Protocol of the Session on June 5, 2015

dieser Erlass Kommunen zwinge, ihre Hebesätze zu erhöhen und die Gebietsänderungsverträge zu ignorieren.

Ich habe den Erlass in seiner Endfassung, wie er im Ministerialblatt abgedruckt ist, sehr aufmerksam gelesen. Ich habe das darin nicht gefunden. Vielleicht können Sie mir sagen, wo es steht.

Im Erlass steht die Regelung, dass bei der Beantragung von Liquiditätshilfen die Möglichkeit der Erhöhung der Hebesätze im Bereich der Grundsteuer A und B sowie der Gewerbesteuer über den gewichteten Landesdurchschnitt von 50 % bzw. 25 % zu vollziehen ist.

Ja.

Das OVG hat drei Ausnahmetatbestände dokumentiert, worin ein Gebietsänderungsvertrag überhaupt - -

Herr Grünert, das war nicht meine Frage. Ich muss jetzt schon auf der Beantwortung meiner Frage bestehen.

Sie haben vorhin gesagt, dass entgegen der Entscheidung des OVG dieser Erlass den Kommunen aufgebe, den Gebietsänderungsvertrag zu verletzen und die Erhöhung der Hebesätze durchzuführen.

Wo steht das? Das, was Sie hier referieren, habe ich auch alles gelesen. Aber das bezieht sich auf die Kommunen im Allgemeinen. Also: Wo steht, dass, obwohl es ein rechtliches Hindernis gibt, die Hebesätze zu erhöhen, es trotzdem zu tun ist? Wo steht das in diesem Erlass?

Weil dieser Erlass das als zwingende Voraussetzung vorschreibt. So einfach ist das. Lesen Sie es noch einmal durch!

(Lachen bei der SPD - Unruhe)

Herr Erben, Sie scheinen ja ein paar Mal Nachfragebedarf gehabt zu haben. Aber Ihre Fraktion hat sich auch nicht maßgeblich angestrengt, damit wir

über diesen Runderlass noch einmal diskutieren konnten.

(Zuruf von der SPD)

Nun der nächste Landrat a. D., Herr Kollege Hövelmann.

Vielen herzlichen Dank. - Herr Kollege Grünert, ich kenne Sie als jemanden, der sehr engagiert für die Interessen der Kommunen in unserem Land streitet. Das ist erst einmal etwas, was Sie mir sehr sympathisch macht.

Sie haben vorhin gesagt, dass es jedenfalls aus Ihrer Sicht in einem Erlass nicht zulässig sei, die Kommunen daran zu erinnern bzw. aufzufordern, dass sie die geltenden gesetzlichen Regelungen einzuhalten haben, wenn sie denn einen entsprechenden Antrag auf Sonderzuweisung stellen.

Vielleicht habe ich es nicht richtig verstanden: Können Sie mir erklären, was falsch daran ist, jemanden, der eine zusätzliche finanzielle Leistung der öffentlichen Hand, also aus dem Landeshaushalt, erhalten will, daran zu erinnern, dass er diese Mittel nur dann bekommt, wenn er sich an die für die Bundesrepublik Deutschland und für das Land Sachsen-Anhalt geltenden Gesetze hält? Was ist daran falsch?

(Zustimmung bei der SPD)

Herr Hövelmann, ich gehe gern auf Ihre Frage ein. Die Landesverfassung regelt, dass insbesondere für den übertragenen Wirkungskreis eine auskömmliche Finanzierung durch das Land sicherzustellen ist.

Sie wissen genauso gut wie ich, dass der sogenannte übertragene Wirkungskreis nicht ausfinanziert ist, dass es dort eine Finanzierungslücke gibt, das sogenannte strukturelle Defizit. Das wissen Sie. Das brauche ich Ihnen nicht zu erklären. Dazu waren Sie lange genug Innenminister.

Das heißt, ich muss als Kommune aus meinem freiwilligen Bereich für den übertragenen Bereich bereits Geld umschichten, um die pflichtigen Aufgaben erfüllen zu können.

