Wir als Fraktion werden im Rechtsausschuss beantragen, eine Anhörung durchzuführen. Es gab ja eine schriftliche Anhörung der Landesregierung. Ich bedauere es sehr, dass aus der Begründung nicht hervorgeht, in welcher Form sie stattgefunden hat bzw. wie die Angehörten sich geäußert haben. In den anderen Ländern, die über einen solchen Regelungsbereich geredet haben, sind insbesondere vom DAV sehr bemerkenswerte Stellungnahmen abgegeben worden.
In der Stellungnahme auf Bundesebene hat sich der Verein Terre des Femmes ausdrücklich dafür eingesetzt, dass die in § 397 StPO festgehaltenen Straftatbestände auch noch einmal erweitert werden, insbesondere für die Zielgruppen der Heran
wachsenden und der Erwachsenen. Dort haben wir es auch mit Traumata zu tun, um die man sich entsprechend kümmern sollte; das gelte auch für Angehörige oder dem Opfer nahestehende Zeugen. - Ich bin fertig. Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau von Angern. - Ich sehe auch jetzt keine Nachfragen. Wir steigen nunmehr in das Abstimmungsverfahren - -
- Ach Gott, ich habe sogar zwei Fraktionen vergessen. - Als nächstem Debattenredner erteile ich Herrn Striegel für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort. Danach ist Herr Kolze für die CDU-Fraktion an der Reihe. Herr Striegel, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin, ich bin ja froh, dass Sie alle Fraktionen noch zu Wort kommen lassen. - Meine sehr verehrten Damen und Herren! Strafverfahren fokussieren sich auf den Täter, seine Motive, seine Vorgeschichte, die Tat und die Tatumstände. Das ist richtig und - das ist heute auch schon deutlich geworden - dennoch unzureichend, weil die Opfer von Straf- und Gewalttaten so aus dem Blick zu geraten drohen.
Schon in der Vorbereitung auf den Prozess gegen ihre Peiniger fühlen sie sich häufig allein und haben das Gefühl, es interessiere sich kaum jemand für sie, für ihr Befinden und für ihre Bedürfnisse. Menschen, die zum Opfer geworden sind, haben häufig Angst vor dem Prozess und oft auch große Angst, demjenigen gegenüberstehen zu müssen, der sie verletzt und gedemütigt hat. Das ist eine berechtigte Angst vor Retraumatisierung.
Auch die Prozessgestaltung selbst richtet sich trotz der Möglichkeit zur Nebenklage und vielfältiger Unterstützungsangebote von Opferberatungsstellen doch eher an den Erfordernissen von zügiger Strafverfolgung und weniger an den Bedürfnissen von Verbrechensopfern aus. Dieses Defizit kann der Rechtsstaat nicht vollständig beseitigen. Er kann aber den von Straf- und Gewalttaten Betroffenen helfen.
Wir Grünen haben lange für diesen Paradigmenwechsel gekämpft, damit es eben nicht nur um den Täter oder die Täterin geht, sondern damit auch die Opfer angemessene Aufmerksamkeit bekommen, und zwar ohne - ich betone das - dass die Rechte von Tatverdächtigen eingeschränkt werden.
Der vorliegende Gesetzentwurf über die psychosoziale Prozessbegleitung im Strafverfahren will diese Hilfe leisten. Die Bedürfnisse von Opfern im Strafverfahren sollen besser berücksichtigt werden. Die Grundsätze der psychosozialen Prozessbegleitung sowie die Anforderungen an die Qualifikation werden in einem eigenständigen Bundesgesetz geregelt, das wir in Sachsen-Anhalt ausführen wollen. Das ist gut.
Die Aufgaben einer Prozessbegleitung - das ist, glaube ich, auch schon deutlich geworden - sind dabei äußerst anspruchsvoll. Es geht darum, potenziell Verletzte einer schweren Gewalttat und/oder eines Sexualdeliktes zu unterstützen und möglichst schonend durch die Verhandlungen, weitere Vernehmungen und gegebenenfalls auch bei der Konfrontation mit Tätern zu begleiten.
Das geschieht häufig unter schwierigsten Umständen - ich sprach das Stichwort „Traumatisierung“ an - und immer - das ist wichtig - strikt getrennt von der notwendigen rechtlichen Beratung. Denn die Prozessbegleitung darf sich nicht in das Strafverfahren einmischen. Das heißt, sie darf den Verletzten auch nicht bezüglich des Prozesses beraten oder mit ihm über prozessrelevante Inhalte sprechen. Im vorliegenden Gesetzentwurf werden deshalb hohe Standards zur Qualifizierung der Prozessbegleiter verlangt.
