Protocol of the Session on October 27, 2016

Zweitens. Wir müssen eine Perspektive für all diejenigen schaffen, die als Wachpolizist oder Wachpolizistin hier ihren Dienst antreten, wenn dieser Dienst einmal zu Ende geht. Daran haben wir auch ein ureigenes Interesse. Mit dem jetzt vorliegenden Gesetzentwurf schaffen wir genau dafür die Voraussetzungen.

Mit der zeitweiligen Einführung des Wachpolizeidienstes sorgen wir dafür, dass unsere Landespolizei in absehbarer Zeit entlastet wird. Wir handeln damit in einer akuten Phase. Da die Ausbildung von Polizistinnen und Polizisten nun einmal zweieinhalb Jahre dauert, schaffen wir mit der Wachpolizei vorübergehend Abhilfe. Aber das kann nur ein vorübergehendes Hilfsinstrument sein; denn wir brauchen langfristig eine verlässliche und aufgabengerechte Personalpolitik.

Für uns GRÜNE ist deshalb schon heute klar: Wir müssen in absehbarer Zeit deutlich mehr Polizi

stinnen und Polizisten einstellen. Die Alterspyramide in der Landesverwaltung und auch im Polizeivollzugsdienst macht das notwendig. Wir brauchen auch danach gut ausgebildete Beamtinnen und Beamte.

Wir wollen, dass es zum Ende dieser Legislaturperiode, also im Jahr 2020, deutlich mehr Polizistinnen und Polizisten gibt als zum Beginn dieser Legislaturperiode. Unsere Zielgröße liegt bei 6 400 Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamte. Ich bin zuversichtlich, dass wir das als Regierung, gemeinsam mit dem Finanz- und dem Innenminister, auch erreichen können.

Die Rechte und Pflichten der Wachpolizisten sind im Gesetz genau definiert und beschränkt, so auch die Befristung ihres Arbeitsverhältnisses auf zwei Jahre.

Ich sage aber auch, wir haben gegenüber denjenigen, die wir in den Dienst stellen wollen, eine deutliche Verpflichtung. Wir können sie nach den zwei Jahren nicht einfach auf die Straße oder in irgendwelche Sicherheitsunternehmen entlassen. Unser Ziel muss es sein, möglichst viele dieser Menschen, soweit sie geeignet und entsprechend befähigt sind, auch in den regulären Dienst zu übernehmen.

Ich verrate kein Geheimnis, wenn ich sage: Es ist eine große Herausforderung, überhaupt genügend geeignete Kandidatinnen und Kandidaten für das Anwärteramt im regulären Polizeivollzugsdienst zu finden. In diesem Bereich haben wir eine große Aufgabe vor uns. Es muss schon in unserem eigenen Interesse liegen, diese Menschen langfristig zu binden.

Daher begrüßen wir die Möglichkeit, die Angehörigen der Wachpolizei in den Vorbereitungsdienst für die Laufbahn des Polizeivollzugsdienstes zu übernehmen, soweit sie die Voraussetzungen erfüllen. Für sie wird eine Perspektive geschaffen und uns hilft die Regelung dabei, ausreichend Personal für die Ausbildung zum regulären Polizeidienst zu rekrutieren.

Lassen Sie mich zum Schluss noch einen kurzen Satz zu der Frage sagen, ob das zu Abzocke bei den Bürgerinnen und Bürgern führt, wenn wir jetzt Wachpolizisten haben. Es führt nicht zu Abzocke, wenn Dinge, die in diesem Land sanktionsbewehrt sind, auch tatsächlich sanktioniert werden. Ich bin froh über jeden Polizisten und jede Polizistin, die auf unseren Straßen Dienst tun, die dafür sorgen, dass Verkehrsregeln eingehalten werden. Das hat nichts mit Abzocke zu tun.

(Zustimmung von Minister Holger Stahl- knecht)

Herzlichen Dank.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Striegel. - Als nächster und letzter Debattenredner spricht für die CDU-Fraktion der Abg. Herr Schulenburg. Sie haben das Wort, Herr Schulenburg, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der uns heute vorliegende Entwurf eines Wachpolizeidienstgesetzes stellt ein zentrales Vorhaben im Bereich Inneres des Koalitionsvertrages dar. Wir antworten mit dem Gesetz auf aktuelle gesellschaftliche Herausforderungen und werden die Landespolizei dadurch mittel- und langfristig mit Personal ausstatten.

Die Einstellung von Hilfspolizisten war bereits eine zentrale Forderung der CDU in der vorigen Wahlperiode. Der Innenminister hat mit einer Verordnung bereits den erforderlichen Grundstein für ein Wachpolizeidienstgesetz gelegt.

Die in diesem Jahr eingestellten 20 Hilfspolizisten sollen über dieses Gesetz in die Wachpolizei übernommen werden. Im nächsten Jahr sollen weitere 80 Bedienstete hinzukommen. Somit werden insgesamt 100 Wachpolizisten eingestellt, die in unserem Land Sachsen-Anhalt für mehr Sicherheit und Ordnung sorgen werden.

Die Wachpolizei ist ausschließlich für die Verkehrsüberwachung sowie die Begleitung des Großraum- und Schwerverkehrs vorgesehen. Die bisher für die Überwachung des Straßenverkehrs eingesetzten Polizeibeamten werden durch die Angehörigen der Wachpolizei entlastet und stehen für andere schutz- und kriminalpolizeiliche Aufgaben zur Verfügung.

Herr Kohl, vor allem die Verfolgung von Geschwindigkeitsverstößen soll der aktuellen Entwicklung des Unfallgeschehens entgegenwirken. Denn jedes Unfallopfer ist ein Opfer zu viel.

