Das ist die Realität der Asylgesetzgebung Deutschlands und Europas mit Dublin III. Deswegen sind diese Kirchenasylfälle so dringend nötig. Sie sind leider, leider sehr dringend nötig.
Deswegen verdienen eben genau diejenigen unsere Unterstützung. Deswegen sagen wir auch - nach einer alten Regel, die ich einmal in meinem früheren Literaturunterricht kennengelernt habe, in der 10. Klasse; das Buch hieß „Die Abenteuer des Werner Holt“ -: Wenn man aus Prinzip etwas Falsches macht, dann ist das Prinzip falsch.
Tatsächlich wäre es wichtig, hier in unserem Haus darüber zu reden, ob die Kirchenasylfälle uns nicht zeigen, dass die Prinzipien unserer Asylgesetzgebung falsch sind.
Aber die AfD kann sich natürlich nicht vorstellen, dass Menschen aus humanistischer Gesinnung, aus Mitleid auch noch Menschen aus anderen, fremden, ja, natürlich insofern bedrohlichen Kulturkreisen bei uns unterbringen. Nein, das können Sie, Herr Tillschneider, sich mit Ihrem Rassismus und mit Ihrem Hass
Aber das gibt es. Es gibt solche Menschen, die sich in dieser Art und Weise für die Grundlagen unserer Gesellschaft einsetzen. Da hat die AfD jetzt Angst, dass diese Menschen den Rechtsstaat unterlaufen.
Ach, wissen Sie, es war die erste Landtagssitzung, die wir hier hatten. Ihr Fraktionsvorsitzender hat seinen Beitrag zur Regierungserklärung gehalten, da lief unten schon eine halbe Stunde lang eine Demonstration. Nachdem er fertig war, wollte er die Sitzung sprengen. Als die anderen das nicht mitgemacht haben, stand die AfD-Fraktion auf; ziviler Ungehorsam wäre das, was jetzt auf der Tagesordnung stünde.
Gestern war ich geneigt zu sagen, Sie haben Ihre Sache gut gemacht; Ihr Redebeitrag gestern hat mir sehr gut gefallen usw. Was Sie jetzt hier gemacht haben,
(Kristin Heiß, DIE LINKE: War sehr gut! - Zurufe von Hendrik Lange, DIE LINKE, und von Birke Bull-Bischoff, DIE LINKE)
dazu beantrage ich jetzt eine Unterbrechung der Landtagssitzung und die Zusammenkunft im Ältestenrat.
Das müssen wir uns nicht bieten lassen von jemandem, der hier stellvertretender Landtagspräsident ist.
(Dr. Falko Grube, SPD: Doch, das müssen Sie sich bieten lassen, Herr Farle! - Zurufe von der LINKEN und von den GRÜNEN)
- Wir müssen uns nicht als Rassisten bezeichnen lassen, und wir müssen uns auch nicht unterstellen lassen, dass unsere Politik durch Hass geprägt ist. Diese Unterstellungen mache ich nicht mit.
Auch wenn meine Fraktion nicht hinter mir steht, bin ich der Meinung, wir brauchen eine Ältestenratssitzung, um diese ungeheure Entgleisung des stellvertretenden Landtagspräsidenten hier zur Sprache zu bringen.
(Beifall bei der AfD - Oh! bei der LINKEN und bei den GRÜNEN - Swen Knöchel, DIE LINKE: Das war eine tolle Rede von Herrn Gallert!)
(Cornelia Lüddemann, GRÜNE: Mit wem denn? - Swen Knöchel, DIE LINKE: Dann stellen Sie doch nicht solche komischen Anträge!)
Kollege Farle, mir wurde angekündigt, Sie würden mir eine Frage stellen. Ich würde einmal interpretieren, das wäre eine Frage, dann sage ich: Das müssen Sie aushalten, wie wir auch andere Dinge aushalten müssen.