Es sind jetzt jedoch noch eine Reihe von Fragen zu erörtern. Wer kann in Sachsen-Anhalt als Prozessbegleiter anerkannt werden? Wie hoch wird die Vergütung sein? Wie werden die Weiterbildungen geregelt? Welche Kosten entstehen auf welcher Ebene?
Wir alle wissen, dass der Teufel meistens im Detail steckt. Deshalb ist es so wichtig, dass wir diese Fragen im Ausschuss mit den Betroffenen besprechen. Ich beantrage deshalb die Überweisung zur federführenden Beratung in den Ausschuss für Recht, Verfassung und Gleichstellung. - Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Striegel. - Ich sehe keine Nachfragen. Somit kommen wir zum letzten Debattenredner. Herr Kolze hat das Wort, bitte.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der vorliegende Entwurf ist ein Ausführungsgesetz. Das heißt, es wird die praktische Durchführung von psychosozialer Prozessbegleitung im Land Sachsen-Anhalt geregelt. Mit diesem Gesetz werden das Leitbild und die Standards der psychosozialen Prozessbegleitung in
dem durch die Strafprozessordnung und das Gesetz über die psychosoziale Prozessbegleitung im Strafverfahren vorgegebenen Rahmen konkretisiert.
Ich möchte auf einige wesentliche inhaltliche Aspekte des Ausführungsgesetzes eingehen. Die gesetzliche Grundlage bilden die §§ 2, 3 und 4 des Gesetzes über die psychosoziale Prozessbegleitung im Strafverfahren.
Die Voraussetzung für eine Tätigkeit als psychosoziale Prozessbegleitung im Strafverfahren ist eine Anerkennung durch das Land. Nach § 3 des Entwurfs des Ausführungsgesetzes ist für die Anerkennung gemäß den §§ 1 und 2 das Ministerium für Justiz und Gleichstellung zuständig.
Das Anerkennungsverfahren ist ein förmliches Verfahren, welches auf Antrag zu laufen beginnt. Einzelheiten zur Durchführung der Verfahren zur Anerkennung als Prozessbegleiter, insbesondere die Zuständigkeit für Nebenbestimmungen und Unterrichtungspflichten gegenüber den Anerkennungsbehörden sowie die Rücknahme oder Widerruf der Anerkennung, sind in den §§ 6, 7 und 8 enthalten.
Im Interesse der Rechtssicherheit und einer bundesweit einheitlichen Praxis ist in § 9 der Grundsatz der länderübergreifenden Anerkennung von Personen einerseits und von Aus- bzw. Weiterbildungen andererseits normiert. Die von der Arbeitsgruppe des Strafrechtsausschusses aufgestellten Mindeststandards für die psychosoziale Prozessbegleitung sollen damit sichergestellt werden.
Die in § 11 enthaltene Verordnungsermächtigung gibt dem Ministerium für Justiz und Gleichstellung als der zuständigen Behörde die Möglichkeit, Einzelheiten der Anerkennung der Tätigkeit der psychosozialen Prozessbegleiter zu regeln.
Meine Damen und Herren! Das Ausführungsgesetz hat die Aufgabe, das Instrument der psychosozialen Prozessbegleitung für das Land Sachsen-Anhalt auszugestalten. Ich schließe mich im Übrigen den Anträgen der Kollegin und des Kollegen der Koalitionsfraktionen auf Überweisung an. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Kolze. - Ich sehe keine Wortmeldungen. Somit können wir jetzt, nachdem alle Fraktionen, wie es üblich ist, zu Wort gekommen sind, in das Abstimmungsverfahren zur Drs. 7/522 einsteigen. Ich habe vernommen, dass der Gesetzentwurf zur federführenden Beratung in den Ausschuss für Recht, Verfassung und Gleichstellung und zur Mitberatung in den Ausschuss für Arbeit, Soziales und Integration überwiesen wer
Wer mit diesem Verfahren, also der Überweisung zur federführenden Beratung in den Ausschuss für Recht, Verfassung und Gleichstellung und zur Mitberatung in den Ausschuss für Arbeit, Soziales und Integration, einverstanden ist, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Dann ist das einstimmig so beschlossen worden. Damit ist der Tagesordnungspunkt 11 beendet.
Wir werden an dieser Stelle einen Wechsel vornehmen. Herr Vizepräsident Gallert übernimmt die Sitzungsleitung mit dem Tagesordnungspunkt 12.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Damit können wir fortfahren in unserer Sitzung, wie die Präsidentin das bereits angekündigt hat.