(Zustimmung von Minister Holger Stahl- knecht)

Mit jedem Unfallopfer verbinden wir nicht nur einen volkswirtschaftlichen Schaden, sondern dahinter steckt immer auch eine familiäre Tragödie.

Eine ständige Aufgabe der Politik ist es, auf aktuelle Lageveränderungen und gesellschaftliche Herausforderungen zu reagieren. Für die Berechnung des Personals wurden früher hauptsächlich Entwicklungen im Bereich des Unfall- und Kriminalitätsgeschehens herangezogen. Das Verhältnis zwischen der Bevölkerungs- und der Personalzahl war bei der Personalberechnung ebenfalls ausschlaggebend.

Alle Bundesländer und der Bund mussten im Zuge der Flüchtlingswelle die Erfahrung machen, dass sich der Staat gerade für längerfristige Ereig

nisse immer eine Personalreserve leisten muss, um flexibel reagieren zu können.

Für die Personalauswahl und die Ausbildung von Polizeibeamten müssen mehrere Jahre eingeplant werden. Deshalb ist eine schnelle und kurzfristige Verstärkung durch die Einstellung von Wachpolizisten richtig.

Den Angehörigen der Wachpolizei soll nach dem Ablauf der zweijährigen Dienstzeit auf Antrag die Möglichkeit geboten werden, eine Ausbildung für den Polizeivollzugsdienst zu absolvieren. Meine Fraktion sieht darin die Möglichkeit, geeignetes Personal für die Übernahme in den Polizeivollzugsdienst zu finden, vor allem auch um die Qualität der Personalauswahl zu steigern. Gleichzeitig bieten wir den Wachpolizisten eine berufliche Perspektive und einen Aufstieg in ein Beamtenverhältnis. Durch die Übernahme in den Landesdienst geben wir jungen Sachsen-Anhaltern die Möglichkeit, in ihrer Heimat zu bleiben, und wirken einer möglichen Abwanderung entgegen.

Wie dargestellt, bietet das Wachpolizeidienstgesetz ausschließlich Vorteile für die Landespolizei. Wir beantragen, wie es Herr Erben dargestellt hat, eine Überweisung des Gesetzesentwurfes zur federführenden Beratung in den Innenausschuss und zur Mitberatung in den Finanzausschuss. - Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Schulenburg. Es gibt eine Nachfrage. Möchten Sie diese beantworten? - Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Schulenburg, ich habe eine Frage an Sie als Vertreter der Koalition. Mir ist etwas aufgefallen, das mir nicht ganz schlüssig ist. Für mich ergibt sich eine Frage zu dem Gesetzentwurf. In dem Vorblatt steht, die jährlichen Personalkosten bei 100 Angehörigen der Wachpolizei in der Entgeltgruppe 5 des Tarifvertrages belaufen sich auf etwa 4,3 Millionen €.

Wenn ich jetzt mit dem Taschenrechner rechne, komme ich bei 100 Wachpolizisten und einem Jahresetat bei den Personalkosten von rund 4,3 Millionen € auf eine monatliche Bezahlung für einen Wachpolizisten von 3 585 € brutto. Soviel ich weiß, bekommt das nicht einmal ein Kommissar der Besoldungsgruppe A 9, der ein Fachhochschulstudium gemacht hat.

(Rüdiger Erben, SPD: Die sind sozialver- sichert!)

Woher kommt das?

(Zurufe)

Dann noch eine Frage: Die Wachpolizisten befinden sich in einem privatrechtlichen Arbeitsverhältnis. Wie ist es bei Dienstunfällen, wenn ein Wachpolizist im Rahmen seiner Dienstausführung einen bleibenden Schaden davonträgt und ein privatrechtliches Arbeitsverhältnis zu seinem Dienstherrn hat?

Vielen Dank, Herr Lehmann. - Herr Schulenburg.

Herr Lehmann, Sie müssen erst einmal unterscheiden: Das eine ist Legislative und das andere ist Exekutive. Die Exekutive bringt dieses Gesetz ein. Unsere Aufgabe als Abgeordnete ist es, das Gesetz im Ausschuss noch einmal genau zu betrachten. Wenn Sie Fragen zur Personalberechnung und zu den Kosten haben, dann können Sie sie gern im Ausschuss stellen. Das würde aber den Rahmen hier, denke ich, sprengen. Deshalb empfehle ich Ihnen, sich sehr intensiv in die Beratungen im Ausschuss einzubringen.

(Zustimmung bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Schulenburg. - Es gibt keine weiteren Anfragen. Somit steigen wir in das Abstimmungsverfahren ein. Ich habe den Antrag auf Überweisung zur federführenden Beratung in den Ausschuss für Inneres und Sport und zur Mitberatung in den Ausschuss für Finanzen vernommen. - Das ist korrekt.

Dann lasse ich darüber abstimmen. Wer damit einverstanden ist, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das ist mehrheitlich der Fall, über alle Fraktionen hinweg. Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Der Antrag ist einstimmig angenommen worden. Damit ist der Tagesordnungspunkt 3 erledigt.

Wir gehen in die 60-minütige Mittagspause. Das heißt, wir sehen uns um 13:41 Uhr hier wieder.

Unterbrechung: 12:41 Uhr.

Wiederbeginn: 13:44 Uhr.

Werte Abgeordnete! Meine Damen und Herren! Wir setzen die 11. Sitzung des Landtages fort.

Wir kommen zum

Tagesordnungspunkt 4

Erste Beratung

Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Förderung und Betreuung

von Kindern in Tageseinrichtungen und in Tagespflege des Landes Sachsen-Anhalt (Kin- derförderungsgesetz - KiFöG)

Gesetzentwurf Fraktionen CDU, SPD und

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drs. 7/481