Dabei gibt es einen Unterschied: Es gibt Kommunen, die durch eigenes Tun, durch Nichtbeachtung rechtlicher Vorschriften in eine Schieflage gekommen sind, und es gibt Kommunen, die durch die Nichtzuwendung der entsprechenden Finanzausgleichsmassen in eine Schieflage geraten sind, und zwar über Jahre hinweg. Das Spiel kennen Sie.

In diesem Zusammenhang besteht für diejenigen, die tatsächlich dieses strukturelle Defizit haben - das ist die Mehrheit der Gemeinden im Land Sachsen-Anhalt -, keine Chance, das über Veräußerungen oder sonstige Dinge, die im Runderlass durch eine untergesetzliche Regelung von ihnen verlangt werden, für die Antragstellung zu berücksichtigen; denn sie sollen ja anhand der Anlagen nachweisen, die im Runderlass dargestellt sind, mit welchen konkreten Schritten sie das machen wollen. Das heißt, sie haben überhaupt nicht die Chance, diese Defizite abzubauen. Damit greift der Runderlass unzulässigerweise in ein Verfassungsrecht.

Die Verfassung besagt eindeutig, ich kann kommunale Selbstverwaltung im Rahmen der Gesetze umsetzen; das heißt nicht, frei von Gesetzen. Wenn ich also Gesetze habe, muss ich sie berücksichtigen. Dann kann ich nicht mit einer untergesetzlichen Regelung kommen, einem Runderlass, und damit kommunale Selbstverwaltung als Verfassungsgut einschränken.

Unser Anliegen war von Anfang an klar. Das habe ich von Anfang auch so gesagt, dass in den Rahmen des Finanzausgleichsgesetzes - dazu gehört es - eine Verordnungsermächtigung gehört, in der dargestellt wird, unter welchen Bedingungen die Liquiditätshilfen bzw. die anderen Hilfen für in Not geratene Kommunen zu finanzieren sind, und zwar nur über eine Verordnungsermächtigung, weil die einem Gesetz nahe kommt.

Es gibt ja zwei Möglichkeiten - das wissen Sie selbst -, ein Gesetz und eine Verordnung. Alles andere sind untergesetzliche Regelungen. Das war der Punkt. Damit habe ich nicht gesagt, dass die Kommune geltendes Recht nicht einhalten kann. Ich kann aber als Land nicht vorschreiben, dass die Kommune in ihrer Satzung dies oder jenes zu machen hat.

(Herr Leimbach, CDU: Das macht das Land doch gar nicht!)

- Herr Leimbach, sind Sie so blauäugig oder wissen Sie es nicht? Sie waren doch lange genug im Landesverwaltungsamt. Ich kann Ihnen genug Auflassungen zeigen, auch der Kommunalaufsicht, die dann im Prinzip an die Kommunen herangetreten ist und einen ganzen Katalog von Maßnahmen vorgeschlagen hat unter der Maßgabe: Bitte beschließt das, und wenn ihr es nicht tut, müsst ihr damit rechnen, dass euer Haushalt nicht genehmigt wird. Damit wird eine indirekte Anweisung erteilt.

Jetzt wollen wir zu den Regelungen unserer Geschäftsordnung zurückkommen. Der Kollege Hövelmann hat Ihnen eine Frage gestellt.

Ich habe versucht, sie zu beantworten.

Sie scheint beantwortet zu sein, vielleicht nicht befriedigend, aber okay. Dann können sich Fragesteller und Redner wieder setzen.

Jetzt hat der Berichterstatter das Wort, nämlich der Vorsitzende des Finanzausschusses Herr Knöchel. Ich bitte um Ihren Bericht.

Herr Präsident! Meine Damen, meine Herren! Gemäß § 14 Abs. 2 unserer Geschäftsordnung berichte ich auf Verlangen der Fraktion DIE LINKE über die Beratungen zum Runderlass - -

(Frau Weiß, CDU: Ins Mikro sprechen! Sie sind nicht zu hören!)

- Sie hören mich schon wieder nicht, Frau Weiß?

(Frau Weiß, CDU: Nein! - Unruhe)

- Ich kann natürlich in das Mikrofon beißen, aber das sieht albern aus. Im Raum ist auch noch eine Reserve, was das Zuhören betrifft, meine Damen, meine Herren.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Ich berichte also über den Stand der Beratungen zum Antrag „Runderlass über Zuweisungen aus dem Ausgleichsstock überarbeiten, Recht auf kommunale Selbstverwaltung sichern“. Es handelt sich um einen Antrag der Fraktion DIE LINKE in der Drs. 6/3403.