Einbringer dieses Gesetzes ist für die Landesregierung der Herr Minister der Finanzen Herr Schröder. Bitte sehr.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ihnen liegt der Gesetzentwurf für ein neues Finanzausgleichsgesetz vor. Damit setzt diese Landesregierung eines ihrer zentralen Projekte in dieser Wahlperiode um.
Lassen Sie mich gleich zu Beginn erwähnen: Die meisten Kommunen - das zieht sich durch alle kommunalen Gruppen - dürfen sich ab 2017 über weiter wachsende Zuweisungen freuen - immer vorausgesetzt natürlich, dass Sie als Gesetzgeber dem Vorschlag der Landesregierung folgen. Unsere Kommunen erhalten spürbar mehr Geld über das Finanzausgleichsgesetz und gleichzeitig bietet das neue Gesetz deutliche Anreize für ein solideres Wirtschaften.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Erlauben Sie mir noch einen kurzen Blick zurück, das Jahr läuft noch. Am 10. Oktober war es, als so mancher Kämmerer in seinen Stuben einen kleinen Feiertag beging. Denn am 10. Oktober wurden, wie vom Kabinett und vom Landtag freigegeben, 80 Millionen € im Rahmen einer Soforthilfe
Diesen damals vollzogenen, vorher schon beschlossenen und eigentlich schon mit dem Koalitionsvertrag geplanten Weg einer deutlich kommunalfreundlicheren Politik gehen wir mit dem neuen FAG, wie es Ihnen heute vorliegt, konsequent weiter. Ich setze auf Sie, das Parlament, dass auch Sie diesen Grundgedanken für richtig und notwendig erachten. Trotz mancher kritischen Sichtweise auf die Politik der Landesregierung hat diese verstanden: Land und Kommunen sind Partner, keine Konkurrenten, wenn es um die Zukunft Sachsen-Anhalts geht.
Die Kommunen sollen, wenn sie gut wirtschaften und die nach wie vor richtige Konsolidierung nicht aus dem Auge verlieren, nicht länger in Schulden ausweichen müssen. Diese Absicht steht, wenn Sie so wollen, hinter den neuen finanziellen Regeln in Sachen Kommunalfinanzen. Sie wird verbunden mit dem Anliegen, auch wieder vernünftig und zielorientiert miteinander ins Gespräch zu kommen. Das merken Sie, hoffe ich jedenfalls, und das merken die Kommunalpolitiker. Das Echo auf unseren Gesetzentwurf ist bisher jedenfalls ein gutes.
Nun zum Gesetzentwurf im Einzelnen. Ich möchte es kurz zusammenfassen. Das Kabinett hatte Mitte September den neuen Gesetzentwurf zur Anhörung freigegeben. Die kommunalen Spitzenverbände haben sich sehr intensiv eingebracht. Die wichtigsten Eckdaten lauten:
Erstens. Die Finanzausgleichsmasse geht nach oben. Sie wird für die kommenden Jahre auf insgesamt 1,628 Milliarden € festgeschrieben. Das sind, meine sehr verehrten Damen und Herren, noch einmal 102 Millionen € mehr als nach der von Ihnen mit beschlossenen Soforthilfe über 80 Millionen €. Das bedeutet für 2017 einen Zuwachs für die kommunalen Finanzen in Höhe von 182 Millionen €, mehr als nach dem alten, jetzt noch geltenden FAG 2016.
Im Vergleich zur Finanzplanung werden wir im Doppelhaushalt 2017/2018 die Finanzausgleichsmasse sogar um eine halbe Milliarde Euro erhöhen. Sie haben richtig gehört, denn die alte mittelfristige Finanzplanung sah ein weiteres Absenken der kommunalen Finanzausgleichsmasse vor. All dieses spielt sich vor dem Hintergrund - auch das sage ich bewusst - steigender eigener Einnahmen der Kommunen ab, die früher zu entsprechenden Kürzungen der Finanzausgleichsmasse geführt hätten.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dies ist, wenn Sie so wollen, das Ende der jahrelangen Reduzierung der Finanzausgleichsmasse, deren
Die Festschreibung der Finanzmasse gleich für mehrere Jahre - wenn Sie so wollen, trotz Überprüfungsgebot für diese Wahlperiode - ist ein in der Geschichte unseres Landes beispielloser Vorgang und verschafft den Kommunen natürlich wesentlich größere Planungssicherheit.