(Beifall bei der LINKEN, bei der SPD und bei den GRÜNEN - Robert Farle, AfD: Das müssen wir überhaupt nicht aushalten!)
Ihr Fraktionsvorsitzender hat heute Morgen begründet, natürlich ist das Sozialministerium ein Ministerium der Schande. Und dann sind Sie nicht in der Lage, mit den Konsequenzen der Position zu leben, die Sie hier selber vortragen? - Mein Amt dort vorn leite ich neutral.
Wenn ich hier als Abgeordneter rede, dann habe ich meine Position, und Sie können mir glauben, ich war mit dem, was bei Ihnen losgeht, noch sehr zurückhaltend, Herr Farle.
Sehr geehrter Herr Farle, ich würde mich kurz einmal mit einbringen. Ich muss sagen, in dem Fall hat Herr Gallert recht. Er ist jetzt nicht hier vorn als Präsident. Wenn er dort als Redner steht, spricht er als Abgeordneter. Nur wenn er hier vorn sitzt, hat er die Sitzungsleitung und wird dann als Präsident oder Vizepräsident gewertet.
Sehr geehrter Herr Farle, ich schätze Sie als parlamentarischen Geschäftsführer. Ich muss aber an dieser Stelle sagen, eine Unterbrechung der Sitzung kann nur die Sitzungsleitung, das heißt, nur ich als Präsidentin oder wenn einer der Vizepräsidenten hier vorn sitzt, anordnen. Ich sehe im Moment keine Notwendigkeit, die Sitzung zu unterbrechen. Sie können dieses Thema gern im Ältestenrat aufrufen, damit wir über solche Dinge sprechen können. Die Notwendigkeit einer Unterbrechung sehe ich heute hier nicht.
(Beifall bei der CDU, bei der LINKEN und bei der SPD - Vizepräsident Willi Mittelstädt übernimmt wieder die Leitung der Sitzung)
Nachdem sich die Präsidentin hier klar geäußert hat, fahren wir in der Debatte fort: Herr Striegel von den GRÜNEN. Sie haben das Wort, Herr Striegel.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Farle, Sie haben, wenn Sie nicht gerade über Geschäftsordnungskniffe reden, heute in Ihrem Debattenbeitrag das Stichwort „Unrechtsstaat“ fallen lassen. In der Tat, lassen Sie uns über die Unterscheidung zwischen einem Rechtsstaat und einem Unrechtsstaat sprechen. Der Unrechtsstaat behauptet, hier herrsche Recht. Die Machthaber tragen diese Behauptung mit Vehemenz und Selbstherrlichkeit vor. So konnte sich die DDR als Deutsche Demokratische Republik inszenieren, obwohl nichts an ihr den Anspruch, demokratisch zu sein, einlösen wollte oder konnte.
Der Rechtsstaat hingegen ist sich der Herrschaft des Rechts regelmäßig unsicher. Deshalb sind, auch wenn Behördenentscheidungen an Recht und Gesetz gebunden sind, diese Rechtsakte durch Gerichtsentscheidungen überprüfbar. Deshalb kontrolliert das Parlament die Regierung. Deshalb kennt der Rechtsstaat selbst nach endgültigen Behörden- oder Gerichtsentscheidungen Sonderinstitute wie das Gnadenrecht. Der Rechtsstaat hält sogar zivilen Ungehorsam aus.
Das Kirchenasyl ist eine dieser Sonderinstitutionen. Es will nicht außerhalb des Rechts stehen, sondern dem individuellen Grundrecht auf Asyl gerade erst zur Geltung verhelfen, zur Geltung verhelfen in Einzelfällen, in denen individuelle Härten drohen, zur Geltung verhelfen, wo Menschen daran scheiterten, von ihrem Recht Gebrauch zu machen oder dieses zu bekommen, zur Geltung verhelfen, wo menschliche Schicksale unter Paragrafen verschüttet werden.