Der Antrag der Fraktion DIE LINKE wurde vom Landtag in der 74. Sitzung am 19. September 2014 beraten und zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Finanzen sowie zur Mitberatung an den Ausschuss für Inneres und Sport überwiesen.

Mit dem Antrag soll die Landesregierung aufgefordert werden, den in Rede stehenden Erlass im Einvernehmen mit den kommunalen Spitzenverbänden bis zum 1. Dezember 2014 zu überarbeiten und in den Ausschüssen für Finanzen sowie für Inneres und Sport vorzustellen.

Die antragstellende Fraktion DIE LINKE sah mit dem Erlass einen massiven Eingriff in das Selbstverwaltungsrecht der Kommunen und kritisierte, dass der Erlass ohne Erörterung und Rücksprachen mit den kommunalen Spitzenverbänden verfasst wurde.

Der federführende Ausschuss für Finanzen hat den Antrag erstmals in der 73. Sitzung am 5. November 2014 zur Beratung aufgerufen. Seitens der Fraktion der SPD wurde gebeten, die Behandlung

des Antrages zurückzustellen. Dem ist der Ausschuss gefolgt mit der Absicht, den Antrag in der Sitzung am 19. November 2014 zu beraten. Der Ausschuss für Finanzen vereinbarte außerdem auf den Vorschlag des Vorsitzenden hin, eine Anhörung der kommunalen Spitzenverbände in schriftlicher Form durchzuführen.

Mit Schreiben vom 11. November 2014 wurden die kommunalen Spitzenverbände um die Abgabe ihrer Stellungnahme gebeten.

Der mitberatende Ausschuss für Inneres und Sport hat den Antrag erstmals in der 53. Sitzung am 12. November 2014 auf die Tagesordnung gesetzt. Der Punkt wurde jedoch wieder abgesetzt, da die vorläufige Beschlussempfehlung noch nicht vorlag.

In der 77. Sitzung des federführenden Ausschusses für Finanzen am 20. November 2014 fand eine erste inhaltliche Beratung zum genannten Antrag statt mit dem Ergebnis, dass eine vorläufige Beschlussempfehlung erarbeitet wurde. Mit sieben Für- und fünf Gegenstimmen und ohne Enthaltungen empfahl der Ausschuss für Finanzen dem mitberatenden Ausschuss, den Antrag abzulehnen.

Zu dieser Beratung lag ihm die Stellungnahme der kommunalen Spitzenverbände mit Schreiben vom 18. November 2014 vor, die jedoch nicht diskutiert wurde. Die kommunalen Spitzenverbände äußerten sich kritisch zu den Regelungen des Erlasses sowie dazu, dass der Runderlass vor der Veröffentlichung nicht mit ihnen erörtert worden ist.

Der mitberatende Ausschuss für Inneres und Sport hat sich in der 54. Sitzung am 27. November 2014 mit dem Antrag und der vorläufigen Beschlussempfehlung befasst. Die mit übergebene Stellungnahme der kommunalen Spitzenverbände, in der rechtliche Bedenken gegenüber dem Runderlass vorgebracht wurden, wurde in die Beratung einbezogen. Das Ministerium der Finanzen erläuterte die im Runderlass geplanten Änderungen.

Im Ergebnis der Beratung folgte der Ausschuss für Inneres und Sport einer Anregung der Fraktion der SPD, das Ministerium der Finanzen zu bitten, den überarbeiteten Runderlass vor seiner Veröffentlichung mit den kommunalen Spitzenverbänden abzustimmen und ihre Stellungnahme dem Ausschuss zur Kenntnis zu geben. Sobald die Abstimmung erfolgt ist, wollte sich der Ausschuss erneut mit diesem Thema befassen.

Am 4. Dezember 2014 hat das Ministerium der Finanzen dem Ausschuss für Inneres und Sport den in Rede stehenden Runderlass vom 15. April 2014, veröffentlicht im Ministerialblatt des Landes Nr. 22/2014 vom 14. Juli 2014, übermittelt.