenten wir hier - -

Wenn Sie hier andere Zahlen nennen, erlaube ich mir einfach mal, andere Zahlen, die hier in der Zeitung stehen, zu nennen. Wenn die Bürger draußen - - Das ist ja das Prinzip. Wir können doch hier reden, wie wir wollen. Na klar ist das eine Drittelung zwischen den Grundpreisen; das wissen wir doch alle. Aber Sie geben mir doch auch Recht darin, dass der Bürger im Endeffekt das für sich verifiziert, was er insgesamt bezahlt. Den interessiert weniger, wie das unterteilt wird, sondern was er im Moment bezahlt. Da sagt dieses Portal - das hat die „Mitteldeutsche Zeitung“ aufgegriffen -, dass es von dem Jahr 2013 bis 2017 um 38 % gestiegen ist.

(Eva Feußner, CDU: Das ist Fakt!)

Frau Frederking, wenn Sie noch mal antworten möchten.

Ich habe Ihnen die Durchschnittszahlen genannt. Sie zeigen mir dann ja Ihre Stromrechnung. Das ist - -

(Zurufe)

- Frau Feußner wollte es doch machen. Es ist einfach moderat gestiegen. Insofern, weil es im Bereich der Inflationsrate liegt, Herr Borgwardt, spreche ich davon, dass es stabil geblieben ist.

Jetzt noch was anderes. Erneuerbare Energien werden günstiger. Danach haben Sie mich ja auch gefragt. Die Erneuerbare-Energien-Anlagen werden günstiger, und die Produktion von Strom aus erneuerbaren Energien ist immer günstiger geworden. Also, die Stromgestehungskosten liegen jetzt bei der Windenergie zwischen 4 und 5 Cent.

Frau Frederking, Herr Büttner von der AfD hat noch eine Frage.

Frau Frederking, ich möchte eine Überleitung schaffen. Wir sprechen jetzt über Strompreise. Da mussten Sie jetzt doch schmerzlich erfahren, dass der Strompreis vielleicht doch gestiegen ist. Ich weiß, wenn man sich da in einer Art, ich sage mal, ideologischer Blase befindet, dass man oftmals dazu neigt, solche Fakten auszublenden. Aber ich denke schon, dass die Kollegen von der CDU an der Stelle Recht haben.

(Widerspruch)

- Ja, das denke ich tatsächlich; das kann man auch mal sagen.

Ich war erstaunt und deshalb muss ich jetzt nachfragen. Man hat Ihren Vorsitzenden, ich glaube, im Bund, interviewt. Das greift insofern ineinander, als dass die GRÜNEN gegen die Automobile mit Ottomotoren sind und auf die E-Mobilität umsatteln wollen. Geben Sie mir darin Recht? - Er sagte zum Thema Benzinpreis tatsächlich, dass die Benzinpreise noch zu niedrig wären und steigen müssten, damit die Industrie dazu gezwungen wird, neue Technologien auf den Weg zu bringen und zu bauen.

Ist es auch Ihre Einstellung, dass wir das Benzin noch teurer machen müssen, damit wir die Industrie in diese Richtung zwingen, das heißt, den Bürger bzw. den Pendler gerade in Mitteldeutschland, der extrem viel pendelt, mehr belasten, um die Industrie dahin zu bekommen, wo wir sie hinhaben wollen? Kann das der gangbare und richtige Weg für Sie sein? - Das würde mich interessieren.

Frau Frederking, Sie haben das Wort.

Herr Büttner, erst einmal eine persönliche Anmerkung auf Ihre Einlassung. Wenn Sie mit mir diskutieren wollen, dann machen Sie das auf einem anständigen Niveau und fangen Sie nicht an, mir zu unterstellen, ich würde Fakten ignorieren. Ich

habe Fakten genannt, und dann muss man sich im Diskurs über die Sache unterhalten.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Dann bringt es nichts, Dinge einfach nur in Abrede zu stellen oder, wie es heute wieder hervorragend von Herrn Farle gezeigt wurde, das Wort Ideologie wie einen Schutzschild vor sich herzutragen. Die Märkte müssen so umgestaltet werden, dass Geld und Investitionen dahin gehen, wo sie sinnvoll sind.

Bei den erneuerbaren Energien ist es so - ich habe das ausgeführt -, dass sie langfristig zur Preisstabilität werden beitragen können. Sie sind unerschöpflich, während die fossilen Energien endlich sind und in der Perspektive immer teurer werden.

Also, allein aus Preisstabilitätsgründen müssen wir schon auf die erneuerbaren Energien setzen. Aber eben nicht nur aus diesen Gründen, sondern auch aus Klima-, Umwelt- und Gesundheitsgründen; denn wir müssen auch die Folgekosten - das hat Frau Schindler in ihrem Redebeitrag ausgeführt - betrachten. Allein bei 1 kWh Braunkohlestrom geht man von Folgekosten in Höhe von 10,75 Cent pro Kilowattstunde aus.

Das Umweltbundesamt beziffert die jährlichen Umweltkosten für den Strom aus fossilen Energien für Deutschland auf 47 Milliarden €. Das sind Zahlen, die muss man zur Kenntnis nehmen. Diese Kosten werden von uns allen getragen.

(Zustimmung von Cornelia Lüddemann, GRÜNE, und von Eva von Angern, DIE LINKE)